BT-Drucksache 14/4456

Entwurf eines Gesetzes zur beruflichen Gleichstellung von Prostituierten und anderer sexuell Dienstleistender

Vom 1. November 2000


Deutscher Bundestag

Drucksache

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14. Wahlperiode

01. 11. 2000

Gesetzentwurf

der Abgeordneten Christina Schenk, Dr. Evelyn Kenzler, Ulla Jelpke, Petra Pau,
Heidemarie Lüth, Sabine Jünger, Dr. Ilja Seifert, Petra Bläss, Dr. Klaus Grehn,
Dr. Heidi Knake-Werner, Dr. Ruth Fuchs und der Fraktion der PDS

Entwurf eines Gesetzes zur beruflichen Gleichstellung von Prostituierten
und anderer sexuell Dienstleistender

A. Problem

Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf soll die bis heute praktizierte rechtliche
Diskriminierung von Personen, die sexuelle Dienstleistungen erbringen, besei-
tigt werden. Obwohl sich mittlerweile in der Fachliteratur weitgehend die Auf-
fassung durchgesetzt hat, dass die Prostitutionsausübung als Beruf anzuerken-
nen sei und den Schutz des Artikels 12 Abs. 1 GG genieße (vgl. z. B. Scholz in
Maunz-Dürig, Kommentar zum GG, Rdz. 24 zu Artikel 12; Manssen in v. Man-
goldt, Klein, Starck, Kommentar zum GG, Rdz. 39 zu Artikel 12 Abs. 1), hält
die höchstrichterliche Rechtsprechung daran fest, Prostitution und andere sexu-
elle Dienstleistungen wie Telefonsex und vergleichbare Tätigkeiten als sitten-
widrige, dem Schutz des Artikels 12 GG nicht unterstehende Tätigkeiten zu be-
handeln.

Da mit einer Veränderung der Haltung der Rechtsprechung nicht zu rechnen ist,
ist der Gesetzgeber gezwungen zu handeln, um den rechtlosen Zustand, von
dem überwiegend Frauen betroffen sind, zu beseitigen und eine Rechtslage zu
schaffen, die mit dem Grundgesetz im Einklang steht.

B. Lösung

Der Entwurf enthält insbesondere Änderungen auf dem Gebiet des Zivilrechts
und des Strafrechts. Er verwendet den Begriff der sexuellen Dienstleistungen
als Oberbegriff für Dienstleistungen mit körperlichem Kontakt zum Kunden
(Prostitution) und Dienstleistungen ohne körperlichen Kontakt, wie Telefonsex
und ähnliche Leistungen. Mit der zivilrechtlichen Einordnung von Prostitution
unter das Dienstvertragsrecht des BGB verdeutlicht der Entwurf, dass der Ge-
setzgeber Verträge über sexuelle Dienstleistungen nicht für sittenwidrig hält
und der Bewertung der Rechtsprechung durch eindeutige gesetzliche Regelun-
gen entgegentritt. Die einzelnen zivilrechtlichen Regelungen sind erforderlich,
um den Besonderheiten des Berufsbildes gerecht zu werden. Die strafrecht-
lichen Veränderungen sind erforderlich, weil die bisherigen Vorschriften und
ihre Auslegung der neuen Bewertung von Prostitution entgegenstehen.
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– 2 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

Der vorliegende Entwurf lässt diejenigen Strafvorschriften, die dem Minder-
jährigenschutz gewidmet sind (§§ 180, 182 und 184b StGB), unberührt. Aus
der Umsetzung dieses Gesetzentwurfs werden neue tatsächliche und rechtliche
Verhältnisse entstehen. Dies wird es erforderlich machen, die Vorschriften, die
dem Minderjährigenschutz dienen, auf ihre Zweckmäßigkeit zu überprüfen und
gegebenenfalls in einem zweiten Schritt den veränderten Bedingungen anzu-
passen.

Das Gleiche gilt für diejenigen Vorschriften, die den Menschenhandel unter
Strafe stellen (§§ 180b und 181 StGB). Die Umsetzung des vorliegenden Ge-
setzes wird auch die rechtliche und tatsächliche Situation von Ausländerinnen,
die als Prostituierte tätig sind, beeinflussen. Auch hier wird es erforderlich sein,
die fraglichen Normen auf der Grundlage der Erfahrungen mit diesem Gesetz
zu überprüfen und gegebenenfalls den neuen Verhältnissen anzupassen.

Ebenfalls abzuwarten bleibt, ob die Neuregelungen im Seuchenrechtsneuord-
nungsgesetz, das das alte Bundesseuchengesetz ablöst und zum 1. Januar 2001
in Kraft tritt, ausreichend sind, um die bisherige diskriminierende Praxis der
Pflichtuntersuchung von Prostituierten zu beenden. Gegebenenfalls sind die be-
treffenden Regelungen zu novellieren.

Eine Änderung im Ordnungswidrigkeitenrecht soll die bislang verbotene – ei-
nem anerkannten Beruf jedoch angemessene – Werbung für Prostitution ermög-
lichen.

§ 119 OWiG (Gesetz über Ordnungswidrigkeiten), der bislang in seiner prakti-
schen Anwendung auch die Werbung von Prostituierten (z. B. durch Angebote
auf dem Straßenstrich) betrifft, lässt das Gesetz unverändert, weil davon auszu-
gehen ist, dass bei Umsetzung dieses Gesetzes die Auslegung von § 119 OWiG
der neuen Bewertung von Prostitution angepasst werden wird.

Weitere Änderungen arbeitsrechtlicher Art folgen aus der Tatsache, dass Prosti-
tution mangels Anerkennung als Beruf bislang in den Gesetzen, die sich mit
den Bedingungen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer befassen, natur-
gemäß keine Beachtung gefunden hat.

C. Alternativen

Keine

D. Kosten

Einsparungen im Zusammenhang mit entfallenden Strafverfahren werden sich
kostenmindernd auswirken. Die nunmehr zulässigen Arbeitsverhältnisse im
Bereich der Prostitution werden zu einem Lohnsteueraufkommen führen. Kon-
krete Schätzungen sind mangels Zahlenmaterial nicht möglich.
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Entwurf eines Gesetzes zur beruflichen Gleichstellung von Prostituierten
und anderer sexuell Dienstleistender

Der Bundestag hat mit Zustimmung des Bundesrates fol-
gendes Gesetz beschlossen:

Artikel 1

Änderung des Bürgerlichen Gesetzbuchs

Das Bürgerliche Gesetzbuch vom 18. August 1896
(RGBl. S. 195), zuletzt geändert durch … wird wie folgt ge-
ändert:

1. Nach § 618 werden die folgenden §§ 618a bis 618d ein-
gefügt:

㤠618a

Für die Erbringung sexueller Dienstleistungen gegen
Entgelt in der Form der Prostitution gelten zusätzlich die
§§ 618b bis 618d.

§ 618b
Leistungsstörungen

Im Falle des Verzugs, der Schlechtleistung und der
ganz oder teilweisen Nichterfüllung haftet der/die Ver-
pflichtete ausschließlich nach Maßgabe des § 628 BGB.

