BT-Drucksache 14/6442

Wissenschafts- und Hochschulkooperationen mit Entwicklungs- und Tranformationsländern

Vom 27. Juni 2001


Deutscher Bundestag

Drucksache

14/

6442

14. Wahlperiode

27. 06. 2001

Antrag

der Abgeordneten Tobias Marhold, Adelheid Tröscher, Brigitte Adler, Ingrid
Becker-Inglau, Rudolf Bindig, Hans-Günter Bruckmann, Detlef Dzembritzki,
Gernot Erler, Gabriele Fograscher, Klaus Hagemann, Anke Hartnagel, Reinhold
Hemker, Frank Hempel, Monika Heubaum, Ingrid Holzhüter, Barbara Imhof,
Ulrich Kelber, Karin Kortmann, Konrad Kunick, Lothar Mark, Ulrike Mehl,
Albrecht Papenroth, Dr. Hansjörg Schäfer, Dagmar Schmidt (Meschede),
Wilhelm Schmidt (Salzgitter), Dr. Emil Schnell, Dr. Angelica Schwall-Düren,
Joachim Tappe, Engelbert Clemens Wistuba, Hanna Wolf (München),
Dr. Peter Struck und der Fraktion der SPD
sowie der Abgeordneten Dr. Angelika Köster-Loßack, Hans-Christian Ströbele,
Kerstin Müller (Köln), Rezzo Schlauch und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Wissenschafts- und Hochschulkooperationen mit Entwicklungs- und
Transformationsländern

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt zur Wissenschafts- und Hochschulkoopera-
tion mit Entwicklungs- und Transformationsländern fest:

Die Wissenschafts- und Hochschulkooperation ist eine wichtige Aufgabe der
Entwicklungszusammenarbeit und muss es auch in Zukunft bleiben. Dies gilt
in besonderem Maße in unserer globalen Informations- und Wissensgesell-
schaft, in der Bildung zunehmend wichtiger wird. Bildung als Menschenrecht
hat nicht nur Auswirkungen auf die Persönlichkeitsentwicklung des Einzelnen.
Sie ist auch notwendig für die soziale, kulturelle, wirtschaftliche, ökologische
und politische Entwicklung eines Landes. Nachhaltige Entwicklung ist dem-
nach nur möglich, wenn der Bildung ein hoher Stellenwert beigemessen wird.
Ohne gut ausgebildete Menschen, oftmals die einzige Ressource eines Landes,
gibt es keine Entwicklung. Wissenserwerb, Wissensweitergabe und Wissens-
nutzung sind als entscheidende Determinanten der Entwicklungszusammen-
arbeit anzusehen.

Der Deutsche Bundestag begrüßt es, dass das Bundesministerium für wirt-
schaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung den Maßnahmen der Bildungs-
förderung eine große Bedeutung beimisst. Der Deutsche Bundestag unterstützt
dabei besonders die Öffnung der Bildungsinstitutionen für Frauen und Mäd-
chen.

Der Deutsche Bundestag sieht den entwicklungspolitischen Auftrag des Bun-
desministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung in erster
Linie in der Aus- und Fortbildung von Fach- und Führungskräften aus Ent-
wicklungsländern und in der Kooperation von deutschen Institutionen mit Ein-
richtungen in den Partnerländern.
Drucksache

14/

6442

– 2 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

Für die deutsche Hochschulförderung ergeben sich dabei besondere Ansatz-
punkte bei den Aufgaben der Ernährungssicherung, des Umwelt- und Ressour-
censchutzes, der Bildungsförderung und der Ausbildung von Lehrenden, der
Familienplanung und der Bevölkerungspolitik sowie bei der Bewältigung des
schnellen technologischen Fortschrittes. Die Stärkung der Wirtschafts-, Rechts-
und Sozialwissenschaften ist in Transformationsländern, die sich politisch und
wirtschaftlich neu orientieren, besonders relevant.

1. Ausbildung von Studierenden aus Partnerländern in der Bundesrepublik
Deutschland

Der Deutsche Bundestag begrüßt es, dass die Umstrukturierung der deutschen
Hochschulen im Hinblick auf eine gezielte internationale Ausrichtung von den
Bundesländern vorangetrieben wird. Aufgrund der Kompatibilität der Studien-
gänge und Abschlüsse steigt die Attraktivität des Hochschulstandorts Deutsch-
land für ausländische Studierende. Damit wird der Grundstein für den Aufbau
und die Intensivierung von Kooperationen mit Entwicklungs- und Transforma-
tionsländern gelegt. Dies stärkt die wirtschaftlichen und kulturellen Kontakte,
die für die künftige wirtschaftliche Stellung jedes Landes mitverantwortlich
sind. Globale Probleme, beispielsweise in der Umwelt- oder Ressourcenpolitik,
lassen sich heute ohnehin nur noch mit Hilfe von wissenschaftlichem Aus-
tausch lösen. Der Deutsche Bundestag sieht jedoch den Schwerpunkt in der
Elitenbildung in den Entwicklungs- und Transformationsländern. Die Stärkung
des Wissenschaftsstandorts Deutschlands ist dabei ein positiver Nebeneffekt.

