BT-Drucksache 14/5981

zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung -14/5655- Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung von Beschränkungen des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses

Vom 9. Mai 2001


Deutscher Bundestag

Drucksache

14/

5981

14. Wahlperiode

09. 05. 2001

Beschlussempfehlung und Bericht

des Innenausschusses (4. Ausschuss)

zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung
– Drucksache 14/5655 –

Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung von Beschränkungen des Brief-, Post-
und Fernmeldegeheimnisses

A. Problem

Das Bundesverfassungsgericht hat mit seiner Entscheidung vom 14. Juli 1999
(BVerfGE 100, 313 ff.) im Bereich der vom Bundesnachrichtendienst durchge-
führten strategischen Überwachung einige Bestimmungen des Gesetzes zu Ar-
tikel 10 Grundgesetz beanstandet und dem Gesetzgeber zur Herstellung eines
verfassungsmäßigen Zustands eine Frist bis zum 30. Juni 2001 gesetzt. Der
vorliegende Gesetzentwurf trägt diesen Beanstandungen Rechnung. Zugleich
sollen Änderungen im Hinblick auf die fortschreitende technische Entwicklung
vorgenommen und Lücken des bisherigen Gesetzes geschlossen werden.

B. Lösung

Entsprechend den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts werden insbeson-
dere die Pflichten der beteiligten Behörden beim Umgang mit personenbezoge-
nen Daten verschärft, und zwar sowohl im Bereich der strategischen Fernmelde-
kontrolle als auch der Individualüberwachung. Ferner werden die Bestimmungen
über die Kontrolltätigkeit der G 10-Kommission erweitert.

Darüber hinaus werden Änderungen im Hinblick auf die fortschreitende techni-
sche Entwicklung vorgenommen und Lücken des bisherigen Gesetzes ge-
schlossen. Hierzu gehört vor allem die Ausdehnung der strategischen Fernmel-
dekontrolle auf internationale Telekommunikation, die durch Lichtwellenleiter
gebündelt übertragen wird. Zudem wird eine Regelung über Aufklärungsmaß-
nahmen im Zusammenhang mit Leib oder Leben bedrohenden Geiselnahmen
im Ausland eingefügt. Im Bereich der Individualkontrolle werden der Tatbe-
stand der Volksverhetzung (§ 130 StGB) und wesentliche Einzeldelikte aus
§ 129a StGB in den Katalog der Überwachungstatbestände aufgenommen.

Weiterhin wird klargestellt, dass im Rahmen des G 10 gewonnene Erkenntnisse
auch für Verbotsverfahren bei verfassungswidrigen Parteien und extremisti-
schen Vereinen genutzt werden können.
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– 2 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

Infolge der Vielzahl der – auch redaktionellen – Änderungen soll das bisher
geltende Gesetz zu Artikel 10 Grundgesetz aufgehoben und ein neues Stamm-
gesetz geschaffen werden.

Der Entwurf sieht ferner eine Änderung des Gesetzes über den Bundesnach-
richtendienst vor. Damit wird erreicht, dass inländische Behörden den Bundes-
nachrichtendienst über einschlägige Gefahrenbereiche unterrichten können,
ohne dass hierum ersucht werden muss.

Zu Ziffer 1 der Beschlussempfehlung:

Annahme des Gesetzentwurfs in der Ausschussfassung mit den Stimmen
der Fraktionen SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und CDU/CSU gegen
die Stimmen der Fraktionen der F.D.P. und PDS

Zu Ziffer 2 der Beschlussempfehlung:

Der Innenausschuss empfiehlt mit den Stimmen der Fraktionen SPD und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der Fraktionen der F.D.P.
und PDS, bei Stimmenthaltung der Fraktion der CDU/CSU Annahme

Zu Ziffer 3 der Beschlussempfehlung:

Der Innenausschuss empfiehlt mit den Stimmen der Fraktionen SPD und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der Fraktionen der F.D.P.
und PDS, bei Stimmenthaltung der Fraktion der CDU/CSU Annahme

C. Alternativen

Keine

D. Kosten

Für den Bund entstehen Kosten in Höhe von einer oder mehrerer Planstellen
des höheren Dienstes; im Übrigen werden Bund, Länder und Gemeinden nicht
mit Kosten belastet.

E. Sonstige Kosten

Keine
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Drucksache

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Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

1. den Gesetzentwurf auf Drucksache 14/5655 in der aus der anliegenden Zu-
sammenstellung ersichtlichen Fassung anzunehmen;

2. die Bundesregierung aufzufordern, ihn nach Ablauf von 2 Jahren nach In-
krafttreten des Gesetzes über die mit der Novellierung gemachten Erfahrun-
gen, insbesondere unter dem Gesichtspunkt des Datenschutzes, zu unterrich-
ten;

3. die Erklärung des Vertreters der Bundesregierung am 9. Mai 2001 vor dem
Innenausschuss, von der klarstellenden Regelung in Artikel 1 § 4 Abs. 3 Nr. 3
der Novelle im laufenden Verbotsverfahren gegen die NPD keinen Gebrauch
machen zu wollen; die ohne Maßnahmen nach diesem Gesetz gewonnenen
Erkenntnisse über die NPD reichten aus, um den Verbotsantrag umfassend zu
stützen, zur Kenntnis zu nehmen.

Berlin, den 9. Mai 2001

Der Innenausschuss

Ute Vogt (Pforzheim)

Vorsitzende

Dieter Wiefelspütz

Berichterstatter

Wolfgang Zeitlmann

Berichterstatter

Cem Özdemir

Berichterstatter

Dr. Max Stadler

Berichterstatter

Ulla Jelpke

Berichterstatterin
Drucksache

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– 4 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

E n t w u r f


B e s c h l ü s s e d e s 4 . A u s s c h u s s e s


Zusammenstellung

des Entwurfs eines Gesetzes zur Neuregelung von Beschränkungen des Brief-,
Post- und Fernmeldegeheimnisses
– Drucksache 14/5655 –
mit den Beschlüssen des Innenausschusses (4. Ausschuss)

Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung von
Beschränkungen des Brief-, Post- und Fernmelde-

geheimnisses

Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:

Artikel 1

Gesetz zur Beschränkung des Brief-, Post- und
Fernmeldegeheimnisses (Artikel 10-Gesetz – G 10)

ABSCHNITT 1
Allgemeine Bestimmungen

§ 1
Gegenstand des Gesetzes

(1)

u n v e r ä n d e r t

(2)

Soweit

Maßnahmen nach Absatz 1

von

Behörden
des Bundes durchgeführt werden,

unterliegen

sie

der
Kontrolle durch das Parlamentarische Kontrollgremium und
durch eine besondere Kommission (G 10-Kommission).

§ 2

u n v e r ä n d e r t

Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung von
Beschränkungen des Brief-, Post- und Fernmelde-

geheimnisses

Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:

Artikel 1

Gesetz zur Beschränkung des Brief-, Post- und
Fernmeldegeheimnisses (Artikel 10-Gesetz – G 10)

ABSCHNITT 1
Allgemeine Bestimmungen

§ 1
Gegenstand des Gesetzes

(1) Es sind

1. die Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Län-
der, der Militärische Abschirmdienst und der Bundes-
nachrichtendienst zur Abwehr von drohenden Gefahren
für die freiheitliche demokratische Grundordnung oder
den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines
Landes einschließlich der Sicherheit der in der Bundes-
republik Deutschland stationierten Truppen der nicht-
deutschen Vertragsstaaten des Nordatlantikvertrages,

2. der Bundesnachrichtendienst im Rahmen seiner Aufga-
ben nach § 1 Abs. 2 des BND-Gesetzes auch zu den in
§ 5 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 bis 6 und § 8 Abs. 1 Satz 1 be-
stimmten Zwecken

berechtigt, die Telekommunikation zu überwachen und auf-
zuzeichnen, in den Fällen der Nummer 1 auch die dem
Brief- oder Postgeheimnis unterliegenden Sendungen zu
öffnen und einzusehen.

(2)

Die

Maßnahmen nach Absatz 1 unterliegen der Kon-
trolle durch das Parlamentarische Kontrollgremium und
durch eine besondere Kommission (G 10-Kommission).

§ 2
Pflichten der Anbieter von Post- und

Telekommunikationsdiensten

(1) Wer geschäftsmäßig Postdienste erbringt oder an der
Erbringung solcher Dienste mitwirkt, hat der berechtigten
Stelle auf Anordnung Auskunft über die näheren Umstände
des Postverkehrs zu erteilen und Sendungen, die ihm zum
Einsammeln, Weiterleiten oder Ausliefern anvertraut sind,
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ABSCHNITT 2
Beschränkungen in Einzelfällen

§ 3

u n v e r ä n d e r t

auszuhändigen. Der nach Satz 1 Verpflichtete hat der be-
rechtigten Stelle auf Verlangen die zur Vorbereitung einer
Anordnung erforderlichen Auskünfte zu Postfächern zu
erteilen, ohne dass es hierzu einer gesonderten Anordnung
bedarf. Wer geschäftsmäßig Telekommunikationsdienste
erbringt oder an der Erbringung solcher Dienste mitwirkt,
hat der berechtigten Stelle auf Anordnung Auskunft über
die näheren Umstände der nach Wirksamwerden der Anord-
nung durchgeführten Telekommunikation zu erteilen, Sen-
dungen, die ihm zur Übermittlung auf dem Telekommuni-
kationsweg anvertraut sind, auszuhändigen sowie die
Überwachung und Aufzeichnung der Telekommunikation
zu ermöglichen. Ob und in welchem Umfang der nach
Satz 3 Verpflichtete Vorkehrungen für die technische und
organisatorische Umsetzung der Überwachungsmaßnahme
zu treffen hat, bestimmt sich nach § 88 des Telekommunika-
tionsgesetzes und der dazu erlassenen Rechtsverordnung.

(2) Der nach Absatz 1 Satz 1 oder 3 Verpflichtete hat vor
Durchführung einer beabsichtigten Beschränkungsmaß-
nahme die Personen, die mit der Durchführung der Maß-
nahme betraut werden sollen,

1. einer einfachen Sicherheitsüberprüfung unterziehen zu
lassen und

2. über Mitteilungsverbote nach § 17 sowie die Strafbarkeit
eines Verstoßes nach § 18 zu belehren; die Belehrung ist
aktenkundig zu machen.

Mit der Durchführung einer Beschränkungsmaßnahme dür-
fen nur Personen betraut werden, die nach Maßgabe des
Satzes 1 überprüft und belehrt worden sind. Der nach
Absatz 1 Satz 1 oder 3 Verpflichtete hat sicherzustellen,
dass die Geheimschutzmaßnahmen nach den Abschnitten
1.1 bis 1.4, 1.6, 2.1 und 2.3 bis 2.5 der Anlage 7 zur Allge-
meinen Verwaltungsvorschrift zum materiellen und organi-
satorischen Schutz von Verschlusssachen vom 29. April
1994 (GMBl. S. 674) getroffen werden.

(3) Die Sicherheitsüberprüfung nach Absatz 2 Satz 1
Nr. 1 ist entsprechend dem Sicherheitsüberprüfungsgesetz
durchzuführen. Für Beschränkungsmaßnahmen einer Lan-
desbehörde gilt dies nicht, soweit Rechtsvorschriften des
Landes vergleichbare Bestimmungen enthalten; in diesem
Fall sind die Rechtsvorschriften des Landes entsprechend
anzuwenden. Zuständig ist bei Beschränkungsmaßnahmen
von Bundesbehörden das Bundesministerium des Innern; im
Übrigen sind die nach Landesrecht bestimmten Behörden
zuständig. Soll mit der Durchführung einer Beschrän-
kungsmaßnahme eine Person betraut werden, für die inner-
halb der letzten fünf Jahre bereits eine gleich- oder höher-
wertige Sicherheitsüberprüfung nach Bundes- oder
Landesrecht durchgeführt worden ist, soll von einer erneu-
ten Sicherheitsüberprüfung abgesehen werden.

ABSCHNITT 2
Beschränkungen in Einzelfällen

§ 3
Voraussetzungen

(1) Beschränkungen nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 dürfen unter
den dort bezeichneten Voraussetzungen angeordnet werden,
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– 6 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

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wenn tatsächliche Anhaltspunkte für den Verdacht bestehen,
dass jemand

1. Straftaten des Friedensverrats oder des Hochverrats
(§§ 80 bis 83 des Strafgesetzbuches),

2. Straftaten der Gefährdung des demokratischen Rechts-
staates (§§ 84 bis 86, 87 bis 89 des Strafgesetzbuches,
§ 20 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 des Vereinsgesetzes),

3. Straftaten des Landesverrats und der Gefährdung der äu-
ßeren Sicherheit (§§ 94 bis 96, 97a bis 100a des Straf-
gesetzbuches),

4. Straftaten gegen die Landesverteidigung (§§ 109e bis
109g des Strafgesetzbuches),

5. Straftaten gegen die Sicherheit der in der Bundesrepub-
lik Deutschland stationierten Truppen der nichtdeut-
schen Vertragsstaaten des Nordatlantikvertrages (§§ 87,
89, 94 bis 96, 98 bis 100, 109e bis 109g des Strafgesetz-
buches in Verbindung mit Artikel 7 des Vierten Straf-
rechtsänderungsgesetzes vom 11. Juni 1957 (BGBl. I
S. 597) in der Fassung des Gesetzes vom 25. Juni 1968
(BGBl. I S. 741),

6. Straftaten nach

a) den §§ 129a und 130 des Strafgesetzbuches sowie

b) den §§ 211, 212, 239a, 239b, 306 bis 306c, 308
Abs. 1 bis 3, § 315 Abs. 3, § 316b Abs. 3 und § 316c
Abs. 1 und 3 des Strafgesetzbuches, soweit diese sich
gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung,
den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder ei-
nes Landes richten, oder

7. Straftaten nach § 92 Abs. 1 Nr. 7 des Ausländergesetzes

plant, begeht oder begangen hat. Gleiches gilt, wenn tat-
sächliche Anhaltspunkte für den Verdacht bestehen, dass je-
mand Mitglied einer Vereinigung ist, deren Zwecke oder de-
ren Tätigkeit darauf gerichtet sind, Straftaten zu begehen,
die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung,
den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Lan-
des gerichtet sind.

(2) Die Anordnung ist nur zulässig, wenn die Erfor-
schung des Sachverhalts auf andere Weise aussichtslos oder
wesentlich erschwert wäre. Sie darf sich nur gegen den Ver-
dächtigen oder gegen Personen richten, von denen auf
Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass sie für
den Verdächtigen bestimmte oder von ihm herrührende Mit-
teilungen entgegennehmen oder weitergeben oder dass der
Verdächtige ihren Anschluss benutzt. Maßnahmen, die sich
auf Sendungen beziehen, sind nur hinsichtlich solcher Sen-
dungen zulässig, bei denen Tatsachen die Annahme recht-
fertigen, dass sie von dem, gegen den sich die Anordnung
richtet, herrühren oder für ihn bestimmt sind. Abgeordne-
tenpost von Mitgliedern des Deutschen Bundestages und
der Parlamente der Länder darf nicht in eine Maßnahme ein-
bezogen werden, die sich gegen einen Dritten richtet.
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E n t w u r f B e s c h l ü s s e d e s 4 . A u s s c h u s s e s

§ 4
Prüf-, Kennzeichnungs- und Löschungspflichten,

Übermittlungen, Zweckbindung

(1) u n v e r ä n d e r t

(2) Die verbleibenden Daten sind zu kennzeichnen. Nach
einer Übermittlung ist die Kennzeichnung durch den Emp-
fänger aufrecht zu erhalten. Die Daten dürfen nur zu den in
§ 1 Abs. 1 Nr. 1 und den in Absatz 3 genannten Zwecken
verwendet werden.

(3) Der Behördenleiter oder sein Stellvertreter kann
anordnen, dass bei der Übermittlung auf die Kennzeich-
nung verzichtet wird, wenn dies unerlässlich ist, um die
Geheimhaltung einer Beschränkungsmaßnahme nicht
zu gefährden, und die G 10-Kommission oder, soweit es
sich um die Übermittlung durch eine Landesbehörde
handelt, die nach Landesrecht zuständige Stelle zuge-
stimmt hat. Bei Gefahr im Verzuge kann die Anordnung
bereits vor der Zustimmung getroffen werden. Wird die
Zustimmung versagt, ist die Kennzeichnung durch den
Übermittlungsempfänger unverzüglich nachzuholen;
die übermittelnde Behörde hat ihn hiervon zu unter-
richten.

(4)

u n v e r ä n d e r t

§ 4
Prüf-, Kennzeichnungs- und Löschungspflichten,

Übermittlungen, Zweckbindung

(1) Die erhebende Stelle prüft unverzüglich und sodann
in Abständen von höchstens sechs Monaten, ob die erhobe-
nen personenbezogenen Daten im Rahmen ihrer Aufgaben
allein oder zusammen mit bereits vorliegenden Daten für
die in § 1 Abs. 1 Nr. 1 bestimmten Zwecke erforderlich
sind. Soweit die Daten für diese Zwecke nicht erforderlich
sind und nicht für eine Übermittlung an andere Stellen be-
nötigt werden, sind sie unverzüglich unter Aufsicht eines
Bediensteten, der die Befähigung zum Richteramt hat, zu
löschen. Die Löschung ist zu protokollieren. Sie unterbleibt,
soweit die Daten für eine Mitteilung nach § 12 Abs. 1 oder
für eine gerichtliche Nachprüfung der Rechtmäßigkeit der
Beschränkungsmaßnahme von Bedeutung sein können. In
diesem Fall sind die Daten zu sperren; sie dürfen nur zu die-
sen Zwecken verwendet werden.

(2) Die verbleibenden Daten sind zu kennzeichnen. Nach
einer Übermittlung ist die Kennzeichnung durch den Emp-
fänger aufrecht zu erhalten.

Der Behördenleiter oder sein
Stellvertreter kann anordnen, dass bei der Übermittlung auf
die Kennzeichnung verzichtet wird, wenn dies unerlässlich
ist, um die Geheimhaltung einer Beschränkungsmaßnahme
nicht zu gefährden, und die G 10-Kommission zugestimmt
hat.

Die Daten dürfen nur zu den in § 1 Abs. 1 Nr. 1 und den
in Absatz 3 genannten Zwecken verwendet werden.