§ 618c
Schadensersatzhaftung

(1) Der/die Verpflichtete und der/die Dienstberech-
tigte haben nur Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit zu ver-
treten.

(2) Die Haftung für Schäden, die aus der Infektion mit
einer durch sexuelle Dienstleistungen übertragbaren
Krankheit entstehen, ist ausgeschlossen, sofern die allge-
mein anerkannten Maßnahmen zum Schutz vor Infektio-
nen mit durch Sexualkontakte übertragbaren Krankhei-
ten („safer sex“) eingehalten werden. Das Gleiche gilt
für den Fall, dass auf Schutzmaßnahmen auf Wunsch des
Dienstberechtigten verzichtet wird, für die Haftung des/
der Verpflichteten.

(3) Die Absätze 1 und 2 finden keine Anwendung auf
die Haftung des Vertragsteils, der auf Nachfrage eine In-
fektion mit einer Krankheit im Sinne des Absatzes 2 ver-
schwiegen hat, wenn der Schaden des/der Nachfragen-
den infolge der verschwiegenen Krankheit entstanden
ist.

§ 618d
Leistungsverweigerungsrechte

(1) Lohnabhängig arbeitende Prostituierte sind be-
rechtigt, bei einzelnen Dienstberechtigten sämtliche oder
einzelne Dienstleistungen abzulehnen.

(2) Der Arbeitgeber ist nicht berechtigt, an eine Ab-
lehnung im Sinne des Absatzes 1 Sanktionen zu knüp-
fen.“

2. § 627 Abs. 2 wird um folgenden Absatz 3 ergänzt:

„(3) Absatz 2 gilt nicht für Dienstverhältnisse im
Sinne des § 618a.“

Artikel 2

Änderung des Einführungsgesetzes zum
Strafgesetzbuch

Das Einführungsgesetz zum Strafgesetzbuch in der Fas-
sung der Bekanntmachung vom 2. März 1974 (BGBl. I
S. 469), zuletzt geändert durch …, wird wie folgt geändert:

Artikel 297 wird ersatzlos gestrichen.

Artikel 3

Änderung des Strafgesetzbuches

Das Strafgesetzbuch in der Fassung der Bekanntmachung
vom 10. März 1987 (BGBl. I S. 945 ber. S. 1160), zuletzt
geändert durch …, wird wie folgt geändert:

1. § 180a (Förderung der Prostitution) wird gestrichen.

2. § 181a (Zuhälterei) wird gestrichen.

3. § 181b (Führungsaufsicht) wird wie folgt gefasst:

㤠181b
Führungsaufsicht

In den Fällen der §§ 176 bis 179, 180b, 181 und 182
kann das Gericht Führungsaufsicht anordnen (§ 68
Abs. 1).“

4. § 181c Satz 1 (Vermögensstrafe und Erweiterter Verfall)
wird wie folgt gefasst:

„In den Fällen des § 181 sind die §§ 43a, 73d anzuwen-
den, wenn der Täter als Mitglied einer Bande handelt,
die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten ver-
bunden hat.“

5. § 182 Abs. 4 wird gestrichen.

6. § 184a (Ausübung der verbotenen Prostitution) wird ge-
strichen.

Artikel 4

Änderung des Gesetzes über
Ordnungswidrigkeiten

Das Gesetz über Ordnungswidrigkeiten in der Fassung
der Bekanntmachung vom 19. Februar 1987 (BGBl. I
S. 602), zuletzt geändert durch …, wird wie folgt geändert:

§ 120 (Verbotene Ausübung der Prostitution, Werbung für
Prostitution) wird gestrichen.“
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Artikel 5

Änderung des Ausländergesetzes

Das Ausländergesetz vom 9. Juli 1990 (BGBl. I S. 1354),
zuletzt geändert durch … wird wie folgt geändert:

§ 46 (Einzelne Ausweisungsgründe) wird wie folgt geändert:

a) Die Nummer 3 wird gestrichen.

b) Die bisherigen Nummern 4 bis 7 werden die Nummern 3
bis 6.

Artikel 6

Änderung des Arbeitszeitgesetzes

Das Arbeitszeitgesetz in der Fassung vom 6. Juni 1994
(BGBl. I S. 1170) wird wie folgt geändert:

§ 10 Abs. 1 wird wie folgt geändert:

a) § 10 Abs. 1 wird durch folgende Nummer 5 ergänzt:

„5. in Betrieben, in denen sexuellen Dienstleistungen
erbracht werden,“

b) die bisherigen Nummern 5 bis 16 werden die Nummern
6 bis 17.

Artikel 7

Änderung des Arbeitsschutzgesetzes

Das Gesetz über die Durchführung von Maßnahmen des
Arbeitsschutzes zur Verbesserung der Sicherheit und des
Gesundheitsschutzes der Beschäftigten bei der Arbeit vom
7. August 1996 (BGBl. I S. 1246), zuletzt geändert durch …,
wird wie folgt geändert:

§ 18 wird durch folgende Absätze 3 und 4 ergänzt:

„(3) Das Bundesministerium für Gesundheit wird er-
mächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium
für Arbeit und Sozialordnung durch Rechtsverordnung –
mit Zustimmung des Bundesrates – Vorschriften über die an
die Beschaffenheit der Räume und Einrichtungen, in denen
der lohnabhängigen Prostitution nachgegangen wird, zu
stellenden Anforderungen zu erlassen, soweit dies zum
Schutz der Gesundheit der Beschäftigten erforderlich ist.

(4) Tarifverträge gehen Verordnungen im Sinne des Ab-
satzes 3 vor.“

Artikel 8

Inkrafttreten

Das Gesetz tritt am Tage nach seiner Verkündung in
Kraft.

Berlin, den 1. November 2000

Christina Schenk
Dr. Evelyn Kenzler
Ulla Jelpke
Petra Pau
Heidemarie Lüth
Sabine Jünger
Dr. Ilja Seifert
Petra Bläss
Dr. Klaus Grehn
Dr. Heidi Knake-Werner
Dr. Ruth Fuchs
Roland Claus und Fraktion
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Begründung

A. Allgemeines

Die Anzahl der Frauen, die heute in der Bundesrepublik
Deutschland als Prostituierte tätig sind, wird auf 400 000 ge-
schätzt, zur Zahl ihrer männlichen Kollegen gibt es bislang
keine Angaben. Der Umsatz in diesem Bereich beträgt etwa
12,5 Mrd. DM im Jahr. 1,2 Millionen Männer nehmen täglich
die Dienste von Prostituierten in Anspruch. Dennoch bleibt
dieser Tätigkeit und anderen Tätigkeiten auf dem Sektor der
sexuellen Dienstleistungen, wie Telefonsex, Internetsex etc.,
die rechtliche Anerkennung versagt. Es fehlt nicht nur die
rechtliche Anerkennung – eine hemmungslose Diskriminie-
rung derjenigen, die im Bereich der Prostitution arbeiten,
durchzieht Rechtsprechung und Gesetz. Die aktuelle Situa-
tion ist von Widersprüchen gekennzeichnet.

Die Rechtslage wird von dem Verdikt der Sittenwidrigkeit
und dem Verdikt der Gemeinschaftsschädlichkeit geprägt.
Der Maßstab für den Begriff der guten Sitten ist nach einer
vom Reichsgericht im Jahre 1901 entwickelten Formel „dem
Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden“ zu ent-
nehmen.

