BT-Drucksache 14/6049

Fairer Wettbewerb bei Basel II

Vom 15. Mai 2001


Deutscher Bundestag Drucksache 14/6049
14. Wahlperiode 15. 05. 2001

Antrag
der Abgeordneten Gerda Hasselfeldt, Heinz Seiffert, Leo Dautzenberg, Hartmut
Schauerte, Norbert Barthle, Otto Bernhardt, Marie-Luise Dött, Hansjürgen Doss,
Jochen-Konrad Fromme, Hansgeorg Hauser (Rednitzhembach), Hans Michelbach,
Hans-Peter Repnik, Norbert Schindler, Diethard Schütze (Berlin), Wolfgang
Schulhoff, Gerhard Schulz, Dorothea Störr-Ritter, Klaus-Peter Willsch, Dagmar
Wöhrl, Elke Wülfing und der Fraktion der CDU/CSU

Fairer Wettbewerb bei Basel II

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Der Deutsche Bundestag begrüßt grundsätzlich alle notwendigen und geeigne-
ten Maßnahmen, die zur Stabilisierung der internationalen Finanzarchitektur
sowie zur besseren Krisenprävention beitragen. Der Deutsche Bundestag hat
daher in Reaktion auf die ersten Konsultationspapiere zu der Überarbeitung der
Baseler und Brüsseler Eigenkapital-Vorschriften für Kreditinstitute am 8. Juni
2000 einstimmig einen Entschließungsantrag angenommen (s. Bundestags-
drucksache 14/3523). Die darin enthaltenen Vorschläge sind im Wesentlichen
im Laufe der weiteren Verhandlungen aufgenommen worden und finden sich in
den zweiten Konsultationspapieren wieder. Gleichwohl sind in den laufenden
Beratungen sowie bei der konkreten Umsetzung der vorliegenden Vorschläge
noch viele Fragen offen und neue Probleme hinzugekommen.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

sich weiterhin über die deutschen Verhandlungsführer im Rahmen der interna-
tionalen Verhandlungen zu den Eigenkapitalrichtlinien des Baseler Ausschus-
ses für Bankenaufsicht und zu der Übernahme dieser Richtlinien durch die EU-
Kommission dafür einzusetzen, dass die Chancengleichheit im Wettbewerb
zwischen national und international tätigen Kreditinstituten sowie zwischen
Kreditinstituten verschiedener Institutsgruppen in Deutschland aufrechterhal-
ten und eine einseitige Benachteiligung und Belastung für die mittelständische
Wirtschaft vermieden wird.

Zu diesem Zweck wird die Bundesregierung ersucht, bei den weiteren interna-
tionalen Verhandlungen sicherzustellen, dass

– es bei der endgültigen Festlegung der Risikogewichte zu keiner generellen
Erhöhung der Eigenkapitalbelastung für die deutschen Kreditinstitute, ins-
besondere durch risikoinadäquate Kapitalanforderungen für operationelle
Risiken, kommt;

– der Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht nach seinen für die künftige
Eigenkapital-Unterlegung wichtigen, im Oktober 2001 zu treffenden Ent-

Drucksache 14/6049 – 2 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

scheidungen und vor der abschließenden Beschlussfassung und Veröffentli-
chung der neuen Eigenkapital-Vorschriften eine weitere Konsultation durch-
führt;

– die Übergangsfrist bezüglich der Mindestanforderungen für die gleichbe-
rechtigte Anwendung interner Ratingverfahren über das Jahr 2007 hinaus
verlängert wird, wobei die Übergangsfrist so ausgestaltet sein sollte, dass sie
allen Bankengruppen die realistische Chance bietet, von den Vorteilen der
neuen Regelungen zu profitieren;

– der Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht darauf verzichtet, für Kredite mit
einer längeren Laufzeit eine höhere Eigenkapital-Unterlegung zu fordern als
für den gleichen Kredit an den gleichen Kreditnehmer mit einer kurzen
Laufzeit;

– wichtige Kreditbesicherungsinstrumente des Mittelstandes in Deutschland
bei der Berechnung der Eigenkapitalunterlegung in angemessener Weise
risikomindernd anerkannt werden;

– bei der Verwendung des internen Ratingverfahrens der Besitz von Aktien
und Beteiligungen von Banken an dritten Unternehmen nicht als ein deutlich
höheres Risiko eingestuft wird als ein entsprechender Kredit an das Unter-
nehmen.

Des Weiteren wird die Bundesregierung gebeten, mit Nachdruck darauf hinzu-
wirken, dass auch nach Ende der offiziellen Konsultationsfrist am 31. Mai 2001
ein enger Dialog zwischen der deutschen Delegation, dem Parlament und den
betroffenen Verbänden über die noch offenen Punkte stattfindet und in einem
interaktiven Prozess die Einflussmöglichkeiten von Parlament und betroffenen
Verbänden auf den Fortgang der Verhandlungen erhalten bleiben.

Berlin, den 15. Mai 2001

Friedrich Merz, Michael Glos und Fraktion

Begründung

Die in dem gemeinsamen Entschließungsantrag vom 8. Juni 2000 enthaltenen
Forderungen konnten von den deutschen Vertretern im weiteren Gang der Bera-
tungen im Grundsatz durchgesetzt werden; sie haben ihren Niederschlag in den
zweiten Konsultationspapieren des Baseler Ausschusses für Bankenaufsicht
vom 16. Januar 2001 und der EU-Kommission vom 5. Februar 2001 gefunden.
Allerdings werfen die nunmehr sehr komplex und differenziert vorgeschlage-
nen Regelungen im Detail eine Vielzahl von Fragen und neuen Problemen auf.
Zugleich sind wichtige Punkte, die zur abschließenden Beurteilung der Auswir-
kungen der neuen Regelungen auf die Banken und deren Kreditnehmer von be-
sonderer Bedeutung sind, immer noch offen, da die Arbeiten in Basel noch
nicht abgeschlossen sind. Obwohl die Vorschläge des gemeinsamen Entschlie-
ßungsantrages in der zweiten Fassung des Konsultationspapiers formal im We-
sentlichen berücksichtigt wurden, besteht daher die Gefahr, dass seine Ziele in
der Umsetzung von Basel II de facto konterkariert werden.