(3)

Die Daten dürfen nur übermittelt werden

1. zur Verhinderung oder Aufklärung von Straftaten, wenn

a) tatsächliche Anhaltspunkte für den Verdacht beste-
hen, dass jemand eine der in § 3 Abs. 1 genannten
Straftaten plant oder begeht,

b) bestimmte Tatsachen den Verdacht begründen, dass
jemand eine sonstige in § 7 Abs. 4 Satz 1 genannte
Straftat plant oder begeht,

2. zur Verfolgung von Straftaten, wenn bestimmte Tatsa-
chen den Verdacht begründen, dass jemand eine in Num-
mer 1 bezeichnete Straftat begeht oder begangen hat,
oder

3. zur Vorbereitung und Durchführung eines Verfahrens
nach Artikel 21 Abs. 2 Satz 2 des Grundgesetzes oder ei-
ner Maßnahme nach § 3 Abs. 1 Satz 1 des Vereinsge-
setzes,
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– 8 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

E n t w u r f B e s c h l ü s s e d e s 4 . A u s s c h u s s e s

(5)

u n v e r ä n d e r t

(6)

Der Empfänger darf die übermittelten Daten nur für
die Zwecke verwenden, zu deren Erfüllung sie ihm übermit-
telt worden sind. Er prüft unverzüglich und sodann in Ab-
ständen von höchstens sechs Monaten, ob die übermittelten
Daten für diese Zwecke erforderlich sind. Absatz 1 Satz 2
und 3 gilt entsprechend.

Der Empfänger unterrichtet die
übermittelnde Stelle unverzüglich über die erfolgte Lö-
schung.

ABSCHNITT 3

u n v e r ä n d e r t

soweit sie zur Erfüllung der Aufgaben des Empfängers er-
forderlich sind.

(4)

Sind mit personenbezogenen Daten, die übermittelt
werden dürfen, weitere Daten des Betroffenen oder eines
Dritten in Akten so verbunden, dass eine Trennung nicht
oder nur mit unvertretbarem Aufwand möglich ist, ist die
Übermittlung auch dieser Daten zulässig; eine Verwendung
dieser Daten ist unzulässig. Über die Übermittlung entschei-
det ein Bediensteter der übermittelnden Stelle, der die Befä-
higung zum Richteramt hat. Die Übermittlung ist zu proto-
kollieren.

(5)

Der Empfänger darf die übermittelten Daten nur für
die Zwecke verwenden, zu deren Erfüllung sie ihm übermit-
telt worden sind. Er prüft unverzüglich und sodann in Ab-
ständen von höchstens sechs Monaten, ob die übermittelten
Daten für diese Zwecke erforderlich sind. Absatz 1 Satz 2
und 3 gilt entsprechend.

ABSCHNITT 3
Strategische Beschränkungen

§ 5
Voraussetzungen

(1) Auf Antrag des Bundesnachrichtendienstes dürfen
Beschränkungen nach § 1 für internationale Telekommuni-
kationsbeziehungen, soweit eine gebündelte Übertragung
erfolgt, angeordnet werden. Die jeweiligen Telekommuni-
kationsbeziehungen werden von dem nach § 10 Abs. 1
zuständigen Bundesministerium mit Zustimmung des Parla-
mentarischen Kontrollgremiums bestimmt. Beschränkun-
gen nach Satz 1 sind nur zulässig zur Sammlung von Infor-
mationen über Sachverhalte, deren Kenntnis notwendig ist,
um die Gefahr

1. eines bewaffneten Angriffs auf die Bundesrepublik
Deutschland,

2. der Begehung internationaler terroristischer Anschläge
mit unmittelbarem Bezug zur Bundesrepublik Deutsch-
land,

3. der internationalen Verbreitung von Kriegswaffen im
Sinne des Gesetzes über die Kontrolle von Kriegswaffen
sowie des unerlaubten Außenwirtschaftsverkehrs mit
Waren, Datenverarbeitungsprogrammen und Technolo-
gien in Fällen von erheblicher Bedeutung,

4. der unbefugten Verbringung von Betäubungsmitteln in
nicht geringer Menge in die Bundesrepublik Deutsch-
land,

5. der Beeinträchtigung der Geldwertstabilität im Euro-
Währungsraum durch im Ausland begangene Geldfäl-
schungen oder

6. der international organisierten Geldwäsche in Fällen von
erheblicher Bedeutung

rechtzeitig zu erkennen und einer solchen Gefahr zu begeg-
nen. In den Fällen von Satz 3 Nr. 1 dürfen Beschränkungen
auch für Postverkehrsbeziehungen angeordnet werden;
Satz 2 gilt entsprechend.
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Drucksache

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E n t w u r f B e s c h l ü s s e d e s 4 . A u s s c h u s s e s

(2) Bei Beschränkungen von Telekommunikationsbezie-
hungen darf der Bundesnachrichtendienst nur Suchbegriffe
verwenden, die zur Aufklärung von Sachverhalten über den
in der Anordnung bezeichneten Gefahrenbereich bestimmt
und geeignet sind. Die Suchbegriffe dürfen keine Identifi-
zierungsmerkmale enthalten, die zu einer gezielten Erfas-
sung bestimmter Telekommunikationsanschlüsse führen.
Dies gilt nicht für Telekommunikationsanschlüsse im Aus-
land, sofern ausgeschlossen werden kann, dass Anschlüsse,
deren Inhaber oder regelmäßige Nutzer deutsche Staatsan-
gehörige sind, gezielt erfasst werden. Die Durchführung ist
zu protokollieren. Die Protokolldaten dürfen ausschließlich
zu Zwecken der Datenschutzkontrolle verwendet werden.
Sie sind am Ende des Kalenderjahres, das dem Jahr der Pro-
tokollierung folgt, zu löschen.

§ 6
Prüf-, Kennzeichnungs- und Löschungspflichten,

Zweckbindung

(1) Der Bundesnachrichtendienst prüft unverzüglich und
sodann in Abständen von höchstens sechs Monaten, ob die
erhobenen personenbezogenen Daten im Rahmen seiner
Aufgaben allein oder zusammen mit bereits vorliegenden
Daten für die in § 5 Abs. 1 Satz 3 bestimmten Zwecke er-
forderlich sind. Soweit die Daten für diese Zwecke nicht er-
forderlich sind und nicht für eine Übermittlung an andere
Stellen benötigt werden, sind sie unverzüglich unter Auf-
sicht eines Bediensteten, der die Befähigung zum Richter-
amt hat, zu löschen. Die Löschung ist zu protokollieren. Au-
ßer in den Fällen der erstmaligen Prüfung nach Satz 1
unterbleibt die Löschung, soweit die Daten für eine Mit-
teilung nach § 12 Abs. 2 oder für eine gerichtliche Nach-
prüfung der Rechtmäßigkeit der Beschränkungsmaßnahme
von Bedeutung sein können. In diesem Fall sind die Daten
zu sperren; sie dürfen nur zu diesen Zwecken verwendet
werden.

(2) Die verbleibenden Daten sind zu kennzeichnen. Nach
einer Übermittlung ist die Kennzeichnung durch den Emp-
fänger aufrechtzuerhalten. Die Daten dürfen nur zu den in
§ 5 Abs. 1 Satz 3 genannten Zwecken und für Übermittlun-
gen nach § 7 Abs. 1 bis 4 verwendet werden.

§ 7
Übermittlungen durch den Bundesnachrichtendienst

(1) Durch Beschränkungen nach § 5 erhobene personen-
bezogene Daten dürfen nach § 12 des BND-Gesetzes zur
Unterrichtung über die in § 5 Abs. 1 Satz 3 genannten Ge-
fahren übermittelt werden.

(2) Durch Beschränkungen nach § 5 erhobene personen-
bezogene Daten dürfen an die Verfassungsschutzbehörden
des Bundes und der Länder sowie an den Militärischen Ab-
schirmdienst übermittelt werden, wenn

1. tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Da-
ten erforderlich sind zur Sammlung und Auswertung
von Informationen über Bestrebungen in der Bundes-
republik Deutschland, die durch Anwendung von Ge-
walt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen
gegen die in § 3 Abs. 1 Nr. 1 und 3 des Bundesverfas-
sungsschutzgesetzes genannten Schutzgüter gerichtet
sind, oder
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– 10 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

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2. bestimmte Tatsachen den Verdacht sicherheitsgefährden-
der oder geheimdienstlicher Tätigkeiten für eine fremde
Macht begründen.

(3) Durch Beschränkungen nach § 5 Abs. 1 Satz 1 in Ver-
bindung mit Satz 3 Nr. 3 erhobene personenbezogene Daten
dürfen an das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkon-
trolle (BAFA) übermittelt werden, wenn tatsächliche An-
haltspunkte dafür bestehen, dass die Kenntnis dieser Daten
erforderlich ist

1. zur Aufklärung von Teilnehmern am Außenwirtschafts-
verkehr über Umstände, die für die Einhaltung von Be-
schränkungen des Außenwirtschaftsverkehrs von Be-
deutung sind, oder

2. im Rahmen eines Verfahrens zur Erteilung einer aus-
fuhrrechtlichen Genehmigung oder zur Unterrichtung
von Teilnehmern am Außenwirtschaftsverkehr, soweit
hierdurch eine Genehmigungspflicht für die Ausfuhr von
Gütern begründet wird.

(4) Durch Beschränkungen nach § 5 erhobene personen-
bezogene Daten dürfen zur Verhinderung von Straftaten an
die mit polizeilichen Aufgaben betrauten Behörden über-
mittelt werden, wenn

1. tatsächliche Anhaltspunkte für den Verdacht bestehen,
dass jemand

a) Straftaten nach den §§ 129a, 146, 151 bis 152a oder
261 des Strafgesetzbuches,

b) Straftaten nach § 34 Abs. 1 bis 6 und 8, § 35 des Au-
ßenwirtschaftsgesetzes, §§ 19 bis 21 oder 22a Abs. 1
Nr. 4, 5 und 7 des Gesetzes über die Kontrolle von
Kriegswaffen oder

c) Straftaten nach § 29a Abs. 1 Nr. 2, § 30 Abs. 1 Nr. 1,
4 oder § 30a des Betäubungsmittelgesetzes

plant oder begeht oder

2. bestimmte Tatsachen den Verdacht begründen, dass je-
mand

a) Straftaten, die in § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 5 und 7,
Satz 2 dieses Gesetzes oder in § 129a Abs. 1 des
Strafgesetzbuches bezeichnet sind, oder

b) Straftaten nach den §§ 130, 181, 249 bis 251, 255,
315b Abs. 3 oder § 316a des Strafgesetzbuches

plant oder begeht. Die Daten dürfen zur Verfolgung von
Straftaten an die zuständigen Behörden übermittelt werden,
wenn bestimmte Tatsachen den Verdacht begründen, dass
jemand eine in Satz 1 bezeichnete Straftat begeht oder be-
gangen hat.

(5) Die Übermittlung ist nur zulässig, soweit sie zur Er-
füllung der Aufgaben des Empfängers erforderlich ist. Sind
mit personenbezogenen Daten, die übermittelt werden dür-
fen, weitere Daten des Betroffenen oder eines Dritten in Ak-
ten so verbunden, dass eine Trennung nicht oder nur mit un-
vertretbarem Aufwand möglich ist, ist die Übermittlung
auch dieser Daten zulässig; eine Verwendung dieser Daten
ist unzulässig. Über die Übermittlung entscheidet ein Be-
diensteter des Bundesnachrichtendienstes, der die Befähi-
Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 11 –

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gung zum Richteramt hat. Die Übermittlung ist zu protokol-
lieren.

(6) Der Empfänger darf die Daten nur für die Zwecke
verwenden, zu deren Erfüllung sie ihm übermittelt worden
sind. Er prüft unverzüglich und sodann in Abständen von
höchstens sechs Monaten, ob die übermittelten Daten für
diese Zwecke erforderlich sind. § 6 Abs. 1 Satz 2 und 3 gilt
entsprechend.

§ 8
Gefahr für Leib oder Leben einer Person im Ausland

(1) Auf Antrag des Bundesnachrichtendienstes dürfen
Beschränkungen nach § 1 für internationale Telekommuni-
kationsbeziehungen im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 1 ange-
ordnet werden, wenn dies erforderlich ist, um eine im Ein-
zelfall bestehende Gefahr für Leib oder Leben einer Person
im Ausland rechtzeitig zu erkennen oder ihr zu begegnen
und dadurch Belange der Bundesrepublik Deutschland un-
mittelbar in besonderer Weise berührt sind. § 5 Abs. 1
Satz 2 gilt entsprechend.

(2) Die Zustimmung des Parlamentarischen Kontrollgre-
miums bedarf der Mehrheit von zwei Dritteln seiner Mit-
glieder. Die Bestimmung tritt spätestens nach zwei Monaten
außer Kraft. Eine erneute Bestimmung ist zulässig, soweit
ihre Voraussetzungen fortbestehen.

(3) Die Anordnung ist nur zulässig, wenn die Erfor-
schung des Sachverhalts auf andere Weise aussichtslos oder
wesentlich erschwert wäre. Der Bundesnachrichtendienst
darf nur Suchbegriffe verwenden, die zur Erlangung von In-
formationen über die in der Anordnung bezeichnete Gefahr
bestimmt und geeignet sind. § 5 Abs. 2 Satz 2 bis 6 gilt ent-
sprechend.

(4) Der Bundesnachrichtendienst prüft unverzüglich und
sodann in Abständen von höchstens sechs Monaten, ob die
erhobenen personenbezogenen Daten im Rahmen seiner
Aufgaben allein oder zusammen mit bereits vorliegenden
Daten zu dem in Absatz 1 bestimmten Zweck erforderlich
sind. Soweit die Daten für diesen Zweck nicht erforderlich
sind, sind sie unverzüglich unter Aufsicht eines Bedienste-
ten, der die Befähigung zum Richteramt hat, zu löschen.

Die Löschung ist zu protokollieren. § 6 Abs. 1 Satz 4 und 5,
Abs. 2 Satz 1 und 2 gilt entsprechend. Die Daten dürfen nur
zu den in den Absätzen 1, 5 und 6 genannten Zwecken ver-
wendet werden.

(5) Die erhobenen personenbezogenen Daten dürfen nach
§ 12 des BND-Gesetzes zur Unterrichtung über die in
Absatz 1 genannte Gefahr übermittelt werden.

(6) Die erhobenen personenbezogenen Daten dürfen zur
Verhinderung von Straftaten an die zuständigen Behörden
übermittelt werden, wenn tatsächliche Anhaltspunkte den
Verdacht begründen, dass jemand eine Straftat plant oder
begeht, die geeignet ist, zu der Entstehung oder Aufrechter-
haltung der in Absatz 1 bezeichneten Gefahr beizutragen.
Die Daten dürfen zur Verfolgung von Straftaten an die zu-
ständigen Behörden übermittelt werden, wenn bestimmte
Tatsachen den Verdacht begründen, dass jemand eine in
Satz 1 bezeichnete Straftat begeht oder begangen hat. § 7
Abs. 5 und 6 gilt entsprechend.
Drucksache

14/

5981

– 12 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

E n t w u r f B e s c h l ü s s e d e s 4 . A u s s c h u s s e s

ABSCHNITT 4
Verfahren

§ 9

u n v e r ä n d e r t

§ 10
Anordnung

(1) u n v e r ä n d e r t

(2) u n v e r ä n d e r t

(3) u n v e r ä n d e r t

(4) u n v e r ä n d e r t

(5) u n v e r ä n d e r t

(6) u n v e r ä n d e r t

ABSCHNITT 4
Verfahren

§ 9
Antrag

(1) Beschränkungsmaßnahmen nach diesem Gesetz dür-
fen nur auf Antrag angeordnet werden.

(2) Antragsberechtigt sind im Rahmen ihres Geschäfts-
bereichs

1. das Bundesamt für Verfassungsschutz,

2. die Verfassungsschutzbehörden der Länder,

3. das Amt für den Militärischen Abschirmdienst und

4. der Bundesnachrichtendienst

durch den Behördenleiter oder seinen Stellvertreter.

(3) Der Antrag ist schriftlich zu stellen und zu begrün-
den. Er muss alle für die Anordnung erforderlichen Anga-
ben enthalten. In den Fällen der §§ 3 und 8 hat der Antrag-
steller darzulegen, dass die Erforschung des Sachverhalts
auf andere Weise aussichtslos oder wesentlich erschwert
wäre.

§ 10
Anordnung

(1) Zuständig für die Anordnung von Beschränkungs-
maßnahmen ist bei Anträgen der Verfassungsschutzbehör-
den der Länder die zuständige oberste Landesbehörde, im
Übrigen ein vom Bundeskanzler beauftragtes Bundesminis-
terium.

(2) Die Anordnung ergeht schriftlich. In ihr sind der
Grund der Anordnung und die zur Überwachung berechtigte
Stelle anzugeben sowie Art, Umfang und Dauer der Be-
schränkungsmaßnahme zu bestimmen.

(3) In den Fällen des § 3 muss die Anordnung denjenigen
bezeichnen, gegen den sich die Beschränkungsmaßnahme
richtet. Bei einer Überwachung der Telekommunikation ist
auch die Rufnummer oder eine andere Kennung des Tele-
kommunikationsanschlusses anzugeben.

(4) In den Fällen der §§ 5 und 8 sind die Suchbegriffe in
der Anordnung zu benennen. Ferner sind das Gebiet, über
das Informationen gesammelt werden sollen, und die Über-
tragungswege, die der Beschränkung unterliegen, zu be-
zeichnen. Weiterhin ist festzulegen, welcher Anteil der auf
diesen Übertragungswegen zur Verfügung stehenden Über-
tragungskapazität überwacht werden darf. In den Fällen des
§ 5 darf dieser Anteil höchstens zwanzig vom Hundert be-
tragen.

(5) In den Fällen der §§ 3 und 5 ist die Anordnung auf
höchstens drei Monate zu befristen. Verlängerungen um je-
weils nicht mehr als drei weitere Monate sind auf Antrag
zulässig, soweit die Voraussetzungen der Anordnung fortbe-
stehen.

(6) Die Anordnung ist dem nach § 2 Abs. 1 Satz 1 oder 3
Verpflichteten insoweit mitzuteilen, als dies erforderlich ist,
um ihm die Erfüllung seiner Verpflichtungen zu ermögli-
chen. Die Mitteilung entfällt, wenn die Anordnung ohne
seine Mitwirkung ausgeführt werden kann.
Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 13 –

Drucksache

14/

5981

E n t w u r f B e s c h l ü s s e d e s 4 . A u s s c h u s s e s

(7) Das Bundesamt für Verfassungsschutz unterrichtet

die

jeweilige Landes

behörde

für Verfassungsschutz über
die in

deren

Bereich getroffenen Beschränkungsanordnun-
gen. Die Landes

behörden

für Verfassungsschutz teilen dem
Bundesamt für Verfassungsschutz die in ihrem Bereich ge-
troffenen Beschränkungsanordnungen mit.