1)

Die Einstufung als gemeinschaftsschädlich beruht
in erster Linie auf der Rechtsprechung des Bundesverwal-
tungsgerichts, das im Jahre 1965 in einer bis heute nicht kor-
rigierten Entscheidung die Prostitution mit der Betätigung als
Berufsverbrecher gleichgestellt hat.

2)

Prostitution wird von der Rechtsprechung nach wie vor nicht
als grundrechtlich geschützter Beruf im Sinne von Artikel 12
Grundgesetz anerkannt. Auf diesem Mangel beruht eine um-
fassende Diskriminierung, die in der Strafbarkeit jeglichen
Managements von Prostitution sowie der rechtlichen Un-
gleichbehandlung von Prostituierten in den verschiedensten
Bereichen zum Ausdruck kommt. Die wesentlichen Aspekte
dieses Zustandes lassen sich wie folgt zusammenfassen:

1. Privatrechtliche Behandlung – Anwendung von § 138
BGB auf Verträge über sexuelle Dienstleistungen

Privatrechtliche Normen, die sich ausdrücklich mit Prostitu-
tion befassen, gibt es bislang nicht. Die rechtliche Würdigung
der privatrechtlichen Beziehungen hängt von der Rechtspre-
chung ab.

Das am häufigsten vorkommende Geschäft, der Vertrag zwi-
schen Freier und Prostituierter über die Leistung von Sex ge-
gen Entgelt, ist nach herrschender Auffassung sittenwidrig.
Nach der noch heute gültigen Rechtsprechung des Reichsge-
richts ist ein Rechtsgeschäft sittenwidrig, wenn es „mit dem
Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden unverein-
bar ist, es sich also mit dem in der Sitte, in der Übung zutage
tretenden Empfinden der Volksgenossen, gemessen an einem
durchschnittlichen Maßstab, in Widerspruch setzt“ (vgl.
RGZ 80, S. 219, 221). Das sittenwidrige Geschäft ist gemäß
§ 138 Abs. 1 BGB nichtig und verpflichtet zu nichts.

3)

Prostituierte müssen gegen Vorkasse arbeiten, weil sie im
Nachhinein gegen den Freier keinerlei Ansprüche haben. Ein
Freier, der die Prostituierte um das vereinbarte Entgelt prellt,
macht sich auch nicht wegen Betruges strafbar.

4)

Nach der
Auffassung des Bundesgerichtshofs kommt dem Ge-
schlechtsverkehr „für das Recht kein in Geld zu veranschla-
gender Wert“ zu. Die Aussicht der Prostituierten, durch sexu-
elle Leistungen den versprochenen oder üblichen Lohn zu er-
halten, gehöre nicht zum strafrechtlich geschützten Vermö-
gen.

5)

Auch Verträge im Zusammenhang mit Telefonsex
werden vom BGH als sittenwidrig beurteilt

6)

mit der Folge,
dass auch hier keine rechtlich durchsetzbaren Ansprüche ge-
gen einen Anrufer entstehen können.

2. Strafrecht

Die Vorschriften, die den Bordellbetrieb und andere Organi-
sationsformen von Prostitution betreffen (§§ 180a Abs. 1
und 2 und 181a StGB), sind seit 1973 im Wesentlichen un-
verändert gültig.

Die persönliche Freiheit und die sexuelle Selbstbestimmung
der Frauen sind die Rechtsgüter, die mit diesen Vorschriften
geschützt werden sollen. Prostituierte sehen sich aber weni-
ger geschützt als vielmehr daran gehindert, ihre Tätigkeit un-
ter akzeptablen Arbeitsbedingungen auszuüben.

Die herrschende Rechtsprechung geht – in Übereinstimmung
mit dem Gesetzgeber von 1973 – bis heute davon aus, dass
Frauen grundsätzlich davor zu bewahren seien, als Prostitu-
ierte zu arbeiten. Die – sicherlich richtige – Annahme, Frauen
würden lieber in angenehmer als in unangenehmer Atmos-
phäre arbeiten, führt zu der abstrusen Situation, dass sich der
Betreiber eines Bordells, der gute Arbeitsbedingungen
schafft, wegen Verstoßes gegen § 180a Abs. 1 StGB strafbar
macht

7)8)9)

, hingegen der Betreiber eines Eros-Centers, der
nur eine überhöhte Zimmermiete kassiert und sonst nichts
leistet, den Schutz der Rechtslage genießt und straffrei bleibt.

Auch die Strafbarkeit der Zuhälterei (§ 181a Abs. 1 Nr. 2
StGB) steht dem Wunsch der Frauen nach gesicherten Ar-
beitsplätzen entgegen. Maßnahmen, die bei abhängig Be-
schäftigten in anderen Berufen selbstverständlich sind, wie
Überwachung oder Bestimmung von Ort oder Zeit der Tätig-
keit, sind im Bereich der Prostitution mit Freiheitsstrafe von
sechs Monaten bis zu fünf Jahren bedroht. Für Prostituierte
hat dies zur Folge, dass sie außerhalb des Straßenstrichs über-
wiegend in kriminellem Milieu arbeiten müssen.

Während bei zahlreichen Delikten die Einwilligung des Ver-
letzten den Tatbestand oder die Rechtswidrigkeit der Hand-

1)

RGZ 48, S. 114, 124.

2)

BverwGE 22, S. 286, 289.

3)

BGHZ 67 S. 122; BGHSt 6, S. 378.

4)

BGHSt 4 S. 373, Urteil vom 9. 10. 1953 und bis heute herrschende
Meinung.

5)

BGH StV 1987, 484.

6)

BGH ZIP 1998, 1439 und WM 1998, 1676.

7)

BGH Urteil vom 17. 9. 1985, NJW 1986 S. 596.

8)

BGH a. a. O.

9)

KG Urteil vom 10. 5. 1979, Az (4) Ss 121/78 (17/19).
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lung ausschließt

10)

, wird im Zusammenhang mit der Prostitu-
tion dem Willen der Frau keine Bedeutung beigemessen.

Das unternehmerisch betriebene „Management fremder Se-
xualität”

11)

ist auch dann strafbar, wenn die im Unternehmen
arbeitenden Frauen mit den Maßnahmen der Unternehmens-
leitung vollkommen einverstanden sind.

12)13)14)

Auch der Zusammenschluss mehrerer Prostituierter zum
Zwecke der Durchführung von Hausbesuchen ist für dieje-
nige, die die Organisation übernimmt, als Zuhälterei gemäß
§ 181a Abs. 2 StGB mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren
oder mit Geldstrafe bedroht.

Eine Frau, die aus ihrer Wohnung heraus für sich selbst und
andere Prostituierte telefonisch abrufbare „Hausbesuche“
anbietet und sich für den damit verbundenen Aufwand von
den Frauen, die sie vermittelt, bezahlen lässt, fällt unter diese
Vorschrift.