Es sollte geprüft werden, ob Hochschulabsolventen aus unseren Partnerländern
bei Interesse nach ihrem Studium ein Praxisaufenthalt von bis zu fünf Jahren in
Deutschland ermöglicht werden kann. Sie können sich dabei in der Forschung
weiterqualifizieren oder in Verwaltung und Privatwirtschaft Berufserfahrung
sammeln. Diese Praxiserfahrungen kommen den Ländern des Südens zusätz-
lich zugute. Deshalb sollte die Entwicklungszusammenarbeit dafür Sorge tra-
gen, dass die Fachkräfte entsprechend ihrer Qualifikationen in ihrem Heimat-
land akzeptable Rahmenbedingungen für eine angemessene Beschäftigung
vorfinden. Nur so können sie ihre Erfahrungen zur Entwicklung ihres Heimat-
landes sinnvoll einsetzen. Die gerade im Aufbau begriffene „Alumni-Daten-
bank-Entwicklungsländer“, die mittelfristig zu einer Vernetzung der Absolven-
ten und der beteiligten Hochschul- und Forschungseinrichtungen führen soll,
kann dabei eine wichtige Hilfestellung bieten.

2. Unterstützung der Hochschulen und Forschungseinrichtungen in den Part-
nerländern

Neben der Ausbildung von ausländischen Studierenden an deutschen Hoch-
schulen und wissenschaftlichen Einrichtungen bedarf der Hochschulbereich in
den Entwicklungs- und Transformationsländern der finanziellen und techni-
schen Unterstützung. Gerade in den letzten Jahren konnte in vielen Fällen die
Qualität und das Management der Hochschulen mit dem Ausbau von Kapazitä-
ten nicht Schritt halten.

Für die Bewältigung der neuen Herausforderungen ist die Qualifizierung des
Personals entscheidend. Um die Qualität der Lehre zu verbessern, müssen die
Aus- und Weiterbildungsangebote für die Lehrenden intensiviert werden. Ohne
qualifiziertes Personal gibt es keine Entwicklung – weder im In- noch im Aus-
land.
Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 3 –

Drucksache

14/

6442

II. Der Deutsche Bundestag fordert daher die Bundesregierung auf,

1. die Öffnung der Hochschulen für breitere Bevölkerungsschichten, insbeson-
dere für Frauen, zu unterstützen;

2. privatwirtschaftlich rentable und entwicklungspolitisch nützliche öffentlich-
private Entwicklungspartnerschaften zu intensivieren. Dabei kann die
Bundesregierung auf das wachsende Engagement der Privatwirtschaft im
Bereich der Wissenschafts- und Hochschulkooperation und die Erfahrungen
von bereits erfolgreich durchgeführten PPP-Projekten zurückgreifen;

3. die Hochschulen beim Auf- und Ausbau besonders entwicklungsrelevanter
Fachbereiche zu unterstützen. Dazu zählen Fächer wie ressourcenorientierte
Natur- und Agrarwissenschaft, Umweltschutz sowie Ingenieur-, Wirt-
schafts- und Sozialwissenschaften;

4. die Hochschulen und Forschungseinrichtungen in ihren Hauptfunktionen
Lehre, Forschung und Dienstleistung zu stärken;

5. im Sinne der Optimierung der Hochschulkooperation mit Entwicklungs-
ländern, ein koordiniertes Vorgehen der beteiligten Ministerien (BMZ,
BMBF, AA) zu fördern;

6. für Hochschulabsolventen aus unseren Partnerländern während des Stu-
diums den Zugang zu studienbegleitender Arbeit und nach dem Studium zu
einer beruflichen Tätigkeit in Deutschland zu erleichtern.

Vor dem Hintergrund der positiven Entwicklung bei der Wissenschafts- und
Forschungskooperation mit Entwicklungs- und Transformationsländern fordert
der Deutsche Bundestag die Bundesregierung auf, diesen Bereich der Entwick-
lungszusammenarbeit verstärkt zu fördern.

Ziel der entwicklungspolitischen Zusammenarbeit bleibt es, die Hochschulen
und Forschungseinrichtungen als Zentren der Bildung, des kulturellen und wis-
senschaftlichen Lebens zu befähigen, einen bedeutsamen Beitrag zur Entwick-
lung der Länder zu leisten.

Berlin, den 27. Juni 2001

Dr. Peter Struck und Fraktion
Kerstin Müller (Köln), Rezzo Schlauch und Fraktion

x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.