§ 11

u n v e r ä n d e r t

§ 12
Mitteilungen an Betroffene

(1) Beschränkungsmaßnahmen nach § 3 sind dem Be-
troffenen nach ihrer Einstellung mitzuteilen, wenn eine Ge-
fährdung des Zwecks der Beschränkung ausgeschlossen
werden kann. Lässt sich in diesem Zeitpunkt noch nicht be-
urteilen, ob diese Voraussetzung vorliegt, ist die Mitteilung
vorzunehmen, sobald eine Gefährdung des Zwecks der Be-
schränkung ausgeschlossen werden kann. Einer Mitteilung
bedarf es nicht, wenn die G 10-Kommission

einstimmig

festgestellt hat, dass

1. diese Voraussetzung auch nach fünf Jahren

nach Been-
digung der Maßnahme

noch nicht eingetreten ist,

2. u n v e r ä n d e r t

3. u n v e r ä n d e r t

(2) u n v e r ä n d e r t

(3) u n v e r ä n d e r t

(7) Das Bundesamt für Verfassungsschutz unterrichtet

das

jeweilige Landes

amt

für Verfassungsschutz über die in

dessen

Bereich getroffenen Beschränkungsanordnungen.
Die Landes

ämter

für Verfassungsschutz teilen dem Bundes-
amt für Verfassungsschutz die in ihrem Bereich getroffenen
Beschränkungsanordnungen mit.

§ 11
Durchführung

(1) Die aus der Anordnung sich ergebenden Beschrän-
kungsmaßnahmen sind unter Verantwortung der Behörde,
auf deren Antrag die Anordnung ergangen ist, und unter
Aufsicht eines Bediensteten vorzunehmen, der die Befähi-
gung zum Richteramt hat.

(2) Die Maßnahmen sind unverzüglich zu beenden, wenn
sie nicht mehr erforderlich sind oder die Voraussetzungen
der Anordnung nicht mehr vorliegen. Die Beendigung ist
der Stelle, die die Anordnung getroffen hat, und dem nach
§ 2 Abs. 1 Satz 1 oder 3 Verpflichteten, dem die Anordnung
mitgeteilt worden ist, anzuzeigen. Die Anzeige an den Ver-
pflichteten entfällt, wenn die Anordnung ohne seine Mitwir-
kung ausgeführt wurde.

(3) Postsendungen, die zur Öffnung und Einsichtnahme
ausgehändigt worden sind, sind dem Postverkehr unverzüg-
lich wieder zuzuführen. Telegramme dürfen dem Postver-
kehr nicht entzogen werden. Der zur Einsichtnahme berech-
tigten Stelle ist eine Abschrift des Telegramms zu
übergeben.

§ 12
Mitteilungen an Betroffene

(1) Beschränkungsmaßnahmen nach § 3 sind dem Be-
troffenen nach ihrer Einstellung mitzuteilen, wenn eine Ge-
fährdung des Zwecks der Beschränkung ausgeschlossen
werden kann. Lässt sich in diesem Zeitpunkt noch nicht

ab-
schließend

beurteilen, ob diese Voraussetzung vorliegt, ist
die Mitteilung vorzunehmen, sobald eine Gefährdung des
Zwecks der Beschränkung ausgeschlossen werden kann. Ei-
ner Mitteilung bedarf es nicht, wenn die G 10-Kommission
festgestellt hat, dass

1. diese Voraussetzung auch nach fünf Jahren noch nicht
eingetreten ist,

2. sie mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit
auch in Zukunft nicht eintreten wird und

3. die Voraussetzungen für eine Löschung sowohl bei der
erhebenden Stelle als auch beim Empfänger vorliegen.

(2) Absatz 1 gilt entsprechend für Beschränkungsmaß-
nahmen nach den §§ 5 und 8, sofern die personenbezogenen
Daten nicht unverzüglich gelöscht wurden. Die Frist von
fünf Jahren beginnt mit der Erhebung der personenbezoge-
nen Daten.

(3) Die Mitteilung obliegt der Behörde, auf deren Antrag
die Anordnung ergangen ist. Wurden personenbezogene
Daten übermittelt, erfolgt die Mitteilung im Benehmen mit
dem Empfänger.
Drucksache

14/

5981

– 14 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

E n t w u r f B e s c h l ü s s e d e s 4 . A u s s c h u s s e s

§ 13

u n v e r ä n d e r t

ABSCHNITT 5
Kontrolle

§ 14
u n v e r ä n d e r t

§ 15
G 10-Kommission

(2) Die Beratungen der G 10-Kommission sind ge-
heim. Die Mitglieder der Kommission sind zur Geheim-
haltung der Angelegenheiten verpflichtet, die ihnen bei
ihrer Tätigkeit in der Kommission bekannt geworden
sind. Dies gilt auch für die Zeit nach ihrem Ausscheiden
aus der Kommission.

(3) u n v e r ä n d e r t

(4) u n v e r ä n d e r t

§ 13
Rechtsweg

Gegen die Anordnung von Beschränkungsmaßnahmen
nach den §§ 3 und 5 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 und ihren Vollzug
ist der Rechtsweg vor der Mitteilung an den Betroffenen
nicht zulässig.

ABSCHNITT 5
Kontrolle

§ 14
Parlamentarisches Kontrollgremium

(1) Das nach § 10 Abs. 1 für die Anordnung von Be-
schränkungsmaßnahmen zuständige Bundesministerium un-
terrichtet in Abständen von höchstens sechs Monaten das
Parlamentarische Kontrollgremium über die Durchführung
dieses Gesetzes. Das Gremium erstattet dem Deutschen
Bundestag jährlich einen Bericht über Durchführung sowie
Art und Umfang der Maßnahmen nach den §§ 3, 5 und 8;
dabei sind die Grundsätze des § 5 Abs. 1 des Kontrollgremi-
umgesetzes zu beachten.

(2) Bei Gefahr im Verzuge kann die Zustimmung zu Be-
stimmungen nach den §§ 5 und 8 durch den Vorsitzenden
des Parlamentarischen Kontrollgremiums und seinen Stell-
vertreter vorläufig erteilt werden. Die Zustimmung des Par-
lamentarischen Kontrollgremiums ist unverzüglich einzu-
holen. Die vorläufige Zustimmung tritt spätestens nach zwei
Wochen außer Kraft.

§ 15
G 10-Kommission

(1) Die G 10-Kommission besteht aus dem Vorsitzenden,
der die Befähigung zum Richteramt besitzen muss, und drei
Beisitzern sowie vier stellvertretenden Mitgliedern, die an
den Sitzungen mit Rede- und Fragerecht teilnehmen kön-
nen. Bei Stimmengleichheit entscheidet die Stimme des
Vorsitzenden. Die Mitglieder der G 10-Kommission sind in
ihrer Amtsführung unabhängig und Weisungen nicht unter-
worfen. Sie nehmen ein öffentliches Ehrenamt wahr und
werden von dem Parlamentarischen Kontrollgremium nach
Anhörung der Bundesregierung für die Dauer einer Wahl-
periode des Deutschen Bundestages mit der Maßgabe be-
stellt, dass ihre Amtszeit erst mit der Neubestimmung der
Mitglieder der Kommission, spätestens jedoch drei Monate
nach Ablauf der Wahlperiode endet.

(2) Der G 10-Kommission ist die für die Erfüllung ihrer
Aufgaben notwendige Personal- und Sachausstattung zur
Verfügung zu stellen; sie ist im Einzelplan des Deutschen
Bundestages gesondert auszuweisen. Der Kommission sind
Mitarbeiter mit technischem Sachverstand zur Verfügung zu
stellen.

(3) Die G 10-Kommission tritt mindestens einmal im
Monat zusammen. Sie gibt sich eine Geschäftsordnung, die

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 15 – Drucksache 14/5981

E n t w u r f B e s c h l ü s s e d e s 4 . A u s s c h u s s e s

(5) u n v e r ä n d e r t

(6) Das zuständige Bundesministerium unterrichtet mo-
natlich die G 10-Kommission über die von ihm angeord-
neten Beschränkungsmaßnahmen vor deren Vollzug. Bei
Gefahr im Verzuge kann es den Vollzug der Beschränkungs-
maßnahmen auch bereits vor der Unterrichtung der Kom-
mission anordnen. Anordnungen, die die Kommission für
unzulässig oder nicht notwendig erklärt, hat das zustän-
dige Bundesministerium unverzüglich aufzuheben. In
den Fällen des § 8 tritt die Anordnung außer Kraft, wenn sie
nicht binnen drei Tagen von der Kommission bestätigt wird.
Ist eine Entscheidung der Kommission innerhalb dieses
Zeitraums nicht möglich, kann die Bestätigung durch
den Vorsitzenden oder seinen Stellvertreter vorläufig er-
teilt werden; die Bestätigung der Kommission ist unver-
züglich nachzuholen.

(7) u n v e r ä n d e r t

§ 16
u n v e r ä n d e r t

der Zustimmung des Parlamentarischen Kontrollgremiums
bedarf. Vor der Zustimmung ist die Bundesregierung zu hö-
ren.

(4) Die G 10-Kommission entscheidet von Amts wegen
oder auf Grund von Beschwerden über die Zulässigkeit und
Notwendigkeit von Beschränkungsmaßnahmen. Die Kon-
trollbefugnis der Kommission erstreckt sich auf die gesamte
Erhebung, Verarbeitung und Nutzung der nach diesem Ge-
setz erlangten personenbezogenen Daten durch Nachrich-
tendienste des Bundes einschließlich der Entscheidung über
die Mitteilung an Betroffene. Der Kommission und ihren
Mitarbeitern ist dabei insbesondere

1. Auskunft zu ihren Fragen zu erteilen,

2. Einsicht in alle Unterlagen, insbesondere in die gespei-
cherten Daten und in die Datenverarbeitungsprogramme,
zu gewähren, die im Zusammenhang mit der Beschrän-
kungsmaßnahme stehen, und

3. jederzeit Zutritt in alle Diensträume zu gewähren.

Die Kommission kann dem Bundesbeauftragten für den Da-
tenschutz Gelegenheit zur Stellungnahme in Fragen des Da-
tenschutzes geben.

(5) Das zuständige Bundesministerium unterrichtet mo-
natlich die G 10-Kommission über die von ihm angeord-
neten Beschränkungsmaßnahmen vor deren Vollzug. Bei
Gefahr im Verzuge kann es den Vollzug der Beschränkungs-
maßnahmen auch bereits vor der Unterrichtung der Kom-
mission anordnen. In den Fällen des § 8 tritt die Anordnung
außer Kraft, wenn sie nicht binnen drei Tagen von der Kom-
mission bestätigt wird. Anordnungen, die die Kommission
für unzulässig oder nicht notwendig erklärt, hat das zustän-
dige Bundesministerium unverzüglich aufzuheben.

(6) Das zuständige Bundesministerium unterrichtet mo-
natlich die G 10-Kommission über Mitteilungen von Bun-
desbehörden nach § 12 Abs. 1 und 2 oder über die Gründe,
die einer Mitteilung entgegenstehen. Hält die Kommission
eine Mitteilung für geboten, ist diese unverzüglich vorzu-
nehmen. § 12 Abs. 3 Satz 2 bleibt unberührt, soweit das Be-
nehmen einer Landesbehörde erforderlich ist.

§ 16
Parlamentarische Kontrolle in den Ländern

Durch den Landesgesetzgeber wird die parlamentarische
Kontrolle der nach § 10 Abs. 1 für die Anordnung von Be-
schränkungsmaßnahmen zuständigen obersten Landesbe-
hörden und die Überprüfung der von ihnen angeordneten
Beschränkungsmaßnahmen geregelt. Personenbezogene
Daten dürfen nur dann an Landesbehörden übermittelt wer-
den, wenn die Kontrolle ihrer Verarbeitung und Nutzung
durch den Landesgesetzgeber geregelt ist.

Drucksache 14/5981 – 16 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

E n t w u r f B e s c h l ü s s e d e s 4 . A u s s c h u s s e s

ABSCHNITT 6
u n v e r ä n d e r t

ABSCHNITT 7
u n v e r ä n d e r t

ABSCHNITT 6
Straf- und Bußgeldvorschriften

§ 17
Mitteilungsverbote

(1) Wird die Telekommunikation nach diesem Gesetz
oder nach den §§ 100a, 100b der Strafprozessordnung über-
wacht, darf diese Tatsache von Personen, die geschäfts-
mäßig Telekommunikationsdienste erbringen oder an der
Erbringung solcher Dienste mitwirken, anderen nicht mitge-
teilt werden.

(2) Wird die Aushändigung von Sendungen nach § 2
Abs. 1 Satz 1 oder 3 angeordnet, darf diese Tatsache von
Personen, die zur Aushändigung verpflichtet oder mit der
Sendungsübermittlung betraut sind oder hieran mitwirken,
anderen nicht mitgeteilt werden.

(3) Erfolgt ein Auskunftsersuchen oder eine Auskunfts-
erteilung nach § 2 Abs. 1 darf diese Tatsache oder der Inhalt
des Ersuchens oder der erteilten Auskunft von Personen, die
zur Beantwortung verpflichtet oder mit der Beantwortung
betraut sind oder hieran mitwirken, anderen nicht mitgeteilt
werden.

§ 18
Straftaten

Mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe
wird bestraft, wer entgegen § 17 eine Mitteilung macht.

§ 19
Ordnungswidrigkeiten

(1) Ordnungswidrig handelt, wer

1. einer vollziehbaren Anordnung nach § 2 Abs. 1 Satz 1
oder 3 zuwiderhandelt,

2. entgegen § 2 Abs. 2 Satz 2 eine Person betraut oder

3. entgegen § 2 Abs. 2 Satz 3 nicht sicherstellt, dass eine
Geheimschutzmaßnahme getroffen wird.

(2) Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße bis
zu dreißigtausend Deutsche Mark geahndet werden.

(3) Bußgeldbehörde im Sinne des § 36 Abs. 1 Nr. 1 des
Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten ist die nach § 10
Abs. 1 zuständige Stelle.

ABSCHNITT 7
Schlussvorschriften

§ 20
Entschädigung

Die nach § 1 Abs. 1 berechtigten Stellen haben für die
Leistungen nach § 2 Abs. 1 eine Entschädigung zu gewäh-
ren, deren Umfang sich nach § 17a des Gesetzes über die
Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen bemisst.

§ 21
Einschränkung von Grundrechten

Das Grundrecht des Brief-, Post- und Fernmeldegeheim-
nisses (Artikel 10 des Grundgesetzes) wird durch dieses Ge-
setz eingeschränkt.

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 17 – Drucksache 14/5981

E n t w u r f B e s c h l ü s s e d e s 4 . A u s s c h u s s e s

Artikel 2

u n v e r ä n d e r t

Artikel 3

Änderung anderer Gesetze

(1) u n v e r ä n d e r t

(2) u n v e r ä n d e r t

Artikel 2

Änderung des BND-Gesetzes

§ 8 des BND-Gesetzes vom 20. Dezember 1990 (BGBl. I
S. 2954, 2979), das zuletzt durch § 38 Abs. 5 des Gesetzes
vom 20. April 1994 (BGBl. I S. 867) geändert worden ist,
wird wie folgt geändert:

1. Absatz 1 wird wie folgt gefasst:

„(1) Die Behörden des Bundes und der bundesunmit-
telbaren juristischen Personen des öffentlichen Rechts
dürfen von sich aus dem Bundesnachrichtendienst die ih-
nen bekannt gewordenen Informationen einschließlich
personenbezogener Daten übermitteln, wenn tatsächliche
Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Übermittlung

1. für seine Eigensicherung nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 oder

2. im Rahmen seiner Aufgaben nach § 1 Abs. 2 zur
Sammlung von Informationen über die in § 5 Abs. 1
Satz 3 des Artikel 10-Gesetzes genannten Gefahren-
bereiche

erforderlich ist.“

2. Dem Absatz 2 wird folgender Satz angefügt:

„Darüber hinaus dürfen sie dem Bundesnachrichten-
dienst von sich aus die ihnen bekannt gewordenen Infor-
mationen einschließlich personenbezogener Daten nach
Maßgabe des Absatzes 1 Nr. 2 übermitteln.“

Artikel 3

Änderung anderer Gesetze

(1) Das Kontrollgremiumgesetz vom 11. April 1978
(BGBl. I S. 453), zuletzt geändert durch Artikel 1 des Ge-
setzes vom 17. Juni 1999 (BGBl. I S. 1334), wird wie folgt
geändert:

1. In § 1 Abs. 2 wird die Angabe „Gesetz zu Artikel 10
Grundgesetz“ durch die Angabe „Artikel 10-Gesetz“ er-
setzt.

2. In § 6 Satz 3 wird die Angabe „Artikel 1 § 3 Abs. 10 des
Gesetzes zu Artikel 10 Grundgesetz“ durch die Angabe
„§ 14 Abs. 1 Satz 2 des Artikel 10-Gesetzes“ ersetzt.

(2) Das Bundesverfassungsschutzgesetz vom 20. Dezem-
ber 1990 (BGBl. I S. 2954, 2970), zuletzt geändert durch
Artikel 11 des Gesetzes vom 2. August 2000 (BGBl. I
S. 1253), wird wie folgt geändert:

1. In § 9 Abs. 3 Satz 2 wird die Angabe „§ 7 Abs. 3 des
Gesetzes zu Artikel 10 Grundgesetz“ durch die Angabe
„§ 4 Abs. 3 des Artikel 10-Gesetzes“ ersetzt.

2. In § 11 Abs. 1 Satz 1 wird die Angabe „§ 2 des Gesetzes
zu Artikel 10 Grundgesetz“ durch die Angabe „§ 3 des
Artikel 10-Gesetzes“ ersetzt.

3. § 18 Abs. 6 wird wie folgt geändert:

a) In Satz 1 wird die Angabe 㤠2 des Gesetzes zu
Artikel 10 Grundgesetz“ durch die Angabe „§ 3 des
Artikel 10-Gesetzes“ ersetzt.

Drucksache 14/5981 – 18 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

E n t w u r f B e s c h l ü s s e d e s 4 . A u s s c h u s s e s

(3) In § 24 Abs. 2 Satz 3 des Bundesdatenschutzgesetzes
vom 20. Dezember 1990 (BGBl. I S. 2954, 2955), das zu-
letzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom … (BGBl. I S. …)
geändert worden ist, wird die Angabe „§ 9 des Gesetzes zu
Artikel 10 Grundgesetz“ durch die Angabe „§ 15 des
Artikel 10-Gesetzes“ ersetzt.

(4) u n v e r ä n d e r t

(5) u n v e r ä n d e r t

Artikel 4

u n v e r ä n d e r t

b) In Satz 2 wird die Angabe 㤠7 Abs. 3 und 4 des Ge-
setzes zu Artikel 10 Grundgesetz“ durch die Angabe
„§ 4 Abs. 1 und 3 des Artikel 10-Gesetzes“ ersetzt.

(3) In § 24 Abs. 2 Satz 4 Nr. 1 des Bundesdatenschutzge-
setzes vom 20. Dezember 1990 (BGBl. I S. 2954, 2955),
das zuletzt durch Artikel 2 Abs. 5 des Gesetzes vom 17. De-
zember 1997 (BGBl. I S. 3108) geändert worden ist, wird
die Angabe „§ 9 des Gesetzes zu Artikel 10 Grundgesetz“
durch die Angabe „§ 15 des Artikel 10-Gesetzes“ ersetzt.