3. Sperrgebietsverordnungen

Ganz wesentlichen Einfluss auf die Arbeitsbedingungen der
Prostituierten haben die auf der Grundlage von Artikel 297
EGStGB erlassenen Sperrgebietsverordnungen. Die ge-
nannte Vorschrift gestattet es, in kleineren Gemeinden die
Ausübung des Berufes vollständig zu untersagen und in grö-
ßeren Gemeinden auf einige wenige Bereiche zu konzentrie-
ren. Von diesem Instrumentarium wird vielfach intensiver
Gebrauch gemacht. Dies führt zu einer oligopolartigen Stel-
lung der wenigen Anbieter des verbleibenden Gewerberaums
zur Ausübung der Prostitution. Tagesmieten von 200 bis
350 DM täglich bei 30-tägiger Zahlungsverpflichtung im
Monat, zwölf Monate im Jahr, für Zimmer von wenigen Qua-
dratmetern in einschlägigen Etablissements sind keine Aus-
nahme. Die Tätigkeit von Zuhältern, die die Arbeitsbedin-
gungen des Straßenstrichs diktieren, wird begünstigt, da
Frauen, die ansonsten unabhängig arbeiten könnten, wegen
der räumlichen Beschränkung auf Bereiche, die nicht als
Sperrgebiet ausgewiesen sind, nicht ausweichen können.

Wie der VGH München in einer Entscheidung bezüglich der
Straßenprostitution aus dem Jahre 1988 (NVwZ-RR 89, 75 f.)
zutreffend erkannt hat, führt erst die aus den Sperrgebietsver-
ordnungen oftmals resultierende Zusammenpferchung der
Anbieterinnen sexueller Dienstleistungen zu einer (angeb-
lich) gesteigerten Kriminalität im so genannten Umfeld.

4. Ausschluss von den sozialrechtlichen Sicherungssyste-
men im Sozialrecht

Prostituierte sind von unserem System der Renten- und So-
zialversicherung abhängig Beschäftigter ausgeschlossen,
weil sie keine Möglichkeit haben, in einem legalen Arbeits-
oder Angestelltenverhältnis tätig zu sein. Arbeitsverträge
zwischen Bordellbesitzern und Prostituierten sind zwar lohn-
steuerpflichtig (s. u.), aber nichtig; ein wirksames Arbeits-
verhältnis mit Renten- und Krankenversicherungspflicht

kann nicht begründet werden. Selbst die Anerkennung eines
so genannten faktischen Arbeitsverhältnisses, aus dem sich
Lohn- und Urlaubsansprüche ergeben würden, wird wegen
der Sittenwidrigkeit der Tätigkeit grundsätzlich ausgeschlos-
sen.

15)

Ansprüche auf Leistungen des Arbeitsamts wie Umschu-
lungsmaßnahmen oder Arbeitslosengeld können grundsätz-
lich nicht entstehen.

Etwas anderes gilt nach neuester Rechtsprechung des Bun-
dessozialgerichts für Bereiche der sexuellen Dienstleistun-
gen, die zwar als sittenwidrig angesehen, aber im Übrigen von
der Rechtsordnung geduldet werden. Das betrifft den Bereich
des Telefonsexes und ähnliche Formen sexueller Dienst-
leistungen – im entschiedenen Fall Btx-Dialoge sexuellen
Inhalts –, wo das Management der Dienstleistungen nicht wie
beim Bordellbetrieb unter Strafandrohung steht, sondern
legal ausgeübt werden kann. Für diesen Bereich hat das BSG
entschieden, dass beitrags- und versicherungspflichtige Be-
schäftigungsverhältnisse entstehen, auch wenn man die
Beschäftigungsverhältnisse für sittenwidrig halten wolle. Für
den Bereich der Prostitution hat das BSG ausdrücklich offen
gelassen, ob es hier einer gesetzlichen Regelung bedürfe oder
sie jedenfalls zur Klarstellung zweckmäßig wäre (vgl. BSG,
Urteil vom 10. August 2000, Az B 12 KR 21/98 R).

Den Prostituierten bleibt nur die Möglichkeit, als Selbstän-
dige einen Krankenversicherungsvertrag abzuschließen, was
in der Regel einen höheren finanziellen Aufwand erfordert
als die entsprechende Versicherung im Rahmen eines Ar-
beitsverhältnisses. Dabei sind Prostituierte in der Regel ge-
zwungen, ihre wahre Berufstätigkeit zu verschweigen, weil
die gesetzlichen Krankenkassen die Aufnahme einer Prosti-
tuierten wegen der Sittenwidrigkeit der Tätigkeit ablehnen
oder die privaten Krankenversicherungen erhebliche Risiko-
zuschläge verlangen können.

16)

5. Steuerrechtliche Behandlung

Trotz der angenommenen Sittenwidrigkeit ihres Tuns sind
Prostituierte einkommenssteuerpflichtig.

Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs sind ihre
Einkünfte als „sonstige Einkünfte“ (im Sinne der § 2 Abs. 1
Nr. 7, § 22 Nr. 3 EStG) zu versteuern, weil die Tätigkeit „sich
nicht als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Ver-
kehr darstellt.“

17)

Außerdem sind Prostituierte umsatzsteuerpflichtig. Obwohl
sie angeblich „nicht am wirtschaftlichen Verkehr teilneh-
men“, gelten die Frauen in diesem Zusammenhang als Unter-
nehmerinnen, deren Einkünfte dem allgemeinen Umsatz-
steuersatz (§ 12 Abs. 1 UStG) unterliegen.

18)

Der Bordellbetreiber muss Lohnsteuer abführen, wenn er
Prostituierte in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis be-
schäftigt.

19)

In der Praxis wird dies jedoch selten geschehen,
da die Anmeldung eines entsprechenden Beschäftigungsver-

10)

vgl. Dreher/Tröndle: Strafgesetzbuch und Nebengesetze, München
1995 Rdz. 3a, 3b vor § 32.

11)

Hanack NJW 1974 S. 6.

12)

vgl. dazu auch BGH Urteil vom 21. 7. 1993 StV 1994 S. 482.

13)

BGH Urteil vom 21. 7. 1993 StV 1994 S. 482.

14)

BGH Urteil vom 21. 7. 1993 StV 1994 S. 482.

15)

vgl. Urteil des Bundesarbeitsgerichts in BAGE 28, 83.

16)

vgl. Schwule im Recht Rdz. 27.22, Berlin 1994.

17)

BFH NJW 1965, S. 79.

18)

vgl. BFHE 150 S. 192.

19)

BGH in NStZ RR 1996, S. 83.
Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 7 –

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hältnisses durch den Bordellbetreiber einer Selbstanzeige
wegen Förderung der Prostitution und Zuhälterei gleich-
käme.

B. Einzelbegründung

Zu Artikel 1

(Änderung des BGB)

Zu § 618a

§ 618a verdeutlicht, dass die – nunmehr rechtswirksamen –
Verträge zwischen Prostituierten und ihren Kunden sowie die
Verträge zwischen Bordellbetreibern und -innen und den
Kunden als Dienstverträge einzuordnen sind. Dies entspricht
auch der bisherigen Auffassung in der rechtswissenschaftli-
chen Literatur (vgl. etwa Stürner JZ 77, 176).