In der Gesamtbetrachtung verstärken die aktuell vorliegenden Vorschläge die
Sorge, dass die neuen Regelungen letztlich die Eigenkapitalanforderungen bei
den Instituten generell erhöhen werden. Die Auswirkungsstudie, auf deren Ba-
sis im Herbst die endgültigen Risikogewichte festgezurrt werden sollen, ist ge-
rade erst angelaufen und liefert hierzu noch keine gesicherten Erkenntnisse.

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 3 – Drucksache 14/6049

Vor allem die mittelständische Wirtschaft in Deutschland würde damit bei der
Kreditaufnahme unangemessen belastet und im nationalen und internationalen
Wettbewerb benachteiligt. Um sicherzustellen, dass es zu keiner generellen Er-
höhung der Eigenkapitalunterlegung und in der Folge zu einer generellen Ver-
teuerung des Firmenkredites kommt, ist eine erneute Konsultation der endgülti-
gen Festlegung der Risikogewichte unabdingbar, bevor die Baseler Beschlüsse
abschließend gefasst und veröffentlicht werden.

Der gleichwertige Einsatz des internen Ratingverfahrens ist an bestimmte Min-
destanforderungen an die Risikokontrollsysteme der anwendenden Banken ge-
knüpft. Die Institute müssen insbesondere über eine ausreichende historische
Datenbasis verfügen, um die Kreditausfallrisiken bankintern adäquat abschät-
zen zu können. Die aktuellen Vorschläge des Baseler Ausschusses sehen hier
vor, dass nach Ende einer dreijährigen Übergangsfrist ab In-Kraft-Treten im
Jahre 2004 – also ab 2007 – eine Ausfallhistorie über mindestens fünf Jahre
nachgewiesen werden muss. Damit müssten die Institute spätestens Anfang
2002 mit der Datensammlung beginnen. Ferner müssen Kreditinstitute ihre in-
ternen Ratingsysteme bereits mindestens drei Jahre im Einsatz haben, bevor
diese aufsichtlich anerkannt werden können. Dabei müssen die vorgegebenen
Kriterien, abgesehen von Erleichterungen, die im Ermessen der nationalen
Aufsichtsbehörden liegen, auch in diesen drei Jahren weitgehend eingehalten
werden.

Die genauen Anforderungen an diese Systeme stehen allerdings noch gar nicht
abschließend fest. Einzelne Elemente sind vielmehr noch Gegenstand der Kon-
sultationen. Wegen dieser noch bestehenden großen Unsicherheit über die vor-
zuhaltenden Daten sind die Kreditinstitute selbst unter dem Einsatz erheblicher
personeller und finanzieller Ressourcen nicht in der Lage, im gegebenen Zeit-
rahmen ein aufsichtlich anerkanntes Risikokontrollsystem aufzubauen. Gerade
in Deutschland, das sich durch seine spezifische Banken-, Finanzierungs- und
Risikokultur auszeichnet, sind in der Folge von Basel II dramatische Verände-
rungen in der Kreditwirtschaft und der Unternehmensfinanzierung zu erwarten,
die im Vergleich zu anderen Ländern einen entsprechenden höheren Umstel-
lungsbedarf nach sich ziehen. Daher müssen die Übergangsfristen aus Gründen
der Wettbewerbsgleichheit verlängert und so gestaltet werden, dass alle in- und
ausländischen Kreditinstitute zu einem realistischen Zeitpunkt die gleichen
Möglichkeiten haben, die Vorzüge der neuen Regelungen an ihre Kunden wei-
ter zu geben.

Besonderheiten in der Laufzeit- und Besicherungsstruktur müssen ebenfalls be-
rücksichtigt werden, um insbesondere den deutschen Mittelstand nicht zu be-
nachteiligen. Der langfristige Kredit ist als Ausdruck einer weitsichtigen Unter-
nehmenspolitik die bevorzugte Form der Investitionsfinanzierung und trägt
wegen seiner verlässlichen Kalkulierbarkeit wesentlich zur Stabilisierung des
deutschen Finanzsystems bei. Ebenso müssen in Deutschland bankübliche
Sicherheiten im Kreditgeschäft mit dem Mittelstand (wie etwa eine Sicherungs-
übereignung bei einem Betriebsmittelkredit oder Kapitallebensversicherungen
bei Personenunternehmern) hinreichend berücksichtigt werden.

Bei der Behandlung von Aktien und Beteiligungen an dritte Unternehmen wer-
den Institute, die sich für interne Ratingverfahren entscheiden, im Vergleich
zum modifizierten Standardansatz unnötigerweise benachteiligt. Während bei
letzterem generell eine 100%-tige Anrechnung vorgesehen ist, sollen beim in-
ternen Rating Eigenkapitalbeteiligungen der Banken höhere Risiken zugerech-
net werden als vergleichbaren Unternehmenskrediten. Für diese unterschied-
liche Behandlung gibt es keinen triftigen Grund. Zudem erschwert diese
Regelung Existenzgründungen, da gerade für junge Unternehmen die Bereit-
stellung von Wagniskapital in Form einer Eigenkapitalbeteiligung durch die
Banken eine wichtige Finanzierungsform darstellt.

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