(4) Das Außenwirtschaftsgesetz vom 28. April 1961
(BGBl. I S. 481), zuletzt geändert durch Artikel 18 des Ge-
setzes vom 3. Mai 2000 (BGBl. I S. 632), wird wie folgt ge-
ändert:

1. In § 39 Abs. 5 wird die Angabe „Artikel 1 §1 Abs. 2 bis 4
des Gesetzes zu Artikel 10 Grundgesetz“ durch die An-
gabe „§ 2 des Artikel 10-Gesetzes“ ersetzt.

2. § 41 wird wie folgt geändert:

a) In Absatz 1 Satz 2 wird die Angabe „Artikel 1 § 7
Abs. 2 und § 8 des Gesetzes zu Artikel 10 Grundge-
setz“ durch die Angabe „§ 11 Abs. 2 und 3 des
Artikel 10-Gesetzes“ ersetzt.

b) In Absatz 2 wird die Angabe „Artikel 1 § 2 Abs. 1
und § 3 Abs. 3 des Gesetzes zu Artikel 10 Grundge-
setz“ durch die Angabe „§ 3 Abs. 1 und § 7 Abs. 1
bis 4 des Artikel 10-Gesetzes“ ersetzt.

(5) In § 92 Abs. 2 Satz 1 des Telekommunikationsgeset-
zes vom 25. Juli 1996 (BGBl. I S. 1120), das zuletzt durch
Artikel 2 Abs. 6 des Gesetzes vom 26. August 1998
(BGBl. I S. 2521) geändert worden ist, wird die Angabe
„Artikel 1 § 3 des Gesetzes zu Artikel 10 Grundgesetz“
durch die Angabe „den §§ 5 und 8 des Artikel 10-Gesetzes“
ersetzt.

Artikel 4

Änderung der Fernmeldeverkehr-
Überwachungs-Verordnung

Die Fernmeldeverkehr-Überwachungs-Verordnung vom
18. Mai 1995 (BGBl. I S. 722) wird wie folgt geändert:

1. In § 1 wird die Angabe „Gesetz zu Artikel 10 Grundge-
setz“ durch die Angabe „Artikel 10-Gesetz mit Aus-
nahme von dessen §§ 5 und 8“ ersetzt.

2. § 2 wird wie folgt geändert:

a) In Nummer 2 wird die Abgabe „Gesetz zu Artikel 10
Grundgesetz“ durch die Angabe „Artikel 10-Gesetz“
ersetzt.

b) In Nummer 3 wird die Angabe „Artikel 1 § 1 Abs. 1
des Gesetzes zu Artikel 10 Grundgesetz“ durch die
Angabe „§ 1 Abs. 1 des Artikel 10-Gesetzes“ ersetzt.

c) In Nummer 7 wird die Angabe „Gesetz zu Artikel 10
Grundgesetz“ durch die Angabe „Artikel 10-Gesetz“
ersetzt.

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 19 – Drucksache 14/5981

E n t w u r f B e s c h l ü s s e d e s 4 . A u s s c h u s s e s

Artikel 5

Inkrafttreten, Außerkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am Tage nach der Verkündung in
Kraft. Gleichzeitig tritt das Gesetz zu Artikel 10 Grundge-
setz vom 13. August 1968 (BGBl. I S. 949), zuletzt geän-
dert durch Artikel 2 des Gesetzes vom 17. Juni 1999
(BGBl. I S. 1334), außer Kraft.

3. In § 5 Abs. 1 wird die Angabe „Gesetzes zu Artikel 10
Grundgesetz“ durch die Angabe „Artikel 10-Gesetzes“
ersetzt.

Artikel 5

Inkrafttreten, Außerkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am Tage nach der Verkündung in
Kraft. Gleichzeitig tritt das Gesetz zu Artikel 10 Grundge-
setz vom 13. August 1968 (BGBl. I S. 949), zuletzt geän-
dert durch Artikel 2 des Gesetzes vom 17. Juni 1999
(BGBl. I S. 1334), außer Kraft.

Drucksache 14/5981 – 20 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

Bericht der Abgeordneten Dieter Wiefelspütz, Wolfgang Zeitlmann, Cem Özdemir,
Dr. Max Stadler, Ulla Jelpke

I. Verfahren

1. Der Gesetzentwurf wurde in der 161. Sitzung des Deut-
schen Bundestages am 29. März 2001 an den Innenaus-
schuss federführend sowie an den Ausschuss für Wahl-
prüfung, Immunität und Geschäftsordnung und den
Rechtsausschuss zur Mitberatung überwiesen.

2. Der Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und
Geschäftsordnung hat in seiner 49. Sitzung am 5. April
2001 mit den Stimmen der Fraktionen SPD und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der
Fraktionen der F.D.P. und PDS bei Enthaltung der Frak-
tion der CDU/CSU die Annahme des Gesetzentwurfs
empfohlen, da aus parlamentsrechtlicher Sicht keine
Bedenken bestehen. Darüber hinaus sollen die vom
Vorsitzenden der Kommission nach Artikel 10 GG im
Schreiben vom 27. März 2001 unterbreiteten Vorschläge
bei den Beratungen des federführenden Ausschusses be-
rücksichtigt werden.

3. Der Rechtsausschuss hat in seiner 80. Sitzung am 9. Mai
2001 mit den Stimmen der Fraktionen SPD, BÜNDNIS
90/DIE GRÜNEN und CDU/CSU gegen die Stimmen
der Fraktionen der F.D.P. und PDS, bei Stimmenthal-
tung eines Mitglieds der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN, die Annahme des Gesetzentwurfs empfohlen.

4. Der Innenausschuss hat den Gesetzentwurf in seiner
57. Sitzung am 9. Mai 2001 abschließend beraten und
ihm in der Ausschussfassung mit den Stimmen der Frak-
tionen SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und CDU/
CSU gegen die Stimmen der Fraktionen der F.D.P. und
PDS zugestimmt.

a) Die Koalitionsfraktionen haben darüber hinaus auf
Innenausschussdrucksache 14/468 vom 8. Mai 2001
folgende Ergänzungen zur Beschlussempfehlung des
Innenausschusses zum Gesetzentwurf in der Aus-
schussfassung beantragt:

1. Der Bundestag fordert die Bundesregierung auf,
ihn nach Ablauf von 2 Jahren nach Inkrafttreten
des Gesetzes über die mit der Novellierung ge-
machten Erfahrungen, insbesondere unter dem
Gesichtspunkt des Datenschutzes, zu unterrichten.

2. Der Bundestag nimmt die Erklärung des Vertre-
ters der Bundesregierung am 9. Mai 2001 vor
dem Innenausschuss zur Kenntnis, von der klar-
stellenden Regelung in Art. 1 § 4 Abs. 3 Nr. 3 der
Novelle im laufenden Verbotsverfahren gegen die
NPD keinen Gebrauch machen zu wollen; die
ohne Maßnahmen nach diesem Gesetz gewonne-
nen Erkenntnisse über die NPD reichten aus, um
den Verbotsantrag umfassend zu stützen.

Ziffer 1 hat der Innenausschuss mit den Stimmen
der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN gegen die Stimmen der Fraktionen der
F.D.P. und PDS bei Stimmenthaltung der CDU/
CSU zugestimmt.

Ziffer 2 hat der Innenausschuss mit den Stimmen
der Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen der
Fraktionen der F.D.P. und PDS bei Stimmenthal-
tung der Fraktion der CDU/CSU zugestimmt.

b) Zu den Änderungsanträgen ergaben sich folgende
Abstimmungsergebnisse:

Die Änderungsanträge der Koalitionsfraktionen
(Ausschussdrucksache 14/462) wurden mit den Stim-
men der Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen der
Fraktionen der CDU/CSU, F.D.P. und PDS angenom-
men.

Die Änderungsanträge der CDU/CSU-Fraktion vom
30. März 2001 auf Ausschussdrucksache 14/444
wurden mit den Stimmen der Fraktionen SPD,
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, F.D.P. und PDS gegen
die Stimmen der antragstellenden Fraktion abgelehnt.

Die Änderungsanträge der PDS-Fraktion vom 8. Mai
2001 (Ausschussdrucksache 14/469) wurden mit den
Stimmen der Fraktionen SPD, BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN und CDU/CSU gegen die Stimmen der
antragstellenden Fraktion bei Stimmenthaltung der
Fraktion der F.D.P. abgelehnt.

aa) Die Änderungsanträge der Fraktion der CDU/
CSU vom 30. März 2001 einschließlich der Be-
gründung auf Ausschussdrucksache 14/444 ha-
ben folgenden Wortlaut:

1. Zu Artikel 1 (§ 3 Abs. 1 Nr. 6 Buchstabe b G 10)

In Artikel 1 § 3 Abs. 1 Nr. 6 ist Buchstabe b wie folgt zu
fassen:

„b) eine der in § 129a Abs. 1 Ziffer 1 bis 3 StGB aufge-
führten Straftaten,

oder“.

Begründung

Grundsätzlich wird die Ermöglichung von G 10-Maßnah-
men gegen Einzeltäter von schweren Straftaten in § 3 Abs. 1
Nr. 6b begrüßt, jedoch der dort aufgeführte Straftatenkata-
log nicht für ausreichend erachtet. Beschränkungen sind
vielmehr in allen Fällen zuzulassen, in denen tatsächliche
Anhaltspunkte für den Verdacht bestehen, dass jemand eine
der in § 129a Abs. 1 Ziffer 1 bis 3 StGB aufgeführten Straf-
taten plant, begeht oder begangen hat. Es ist nicht verständ-
lich, warum im vorgelegten Entwurf die §§ 220a (Völker-
mord), § 305a (Zerstörung wichtiger Arbeitsmittel), § 307
Abs. 1 bis 3 (Herbeiführung einer Explosion durch Kern-
energie), § 314 (Gemeingefährliche Vergiftung), § 315
Abs. 1 und 4 (Gefährlicher Eingriff in den Bahn-, Schiffs-
und Luftverkehr) und § 316b Abs. 1 (Störung öffentlicher
Betriebe) nicht aufgenommen worden sind. Im Hinblick auf
das geschützte Grundrecht kann es keinen Unterschied ma-
chen, ob die in § 129a Abs. 1 StGB aufgeführten Straftaten
durch eine Vereinigung oder durch einen Einzeltäter, bzw.

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 21 – Drucksache 14/5981

eine nicht als Vereinigung zu qualifizierende Gruppierung
geplant oder begangen werden. Dies gilt um so mehr, als es
sich bei nahezu allen Straftaten, die nach dem vorliegenden
Entwurf nicht in den Katalog aufgenommen wurden, um
Verbrechen handelt, und die Begehung dieser Taten durch
extremistische Einzeltäter bzw. lose Gruppierungen vor-
stellbar ist.

Der bisherige 2. Satzteil „soweit …“ ist entbehrlich, weil
sich die dortige Voraussetzung bereits aus § 1 Abs. 1 Nr. 1
ergibt.

2. Zu Artikel 1 (§ 4 Abs. 3 Nr. 1 Buchstaben a und b
Satz 2 – neu – G 10)

In Artikel 1 § ist Absatz 3 wie folgt zu ändern:

a) Nummer 1 ist wie folgt zu ändern:

aa) In Buchstabe a sind nach den Wörtern „genann-
ten Straftaten“ die Wörter „oder Straftaten nach
§§ 234, 234a, 310, 224 StGB und § 92a Auslän-
dergesetz“ einzufügen.

bb) In Buchstabe b sind nach den Wörtern „in § 7
Abs. 4 Satz 1“ die Wörter „dieses Gesetzes oder
in § 100a Satz 1 StPO“ einzufügen.

b) Folgender Satz ist anzufügen:

„Die Zusammenarbeitspflicht der Behörden für Verfas-
sungsschutz nach §§ 1, 5 Abs. 1 und 3 des Gesetzes über
die Zusammenarbeit des Bundes und der Länder in An-
gelegenheiten des Verfassungsschutzes bleibt unbe-
rührt.“

Begründung

Zu Buchstabe a

Die Erweiterung des Katalogs in § 4 Abs. 3 Nr. 1a G 10 zur
präventiven Übermittlung von Erkenntnissen ist erforder-
lich, da mit der im Entwurf vorgesehenen Formulierung
z. B. die Übermittlung von Erkenntnissen, dass der Skin-
head A den Ausländer B oder den Autonomen C überfallen
und körperlich misshandeln will (Gefährliche Körperverlet-
zung nach § 224 StGB) nicht möglich ist. In solchen Fällen
ist ein neutraler Hinweis ohne personenbezogene Daten
nicht erfolgversprechend. Ferner dient die Katalogerweite-
rung der Beseitigung eines Wertungswiderspruchs zwischen
den in § 4 Abs. 3 G 10 normierten Übermittlungsbefugnis-
sen und dem in § 138 StGB geregelten Straftatbestand der
Nichtanzeige geplanter Straftaten. In der derzeit noch gel-
tenden Fassung des G 10 wurde dieser Parallelität durch
die Verweisung in § 7 Abs. 3 auf § 3 Abs. 3 G 10 und damit
auf § 138 StGB Rechnung getragen. Im vorliegenden Ent-
wurf ist diese Systematik nicht aufgegriffen worden; die Ver-
weisung auf die Straftatbestände in § 3 Abs. 1 G 10 deckt
nicht diejenigen Katalogtaten ab, die der Strafgesetzgeber
für so erheblich erachtete, dass er deren Nichtanzeige unter
Strafe stellte. Zumindest dies sollte jedoch gewährleistet
sein. § 92a Ausländergesetz (bandenmäßige Schleusung)
wurde ergänzt, da die Schwere der Straftat und die drohen-
den Folgen für die Betroffenen so erheblich sind, dass durch
die Weitergabe von Erkenntnissen darüber auch auf der
Grundlage von tatsächlichen Anhaltspunkten ein Grund-
rechtseingriff gerechtfertigt sei.

Die Ergänzung des Abs. 3 Nr. 1b um die Katalogtatbestände
des § 100a Satz 1 StPO ist gerechtfertigt und praktisch not-
wendig.

Bei Straftaten, die im Katalog des § 100a Satz 1 StPO ge-
nannt sind, dürften die Strafverfolgungsbehörden selbst
Einschränkungen des Fernmeldegeheimnisses anordnen.

Was aber für die Strafverfolgung gilt, muss erst recht im Be-
reich der Straftatenprävention gelten, wenn sich die Tat-
sachengrundlage für den Verdacht entsprechend verdichtet
hat.

Durch die pauschale Verweisung in § 4 Abs. 3 Nr. 2 auf
Nr. 1 wird die dort geforderte Straftatenkatalogerweiterung
auch im Rahmen der Strafverfolgung perpetuiert, ohne dass
eine Wortlautergänzung notwendig wird. § 4 Abs. 3 Nr. 3
wird ausdrücklich begrüßt.

Zu Buchstabe b

Die Hinzufügung eines Satzes 2 in § 4 Abs. 3 G 10 wird für
erforderlich gehalten, um sicherzustellen, dass die Verfas-
sungsschutzbehörden ihre sich aus §§ 1, 5 Abs. 1 und 3 des
Gesetzes über die Zusammenarbeit des Bundes und der
Länder in Angelegenheiten des Verfassungsschutzes erge-
benden Pflichten unabhängig von den in § 4 Abs. 3 G 10 ge-
nannten Übermittlungsvoraussetzungen erfüllen können.

3. Zu Artikel 1 (§ 4 Abs. 4 Satz 1 Halbsatz 2 und
Abs. 6 – neu – G 10)

In Artikel 1 ist § 4 wie folgt zu ändern:

a) In Absatz 4 Satz 1 sind die Wörter „eine Verwendung
dieser Daten ist unzulässig“ zu streichen.

b) Folgender Absatz 6 ist anzufügen:

„(6) Wurden dem Empfänger die Daten für Zwecke
der Strafverfolgung übermittelt, ist Absatz 5 nicht an-
zuwenden. In diesen Fällen ist § 161 der Strafpro-
zessordnung sowie, wenn die Daten aus der Über-
wachung und Aufzeichnung der Telekommunikation
stammen, § 100b Abs. 5, 6 der Strafprozessordnung
entsprechend anzuwenden.“

Begründung

Die Regelungen zur Verwendung in § 4 Abs. 4 Satz 1 Halb-
satz 1, Abs. 5 G 10 sind zu eng:

a) Generell besteht keine Notwendigkeit, über die in Ab-
satz 5 vorgesehene Verwendungsbeschränkung hinaus
ein weiteres Verwendungsverbot in § 4 Abs. 4 Satz 1
Halbsatz 2 G 10 vorzusehen.

b) Außerdem ist Absatz 5 nicht mit den Verwendungsrege-
lungen der StPO abgestimmt. Für den Bereich der Straf-
verfolgung würde dies dazu führen, dass die Straf-
gerichte und Strafverfolgungsbehörden neben den
Regelungen zum Umgang mit Daten, mit denen sie
vertraut sind (insbesondere § 100b Abs. 5, 6 StPO für
den Bereich der Telekommunikationsüberwachung und
§ 161 StPO in der Fassung des StVÄG 1999 im Übrigen)
auch noch – in Teilbereichen abweichende – Regelungen
zu beachten hätten. Dies ist nicht nur unpraktikabel,
sondern auch in der Sache nicht gerechtfertigt. So reicht

Drucksache 14/5981 – 22 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

insbesondere dann, wenn es um die Überwachung der
Telekommunikation geht, die Regelung in § 100b Abs. 5,
6 StPO aus. Auch im Übrigen ist kein Grund ersichtlich,
weshalb das G 10 höhere Hürden aufstellen sollte als
das StVÄG 1999, bei dessen Erlass die Entscheidung des
BVerfG vom 14. Juli 1999 bereits bekannt war und dem-
entsprechend auch Berücksichtigung gefunden hat.