Zu § 618b

Diese Vorschrift dient dem Schutz der sexuellen Selbstbe-
stimmung Prostituierter. Die Haftungsbeschränkung auf die
Verpflichtung zur Rückzahlung des Entgelts bei Schlecht-
leistung, Verzug und Nichterfüllung verhindert jeden indi-
rekten Druck auf die freie Willensentscheidung der Prostitu-
ierten. Sie können zu jedem Zeitpunkt der Vertragsdurchfüh-
rung die (weitere) Dienstleistung verweigern, ohne Scha-
densersatzansprüche befürchten zu müssen. Es ist lediglich
das Entgelt zurückzuerstatten.

Hierbei liegt die zivilprozessuale Beweislast für das Vorlie-
gen der Nichterfüllung oder der Schlechtleistung nach allge-
meinen Regeln beim Kunden, so dass nicht die Gefahr be-
steht, dass Prostituierte, die ihre Leistung erbracht haben,
ungerechtfertigten Rückforderungsansprüchen unterliegen
könnten.

Zu § 618c

§ 618c Abs. 1 beschränkt die vertragliche und die deliktische
Haftung auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit und geht damit
für die deliktische Haftung der weitergehenden Regelung in
§ 823 BGB vor.

Absatz 2 geht von der Eigenverantwortung der Dienstleisten-
den und der Kunden aus. Jeder, der an der sexuellen Dienst-
leistung unmittelbar beteiligt ist, hat es in der Hand, sich
durch die anerkannten Schutzmaßnahmen („safer sex“ etc.)
vor den bei sexuellen Dienstleistungen möglichen Risiken zu
schützen. Die Schadensersatzregelung des Gesetzes knüpft
hieran an und greift den Gedanken des § 254 BGB (Mitver-
schulden) auf. Auch und gerade mit den Mitteln des Zivil-
rechts sollen die Betroffenen zu einem verantwortungsbe-
wussten Umgang mit ihrer und der Gesundheit ihrer Sexual-
partner angehalten werden.

Andererseits sollen die Dienstleistenden nicht für die Folgen
haften, die daraus entstehen, dass der Kunde auf einem risi-
kogeeigneten Verhalten besteht.

In Fällen, in denen auf entsprechende Nachfrage ein beste-
hendes Risiko nicht offenbart wird, besteht auch zivilrecht-
lich eine Sanktionsnotwendigkeit im Sinne eines Schadens-
ersatzanspruches.

Zu § 618d

Durch diese Bestimmung wird den Prostituierten die Mög-
lichkeit gegeben, ohne nachteilige Folgen bei einzelnen Kun-
den sämtliche oder einzelne Dienstleistungen abzulehnen.
Damit wird der mögliche Konflikt zwischen dem Direktions-
recht des/der Arbeitgebers/Arbeitgeberin und der Selbstbe-
stimmung der Prostituierten zugunsten der (sexuellen) Auto-
nomie der Beschäftigten gelöst.

Das Gesetz geht davon aus, dass die (tarifvertragliche) Praxis
Möglichkeiten finden wird, diesen unbedingten Vorrang der
sexuellen Selbstbestimmung in einer Weise auszugestalten,
die auch den Interessen der Arbeitgeber gerecht wird. Vor-
stellbar erscheint etwa ein System von Grundlohn und Prä-
mien pro Dienstleistung etc., das eine missbräuchliche In-
anspruchnahme der Einschränkung des Direktionsrechts
verhindert.

Zu Artikel 2

(Änderung des EGStGB)

Artikel 297 EGStGB gestattet den zuständigen Behörden in
einem im Vergleich zu anderen Berufsgruppen bedeutend
weiteren Umfang, die Ausübung des Berufs Prostitution
räumlich zu beschränken. In verfassungsrechtlich kaum hin-
nehmbarer Weise (Stichwort: Grundrechtsschutz durch Be-
teiligung am Verfahren) sind dabei die Betroffenen von der
Entscheidungsfindung ausgeschlossen. Das Instrumentarium
des Artikels 297 führt in seiner gängigen Handhabung zur
Schaffung und Vertiefung von Abhängigkeitsverhältnissen
der Prostituierten zu den Betreibern bordellartiger Betriebe
und begünstigt die Tätigkeit von „Kontrolleuren“ eines auf
wenige und abseits gelegene Straßen beschränkten Straßen-
strichs.

Unter den indirekt durch die Sperrgebietsverordnungen ent-
stehenden Marktverhältnissen (Raummieten) werden die
Prostituierten zu einer intensiven Ausübung ihres Berufes
faktisch gezwungen. Aufgrund des enormen Kostendrucks
sind viele Prostituierte darauf verwiesen, die in anderen Be-
reichen des Erwerbslebens durchgängig erreichten Arbeits-
zeitbeschränkungen auf 40 bis maximal 50 Stunden/Woche
erheblich zu überschreiten. Siebentagewochen mit einer täg-
lichen Schichtzeit von 10 Stunden und mehr sind keine Sel-
tenheit.

Überdies belegt das Beispiel der Stadt Berlin, dass auf das
Instrumentarium des Artikels 297 ohne weiteres verzichtet
werden kann.

Zu Artikel 3

(Änderung des Strafgesetzbuches)

Zu Nummer 1

Mit § 180a ist der Schutz Prostituierter vor Gefahren für die
persönliche Freiheit und der Jugendschutz beabsichtigt. Der
BGH und einige Oberlandesgerichte haben dies zum Anlass
genommen, eine Rechtsprechung zu entwickeln, die nahezu
alles bestraft sehen will, was eine nähere Bindung an die Be-
rufstätigkeit zur Folge haben könnte. Dabei wird nicht zwi-
schen einvernehmlich abgesprochenen Maßnahmen und
Zwangsmaßnahmen unterschieden. Auch Einrichtungen und
Absprachen, die die Prostitutionsausübung angenehmer und/
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oder lukrativer gestalten, hat die Rechtsprechung dem An-
wendungsbereich des § 180a unterworfen. Begründet wird
diese die freie Berufswahl und -ausübung stark einschrän-
kende Auffassung mit der angeblichen Notwendigkeit eines
Schutzes im Vorfeld von Gefahren. Denn es sei aufgrund der
Verhältnisse im ,,Milieu“ unmöglich, eine konkrete Gefähr-
dung der Freiheit der Prostituierten zu beweisen.

Dieses Vorurteil verfehlt jedoch die Realität der Prostitution
in der Bundesrepublik Deutschland. Neuere kriminologische
Forschungen haben ergeben, dass sich zumindest seit einigen
Jahren das Bild der unterdrückten und in die Tätigkeit ge-
pressten Kreatur nicht aufrechterhalten lässt. Prostituierte
entsprechen heute durchschnittlich eher dem Typ einer/eines
Unternehmerin/Unternehmers. Nicht zuletzt die in den
Selbsthilfegruppen zusammengeschlossenen „Huren“ haben
der Öffentlichkeit dieses Bild nähergebracht. Zunehmend
wird erkannt, dass zumindest der ganz überwiegende Teil der
Prostituierten sich freiwillig zu Aufnahme und Fortsetzung
der Tätigkeit entschließt. Die Notwendigkeit eines Vorfeld-
schutzes lässt sich heute daher nicht mehr begründen.

