BT-Drucksache 14/5125

Diskriminierungen behinderter Menschen in Beruf und Gesellschaft

Vom 17. Januar 2001


Deutscher Bundestag

Drucksache

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5125

14. Wahlperiode

17. 01. 2001

Kleine Anfrage

der Abgeordneten Dr. Ilja Seifert, Heidemarie Ehlert, Dr. Evelyn Kenzler,
Dr. Heidi Knake-Werner, Dr. Ruth Fuchs und der Fraktion der PDS

Diskriminierungen behinderter Menschen in Beruf und Gesellschaft

Das am 11. Mai 2000 im Deutschen Bundestag verabschiedete Gesetz zur
Änderung von Vorschriften über die Tätigkeit der Steuerberater (7. StBÄndG,
Bundestagsdrucksache 14/2667) hat die diskriminierende Regelung in § 40
Abs. 2 Ziffer 3 übernommen, dass eine Bestellung zum Steuerberater zu ver-
sagen ist, „wenn der Bewerber … infolge eines körperlichen Gebrechens,
wegen Schwäche seiner geistigen Kräfte oder wegen einer Sucht nicht nur vor-
übergehend unfähig ist, den Beruf des Steuerberaters ordnungsgemäß auszu-
üben“.

Dies wurde von den Behindertenverbänden massiv kritisiert. Der damalige
Sprecher des Deutschen Behindertenrates (DBR), Walter Hirrlinger, verwies in
einer Erklärung am 15. Mai 2000 darauf, dass „hier willkürlich behinderte Bür-
ger, die qualifiziert die Steuerberaterprüfung bestanden haben, wegen ihrer Be-
hinderung beruflich benachteiligt würden“. Die von der Parlamentarischen
Staatssekretärin im Bundesministerium der Finanzen, Dr. Barbara Hendricks,
vorgebrachte Argumentation, es handele sich um eine „Schutzvorschrift“ für
den angehenden behinderten Steuerberater, bezeichnete Walter Hirrlinger als
„eine schallende Ohrfeige für die Bemühungen der Behindertenverbände,
Chancengleichheit in Beruf und Gesellschaft zu erreichen“.

Angesichts der öffentlichen Kritik sicherte die Parlamentarische Staatssekretä-
rin im Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung, Ulrike Mascher, in
der Bundestagsdebatte am 19. Mai 2000 (Plenarprotokoll 14/106 S. 9990) zu,
„dass wir unabhängig von diesem Fall auch in anderen Berufsgesetzen prüfen
werden, inwieweit darin einschränkende bzw. diskriminierende Regelungen für
Schwerbehinderte (Hervorhebung im Originaltext) enthalten sind. Ich denke,
dies ist ein guter Anlass, um nicht nur in Bezug auf die Steuerberater, sondern
insgesamt in allen Berufsgesetzen … nachzuprüfen, ob sie Regelungen enthal-
ten, die mit Artikel 3 Abs. 3 des Grundgesetzes, der die Benachteiligung von
Behinderten verbietet, übereinstimmen“. In diesem Zusammenhang verwies
der Beauftragte der Bundesregierung für die Belange der Behinderten, Karl
Hermann Haack, in der gleichen Bundestagsdebatte darauf, dass „all das in
dem Gleichstellungsgesetz“ geregelt werden soll, an dem die Bundesregierung
arbeite (Plenarprotokoll 14/106 S. 1998).

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Welche Maßnahmen hat die Bundesregierung getroffen, um eine systemati-
sche Überprüfung aller diskriminierenden Regelungen für Menschen mit
Behinderungen in Berufsgesetzen durchzuführen und die erforderlichen
Veränderungen zu veranlassen?
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2. Welches Ressort in der Bundesregierung ist bei dieser Überprüfung feder-
führend und welche Ergebnisse wurden bisher im Prozess der Überprüfung
der Berufsgesetze erzielt?

3. In welchen Berufsgesetzen wurden diskriminierende Regelungen für Men-
schen mit Behinderungen festgestellt (bitte konkrete Auflistung)?

4. Welche Arten bzw. Formen der Diskriminierung von Menschen mit Behin-
derungen in der Berufsausübung wurden dabei festgestellt (bitte konkreten
Überblick geben)?

5. Welche Erfordernisse zur Änderung von Berufsgesetzen ergeben sich aus
Sicht der Bundesregierung im Ergebnis der Überprüfung im Rahmen der
Gesetzgebungskompetenz

– des Bundes,

– der Länder?

6. Welche Maßnahmen sieht die Bundesregierung vor, um noch in der
14. Legislaturperiode Änderungen von Berufsgesetzen zu realisieren, die
diskriminierende Regelungen für Menschen mit Behinderungen enthalten?

7. Wie soll nach Ansicht der Bundesregierung ein Bundesgleichstellungs- und
Antidiskriminierungsgesetz gewährleisten, dass künftige Berufsgesetze
keine diskriminierenden Regelungen mehr für Menschen mit Behinderun-
gen beinhalten?

8. Wie ist der konkrete Stand der Erarbeitung eines Bundesgleichstellungs- und
Antidiskriminierungsgesetzes für Menschen mit Behinderungen?

9. Wann ist damit zu rechnen, dass ein entsprechender Gesetzentwurf der Bun-
desregierung vorliegen wird?

Berlin, den 17. Januar 2001

Dr. Ilja Seifert
Heidemarie Ehlert
Dr. Evelyn Kenzler
Dr. Heidi Knake-Werner
Dr. Ruth Fuchs
Roland Claus und Fraktion

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