4. Zu Artikel 1 (§ 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Buchstaben
b, c, d – neu – Nummer 2 Buchstaben
a und b G 10)

In Artikel 1 § 7 ist Absatz 4 Satz 1 wie folgt zu ändern:

a) Nummer 1 ist wie folgt zu ändern:

aa) In Buchstabe b) ist das Wort „oder“ durch ein
Komma zu ersetzen.

bb) Nach Buchstabe e) ist das Wort „oder“ anzufü-
gen und folgender Buchstabe d) anzufügen:

„d) Straftaten, die in § 3 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 1
bis 5 und Nr. 7 Satz 2 dieses Gesetzes ge-
nannt sind, oder Straftaten nach § 92a
AuslG“

b) Nummer 2 ist wie folgt zu ändern:

aa) Buchstabe a ist wie folgt zu fassen:

„a) Straftaten, die in § 129a Abs. 1 des Strafge-
setzbuches bezeichnet sind, oder“

bb) Buchstabe b ist wie folgt zu fassen:

„b) sonstige in § 100a Satz 1 StPO genannte
Straftaten“

Begründung

Die durch die Verweisung auf § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 5
und 7 Satz 2 G 10 in § 7 Abs. 4 Nr. 2a aufgelisteten Staats-
schutzdelikte sind in Anbetracht der erheblichen Bedrohung
für die Gemeinschaft als dermaßen erheblich anzusehen,
dass eine Übermittlung von darauf hindeutenden Erkennt-
nissen, die im Rahmen strategischer Fernmeldeüberwa-
chung gewonnen wurden, an die Polizeibehörden zur Ver-
hinderung von Straftaten bereits dann möglich sein soll,
wenn tatsächliche Anhaltspunkte für den Verdacht der Be-
gehung bestehen, nicht erst wenn sich der Verdacht durch
bestimmte Tatsachen verdichtet hat. Diese Auffassung steht
im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesverfas-
sungsgerichts, das die Übermittlung von Zufallsfunden der
verdachtsunabhängigen strategischen Fernmeldekontrolle
zur Verhinderung erheblicher Straftaten an andere Behör-
den grundsätzlich für zulässig erachtet. Hinweise auf
Staatsschutzdelikte bereits bei tatsächlichen Anhaltspunkten
für den Verdacht weiterleiten zu können, widerspricht nicht
den vorn Bundesverfassungsgericht skizzierten Anforderun-
gen an die Verhältnismäßigkeit des Grundrechtseingriffs.
Entsprechendes gilt für § 92a Ausländergesetz, da es sich
um ein häufiges und schwerwiegendes Delikt mit weitrei-
chenden Folgen für die Betroffenen und die Allgemeinheit
handelt. Hinweise auf Straftaten, die im Katalog des § 100a
Satz 1 StPO genannt sind, müssen an Strafverfolgungsbe-
hörden und Polizeibehörden weitergegeben werden können.
In Fällen, in denen die Strafverfolgungsbehörden selbst

Beschränkungsmaßnahmen anordnen durften, müssen sie
auch Erkenntnisse erhalten können. Dies muss erst recht für
die Polizeibehörden zur Verhinderung von Straftaten gelten.

5. Zu Artikel 1 (§ 7 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 und
Abs. 6 Satz 3 – neu – G 10)

In Artikel 1 ist § 7 wie folgt zu ändern:

a) In Absatz 5 Satz 2 sind die Wörter „; eine Verwen-
dung dieser Daten ist unzulässig“ zu streichen.

b) Dem Absatz 6 ist folgender Satz anzufügen:

„Wurden dem Empfänger die Daten für Zwecke der
Strafverfolgung übermittelt, gilt § 4 Abs. 6 entspre-
chend.“

Begründung

Auf die Begründung der zu Artikel 1 § 4 Abs. 4 Satz 1 Halb-
satz 2 und Abs. 6 neu – G 10 vorgeschlagenen Änderung
wird Bezug genommen.

6. Zu Artikel 1 (§ 8 Abs. 6 Satz 1 G 10)

In Artikel 1 § 8 Abs. 6 sind in Satz 1 nach den Wörtern
„bezeichneten Gefahr beizutragen“ die Wörter „, oder
die in § 100a Satz 1 StPO bezeichnet ist“ einzufügen.

Begründung

Auf die Begründung der vorgeschlagenen Änderung zu § 7
Abs. 4 G 10 wird Bezug genommen.

7. Zu Artikel 1 (§ 10 Abs. 3 Satz 2 G 10)
Artikel 3 Abs. 3a – neu – (§ 100b Abs. 2 Satz 2

StPO),
Abs. 4 Nr. 1a – neu – (§ 40 Abs. 4 Satz 1 AWG)

a) In Artikel 1 § 10 Abs. 3 ist Satz 2 zu streichen.

b) Artikel 3 ist wie folgt zu ändern:

aa) Nach Absatz 3 ist folgender Absatz 3a einzufü-
gen:

,(3a) In § 100b Abs. 2 Satz 2 der Strafprozess-
ordnung in der Fassung der Bekanntmachung
vom 7. April 1987 (BGBl. I S. 1074, 1319), die
zuletzt durch … geändert worden ist, werden die
Wörter „und die Rufnummer oder eine andere
Kennung seines Telekommunikationsanschlus-
ses“ gestrichen.‘

bb) In Absatz 4 ist nach Nummer 1 folgende Nummer
la einzufügen:

,1a. In § 40 Abs. 4 Satz 1 werden die Wörter
„bei einer Überwachung der Telekommuni-
kation auch die Rufnummer oder eine andere
Kennung des Telekommunikationsanschlusses“
gestrichen.‘

Begründung

Mit dem Begleitgesetz zum Telekommunikationsgesetz
wurde im Bereich der Überwachung der Telekommunikation
(nach G 10, StPO und AWG) die Verpflichtung geschaffen,

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 23 – Drucksache 14/5981

in der Anordnung für eine Telekommunikationsüberwa-
chung die Rufnummer oder eine andere Kennung eines Tele-
kommunikationsanschlusses anzugeben. Diese Neuregelung
hat sich nicht bewährt. Sie führt vielmehr im Vollzug zu
vermeidbaren Umsetzungsschwierigkeiten. Während sich
derjenige, der geschäftsmäßig Telekommunikationsdienste
erbringt, unschwer einen Überblick darüber verschaffen
kann, wer seine Kunden sind, ist es für den Bedarfsträger
z. T. unmöglich, rechtzeitig eine Kennung des Telekommuni-
kationsanschlusses zu ermitteln.

Die Verpflichtung für die Bedarfsträger, die Rufnummer
oder eine andere Kennung eines Telekommunikationsan-
schlusses in der Anordnung anzugeben, sollte daher entfal-
len. Die Streichung dieser Bestimmungen schließt nicht aus,
dass die Bedarfsträger dann, wenn sie die Rufnummer oder
eine andere Kennung des Telekommunikationsanschlusses
kennen, diese in der Anordnung auch angeben. Dies wird
vielmehr schon im Interesse der Beschleunigung die Regel
sein, ohne dass dies gesetzlich normiert werden müsste.

8. Zu Artikel 1 (§ 12 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 G 10)

In Artikel 1 § 12 Abs. 1 Satz 3 sind in Nummer 1 nach
den Wörtern“ „nach fünf Jahren“ die Wörter „nach
Beendigung der Maßnahme“ einzufügen.

Begründung

Die Einfügung sollte aus Klarstellungsgründen erfolgen,
wie dies auch in § 12 Abs. 2 geschehen ist.

Zu Artikel 1 (§ 12 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 G 10)

In Artikel 1 § 12 Abs. 1 Satz 3 ist Nummer 2 wie folgt zu fas-
sen:

„2. ihr Eintritt auch künftig nicht zu erwarten ist und“

Begründung

Die Voraussetzungen, unter denen endgültig auf eine Be-
nachrichtigung verzichtet werden kann, sind zu eng. Eine
Prognose, wonach mit an Sicherheit grenzender Wahr-
scheinlichkeit auch zukünftig die Voraussetzungen für eine
Benachrichtigung nicht eintreten werden, kann auch nach
fünf Jahren in aller Regel nicht getroffen werden. Wenn die
Regelung praktische Bedeutung erlangen soll, muss deshalb
ein geringerer Wahrscheinlichkeitsgrad genügen.

Der Eingriff wird durch die Aufbewahrung nicht mehr benö-
tigter Daten nicht nur perpetuiert, sondern dadurch, dass in
regelmäßigen Abständen erneut Daten über den Betroffenen
erhoben werden müssen, um festzustellen, ob die Mittei-
lungshindernisse inzwischen entfallen sind, wird der Ein-
griff noch verstärkt. Dagegen garantiert die Voraussetzung,
dass der Eintritt des Wegfalls des Benachrichtigungshinder-
nisses auch in Zukunft nicht zu erwarten ist, eine ausrei-
chende Abwägung zwischen dem Interesse des Betroffenen,
Kenntnis von der gegen ihn gerichteten Maßnahme zu er-
langen, und seinem Interesse, dass über ihn gespeicherte
Daten baldmöglichst gelöscht und keine weiteren erhoben
werden.

bb) Die Änderungsanträge der Fraktion der PDS vom
8. Mai 2001 einschließlich Begründung auf Aus-
schussdrucksache 14/469 haben folgenden Wortlaut:

Das Bundesverfassungsgericht hatte mit seinem Urteil vom
14. Juni 1999 die Bundesregierung aufgefordert, das G 10-
Gesetz zu novellieren. Die Bundesregierung hätte dies nut-
zen können, um dass Gesetz zu liberalisieren, den in der
Vergangenheit immer wieder kritisierten und außerordent-
lich stark gestiegenen Umfang der Eingriffe in das Brief-,
Post- und Fernmeldegeheimnis zu korrigieren und die Bür-
gerrechte zu stärken. Diese Gelegenheit hat die Bundes-
regierung nicht wahrgenommen. Im Gegenteil hat sie die
Regelungen weiter verschärft.

Nach dem vorliegenden Entwurf soll es u. a. für die Ge-
heimdienste möglich sein, in das Brief-, Post- und Fernmel-
degeheimnis einzugreifen bei

 Verdacht auf Vorbereitungen für Leib und Leben bedro-
hende Geiselnahme im Ausland,

 Verdacht auf Volksverhetzung,

 Verdacht auf Straftaten gewaltbereiter extremistischer
Einzeltäter oder loser Gruppierungen etc.

Dabei soll nach dem Willen der Bundesregierung künftig
nicht nur die Kommunikation über Satelliten, sondern auch
die über Glasfaserkabel belauscht werden dürfen.

Die Gesetzesnovelle ist sowohl von den Landesbeauftragten
für Datenschutz, dem Bundesbeauftragten für Datenschutz
sowie von Bürgerrechtsorganisationen wie der Humanisti-
schen Union, dem Deutschen Anwaltsverein und anderen
kritisiert worden. Diese Kritik muss aufgegriffen und im Ge-
setzgebungsverfahren umgesetzt werden.

Der Deutsche Bundestag beauftragt die Bundesregierung,
den Gesetzentwurf nach folgenden Maßgaben umzuarbei-
ten:

1. Die im Grundgesetz vorgeschriebene strikte Trennung
zwischen Geheimdiensten und Polizei ist wieder herzu-
stellen. Dieses Trennungsgebot zieht unverzichtbare in-
stitutionelle und befugnisrechtliche Konsequenzen aus
den Erfahrungen der nationalsozialistischen Schre-
ckensherrschaft und ist wesentlicher Bestandteil des
Gründungskonsenses dieser Republik.

2. Auch die Landesbeauftragten und der Bundesbeauf-
tragte für Datenschutz haben in ihrer Presseerklärung
vom 8. März 2001 zur 61. Konferenz der Datenschutz-
beauftragten kritisiert, dass durch die Novelle dieses
grundgesetzliche festgelegte Gebot „weiter ausgehöhlt“
wird, indem die Regierung den Nachrichtendiensten wei-
tere Befugnisse im Bereich der Verhütung und Verfol-
gung von Straftaten zuweist. Diese Kritik gilt es umzu-
setzen. In einer demokratischen Gesellschaft ist und
bleibt Verbrechensbekämpfung Aufgabe der Polizei. Die
Einschaltung der Nachrichtendienste in dieses Aufga-
bengebiet führt zu einem die Bürgerrechte gefährdenden
und missachtenden Überwachungsstaat.

3. Die Befugnisse der Nachrichtendienste sind zu beschnei-
den, auch soweit sie sich auf die Beschränkung leitungs-
gebundener Telekommunikation beziehen. Die Möglich-
keiten der strategischen Kontrolle sollen überprüft und
drastisch eingeschränkt werden. Dafür sprechen auch
die bisherigen Ergebnisse dieser strategischen Kon-
trolle. So hat der BND 1998 die strategische Kontrolle
zur Bekämpfung des Terrorismus und zur Bekämpfung
des Betäubungsmittelhandels selbst eingestellt. Ein gro-

Drucksache 14/5981 – 24 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

ßer Teil der jetzigen strategischen Kontrolle beruft sich
damit nur noch auf die Notwendigkeit der Bekämpfung
der so genannten „organisierten Kriminalität“, d. h. im
Grunde der profitorientierten, gewöhnlichen Krimina-
lität.

4. Die geplante Ausdehnung der Befugnisse der Nachrich-
tendienste und vor allem des BND wird zusammen mit
einer verbesserten technischen Ausstattung zu einem ab-
sehbar höheren Datenaufkommen aus der strategischen
Überwachung führen. Mit dieser Entwicklung setzt sich
eine bereits lange eingeleitete weitere Unterhöhlung des
Telekommunikationsgeheimnisses fort, ohne dass der
Deutsche Bundestag oder die Öffentlichkeit die Folgen
abschätzen können. Ohne eine intensive quantitative und
qualitative Evaluation aller in Betracht kommenden
Auswirkungen ist sowohl die Fortschreibung der schon
bestehenden wie die geplante Ausdehnung dieser Befug-
nisse nicht zu verantworten. Durch die Ausdehnung der
Tätigkeit des Bundesnachrichtendienstes entstehen zu-
dem, wie auch von Bürgerrechtsgruppen richtig kriti-
siert wird, neue außenpolitische und völkerrechtliche
Probleme.

5. Die Evaluation und Kontrolle aller G 10-Maßnahmen
soll jährlich erfolgen und dem Bundestag und der Öf-
fentlichkeit Auskunft über Anlass, Art, Dauer, Zahl der
Betroffenen, Zahl der insgesamt erfassten Personen,
Ergebnis und Kosten dieser Maßnahmen geben. Die
Zweckbindung der durch G 10-Maßnahmen gewonnen
Daten soll verbessert werden.

6. In der G 10-Kommission müssen Mitglieder aller Frak-
tionen repräsentiert sein.

7. Die Zweckbindung der durch G 10-Maßnahmen gewon-
nen Daten soll verbessert und Kettenübermittlungen ver-
hindert werden. Damit soll – wie auch von den Daten-
schutzbeauftragten angemahnt – der Gefahr einer
schleichenden Zweckentfremdung durch Übermittlung
begegnet werden.

8. Alle erhobenen personenbezogenen Daten sollen unver-
züglich und sodann in Abständen von höchstens sechs
Monaten auf der Grundlage aller vorhandenen entschei-
dungserheblichen Informationen durch einen Bedienste-
ten, der die Befähigung zum Richteramt hat, geprüft
werden, ob sie für den Zweck, zu dem sie erhoben wor-
den sind, noch erforderlich sind. Daten müssen spätes-
tens 10 Jahre nach ihrer Erhebung gelöscht werden.

9. Betroffene und Beeinträchtigte der Überwachung müs-
sen umgehend informiert werden, wenn dies ohne Ge-
fährdung des Zwecks der Beschränkung geschehen
kann.“

Artikel 1, § 4 wird wie folgt geändert:

a. In Absatz 1 werden die Sätze 1 und 2 wie folgt gefasst:

„Die erhebende Stelle prüft unverzüglich und sodann in
Abständen von höchstens sechs Monaten auf der Grund-
lage aller vorhandenen entscheidungserheblichen Infor-
mationen durch einen Bediensteten, der die Befähigung
zum Richteramt hat, ob die erhobenen personenbezoge-
nen Daten für den Zweck, zu dem sie erhoben worden
sind, erforderlich sind. Soweit die Daten für diesen
Zweck nicht erforderlich sind, sind sie unverzüglich un-

ter Aufsicht eines Bediensteten, der die Befähigung zum
Richteramt hat, zu löschen.“

b. In Absatz 2 wird Satz 3 gestrichen; es werden folgende
Sätze 3 und 4 angefügt:

§ 4 Abs. 2 Satz 3 entfällt.

„Die Daten sind spätestens zehn Jahre nach ihrer Erhe-
bung unter Aufsicht eines Bediensteten, der die Befähi-
gung zum Richteramt hat, zu löschen, sofern sie nicht
zur Aufklärung einer Straftat erforderlich sind, deren
Verjährungsfrist noch nicht abgelaufen ist. Absatz 1
Sätze 3 bis 5 gelten entsprechend.“

c. Absatz 3 wird wie folgt gefasst:

„Die Daten dürfen, soweit sie zur Erfüllung der Aufga-
ben des Empfängers erforderlich sind, zur Verhinderung
oder Verfolgung der in § 3 Abs. 1 genannten Straftaten
oder einer sonstigen, in § 7 Abs. 4 Satz 1 genannten
Straftat an inländische Polizei- und Justizbehörden
übermittelt werden, wenn bestimmte Tatsachen den Ver-
dacht begründen, dass jemand eine derartige Straftat
plant, begeht oder begangen hat.“

d. Absatz 5 wird wie folgt gefasst:

„Der Empfänger darf die übermittelten Daten nur für
den Zweck verwenden, zum sie ihm übermittelt worden
sind. Dieser Zweck ist durch die erhebende Stelle zu be-
zeichnen. Eine Übermittlung durch den Empfänger ist
ausgeschlossen. Der Empfänger überprüft unverzüglich
und sodann in Abständen von höchstens sechs Monaten,
ob die übermittelten Daten für den Zweck nach Satz 2
erforderlich sind. Absatz 1 Satz 2 und 3 und Absatz 2
Satz 4 gelten entsprechend. Zu Zwecken der Strafverfol-
gung dürfen die Daten nur verwendet werden, wenn die
Erforschung des Sachverhaltes oder des Aufenthaltsor-
tes des Beschuldigten auf andere Weise wesentlich er-
schwert wäre.“

Begründung

Zu a:

Die Verwendung durch die erhebende Stelle ist bisher in den
§§ 4 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 4 nur durch Verweis auf §§ 1
Abs. 1 Nr. 1, 4 Abs. 3 geregelt. Aufgrund der konkreten, in
eine Anordnung zu fassenden und zu begründenden Ziel-
richtung von Beschränkungen in Einzelfällen und des Um-
standes, dass sich diese gegen eine bestimmte Person rich-
ten müssen (§§ 9 Abs. 3 Satz 3, 10 Abs. 3 – neu zu fassender
§ 10 Abs. 2 Satz 2), kommt eine Freigabe der unter diesen
engen Bedingungen gewonnenen Informationen für die ge-
samte Aufgabenerfüllung des erhebenden Dienstes daten-
schutzrechtlich nicht in Betracht.

In diesem Zusammenhang sei auch an die Kritik der Daten-
schutzbeauftragten des Bundes und der Länder an dem
Fehlen einer Zweckbestimmungsregelung für die durch
Beschränkungen in Einzelfällen erhobenen personenbezo-
genen Daten erinnert. Die Bestimmung eines Verwendungs-
zweckes in § 4 Abs. 2 Satz 4 bedarf aus den gleichen Grün-
den der Präzisierung.

Zur Verfolgung ihrer allgemeinen Aufgaben müssen sich die
Nachrichtendienste auf andere, weniger eingriffsintensive
Erkenntnismittel beschränken, bis diese tatsächliche An-

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 25 – Drucksache 14/5981

haltspunkte für Tatsachen liefern, welche eine Erweiterung
der Überwachungsanordnung rechtfertigen.