Überdies steht § 180a Abs. 1 StGB in seiner gängigen Ausle-
gung der mit diesem Gesetz beabsichtigten Ermöglichung
von legalen lohnabhängigen Arbeitsverhältnissen in Bordell-
betrieben entgegen:

a) Als Förderung der Prostitution stellt § 180a Abs. 1 Nr. 1
das Betreiben eines Bordells etc., in dem Personen die Prosti-
tution ausüben und dabei dem Weisungsrecht des Arbeitge-
bers unterstehen, unter Strafe. § 180a Abs. 1 Nr. 1 verbietet,
eine Person in persönlicher oder wirtschaftlicher Abhängig-
keit zu halten. Diese Abhängigkeit ist jedoch geradezu kenn-
zeichnend für typische Arbeitsverhältnisse:

Die persönliche Abhängigkeit im arbeitsrechtlichen Sinn um-
fasst sachliche und arbeitsrechtsorganisatorische Abhängig-
keitselemente. Sachliche Abhängigkeit bedeutet in diesem
Zusammenhang die Übernahme fremd geplanter, fremdnüt-
ziger und von fremder Risikobereitschaft getragener Arbeit
(vgl. Bundestagsdrucksache 11/7140 S. 17 m. w. N.). Die
fremdnützige Arbeit ist bestimmt durch die Unmöglichkeit
der eigenen Verfügbarkeit über die Arbeitskraft. Merkmale
der arbeitsorganisatorischen Abhängigkeit sind persönliche
und fachliche Weisungsgebundenheit, wozu die zeitliche und
örtliche Bindung, Arbeitskontrolle, die unverzichtbare und
eingeplante Dienstbereitschaft, die Eingliederung in den Be-
triebsablauf gehören (Bundestagsdrucksache a. a. O.). Die
Eingehung eines Arbeitsverhältnisses schließt wirtschaftli-
che Abhängigkeit von Arbeitnehmerinnen gegenüber ihren
Arbeitgebern/Arbeitgeberinnen ein.

Bereits heute bestehen im Bereich der Prostitution eine Viel-
zahl solcher Arbeitsverhältnisse. Aufgrund der gesetzlichen
Verbote sind jedoch die Arbeitnehmerinnen ohne jeden
arbeitsrechtlichen Schutz. Das Fehlen sozialversicherungs-
rechtlicher Absicherung, von Lohnfortzahlung im Krank-
heitsfall, von Feiertagsvergütungen, Urlaubsansprüchen und
nicht zuletzt Mutterschutz führen zu unzumutbaren Arbeits-
bedingungen.

Damit wird mit der Bestimmung nicht nur der Schutz der
sexuellen Selbstbestimmung verfehlt. Im Gegenteil werden
durch die fehlende soziale Absicherung Prostituierte auch an

solche Arbeitgeber gebunden, die äußerst schlechte Arbeits-
bedingungen bieten.

Da mit dem vorliegenden Gesetz den Prostituierten die Ein-
gehung von „normalen“ Arbeitsverhältnissen ermöglicht
werden soll, liegt es auf der Hand, dass eine Strafvorschrift,
die den Arbeitgeber kriminalisiert, keinen Bestand haben
kann.

Schließlich geben auch verfassungsrechtliche Bedenken ge-
gen die bisherige Praxis Anlass zur Streichung des § 180a.
Ausgehend von einem auch durch kriminologische For-
schungen belegten Bild der Prostituierten als selbstbe-
stimmte Persönlichkeiten ist in dem vollständigen Verbot des
Berufes der/des lohnabhängig arbeitenden Prostituierten eine
unzulässige objektive Zulassungsbeschränkung im Sinne der
so genannten Stufentheorie des Bundesverfassungsgerichts
zu Artikel 12 Abs. 1 GG zu sehen.

Durch die in Artikel 1 und 6 des Entwurfs enthaltenen Rege-
lungen lässt sich der intendierte Schutz der sexuellen Freiheit
der Prostituierten in deutlich grundrechtsschonenderer Weise
verwirklichen. Die rechtliche Anerkennung der faktisch oh-
nehin vorhandenen Arbeitsverhältnisse eröffnet über die Ge-
währung arbeitsrechtlicher und sozialer Schutzrechte bedeu-
tend effektivere Schutzmöglichkeiten als das Strafrecht.

Dem eventuell verbleibendem Bedürfnis nach strafrechtli-
chem Schutz wird durch die allgemeinen Gesetze, insbeson-
dere §§ 223 f., 240, 253, 263 StGB ausreichend Rechnung
getragen.

b) Auch die Regelung des Absatzes 1 Nr. 2 stellt für abhän-
gige Arbeitsverhältnisse typische Verhaltensweisen unter
Strafe. Unter anderem wird das zentrale Abkassieren der Ent-
gelte bei den Kunden, die Bestimmung von Anwesenheits-
pflichten und die Festsetzung von Quoten, Mindestpreis oder
Servicedauer als verbotene Förderungsmaßnahme erachtet.

Zusätzlich werden auch solche Umstände als strafwürdig er-
achtet, die die Tätigkeit angenehmer und einträglicher ma-
chen. Dies wird mit einer drohenden, weiteren Verstrickung
in die Tätigkeit und der erwähnten Notwendigkeit eines Vor-
feldschutzes vor Gefahren für die sexuelle Selbstbestim-
mung begründet.

Wie bereits dargelegt wird ein ggf. notwendiger Vorfeld-
schutz effektiver und schonender durch die rechtliche Aner-
kennung und Regelung der bestehenden Arbeitsverhältnisse
erreicht. Der intendierte Schutz vor weiterer Verstrickung in
die Prostitution führt im Ergebnis zu einem im Geltungsbe-
reich des Grundgesetzes unzulässigen Schutz des mündigen
Bürgers vor sich selbst. Der mit dem strafrechtlichen Bor-
dellverbot beabsichtigte Schutz der sexuellen Selbstbestim-
mung läuft im Übrigen auch insoweit dem vorgeblich ge-
schützten Recht zuwider, als auch die Entscheidung zur Auf-
nahme und Fortführung der Prostitution denknotwendig vom
Recht auf sexuelle Selbstbestimmung umfasst ist.

c) Unabhängig vom Unterhalten eines Betriebes nach § 180a
Abs. 1 fällt nach Absatz 2 Nr. 1 das Gewähren von Wohnung
sowie das gewerbsmäßige Gewähren von Unterkunft oder
Aufenthalt an Minderjährige zur Prostitutionsausübung unter
die Strafnorm der Förderung der Prostitution. Strafbar
machen sich Vermieter und -innen, die Prostituierten unter
18 Jahren Wohnung oder Unterkunft für ihre Berufsaus-
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übung zur Verfügung stellen. Für jugendliche Prostituierte
hat auch diese Vorschrift zur Folge, dass sie vom Recht auf
den sog. Straßenstrich verwiesen werden. Sofern sie illegal
eine Wohnung etc. finden, sind diese vielfach mit einem Kri-
minalitätsaufschlag zu vergüten, mit dem sich die Vermieter
und -innen das Bestrafungsrisiko vergolden lassen.

