BT-Drucksache 14/5586

Erhöhung der Gewerbesteuerumlage rückgängig machen

Vom 15. März 2001


Deutscher Bundestag

Drucksache

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5586

14. Wahlperiode

15. 03. 2001

Antrag

der Abgeordneten Dr. Uwe-Jens Rössel, Dr. Dietmar Bartsch, Heidemarie Ehlert,
Dr. Barbara Höll, Dr. Christa Luft, Maritta Böttcher, Christine Ostrowski, Rolf
Kutzmutz, Roland Claus und der Fraktion der PDS

Erhöhung der Gewerbesteuerumlage rückgängig machen

Der Bundestag wolle beschließen:
Die Bundesregierung wird aufgefordert, die im Rahmen der Unternehmens-
steuerreform beschlossene unbefristete Erhöhung der Gewerbesteuerumlage an
Bund und Länder von 20 Prozent im Jahr 2000 auf knapp 28 Prozent im Jahr
2005 rückgängig zu machen.

Berlin, den 15. März 2001

Dr. Uwe-Jens Rössel
Dr. Dietmar Bartsch
Heidemarie Ehlert
Dr. Barbara Höll
Dr. Christa Luft
Maritta Böttcher
Christine Ostrowski
Rolf Kutzmutz
Roland Claus und Fraktion

Begründung

Infolge der Steuerreform verlieren die Kommunen allein im Jahr 2001 Einnah-
men von 8,3 Mrd. DM. Ab dem Jahr 2005 steigen diese Verluste sogar auf jähr-
lich über 12 Mrd. DM. Darüber hinaus gehen den Kommunen in den nächsten
20 Jahren insgesamt rund 14 Mrd. DM an eigenen Einnahmen verloren, weil
die Unternehmen die Ausgaben für den Kauf der UMTS Mobilfunklizenzen
steuerlich absetzen können. Immer mehr Kommunen müssen die Sozialhilfe
und auch Personalausgaben auf Kredit f nanzieren, weil die Defizite in ihre
Verwaltungshaushalten nicht mehr beherrschbar sind. Sie summierten sich im
Jahr 1999 auf 7,2 Mrd. DM und werden durch die künftigen Steuerausfälle
weiter zunehmen. Dramatisch rückläuf g entwickeln sich auch die kommunalen
Investitionen. Sie liegen heute um über 19 Mrd. DM oder fast 30 Prozent –
preisbereinigt – unter denen des Jahres 1992. In Ostdeutschland, wo Investitio-
nen besonders nötig sind, setzt sich deren Verfall in den Jahren 2000 und 2001
mit Minusraten von 6,7 Prozent und voraussichtlich 8,0 Prozent fort.
Die Gewerbesteuereinnahmen der Städte und Gemeinden (ohne Stadtstaaten)
beliefen sich im Jahr 2000 mit 38 Mrd. DM etwa auf dem Niveau des Jahres
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1999. Das Gewerbesteueraufkommen – einschl. Stadtstaaten – belief sich ins-
gesamt aber auf 54 Mrd. DM. Hiervon gingen fast 12 Mrd. DM als Gewerbe-
steuerumlage an Bund und Länder.
Die Gewerbesteuerumlage wurde in 1969 im Rahmen der damaligen Kommu-
nalfinanzreform eingeführt. Städte und Gemeinden gaben einen eil ihres Ge-
werbesteueraufkommens in Form einer Gewerbesteuerumlage an Bund und
Länder ab. Die Städte und Gemeinden erhielten dafür eine originäre Beteili-
gung am Aufkommen der Einkommen- und Lohnsteuer.
In den vergangenen Jahren haben die jeweiligen Bundesregierungen und die sie
tragenden Koalitionen immer häuf ger die Gewerbesteuerumlage als Aus-
gleichsinstrument zwischen Bund und Ländern einerseits und Städten und Ge-
meinden andererseits missbraucht und damit erheblich zur mangelnden Kalku-
lierbarkeit der Gewerbesteuereinnahmen in den Haushalten von Städten und
Gemeinden beigetragen. Dies trif ft auch auf die zur Finanzierung der Unter -
nehmenssteuerreform vor gesehene Erhöhung der Gewerbesteuerumlage an
Bund und Länder von 20 Prozent auf knapp 28 Prozent zu. Allein dadurch ste-
hen den Kommunen in 2001 ca. 1,4 Mrd. DM weniger und in 2004 sogar
5,1 Mrd. DM weniger an Gewerbesteuereinnahmen zur Verfügung.
Die unbefristete Erhöhung der Gewerbesteuerumlage führt zu erheblichen
Haushaltsrisiken und zu überproportionalen Einnahmeausfällen der Städte und
Gemeinden. Die Ermittlung dieser Umlageanhebung beruht lediglich auf
Schätzungen des Bundesministeriums der Finanzen, die mangels geeigneter
Datengrundlagen sehr risikobehaftet sind. Hinzu kommt, dass die geschätzten
Mehreinnahmen, die durch die steigende Gewerbesteuerumlage bei den Städ-
ten und Gemeinden abgeschöpft werden sollen, ausschließlich aus der Verände-
rung von Abschreibungsmodalitäten resultieren und somit weitgehend tempo-
rären Charakter tragen.
Das Ausmaß der Umlageanhebung ist auch vor dem Hintergrund ihrer inter -
kommunalen Verteilungswirkungen nicht vertretbar. Während Mehreinnahmen
aus den veränderten AFA-Vorschriften nur in Städten und Gemeinden mit anla-
gekapitalintensiver Produktion anfallen, müssen auch diejenigen Städte und
Gemeinden die erhöhte Umlage abführen, deren Gewerbesteuereinnahmen in
den Bereichen Handwerk und Kleingewerbe anfallen und damit vergleichs-
weise wenig von geänderten Abschreibungsbedingungen beeinf usst werden.
Mit zunehmender Abschöpfung gemeindlicher Einnahmen durch die Gewerbe-
steuerumlage ist dieses Instrument auch verstärkt unter steuersystematischen
Gesichtspunkten zu kritisieren. Durch den zunehmenden Anteil der Gewerbe-
steuerumlage am Brutto-Aufkommen der Gewerbesteuer wird auf kommunaler
Ebene nicht nur der Interessenzusammenhang zwischen W irtschaft und Stand-
ortgemeinde geschwächt. Auch der Charakter der Gewerbesteuer als Gemeinde-
steuer geht zunehmend verloren. Die Gewerbesteuer wird dadurch immer mehr
zu einer Gemeinschaftssteuer von Bund, Ländern und Gemeinden degradiert.
Die Rückgängigmachung der im Rahmen der Unternehmenssteuerreform be-
schlossenen unbefristeten Erhöhung der Gewerbesteuerumlage wäre ein erster
Schritt den Charakter der Gewerbesteuer als Gemeindesteuer wieder herzustel-
len. Erforderlich ist darüber hinaus die Überprüfung und gegebenenfalls Rück-
gängigmachung nicht mehr begründbarer Gewerbesteuerumlageerhöhungen
der letzten drei Jahrzehnte.
Im Rahmen einer umfassenden Kommunalf nanzreform sollte auch geprüft
werden, ob auf die Gewerbesteuerumlage generell verzichtet werden kann. Seit
der Einführung der Gewerbesteuerumlage im Jahr 1969 haben sich die f nan-
ziellen Rahmenbedingungen für die Städte und Gemeinden wesentlich ver -
schlechtert. Die Städte und Gemeinden brauchen dringender denn je stabile und
eigenständig gestaltbare Einnahmequellen.

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