Die Prüfung nach § 4 Abs. 1 Satz 1 ist die letzte Kontroll-
stufe vor der Verwendung oder weiteren Vorhaltung perso-
nenbezogener Daten und daher aus Rücksicht auf den hohen
verfassungsrechtlichen Stellenwert des Brief-, Post- und Te-
lekommunikationsgeheimnisses als Einzelfallentscheidung
zu konzipieren. Erfahrungsgemäß drohen Entscheidungen
über die Speicherung und Verwendung personenbezogener
Daten bei den Sicherheitsbehörden zu einer reinen Formsa-
che zu werden, wenn sie nicht hinreichend qualifiziert und
auf einer umfassenden Tatsachenbasis durchgeführt werden.
Dazu führt das Bundesverfassungsgericht in dem Beschluss
vom 14. Dezember 2000 – 2 BvR 1741/99 u. a. – aus: „Eine
tragfähige Entscheidung setzt im Fall des Eingriffs in das
Recht auf informationelle Selbstbestimmung voraus, dass
ihr eine zureichende Sachaufklärung …, insbesondere durch
Beiziehung aller verfügbaren [Akten] vorausgegangen ist
und in den Entscheidungsgründen die bedeutsamen Um-
stände abgewogen werden. Dabei ist stets eine auf den Ein-
zelfall bezogene Entscheidung erforderlich … .“ Diese Maß-
stäbe haben auch für Eingriffe in das Brief-, Post- und
Telekommunikationsgeheimnis Gültigkeit, welches grund-
rechtlich in besonderem Maße geschützt ist.

Diese Fassung stellt klar, dass nur Daten, welche zu den
durch die Anordnung bezeichneten nachrichtendienstlichen
Zwecken erhoben werden durften, für eine Übermittlung an
andere Stellen in Frage kommen. Die Befugnisse nach §§ 1
Nr. 1, 3 Abs. 1 erlauben vor den Hintergrund des Tren-
nungsgebotes keine Erhebung personenbezogener Daten
ausschließlich zum Zwecke der Übermittlung an andere
Stellen. Die Nachrichtendienste handeln ausschließlich zur
Erfüllung eigener Aufgaben und nicht zur Informationsbe-
schaffung für andere Sicherheitsbehörden. Daraus folgt,
dass jede Kenntnisnahme und Verwendung personenbezoge-
ner Daten im datenschutzrechtlichen Sinne nur im Rahmen
des Erhebungszwecks erfolgen darf. Die gesetzliche Legali-
sierung der Verwendung (nur) in Gestalt der Übermittlung
leitet zur systematischen Suche nach Zufallserkenntnissen
für andere Behörden an und durchbricht planmäßig sowohl
den Grundsatz der Zweckbindung als auch das verfassungs-
rechtliche Zuständigkeitsgefüge der Sicherheitsbehörden.
Sie entzieht zudem einen wesentlichen Teil der Verwendung
personenbezogener Daten aus Einzelfallbeschränkungen
der Vorabkontrolle der G 10-Kommission, welche bei ihrer
Entscheidung über die Zulässigkeit und Notwendigkeit der
Beschränkungen (§ 15 Abs. 4 Satz 1, Abs. 5 Satz 1) die ab-
sehbare Tragweite für das Grundrecht aus Artikel 10 Abs. 1
GG zu berücksichtigen hat.

Die Vorschrift setzt sich in Widerspruch zu dem Urteil des
Bundesverfassungsgerichts vom 14. Juni 1999. Dort stellt
das Bundesverfassungsgericht ausdrücklich fest, dass der
Gesetzgeber im Zusammenhang mit der Zweckbindung als
Schutzvorkehrung den Empfangsbehörden aufzugeben hat,
Daten aus Maßnahmen nach dem G 10-Gesetz zu kenn-
zeichnen. Wird auf die Kennzeichnung verzichtet, ist eine
Berücksichtigung der spezifischen Eingriffsintensität der
Übermittlung bei der nachfolgenden Verwendung durch die
Empfangsbehörde vereitelt.

Die Bundesregierung hatte bereits vor dem Bundesverfas-
sungsgericht hinreichend Gelegenheit, etwaige Geheimhal-

tungserfordernisse darzulegen und in die Entscheidungs-
findung ausdrücklich einfließen zu lassen. Auch die
Begründung des vorliegenden Gesetzentwurfes enthält sich
einer Darlegung, in welcher Ausnahmekonstellation nicht
nur einer Übermittlung höheres Gewicht als dem Brief-,
Post- und Telekommunikationsgeheimnis der Betroffenen
zuzumessen ist, sondern auch noch der Verzicht auf eine Be-
rücksichtigung bei der Verwendung durch die Empfangsbe-
hörde grundrechtlich gerechtfertigt werden kann.

Die Übermittlung nachrichtendienstlicher Erkenntnisse an
andere Behörden ist grundsätzlich mit dem Risiko der Auf-
deckung ihrer Herkunft belastet. Dieses Risiko besteht
schon dann, wenn ein öffentliches Strafverfahren durchge-
führt wird. Es obliegt den Empfangsbehörden, im Rahmen
des gesetzlich Möglichen Maßnahmen zur Wahrung der Ge-
heimhaltung zu treffen. Sofern die Kennzeichnungspflicht
als zwingendes Erfordernis des Grundrechtsschutzes trotz-
dem im Einzelfall mit unerlässlichen Geheimhaltungserfor-
dernissen zu kollidieren droht, obliegt es dem übermitteln-
den Nachrichtendienst, sich zu Gunsten der Geheimhaltung
und gegen eine Übermittlung zu entscheiden.

Zu b:

Die Datenbestände der Nachrichtendienste haben sich in
der Vergangenheit auch dann als sehr beständig erwiesen,
wenn die Betroffenen jahre- oder gar jahrzehntelang nicht
mehr in nachrichtendienstlich relevanter Weise in Erschei-
nung getreten sind. Dadurch wird in der Praxis eine pau-
schale Speicherungshöchstdauer erforderlich. Diese orien-
tiert sich sinnvollerweise an den Verjährungsregelungen für
schwerste Straftaten, welche ihrerseits bereits eine gesetz-
geberische Wertung für das Verhältnis von Rechtsgüter-
schutz und dem Interesse des Einzelnen, nicht zeitlich unbe-
grenzt mit seiner Vergangenheit belastet zu werden, enthält.
Ist ein nachrichtendienstlich relevanter Sachverhalt nach
der Erhebung in eine strafrechtlich relevante Rechtsguts-
verletzung umgeschlagen, verlängert sich die Speicherungs-
dauer bis zum Ablauf der Verjährungsfrist für diese Straftat.

Zu d:

Diese Fassung stellt im Einklang mit den Forderungen der
Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder klar,
dass eine Kettenübermittlung ausgeschlossen ist. Damit
wird der Gefahr schleichender Zweckentfremdung durch
Übermittlung begegnet. Ferner zieht sie die Konsequenzen
aus der präzise zu bestimmenden Zweckrichtung der Über-
wachung und schreibt die Speicherungshöchstdauer auch
für die Empfänger fort. Schließlich bindet sie die Verwen-
dung durch die Strafverfolgungsbehörden an die materiel-
len Bedingungen des § 100a Abs. 1 StPO.

Begründung

Im Übrigen wird auf die Begründung zu den Änderungsan-
trägen zu § 4 Abs. 1 S. 1 und 2, Abs. 2 Satz 3 bis 5, Abs. 5
verwiesen.

Zu II:

Die hohe Wahrscheinlichkeit der vollständigen Erfassung
eines gewöhnlichen elektronischen Kommunikationsvorgan-
ges erfordert die Fixierung der von dem Bundesverfas-
sungsgericht in dem Urteil vom 14. Juni 1999 zugrunde ge-
legten Überwachungsverfügbarkeit von zehn Prozent als

Drucksache 14/5981 – 26 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

gesetzliche Kapazitätsschranke. Da die leitungsgebundene
Kommunikation auf einer Telekommunikationsverbindung
in ihrer Kapazität um ein Vielfaches umfangreicher ist als
die satellitengestützte Kommunikation auf einer Telekom-
munikationsverbindung, bedeutet eine Kapazitätsschranke
von nunmehr fünf Prozent real bereits eine erhebliche Er-
weiterung des zur Verfügung stehenden Datenaufkommens.
Der strategische Charakter der Beschränkungen nach § 5
lässt sich nur durch die Senkung der bisherigen, technisch
bedingten Kapazitätsschranke sicherstellen.

Im Übrigen ist davon auszugehen, die Überwachungstech-
nologie des Bundesnachrichtendienstes ihrer Verbesserung
entgegensieht und zu internationalem Niveau einschließlich
Spracherkennung, Decodierung und Durchsuchung digita-
ler Nachrichten und der Nutzung der Verbindungsdaten auf-
schließt. Die technischen Möglichkeiten erlauben perspekti-
visch eine Überwindung der Schwierigkeiten, welche das
packet-switching und die Wahl bestimmter Endgeräte nach
sich ziehen. Neue elektronische Medien sind wegen ihrer
ausschließlich digitalen Form zudem erheblich leichter au-
tomatisiert zu überwachen als überkommene analoge Kom-
munikationsformen.

Dem Deutschen Bundestag wird über die technische Ent-
wicklung und die daraus für die Überwachung gezogenen
Konsequenzen eingehend zu berichten sein.

1. Artikel 1, § 12, Absatz 1 wird wie folgt geändert:

a. Satz 1 und Satz 2 werden wie folgt gefasst:

„Beschränkungsmaßnahmen nach § 3 sind dem Be-
troffenen nach ihrer Einstellung mitzuteilen, wenn
dies ohne Gefährdung des Zwecks der Beschränkung
geschehen kann. Lässt sich in diesem Zeitpunkt noch
nicht abschließend beurteilen, ob diese Vorausset-
zung vorliegt, ist die Mitteilung vorzunehmen, sobald
dies ohne Gefährdung des Zwecks geschehen kann.“

b. Satz 3 wird wie folgt gefasst; es werden folgende
Sätze 4 und 5 angefügt:

㤠4 Abs. 1 Satz 1 findet entsprechende Anwendung.
Betroffener ist derjenige, gegen den sich die Be-
schränkungsmaßnahme richtet (§ 10 Abs. 3 Satz 1)
sowie jeder regelmäßige Nutzer des Telekommunika-
tionsanschlusses. Die Mitteilung bezeichnet auch den
Empfänger personenbezogener Daten“.

2. Artikel 1, § 12, Absatz 3, Satz 2 wird wie folgt geändert;
es werden folgende Sätze 3 und 4 angefügt:

„Die Mitteilung des Empfängers unterbleibt, soweit und
solange die G 10-Kommission feststellt, dass die Mittei-
lung den Übermittlungszweck gefährden würde. Der
Empfänger hat diese Gefährdung darzulegen sowie der
G10-Kommission Auskunft zu ihren Fragen zu erteilen.“

Begründung

Zu I:

Diese Fassung lehnt sich an § 101 Abs. 1 StPO an und stellt
eine einheitliche Handhabung sicher.

Zu II:

Beschränkungen, welche einen bestimmten Telekommunika-
tionsanschluss betreffen, beeinträchtigen unter Umständen

die grundrechtliche geschützte Fernmeldefreiheit einer Viel-
zahl von unbeteiligten Personen. Auch diese sind im daten-
schutzrechtlichen Sinne Betroffene und haben ein Interesse
und ein Rechtsschutzbedürfnis im Hinblick auf diese Beein-
trächtigungen. Die Wahrnehmung ihrer Rechte darf nicht
davon abhängen, ob die Person, gegen die sich eine Be-
schränkungsmaßnahme gerichtet hat, andere datenschutz-
rechtlich Betroffene tatsächlich informiert. Im Falle der
Unauffindbarkeit oder des Todes der Zielperson würde
beispielsweise dem auffindbaren oder überlebenden Ehe-
partner trotz evidenten Interesses die Mitteilung und damit
der Rechtsschutz versagt bleiben.

Den Erfordernissen der Praxis kann durch die Begrenzung
der Mitteilungspflicht auf regelmäßige Nutzer hinreichend
Rechnung getragen werden.

Im Übrigen wird auf die Begründung zu § 4 Abs. 1 Satz 1
verwiesen.

Zu III:

Die Mitteilungsschwelle „im Benehmen mit dem Empfän-
ger“ ist zu hoch angesetzt und verzichtet auf ein überprüf-
bare Kriterium. Schutzwürdigen Belangen des Empfängers
kann durch die G 10-Kommission Rechnung getragen wer-
den, welche dazu zu einem Mindestmaß an Sachaufklärung
in die Lage versetzt werden muss.

1. Artikel 1, § 5 Absatz 1 wird wir folgt geändert.

a. Satz 3 Nr. 2 wird gestrichen,

b. Satz 3 Nr. 4 bis 6 werden gestrichen.

2. Artikel 1, § 5, Absatz 2 Satz 2 wird wie folgt gefasst:

„Die Suchbegriffe dürfen keine Identifizierungsmerk-
male enthalten, die zu einer gezielten oder regelmäßigen
Erfassung bestimmter Telekommunikationsanschlüsse
führen können.“

3. In Artikel 1, § 5 wird folgender Absatz 3 angefügt:

„(3) Telekommunikation zwischen Anschlüssen oder
Nutzern im Inland darf nicht überwacht oder aufgezeich-
net werden.“

Begründung

Zu I:

Die strategische Überwachung zur Terrorismusbekämpfung
wurde bereits 1998 wieder eingestellt, nachdem sich nur in
äußerst geringem Umfange nachrichtendienstlich relevante
Informationen gewinnen ließen. Weitergaben an andere Si-
cherheitsbehörden erfolgten in keinem einzigen Fall.

Die strategische Überwachung zur Bekämpfung des Betäu-
bungsmittelhandels wurde 1998 wieder eingestellt, nach-
dem sich nur in äußerst geringem Umfange nachrichten-
dienstlich relevante Informationen gewinnen ließen.
Weitergaben an andere Sicherheitsbehörden erfolgten in
keinem einzigen Fall.

Die Befugnisse nach § 5 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 bis 6 sind system-
fremd und nicht mit den Aufgaben des Bundesnachrichten-
dienstes verknüpft. Sie richten sich gegen gewöhnliche,
profitorientierte Kriminalität. Eine von außerhalb des
Territoriums der Bundesrepublik ausgehende Bedrohung
ihrer staatlichen Integrität oder ihrer außenpolitischen Be-

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 27 – Drucksache 14/5981

lange durch (internationale) organisierte Kriminalität ist
rechtstatsächlich nicht im Ansatz nachgewiesen.

Es wurden seit Schaffung dieser Überwachungsziele keine
Überwachungen durchgeführt. Dieser Umstand offenbart
den Zweck der Vorschriften, den Bundesnachrichtendienst
politisch aufzuwerten. Symbolische Politik auf Kosten der
Grundrechte ist verfassungsrechtlich nicht akzeptabel. Im
Übrigen wird auf die Begründung des vorhergehenden Än-
derungsvorschlages verwiesen.

Zu II:

Diese Fassung dient der Klarstellung des gesetzgeberisch
Gewollten. Die technische Wahrscheinlichkeit der Erfas-
sung bestimmter Kommunikationsbeziehungen muss zum
Ausschluss der darauf beruhenden Überwachungsstrategie
führen. Bestimmte Anschlüsse dürfen nur nach § 3 über-
wacht werden.

Zu III:

Beschränkungen nach § 5 erfassen nicht nur Kommunika-
tionsverbindungen von der Bundesrepublik Deutschland in
das Ausland. Es wird auch der elektronische Nachrichten-
verkehr zwischen Beteiligten innerhalb der Bundesrepublik
Deutschland erfasst. Regelmäßig verläuft insbesondere der
e-mail-Verkehr zwischen inländischen Teilnehmern aus
technischen Gründen über internationale Leitungsnetze, da
die Teilnehmer die Dienste ausländischer Provider in An-
spruch nehmen deren technische Infrastruktur sich im Aus-
land befindet. Hauptsächlich betroffen sind die inländischen
Kunden us-amerikanischen Provider. Von den Nutzern kann
der Weg elektronischer Nachrichten über transatlantische
Telekommunikationswege weder gesteuert noch erkannt
werden. Aus den gleichen Gründen kann der Abruf von
Internet-Seiten inländischer Anbieter durch inländische
Nutzer über internationale Leitungsnetze verlaufen. Eine
Kontrolle dieses der Sache nach inländischen Telekommuni-
kationsverkehrs ist dem Bundesnachrichtendienst nicht ge-
stattet. Sie steht auch in keinem Bezug zum Aufgabengebiet
des Bundesnachrichtendienstes.

In Artikel 1, § 6, Absatz 1 werden die Sätze 1 und 2 wie folgt
gefasst:

„Der Bundesnachrichtendienst überprüft unverzüglich und
sodann in Abständen von höchstens sechs Monaten auf
Grundlage aller entscheidungserheblichen Informationen
durch einen Bediensteten, der die Befugnis zum Richteramt
besitzt, ob die erhobenen personenbezogenen Daten für den
Zweck, zu dem sie erhoben worden sind, erforderlich sind.
Soweit die Daten für diesen Zweck nicht erforderlich sind
und nicht für eine Übermittlung nach § 7 Abs. 1 bis 3 be-
nötigt werden, sind sie unverzüglich unter Aufsicht eines
Bediensteten, der die Befähigung zum Richteramt hat, zu
löschen.“

Begründung

Auf die Begründung des Änderungsantrages zu § 4 Abs. 1
Satz 1 wird verwiesen. Die Vorschrift stellt sicher, dass stra-
tegische Beschränkungen ausschließlich der Wahrung au-
ßen- und sicherheitspolitischer Belange dienen. Im Übrigen

wird auf die Begründung des Änderungsantrags zu § 4
Abs. 1 Satz 2 verwiesen.