Die Bestimmung war bereits vor ihrer Einführung umstritten
(Prot. VI, 1643). Es wurde schon damals zu bedenken gege-
ben, dass die Wahlmöglichkeiten bezüglich des Arbeitsplat-
zes für Jugendliche eingeschränkt würden. Im Ergebnis sollte
die Bestimmung den Ermittlungsbehörden vor allen Dingen
ein „Ermittlungsthema“ an die Hand geben, um unter diesem
Vorwand einschlägige Etablissements durchsuchen zu kön-
nen. Die Praxis hat gezeigt, dass der repressive Umgang mit
jugendlichen Prostituierten vollkommen ungeeignet ist, um
der Situation der Betroffenen gerecht zu werden. Allein qua-
lifizierte Beratungsangebote und das Angebot akzeptabler
Alternativen sind geeignet, Jugendliche zum Berufswechsel
zu veranlassen, wenn man einen solchen für notwendig oder
wünschenswert erachtet. Eine derartige Betreuung ist jedoch
vollkommen unabhängig von dem Tätigkeitsort. Eine Not-
wendigkeit zur Einschränkung der Berufsausübungsmög-
lichkeiten für jugendliche Prostituierte lässt sich hiermit
nicht begründen. Aus den genannten Gründen sollten nicht
ohne Not die Auswahlmöglichkeiten der in der Prostitution
tätigen Jugendlichen eingeengt werden.

d) Nach Absatz 2 Nr. 2 ist das Gewähren von Wohnung zur
Prostitutionsausübung unter der weiteren Voraussetzung
strafbar, dass eine Person zur Prostitution angehalten oder im
Hinblick auf sie ausgebeutet wird.

„Anhalten” ist nach herrschender Meinung dann gegeben,
wenn jemand andauernd und nachdrücklich beeinflusst wird,
der Prostitution nachzugehen, ohne dass die Grenze zur Nöti-
gung (§ 240 StGB) erreicht sein muss. Auch diese Vorschrift
ist nicht mit dem Bild einer emanzipierten Frau, die grund-
sätzlich in der Lage ist, sich unerwünschten Einflussnahmen
entgegenzustellen, zu vereinbaren.

§ 180a Abs. 2 Nr. 2 1. Alternative ist damit rechtspolitisch
verfehlt. Strafwürdiges Unrecht ist wie bei jedem anderen
Beruf auch im Bereich der Prostitution allein im Rahmen des
§ 240 zu ahnden.

e) Ähnliches gilt für die zweite Alternative des § 180a Abs. 2
Nr. 2. Solange der auch in anderen Bereichen des Erwerbsle-
bens geltende Bereich des § 253 (Erpressung) bzw. des
§ 302a (Wucher) nicht erreicht ist, besteht keine Notwendig-
keit zur Schaffung eines besonderen Schutzstrafrechtes für
Prostituierte. Da die Angehörigen dieser Berufsgruppe einen
repräsentativen Durchschnitt der Gesamtbevölkerung dar-
stellen, ist eine gesteigerte Schutzwürdigkeit nicht zu erken-
nen.

Zu Nummer 2

§ 181a in seiner geltenden Fassung unterscheidet zwischen
ausbeuterischer und dirigierender Zuhälterei in Absatz 1 und
fördernder Zuhälterei in Absatz 2.

a) Unter ausbeuterischer Zuhälterei wird das Herbeiführen
einer spürbaren Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage
der Prostituierten verstanden. Weitere Voraussetzung ist das

planmäßige Ausnutzen eines irgendwie gearteten Abhängig-
keitsverhältnisses. Die Anwendung von Gewalt oder Dro-
hung ist nicht erforderlich. Es reicht, wenn eine emotionale
Abhängigkeit des „Opfers“ ausgenutzt wird. Der Umstand,
dass eine Prostituierte sich in Bezug auf ihre Tätigkeit aus
freien Stücken dem Einfluss eines anderen unterwirft, hindert
nicht die Strafbarkeit (BGH StV 1994, 480 ff.).

Damit sieht auch diese Vorschrift ein Sonderrecht für Prosti-
tuierte vor, das mit dem Selbstbestimmungsrecht der betrof-
fenen Frauen nicht zu vereinbaren ist. Der Entschluss der
Prostituierten, sich in ein Abhängigkeitsverhältnis zu bege-
ben, sollte auch in diesem Bereich respektiert werden, mit der
Folge, dass für eine Strafnorm der ausbeuterischen Zuhälte-
rei kein Platz mehr ist. § 181a Abs. 1 Nr. 1 ist zu streichen.

b) Dirigistische Zuhälterei im Sinne des § 181a Abs. 1 Nr. 2
soll vorliegen, wenn die Prostitutionsausübung überwacht
wird (l. Alt.) oder Ort, Zeit, Ausmaß oder andere Umstände
der Prostitutionsausübung bestimmt werden (2. Alt.) oder
Maßnahmen getroffen werden, die Prostituierte davon abhal-
ten sollen, die Prostitution aufzugeben (3. Alt.).

Mit diesen Verboten werden Maßnahmen, wie z. B. die Aus-
übung des Direktionsrechts, das Kontrolle, Bestimmung des
Einsatzortes und der Dienstzeit einschließt, die in „norma-
len“ Arbeitsverhältnissen eine Selbstverständlichkeit sind,
unter Strafe gestellt.

Das Verbot verhindert lohnabhängige Arbeitsverhältnisse
und schränkt die Berufsfreiheit in verfassungswidriger Weise
ein. Wie in den bisherigen Ausführungen zu Artikel 3 darge-
legt, sind anerkannte Arbeitsverhältnisse mit allen üblichen
sozialen und arbeitsrechtlichen Schutzrechten geeignet, in
effektiverer und schonenderer Weise den Schutz der Autono-
mie der Prostituierten zu gewährleisten. § 181a Abs. 1 Nr. 2
ist daher zu streichen.

c) Die fördernde Zuhälterei im Sinne des jetzigen § 181a
Abs. 2, die vor allem die Vermittlung von Vertragsabschlüs-
sen zwischen Prostituierten und ihren Kunden betrifft, soll
nach der Intention dieses Gesetzes nicht mehr unter Strafe ge-
stellt sein. Die Gleichstellung der Prostitution mit anderen
Berufen schließt auch die Möglichkeit der Vermittlung von
Geschäftskontakten ein, wie dies für andere Branchen selbst-
verständlich ist.

d) Mit der Streichung der Absätze 1 und 2 wird auch § 181a
Abs. 3 gegenstandslos. Die Norm ist daher insgesamt ersatz-
los zu streichen.

Zu Nummer 3 und 4

Die Änderung der §§ 181b, 181c ergibt sich als zwangsläu-
fige redaktionelle Änderung aus der Veränderung der ein-
schlägigen Normen.

Zu Nummer 5

Diese Norm erscheint verunglückt. Sie gibt Anlass, die Opfer
von einschlägigen Taten als verdorbene, den Täter animie-
rende Subjekte darzustellen, um für den Täter das Privileg
des § 182 Abs. 4 zu erreichen. Nach der einschlägigen Kom-
mentarliteratur soll diese Norm insbesondere die Kunden von
jugendlichen Prostituierten begünstigen. Sie ist damit auch
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Ausdruck der Scheinheiligkeit des Gesetzgebers der gelten-
den §§ 180a und 181a StGB, der einerseits den Prostituierten
eigenverantwortliche Entscheidungen nicht zubilligt, ande-
rerseits in § 182 Abs. 4 ausgerechnet Kindern, die als Prosti-
tuierte tätig sind, eine besondere Verantwortung aufbürdet.

