BT-Drucksache 14/4858

zu der dritten Beratung des Entwurfs des Haushaltsgesetzes 2001 -14/4000, 14/4302, 14/4509, 14/4521, 14/4522, 14/4523- hier: Einzelplan 09 Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie

Vom 28. November 2000


Deutscher Bundestag Drucksache 14/4858
14. Wahlperiode 28. 11. 2000

Entschließungsantrag
der Abgeordneten Gerhard Jüttemann, Monika Balt, Petra Bläss, Eva-Maria
Bulling-Schröter, Dr. Ruth Fuchs, Dr. Klaus Grehn, Dr. Evelyn Kenzler,
Dr. Heidi Knake-Werner, Rolf Kutzmutz, Dr. Christa Luft, Heidemarie Lüth,
Kersten Naumann, Rosel Neuhäuser, Dr. Uwe-Jens Rössel, Roland Claus
und der Fraktion der PDS

zu der dritten Beratung des Haushaltsgesetzes 2001
– Drucksachen 14/4000 Anlage, 14/4302, 14/4509, 14/4521, 14/4522, 14/4523 –

hier: Einzelplan 09
Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie

Der Bundestag wolle beschließen:

Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Infolge des Beitritts der DDR zur Bundesrepublik Deutschland ist der ostdeut-
sche Bergbau in eine massive Strukturkrise geraten, die Anfang der neunziger
Jahre zur Schließung fast aller Untertagebereiche geführt hat. Zehntausende
von Bergleuten verloren dadurch ihre Arbeit, unter ihnen viele über 50-Jährige.
Diese waren bis zum 31. Dezember 1996 durch das Rentenüberleitungsgesetz
abgesichert, das ihnen den Bezug einer Bergmannsvollrente und ab 55 Jahre
den Anspruch auf Knappschaftsausgleichsleistung ermöglichte.

Infolge des ersatzlosen Auslaufens dieser Regelung des Rentenüberleitungsge-
setzes entstand zum 1. Januar 1997 eine empfindliche rechtliche Lücke in der
sozialen Absicherung von arbeitslos werdenden Bergleuten, die 25 Jahre unter
Tage gearbeitet haben und mindestens das 50. Lebensjahr vollendet haben, aber
jünger als 55 Jahre sind. Sie haben lediglich Anspruch auf Rente für Bergleute,
die jedoch nur 40 Prozent der späteren Bergmannsaltersrente ausmacht, was ei-
nem Abstieg auf Sozialhilfeniveau gleichkommt. Anspruch auf Knappschafts-
ausgleichsleistung haben sie nicht. Und das aus Gründen, die sie selbst nicht zu
vertreten haben. Da ein Wechsel auf andere Arbeitsplätze wegen des gerade in
ehemaligen Bergbauregionen akuten Arbeitsplatzmangels in aller Regel nicht
möglich ist, tritt der Absturz auf Sozialhilfeniveau in sehr vielen Fällen nicht
nur theoretisch, sondern auch praktisch ein.

Ähnliche Strukturanpassungsprobleme und Grubenschließungen in Größenord-
nungen gibt es seit Anfang der 70er Jahre im westdeutschen Steinkohlenberg-
bau. Zur Anpassung des Steinkohlenbergbaus an die absetzbaren Förderquoten
wurden deshalb am 13. Dezember 1971 „Richtlinien über die Gewährung von

Drucksache 14/4858 – 2 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode
Anpassungsgeld an Arbeitnehmer des Steinkohlenbergbaus“ (APG-Richtli-
nien), die auch für den Braunkohlentiefbau gelten, erlassen. Zweck dieser
Richtlinien, deren Gültigkeit bis heute immer wieder verlängert wurde, ist es,
die aus knappschaftlichen Betrieben entlassenen Arbeitnehmer wirtschaftlich
abzusichern, solange noch kein Anspruch auf Knappschaftsausgleichsleistung,
Altersrente oder Rente wegen Erwerbsunfähigkeit besteht. Die Richtlinien se-
hen vor, dass 50-jährige und ältere Arbeitnehmer, die wegen einer Stilllegungs-
oder Rationalisierungsmaßnahme ihren Arbeitsplatz im von der Strukturkrise
betroffenen Steinkohlenbergbau oder Braunkohlentiefbau verlieren, für längs-
tens fünf Jahre eine Überbrückungshilfe erhalten, die den nahtlosen Übergang
in die Knappschaftsausgleichsleistung sicherstellt. Die Finanzierung erfolgt
über den Titel 09 02-698 12 des Bundeshaushaltes.

Eine solche oder ähnliche soziale Flankierung des Umstrukturierungsprozesses
des ostdeutschen Untertagebergbaus hat es nicht gegeben. Der Vertreter des
Bundesministerium der Finanzen räumte bei der auswärtigen 40. Sitzung des
Ausschusses für Angelegenheiten der neuen Länder am 30. Mai 2000 in Worbis
ein, dass hier möglicherweise eine Regelungslücke vorliege (Protokoll, S. 17).
In der abschließenden Beratung der Bundestagsdrucksache 14/2385 am
8. November 2000 im federführenden Ausschuss für Wirtschaft und Technolo-
gie sprachen sich alle Vertreter der Bundestagsfraktionen, die sich zu Wort ge-
meldet hatten, für Lösungen zugunsten der Betroffenen aus.

Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

auf Grundlage der Regelungen des Anpassungsgeldes für Arbeitnehmer des
Steinkohlenbergbaus in Einvernehmen mit den betroffenen Ländern aus dem
Bundeshaushalt 2001, Einzelplan 09, Geschäftsbereich des Bundesministeri-
ums für Wirtschaft und Technologie, und den Folgehaushalten Zahlungen zur
sozialen Absicherung von Bergleuten in den neuen Bundesländern zu leisten,
die 25 Jahre unter Tage gearbeitet und mindestens das 50. Lebensjahr vollendet
haben und die wegen Betriebsschließung ihren Arbeitsplatz aufgeben mussten
oder in Zukunft aufgeben müssen.

Berlin, den 30. November 2000

Gerhard Jüttemann
Monika Balt
Petra Bläss
Eva-Maria Bulling-Schröter
Dr. Ruth Fuchs
Dr. Klaus Grehn
Dr. Evelyn Kenzler
Dr. Heidi Knake-Werner
Rolf Kutzmutz
Dr. Christa Luft
Heidemarie Lüth
Kersten Naumann
Rosel Neuhäuser
Dr. Uwe-Jens Rössel
Roland Claus und Fraktion

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