1. Artikel 1,§ 7, Absatz 4 Satz 1 wird wie folgt gefasst:

„Durch Beschränkungen nach § 5 erhobene personen-
bezogene Daten dürfen zur Verhinderung von Straftaten
an die mit polizeilichen Aufgaben betrauten Behörden
übermittelt werden, wenn bestimmte Tatsachen den Ver-
dacht begründen, dass jemand Straftaten nach § 34
Abs. 1 bis 6 und 8, § 35 des Außenwirtschaftsgesetzes,
§§ 19 bis 21 oder 22a Abs. 1 Nr. 4, 5 und 7 des Gesetzes
über die Kontrolle von Kriegswaffen plant oder begeht.“

2. Artikel 1, § 7, Absatz 5 ist um einen Satz 5 zu ergänzen:

„Der Bundesnachrichtendienst bestimmt den Zweck, zu
dem die Daten übermittelt werden.“

3. Artikel 1,§ 7, Absatz 6, Satz 2 wird geändert; es werden
neue Sätze 3 und 4 eingefügt:

„Er prüft unverzüglich und sodann in Abständen von
höchstens sechs Monaten, ob die Voraussetzungen der
Übermittlung noch vorliegen und ob die Daten für den
Zweck, zu dem sie übermittelt worden sind, erforderlich
sind. Eine Weitergabe durch den Empfänger ist nicht zu-
lässig. Zur Strafverfolgung dürfen die Daten nur ver-
wendet werden, wenn die Erforschung des Sachverhaltes
oder des Aufenthaltsortes des Beschuldigten auf andere
Weise wesentlich erschwert wäre.“

Begründung

Zu I:

Die Weitergabe gezielt durch Nachrichtendienste gewonne-
ner Erkenntnisse zu erleichterten Bedingungen an polizeili-
che Gefahrenabwehrbehörden ist im Entwurf der Bundesre-
gierung zu weit gefasst. Das Bundesverfassungsgericht
stellt in dem Urteil vom 14. Juni 1999 schon grundsätzlich
in Frage, ob die Übermittlungsschwelle „tatsächliche An-
haltspunkte“ im Gefahrenvorfeld überhaupt im Ansatz den
verfassungsrechtlichen Vorgaben genügt. Angesichts der
sachtypischen Defizite in der Kontrolle präventiver polizei-
licher Informationseingriffe durch die Justiz ist die vom
Bundesverfassungsgericht angemahnte restriktive Handha-
bung dieser niedrigen Übermittlungsschwelle tatsächlich
nicht gesichert. Zufällig gewonnene Verdachtsmomente un-
terhalb der kasuistisch gefestigten Reaktionsschwellen der
Gefahrenabwehrbehörden können daher eine Übermittlung
nicht rechtfertigen.

Die statistische Auswertung der Überwachungserträge hat
zudem gezeigt, dass allenfalls in Ausnahmefällen Erkennt-
nisse im Bereich der primären Überwachungsziele gewon-
nen werden konnten, die sich für eine Übermittlung an Ge-
fahrenabwehr- oder Strafverfolgungsbehörden eigneten.
Der umfangreiche und in sich heterogene Katalog des § 4
Abs. 1 Satz 1 trifft damit auf kein Bedürfnis in der Praxis.
Hingegen perpetuiert er die Erosion des Trennungsgebotes,
indem der Telekommunikationsverkehr systematisch nach
Zufallserkenntnisse aus dem Vorfeld gewöhnlicher Strafta-
ten durchsucht wird.

Im Übrigen wird auf die Vorbemerkung und die Begründung
des Änderungsantrags zu § 3 Abs. 1 verwiesen.

Drucksache 14/5981 – 28 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

Zu II:

Damit trifft die Verwendungsregelung in § 7 Abs. 6 Satz 1 auf
eine konkrete Zweckbestimmung. Im Übrigen wird auf die Be-
gründung zum Änderungsantrag zu § 4 Abs. 5 verwiesen.

Zu III:

Die Zweckbestimmung „zur Erfüllung der Aufgaben des
Empfängers erforderlich“ ist zu weit. Sie lässt die unter
strengen Bedingungen erhobenen Daten pauschal in den ge-
samten Aufgabenkreis des Empfängers einfließen. Eine
Übermittlung von Daten aus der strategischen Überwa-
chung bedarf aber einer hinreichenden Tatsachenbasis im
Hinblick auf eine Verdacht der Planung oder Begehung ei-
ner gesetzlich bestimmten Straftat. Gleiches muss auch für
die Speicherung und die Verwendung beim Empfänger gel-
ten. Diese sind daher immer daran zu knüpfen, ob ein ent-
sprechender Verdacht vorliegt und dieser Verdacht Gegen-
stand der Verwendung ist.

Im repressiven Bereich bedeutet dies: Treffen die übermit-
telten Informationen nicht auf ein schon eröffnetes Ermitt-
lungsverfahren zum Tatvorwurf und wird kein Ermittlungs-
verfahren wegen der übermittelten Daten eröffnet, dürfen
die Daten nicht verwendet werden. Es käme in diesen Fällen
auch keine gezielte Anordnung nach § 100b StPO in Be-
tracht. Andere Verwendungszwecke, etwa in Ermittlungs-
verfahren zu anderen Taten als derjenigen nach § 7 Abs. 5
Satz 5, scheiden aus. Im Übrigen wird sichergestellt, dass
die materiellen Voraussetzungen des §§ 100a Abs. 1 StPO
nicht umgangen werden.

Im präventiven Bereich bedeutet dies: lässt sich der Ver-
dacht einer nach § 7 Abs. 5 Satz 5 bezeichneten Gefahr
nicht innerhalb der Frist des § 7 Abs. 6 Satz 2 erhärten, sind
die Daten zu löschen.

Im Übrigen wird auf die Begründung des Änderungsantrags
zu § 4 Abs. 5 verwiesen.

1. Artikel 1,§ 7, Absatz 4 Satz 1 wird wie folgt gefasst:

„Durch Beschränkungen nach § 5 erhobene personen-
bezogene Daten dürfen zur Verhinderung von Straftaten
an die mit polizeilichen Aufgaben betrauten Behörden
übermittelt werden, wenn bestimmte Tatsachen den Ver-
dacht begründen, dass jemand Straftaten nach § 34
Abs. 1 bis 6 und 8, § 35 des Außenwirtschaftsgesetzes,
§§ 19 bis 21 oder 22a Abs. 1 Nr. 4, 5 und 7 des Gesetzes
über die Kontrolle von Kriegswaffen plant oder begeht.“

2. Artikel 1, § 7, Absatz 5 ist um einen Satz 5 zu ergänzen:

„Der Bundesnachrichtendienst bestimmt den Zweck, zu
dem die Daten übermittelt werden.“

3. Artikel 1,§ 7, Absatz 6, Satz 2 wird geändert; es werden
neue Sätze 3 und 4 eingefügt:

„Er prüft unverzüglich und sodann in Abständen von
höchstens sechs Monaten, ob die Voraussetzungen der
Übermittlung noch vorliegen und ob die Daten für den
Zweck, zu dem sie übermittelt worden sind, erforderlich
sind. Eine Weitergabe durch den Empfänger ist nicht zu-
lässig. Zur Strafverfolgung dürfen die Daten nur ver-
wendet werden, wenn die Erforschung des Sachverhaltes
oder des Aufenthaltsortes des Beschuldigten auf andere
Weise wesentlich erschwert wäre.“

Begründung

Zu I:

Die Weitergabe gezielt durch Nachrichtendienste gewonne-
ner Erkenntnisse zu erleichterten Bedingungen an polizei-
liche Gefahrenabwehrbehörden ist im Entwurf der Bundes-
regierung zu weit gefasst. Das Bundesverfassungsgericht
stellt in dem Urteil vom 14. Juni 1999 schon grundsätzlich
in Frage, ob die Übermittlungsschwelle „tatsächliche An-
haltspunkte“ im Gefahrenvorfeld überhaupt im Ansatz den
verfassungsrechtlichen Vorgaben genügt. Angesichts der
sachtypischen Defizite in der Kontrolle präventiver polizei-
licher Informationseingriffe durch die Justiz ist die vom
Bundesverfassungsgericht angemahnte restriktive Handha-
bung dieser niedrigen Übermittlungsschwelle tatsächlich
nicht gesichert. Zufällig gewonnene Verdachtsmomente un-
terhalb der kasuistisch gefestigten Reaktionsschwellen der
Gefahrenabwehrbehörden können daher eine Übermittlung
nicht rechtfertigen.

Die statistische Auswertung der Überwachungserträge hat
zudem gezeigt, dass allenfalls in Ausnahmefällen Erkennt-
nisse im Bereich der primären Überwachungsziele gewon-
nen werden konnten, die sich für eine Übermittlung an Ge-
fahrenabwehr- oder Strafverfolgungsbehörden eigneten.
Der umfangreiche und in sich heterogene Katalog des § 4
Abs. 1 Satz 1 trifft damit auf kein Bedürfnis in der Praxis.
Hingegen perpetuiert er die Erosion des Trennungsgebotes,
indem der Telekommunikationsverkehr systematisch nach
Zufallserkenntnisse aus dem Vorfeld gewöhnlicher Strafta-
ten durchsucht wird.

Im Übrigen wird auf die Vorbemerkung und die Begründung
des Änderungsantrags zu § 3 Abs. 1 verwiesen.

Zu II:

Damit trifft die Verwendungsregelung in § 7 Abs. 6 Satz 1
auf eine konkrete Zweckbestimmung. Im Übrigen wird auf
die Begründung zum Änderungsantrag zu § 4 Abs. 5 verwie-
sen.

Zu III:

Die Zweckbestimmung „zur Erfüllung der Aufgaben des
Empfängers erforderlich“ ist zu weit. Sie lässt die unter
strengen Bedingungen erhobenen Daten pauschal in den ge-
samten Aufgabenkreis des Empfängers einfließen. Eine
Übermittlung von Daten aus der strategischen Überwa-
chung bedarf aber einer hinreichenden Tatsachenbasis im
Hinblick auf eine Verdacht der Planung oder Begehung
einer gesetzlich bestimmten Straftat. Gleiches muss auch für
die Speicherung und die Verwendung beim Empfänger gel-
ten. Diese sind daher immer daran zu knüpfen, ob ein ent-
sprechender Verdacht vorliegt und dieser Verdacht Gegen-
stand der Verwendung ist.

Im repressiven Bereich bedeutet dies: Treffen die übermit-
telten Informationen nicht auf ein schon eröffnetes Ermitt-
lungsverfahren zum Tatvorwurf und wird kein Ermittlungs-
verfahren wegen der übermittelten Daten eröffnet, dürfen
die Daten nicht verwendet werden. Es käme in diesen Fällen
auch keine gezielte Anordnung nach § 100b StPO in Be-
tracht. Andere Verwendungszwecke, etwa in Ermittlungs-
verfahren zu anderen Taten als derjenigen nach § 7 Abs. 5
Satz 5, scheiden aus. Im Übrigen wird sichergestellt, dass

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 29 – Drucksache 14/5981

die materiellen Voraussetzungen des §§ 100a Abs. 1 StPO
nicht umgangen werden.

Im präventiven Bereich bedeutet dies: lässt sich der Ver-
dacht einer nach § 7 Abs. 5 Satz 5 bezeichneten Gefahr
nicht innerhalb der Frist des § 7 Abs. 6 Satz 2 erhärten, sind
die Daten zu löschen.

Im Übrigen wird auf die Begründung des Änderungsantrags
zu § 4 Abs. 5 verwiesen.

Artikel 1, § 8 wird gestrichen; die bisherigen Paragraphen
9 bis 21 werden die Paragraphen 8 bis 20.

Begründung

Die Vorschrift zielt auf publikumswirksame Einzelfälle,
ohne dass tatsächliche Anhaltspunkte für ihre Notwendig-
keit bestehen. Insbesondere bedürfte die Aufklärung gerade
der Telekommunikationsverbindungen von Deutschland in
das Ausland des Nachweises eines tatsächlichen Bedürfnis-
ses. Die Rasterung des internationalen Telekommunikati-
onsverkehrs in gesetzlich nicht bestimmtem Umfang ist als
der denkbar schwerwiegendste Eingriff in das Telekommu-
nikationsgeheimnis praktisch der gesamten am internatio-
nalen Nachrichtenverkehr teilnehmenden Bevölkerung an-
gesichts der absehbar minimalen Erträge auch im
spektakulären Einzelfall nicht zu rechtfertigen. Der Entwurf
der Bundesregierung reicht zudem in das Vorfeld einer be-
stimmten Gefahr, da das lex jolo auch zu ihrer rechtzeitigen
Erkennung Anwendung finden soll. In der Praxis erfordert
dies die ganzjährige präventive Überwachung des Nach-
richtenverkehrs mit einer Vielzahl von Urlaubsregionen.

Schließlich versucht die Bundesregierung mit § 8, die bishe-
rige, gesetzwidrige Praxis rückwirkend zu rechtfertigen.
Dieses Vorgehen kann der Deutsche Bundestag schon aus
diesem Grunde nicht billigen.

Artikel 1, § 8 wird gestrichen; die bisherigen Paragraphen
9 bis 21 werden die Paragraphen 8 bis 20.

Begründung

Die Vorschrift zielt auf publikumswirksame Einzelfälle,
ohne dass tatsächliche Anhaltspunkte für ihre Notwendig-
keit bestehen. Insbesondere bedürfte die Aufklärung gerade
der Telekommunikationsverbindungen von Deutschland in
das Ausland des Nachweises eines tatsächlichen Bedürfnis-
ses. Die Rasterung des internationalen Telekommunikati-
onsverkehrs in gesetzlich nicht bestimmtem Umfang ist als
der denkbar schwerwiegendste Eingriff in das Telekommu-
nikationsgeheimnis praktisch der gesamten am internatio-
nalen Nachrichtenverkehr teilnehmenden Bevölkerung an-
gesichts der absehbar minimalen Erträge auch im
spektakulären Einzelfall nicht zu rechtfertigen. Der Entwurf
der Bundesregierung reicht zudem in das Vorfeld einer be-
stimmten Gefahr, da das lex jolo auch zu ihrer rechtzeitigen
Erkennung Anwendung finden soll. In der Praxis erfordert
dies die ganzjährige präventive Überwachung des Nach-
richtenverkehrs mit einer Vielzahl von Urlaubsregionen.

Schließlich versucht die Bundesregierung mit § 8, die bishe-
rige, gesetzwidrige Praxis rückwirkend zu rechtfertigen.
Dieses Vorgehen kann der Deutsche Bundestag schon aus
diesem Grunde nicht billigen.

Artikel 2 wird gestrichen; die bisherigen Artikel 3 bis 5 wer-
den zu Artikel 2 bis 4.

Begründung

Die Vorschrift bildet einen weiteren, auf der Seite der über-
mittelnden Behörde ansetzenden Hebel für die Verzahnung
von Bundesnachrichtendienst und anderen (Bundes-)Behör-
den und leistet der Integration aller Sicherheitsbehörden
ungeachtet ihrer spezifischen Aufgabenkreise und Arbeits-
weisen Vorschub. Die bisherige Ersuchensregelung ist be-
denklich genug.

Artikel 1, § 3, Abs. 1 wird wie folgt geändert:

a. Nummer 2 wird wie folgt gefasst:

„2. Straftaten der Gefährdung des demokratischen
Rechtsstaates (§§ 84 bis 86, 87 bis 89 des Strafge-
setzbuches, § 20 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 des Vereinsge-
setzes, soweit rechtskräftig festgestellt ist, dass sich
der Zweck des Vereins gegen die verfassungsmä-
ßige Ordnung oder den Gedanken der Völkerver-
ständigung richtet),“

b. Nummer und Nummer 7 werden gestrichen.

Begründung

Zu 1a:

Die Abwehr von Gefahren, welche von einer Mißachtung
des § 3 Abs. 1 Satz 1 1. Alternative VereinsG ausgehen,
kann den Überwachungszwecken nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 nicht
dienen und fällt nicht in das Aufgabenspektrum der Nach-
richtendienste.

Zu b:

§ 129a StGB verzichtet auf eine bestimmbare Rechtsgutsge-
fährdung und verlagert die Strafbarkeit überwiegend auf
die mutmaßliche Gesinnung der Betroffenen. In der Straf-
verfolgungspraxis hat sich gezeigt, dass die Vorschrift zu
gravierenden Einschränkungen der Rechte der Verdächti-
gen und in erheblichem Umfang auch unbeteiligter Dritter
führt, denen keine relevante Zahl von Verurteilungen gegen-
übersteht. Die Vorschrift hat in einer Vielzahl von Fällen
besonders schwere heimliche Grundrechtseingriffe legiti-
miert, ohne dass diesen ein verwertbarer kriminalistischer
Ertrag erbracht hätten. Zur weiteren Begründung wird auf
den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Strafrechts
und des Strafprozessrechts der Abgeordneten Ulla Jelpke,
Petra Pau, Sabine Jünger, Dr. Evelyn Kenzler, Heidemarie
Lüth und der Fraktion der PDS, Drucksache 14/5832 vom
5. April 2001, verwiesen.

§ 130 StGB kriminalisiert ein Verhalten, welches dem Vor-
feld einer Gefahr für Schutzgüter nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 zu-
gehört. Eine hinreichend konkrete Gefahr für die freiheit-
liche demokratische Grundordnung oder ein anderes
Schutzgut gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 ist allein durch die tatbe-
standliche Einwirkung auf die öffentliche Meinung nicht zu
erwarten. In diesem Stadium bedarf es regelmäßig weder
geheimer Überwachungsmaßnahmen, noch eines nachrich-
tendienstlichen Eingreifens, um Schutzgüter von höchstem
verfassungsrechtlichen Rang vor Schaden zu bewahren. Im
Übrigen zeigt die milde Urteilspraxis der Gerichte, dass
von Straftaten gemäß § 130 StGB keine in erheblichem Um-
fang strafwürdige Gefahren ausgehen. Diese Bewertung

Drucksache 14/5981 – 30 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

durch die forensische Praxis belegt, dass sich das öffentli-
che Interesse an der Abwehr von Straftaten nach § 130
StGB nicht das Grundrecht des Einzelnen aus der Brief-,
Post- und Telekommunikationsfreiheit aufwiegen kann.

Die im Entwurf der Bundesregierung in Bezug genommenen
Vorschriften betreffen Straftaten von Einzeltätern, welche
gem. § 1 Abs. 1 Nr. 1 bestimmte Schutzgüter gefährden kön-
nen müssten. Zu Recht weist die Humanistische Union in ih-
rer Stellungnahme zum Gesetzentwurf der Bundesregierung
darauf hin, dass die Verfassungsschutzbehörden gemäß
Artikel 10 Abs. 2 Satz 2, 73 Nr. 10 Buchstabe b GG allein
zum Schutz der freiheitlichen demokratischen Grundord-
nung und des Bestandes oder der Sicherung des Bundes
oder eines Landes zum Mittel der Individualüberwachung
greifen dürfen. Von einer derartigen Bedrohung kann bei
Straftaten nach § 3 Abs. 1 Nr. 6 Buchstabe b allein nicht
ausgegangen werden. Auch bei Staatsschutzangelegenhei-
ten kommt sie nur in bestimmten Ausnahmefällen in Be-
tracht, welche durch § 3 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 abgedeckt sind.
Der Gesetzentwurf setzt die weitere Erosion des verfas-
sungsrechtlichen Gebotes der Trennung von Polizei und
Nachrichtendiensten fort

Dass die Bundesregierung keine Anhaltspunkte dafür vor-
weisen kann, dass die in § 3 Abs. 1 Nr. 6 Buchstabe b in Be-
zug genommenen Straftaten in der Praxis die erforderliche
Bedrohungsintensität für höchste Verfassungsgüter errei-
chen, illustrieren die in der Begründung angeführten Bei-
spielsfälle.

– §§ 211, 212 StGB: Die in der Begründung genannten
Fälle politisch motivierter Tötungsdelikte von Einzeltä-
tern zeigen, dass eine die freiheitliche demokratische
Grundordnung oder die Sicherheit des Bundes oder ei-
nes Landes gefährdende Bedrohungsintensität unrealis-
tisch ist. Zum Schutz der Rechtsgüter Leben und körper-
liche Unversehrtheit sind die Nachrichtendienste unter-
halb der Schwelle des § 1 Abs. 1 auch dann nicht zustän-
dig, wenn die Täter mir politischer Motivation handeln.

– §§ 239a und b StGB, 308 Abs. 1 bis 3: Die in der Be-
gründung genannten Fälle illustrieren, dass auch Vor-
gänge dieser Art mit Ende des kalten Krieges nicht mehr
in einer Art vorgekommen sind, dass von einer nachrich-
tendienstlich relevanten Staatsgefährdung ausgegangen
werden kann.

Die zuletzt mit der kurdischen Arbeiterpartei PKK in
Verbindung gebrachten Vorgänge im israelischen Gene-
ralkonsulat in Berlin waren zudem, wie die Praxis ge-
zeigt hat, weder durch Aufklärung seitens der Nachrich-
tendienste zu verhindern gewesen, noch kam ihnen auch
nur im Ansatz staatsgefährdende Bedeutung zu. Schließ-
lich lassen sich im Kampf gegen Einzelaktionen „emo-
tionalisierter“ Täter keine sinnvollen Kriterien zur
Bestimmung der Zielpersonen von Individualüberwa-
chungsmaßnahmen bestimmen.

– §§ 306 bis 306c, 315 Abs. 3, 316b Abs. 3 StGB: Auch in-
soweit illustriert die Begründung, dass sich die er-
wünschten Überwachungsmaßnahmen gegen Personen
richten sollen, welche keinen hinreichenden Organisa-
tionszusammenhang gebildet haben und daher faktisch
schon nicht in der Lage sind, staatsgefährdend zu wir-
ken. Zudem ist zu vergegenwärtigen, dass Straftaten,

welche dem Umfeld der Anti-AKW-Bewegung zugerech-
net werden, sich regelmäßig gegen private wirtschaftli-
che Tätigkeiten und Objekte gerichtet haben. Auch wenn
es politisch opportun erscheint, dem Betrieb gewisser
Energieversorgungseinrichtungen ein öffentliches Inte-
resse zuzumessen, ist nicht zu erkennen, dass der Protest
gegen die Atompolitik sich auch nur ansatzweise gegen
die freiheitliche demokratische Grundordnung richtet.
Die politisch motivierte Intervention der Verfassungs-
schutzbehörden gegen die Anti-Atom-Bewegung ist ver-
fassungswidrig. Straftaten, welche diesem Personen-
kreis zugerechnet werden, fallen in die Zuständigkeit der
Strafverfolgungsbehörden, welche in der Vergangenheit
von den gleichgerichteten Überwachungsbefugnissen des
Strafprozessrechts ausgiebig Gebrauch gemacht haben.

– § 316c Abs. 1, 3 StGB: Befugnisse nach §§ 1 Abs. 1
Nr. 1, 3 Abs. 1 machen nur Sinn, wenn sich die Überwa-
chung gegen Personen im Inland richtet. Die von der
Bundesregierung ins Feld geführte Bedrohungskonstel-
lation ist rein hypothetisch und fand in jüngerer Zeit in
keinem Fall ihren Ausgangspunkt im Inland.

Aus alledem ergibt sich, dass es keinen empirischen Befund
gibt, der für eine Notwendigkeit der Vorschrift oder auch
nur ihre Eignung zur Abwehr von Gefahren im Sinne des § 1
Abs. 1 Nr. 1 spricht. Eine Vorratsgesetzgebung für den Fall,
dass in der Zukunft tatsächlich gewisse staatsgefährdende
Delikte von Einzeltätern geplant oder begangen werden, ist
weder von der Bundesregierung ausdrücklich beabsichtigt,
noch wäre sie mit dem Gebot der Überprüfung und Veri-
fizierung der Verhältnismäßigkeit gesetzlicher Eingriffs-
grundlagen im Zeitpunkt ihrer Schaffung zu vereinbaren.

Es steht dem Gesetzgeber frei, den Eingriffsspielraum der
Nachrichtendienste zu erweitern, wenn in der Zukunft eine
staatsschutzrelevante Bedrohungslage dies erfordert.

§ 92 Abs. 1 Nr. 7 AuslG kriminalisiert die Vereitelung be-
stimmter vereinsrechtlicher Interventionen. Der Strafrah-
men ist, verglichen mit den anderen in § 3 Abs. 1 Satz 1
Nr. 6 Buchstabe b in Bezug genommenen Straftaten, sehr
niedrig, was der geringen Gefährdungsintensität der Tat
entspricht. Eine Gefahr für Schutzgüter nach § 1 Abs. 1
Nr. 1 geht von Verstößen gegen die Vorschrift realistischer-
weise nicht aus. Einen rechtstatsächlichen Beleg für die
Notwendigkeit der Vorschrift kann die Bundesregierung
nicht vorweisen.

In Artikel 1 wird ein § 22 mit folgendem Wortlaut eingefügt:

㤠22
Befristung

Die Befugnisse des Bundesnachrichtendienstes nach § 5
Abs. 1 Satz 1 enden, soweit sie Beschränkungen leitungsge-
bundener Telekommunikationsbeziehungen betreffen, zwei
Jahre nach Inkrafttreten dieses Gesetzes.“

Begründung

Damit wird ein Vorschlag der Humanistischen Union und
des Bundesbeauftragten für den Datenschutz aufgegriffen.

Mit der Überwachung leitungsgebundener Telekommunika-
tionsbeziehungen tritt der Bundesnachrichtendienst in eine
neue Phase der strategischen Kontrolle ein. Die neuen recht-
lichen Befugnisse des Bundesnachrichtendienstes werden

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 31 – Drucksache 14/5981

zusammen mit einer verbesserten technischen Ausstattung zu
einem absehbar höheren Datenaufkommen aus der strategi-
schen Überwachung führen. Mit dieser Entwicklung setzt
sich die bereits eingeleitete Relativierung des Telekommuni-
kationsgeheimnisses fort, ohne dass der Deutsche Bundestag
oder die Öffentlichkeit die Folgen abschätzen können.

Ohne eine intensive quantitative und qualitative Evaluation
aller in Betracht kommenden Auswirkungen, ist eine Fort-
schreibung der neuen Befugnisse nicht zu verantworten.
Dem Gesetzgeber selbst muss dazu das Letztentscheidungs-
recht bleiben.

Nicht nur die Konsequenzen für das Gefüge von Grundrech-
ten und staatlichen Sicherheitsinteressen bedürfen der sorg-
fältigen parlamentarischen Beobachtung. Auch wesentliche
außenpolitische und völkerrechtliche Probleme sind noch
ungeklärt. Die Bundesrepublik ist ihrerseits von einer Viel-
zahl von Überwachungsmaßnahmen betroffen, welche sich
nicht nur gegen ihre Sicherheit richten, sondern auch der
Verfolgung wirtschaftlicher Interessen dienen. Eine offen-
sive Menschenrechtspolitik, auch im Hinblick auf das für
die freie Entfaltung der Persönlichkeit in den Industriestaa-
ten zentrale Telekommunikationsgeheimnis, verlöre ihre
Glaubwürdigkeit, wenn sich die Bundesrepublik ohne Not
an dem internationalen Wettlauf um die möglichst effektive
Beobachtung der internationalen Telekommunikation betei-
ligen würde.

Artikel 1, § 14, Absatz 1 Satz 2 erster Halbsatz wird wie
folgt gefasst:

„Das Gremium erstattet dem Deutschen Bundestag jährlich
einen Bericht über die Durchführung sowie Anlass, Art,
Dauer, Zahl der Betroffenen, Zahl der insgesamt erfassten
Personen, Ergebnis, Kosten der Maßnahmen nach den §§ 3
und 5 sowie über erfolgte Mitteilungen und die Gründe, aus
denen Benachrichtigungen im Einzelfall bislang unterblie-
ben sind.“

Begründung

Wie die Datenschutzbeauftragten der Bundes und der Län-
der ebenso wie die Stellungnahme der Humanistischen
Union zutreffend hervorheben, bedürfen die Eingriffsbefug-
nisse nach diesem Gesetz einer kontinuierlichen Kontrolle
und Evaluation durch die dazu berufenen Einrichtungen
einschließlich des Deutschen Bundestages. Dazu ist ein In-
formationshorizont über den Berichtsumfang nach § 100e
Abs. 1 Satz 1 StPO erforderlich. Nur dieses im Wesentlichen
statistische Datenmaterial versetzt den Deutschen Bundes-
tag in die Lage, im Rahmen seiner Kontrolle der Exekutive
wie der Evaluation der gesetzlichen Beschränkungsbefug-
nisse weitere technische und rechtstatsächliche Auskünfte
von der Bundesregierung zu verlangen und auch seine Bud-
get-Hoheit verantwortlich auszuüben. Eine derartige Evalu-
ierung hatte auch der Bundesbeauftragte für den Daten-
schutz (BfD) gefordert. Diese Forderung des BfD wurde
aber von der Bundesregierung nicht übernommen (siehe die
„Stellungnahme des Bundesdatenschutzbeauftragten zur
geplanten Neuregelung des Gesetzes zu Art. 10 Grundge-
setz“; www.bfd.bund.de./aktuelles/akt20010131).

Geheimhaltungsinteressen kann bei der qualitativen Evalu-
ation von Beschränkungsmaßnahmen durch die Anonymi-
sierung der Einzelfallstudien hinreichend Rechnung getra-

gen werden. Die Forderung des Bundesbeauftragten für den
Datenschutz nach einem Berichtswesen vergleichbar den
US-amerikanischen wiretap-reports – Drucksache 14/5555
S. 47 – wird ausdrücklich unterstützt.

Auf diesem Wege kann zugleich die notwendige gesell-
schaftliche Diskussion um die Berechtigung und das Aus-
maß von Beschränkungen des Brief-, Post- und Telekommu-
nikationsgeheimnisses auf eine tragfähige Grundlage
gestellt werden.

Artikel 1, § 1, Absatz 1 Nr. 2 wird wie folgt geändert:

„2. der Bundesnachrichtendienst im Rahmen seiner Aufga-
ben nach § 1 Abs. 2 des BND-Gesetzes auch zu den in
§ 5 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 bestimmten Zwecken“

Begründung

Diese Änderung zieht die Konsequenzen aus den Änderun-
gen zu §§ 5 und 8.

Die Bundesregierung nimmt mit der Vorlage dieses Gesetz-
entwurfes die Gelegenheit wahr, zum zweiten Mal innerhalb
weniger Jahre die Befugnisse des Bundesnachrichtendiens-
tes im Bereich der strategischen Beschränkungen des
Telekommunikationsverkehrs zu erweitern. Die nunmehr
angestrebte Überwachung des leitungsgebundenen Tele-
kommunikationsverkehrs leitet eine neue Phase der massen-
weisen Kontrolle unverdächtiger und argloser Telekommu-
nikationsteilnehmer im In- und Ausland ein. Damit werden
nicht bloß die technischen Veränderungen der letzten Jahre
nachvollzogen, sondern weitergehend die rechtlichen
Grundlagen für die flächendeckende Rasterung aller inter-
nationalen Telekommunikationsbeziehungen geschaffen.
Nur mühsam sucht die rechtliche Kapazitätsgrenze von
20 Prozent in dem Entwurf der Bundesregierung diese Ent-
wicklung zu verdecken.

Mit keinem Wort geht die Bundesregierung darauf ein, dass
die rasante technische Entwicklung der letzten Jahre nicht
nur das Datenaufkommen in den internationalen Telekom-
munikationsbeziehungen erheblich hat ansteigen lassen,
sondern auch die technischen Möglichkeiten des Bundes-
nachrichtendienstes erweitert hat. Damit fällt ohne Kennt-
nis der Öffentlichkeit oder des Deutschen Bundestages suk-
zessive eine weitere, technologische Schranke, welche
bisher die Beeinträchtigungen des Telekommunikationsge-
heimnisses durch strategische Überwachungsmaßnahmen
des Bundesnachrichtendienstes in verfassungsrechtlich hin-
nehmbaren Grenzen gehalten hatte.

Der Entwurf der Bundesregierung schreibt ferner die Ab-
kehr von dem verfassungsrechtlich verankerten Gebot der
Trennung von Polizei und Nachrichtendiensten fort. Diese
von der vorigen Bundesregierung vorangetriebene Entwick-
lung macht die Nachrichtendienste des Bundes und der
Länder zu Informationsbeschaffern für alle Sicherheitsbe-
hörden. Dabei bleiben wesentliche Grundlagen des freiheit-
lichen demokratischen Gemeinwesens in der Bundesrepub-
lik außer Acht. Das Trennungsgebot in der Bundesrepublik
zieht unausweichliche institutionelle und befugnisrechtli-
che Konsequenzen aus den Erfahrungen der nationalsozia-
listischen Schreckensherrschaft. Diese Erfahrungen haben
sich in verbindlichen Vorgaben der Alliierten für die Sicher-
heitsverfassung der Bundesrepublik niedergeschlagen und
bilden zugleich einen wesentlichen Bestandteil des Grün-

Drucksache 14/5981 – 32 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

dungskonsenses dieser Republik. Die Abkehr vom Tren-
nungsgebot eröffnet den Weg in den Überwachungsstaat.

Die Erosion des Trennungsgebotes schlägt sich auch in dem
Versuch nieder, den Bundesnachrichtendienst von einem In-
strument der Außen- und Sicherheitspolitik in ein Instru-
ment der Kriminalitätsbekämpfung umzufunktionieren.
Diese neue Rolle spiegelt sich auch in den neueren Überwa-
chungsbefugnissen: die strategische Telekommunikations-
überwachung entwickelt sich von einem Ausnahmeinstru-
ment zur Verhinderung eines militärischen Angriffes auf das
Bundesgebiet zu einer Standardmaßnahme der Bekämpfung
von Gefahren für die innere Sicherheit.

Die tatsächlich gebotene Konsequenz aus dem Wegfall der
spezifischen Bedrohungslage des kalten Krieges ist die Auf-
lösung des Bundesnachrichtendienstes statt seiner Umge-
staltung im Dienste der inneren Sicherheit.

Mit jedem neuen Verwendungs- und Übermittlungszweck für
Daten aus der strategischen Überwachung steigt die Ein-
griffsintensität dieser ohne bestimmten Anlass gegen eine
unbestimmte Vielzahl von Personen gerichteten Eingriffe.
Mit jedem technischen Entwicklungsschritt kann der
Bundesnachrichtendienst die Überwachung verfeinern und
erweitern, ohne dass der Gesetzgeber an dieser für die Be-
dingungen des Grundrechtsgebrauches wesentlichen Ent-
wicklung bisher zu beteiligen wäre. Notwendig werden in
der erdrückenden Mehrzahl der Fälle Personen und Kom-
munikationsbeziehungen betroffen, die keine nachrichten-
dienstliche Relevanz aufweisen. Das Bundesverfassungsge-
richt hat deutlich hervorgehoben, dass die Unbefangenheit
der individuellen Kommunikation eine tragende Säule der
freien Entfaltung der Persönlichkeit wie eines freiheitlichen
Gemeinwesens ist. Die Folgen einer quantitativ wie qualita-
tiv zunehmend entfesselten Überwachung für das gesell-
schaftliche Kommunikationsgefüge sind heute noch nicht
abzusehen.

Eine Bedrohung höchster Verfassungsgüter durch be-
stimmte Erscheinungsformen der organisierten Kriminalität
ist in der Geschichte der Bundesrepublik zu keinem Zeit-
punkt erkennbar, geschweige denn nachweisbar gewesen.
Im Sicherheitsdiskurs hat die Konjunktur dieser These
inzwischen stark abgenommen, nachdem die Rechtstat-
achenforschung sie trotz politischen Rückenwindes nicht
gestützt hat. Ein öffentliches Interesse an anlassloser Über-
wachung einer Vielzahl von Unbeteiligten im Hinblick auf
Erkenntnisse aus dem nach wie vor begrifflich nicht gefass-
ten Vorfeld gewisser Gefahrenbereiche ist nicht gegeben.
Die darauf gerichtete Überwachung vergeht sich ohne hin-
reichenden Grund und praktisch ohne die Aussicht auf einen

nennenswerten Ertrag für die innere Sicherheit an den
Grundrechten der Betroffenen.

Artikel 1, § 15, Absatz 1 wird um folgenden Satz 5 ergänzt:

„Die Mitglieder der G 10-Kommission müssen alle Fraktio-
nen des Bundestages repräsentieren“.

Begründung

Die Aufgaben der G 10-Kommission erfordern neben der
persönlichen Unabhängigkeit ihrer Mitglieder auch die po-
litische Unabhängigkeit der Kommission von den parlamen-
tarischen Mehrheitsverhältnissen. Diese politische Unab-
hängigkeit schließt die Beteiligung der parlamentarischen
Opposition über das bisher in der Praxis gewährleistete
Maß hinaus ein. Alle Fraktionen des Deutschen Bundestages
müssen an der Kontrolle der Nachrichtendienste beteiligt
werden.

II. Begründung

1. Zur Begründung allgemein wird auf Bundestagsdruck-
sache 14/5655 hingewiesen.

2. Die Koalitionsfraktionen betonen, dass der vorliegende
Entwurf der Entscheidung des Bundesverfassungsge-
richts vom 14. Juli 1999 (BVerfGE 100, 313 ff.) Rech-
nung trägt.

Das Bundesverfassungsgericht habe dem Gesetzgeber
zur Herstellung eines verfassungsmäßigen Zustands eine
Frist bis zum 30. Juni 2001 eingeräumt.

Die Kontrollrechte würden durch die Novelle gestärkt
werden.

Die Fraktion der CDU/CSU hält das Stammgesetz für
richtig. Die von den Koalitionsfraktionen vorgenomme-
nen Grenzziehungen, insbesondere beim Straftatenkata-
log, seien aber nicht überzeugend.

Die Fraktion der F.D.P. hat den Gesetzentwurf abge-
lehnt. Insbesondere sei eine Anhörung zu diesem Ge-
setzentwurf erforderlich. Auch die Bedenken der Daten-
schutzbeauftragten, die zusammenfassend in einer
Stellungnahme des Bundesbeauftragten für den Daten-
schutz vom 26. April 2001 auf Ausschussdrucksache 14/
460 dargestellt sind, seien durch diese Novelle nicht aus-
reichend berücksichtigt.

Die Fraktion der PDS lehnt den Gesetzentwurf ab. Sie
teilt die in der Stellungnahme der Humanistischen Union
(Ausschussdrucksache 14/455) zum Ausdruck gebrachte
grundsätzliche Kritik an diesem Gesetzentwurf.

Berlin, den 9. Mai 2001

Dieter Wiefelspütz
Berichterstatter

Wolfgang Zeitlmann
Berichterstatter

Cem Özdemir
Berichterstatter

Dr. Max Stadler
Berichterstatter

Ulla Jelpke
Berichterstatterin

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