Zu Nummer 6

Die Streichung des § 184a folgt zwingend aus der Streichung
des Artikels 297 EGStGB, da mit dem Wegfall der Sperrge-
bietsverordnungen auch nicht mehr gegen diese verstoßen
werden kann.

Zu Artikel 4

(Änderung des Ordnungswidrigkeiten-
gesetzes)

§ 120 Abs. 2 wird durch die Streichung des Artikels 297
EGStGB gegenstandslos und ist daher zu streichen.

Werbung für Prostitution ist in § 120 Abs. 2 OWiG als Ord-
nungswidrigkeit verboten. Folglich wird mit Begriffen wie
„Modell“, „Hostess“ oder „Massage“ verdeckt geworben,
obwohl auch das nach der Rechtsprechung verboten ist.

Die Verwaltungsbehörden sind nicht verpflichtet, wegen ver-
botener Werbung einzuschreiten; sie können Verbotsüber-
schreitungen aus Opportunitätserwägungen dulden und tun
dies in der Regel auch – nur so sind die Kleinanzeigen, mit
denen in einschlägigen Boulevardzeitungen über mehrere
Seiten täglich sexuelle Dienstleistungen in verdeckter Form
angeboten werden, zu erklären.

Die faktische Beschränkung auf die verdeckte Werbung hat
für die Prostituierten den Nachteil, dass sie nicht bereits in
Anzeigen auf die Pflicht zur Kondombenutzung hinweisen
und sich so unerwünschte Kunden vom Halse halten können.

Außerdem steht das Werbeverbot dem Anspruch auf unein-
geschränkte Berufsausübung entgegen. Zur Gleichstellung
mit anderen Gewerbetreibenden gehört auch die Möglich-
keit, für die eigenen Dienstleistungen öffentlich werben zu
können. Die Streichung des § 120 Abs. 2 ist deshalb geboten,
damit für die Dienstleistungen Prostituierter geworben wer-
den kann.

Gegen diese Norm bestehen außerdem erhebliche verfas-
sungsrechtliche Bedenken unter dem Gesichtspunkt der
Artikel 3 Abs. 1 und Artikel 12 Abs. 1 GG. Angesichts des
verfassungsrechtlich verbrieften Rechts auf freie Berufsaus-
übung ist es sachlich nicht begründbar, Werbung für Prostitu-
tion im Gegensatz zur Werbung für unentgeltliche sexuelle
Kontakte als Ordnungswidrigkeit zu ahnden.

Darüber hinaus eröffnet die Werbung Prostituierten die Mög-
lichkeit, selbstorganisiert und selbstbestimmt ohne Einfluss
der Vermieter der Großbordelle oder der Betreiber von Clubs
und ähnlichen Etablissements ihrer Arbeit nachzugehen.

Zu Artikel 5

(Änderung des Ausländergesetzes)

Auch der Umgang mit ausländischen Prostituierten spiegelt
die Widersprüchlichkeit im Umgang mit Prostitution wieder:
Für Ausländerinnen, die als Touristinnen einreisen, gilt Pros-
titution als Erwerbstätigkeit und ist damit verboten. Für aus-
ländische EG-Bürgerinnen, die sich hier zur Aufnahme einer

Erwerbstätigkeit niederlassen dürfen, gilt Prostitution nicht
als Erwerbstätigkeit, mit der Folge, dass die europäische Nie-
derlassungsfreiheit für die Berufsgruppe der Prostituierten
nicht greift.

Ausländerinnen, die sich hier dauerhaft mit einer Aufent-
haltserlaubnis aufhalten, können in der Regel während der
ersten fünf Jahre ihres Aufenthalts nicht der Prostitution
nachgehen. Eine Aufenthaltserlaubnis ist normalerweise
während der ersten Jahre mit der Einschränkung versehen,
dass eine selbständige Erwerbstätigkeit nicht erlaubt ist.
Wer dennoch einer selbständigen Tätigkeit nachgehen will,
bedarf der besonderen Zustimmung der zuständigen Be-
hörde. In diesem Zusammenhang gilt Prostitution als selb-
ständige Erwerbstätigkeit und ist damit auch für Auslände-
rinnen mit einer Aufenthaltserlaubnis zunächst gänzlich ver-
boten, da eine unselbständige Tätigkeit in einem Arbeitsver-
hältnis bei der bestehenden Rechtslage rechtlich nicht
anerkannt wird.

Wenn Ausländerinnen einen Status erreicht haben, in dem sie
legal der Prostitution nachgehen können, sind sie weiterhin
ausländerrechtlich insofern gefährdet, als das Ausländerrecht
einen speziellen Ausweisungstatbestand vorsieht. Frauen,
die gegen eine „für die Ausübung der Gewerbsunzucht“ gel-
tende Rechtsvorschrift oder behördliche Verfügung versto-
ßen, können ausgewiesen werden (§ 46 Nr. 3 AuslG).

Unter Geltung des vorliegenden Gesetzesentwurfs ist zu er-
warten, dass sich auch der Status ausländischer Prostituierter
verbessern wird. Eine „green card“ für Frauen, die in der
Bundesrepublik Deutschland in der Prostitution arbeiten
wollen, wird denkbar. In dem Zusammenhang wäre eine Re-
gelung, die eine Ausweisung an einen geringfügigen Norm-
verstoß knüpft, wie ihn der geltende § 46 Nr. 3 AuslG vor-
sieht, anachronistisch.

§ 46 Nr. 3 alte Fassung schafft ein Sonderrecht für den Be-
reich der Prostitution. Dem liegt wiederum die Auffassung
zugrunde, dass die Ausübung dieser Tätigkeit ein besonderes
Übel ist. Dieser Auffassung tritt der Gesetzesentwurf entge-
gen. Der Verstoß gegen Rechtsvorschriften ist auch im Zu-
sammenhang mit der Ausübung der Prostitution nach Maß-
gabe des allgemein geltenden § 46 Nr. 2 zu behandeln.

Zu Artikel 6

(Änderung des Arbeitszeitgesetzes)

Auch das Arbeitszeitgesetz wird auf die Arbeitsverhältnisse
auf dem Gebiet der sexuellen Dienstleistungen Anwendung
finden. Dies macht es erforderlich, entsprechend den Rege-
lungen für das Gaststättengewerbe und andere Bereiche der
Vergnügungsindustrie eine Ausnahme vom Gebot der Sonn-
und Feiertagsruhe zu schaffen.

Zu Artikel 7

(Änderung des Arbeitsschutzgesetzes)

Gegenwärtig findet lohnabhängige Prostitution mitunter in
Räumlichkeiten statt, die für die Ausübung des Berufes nicht
oder nur bedingt geeignet erscheinen. § 18 Abs. 3 ArbSchG
schafft die Möglichkeit, hier regelnd einzugreifen und einen
Mindeststandard zu sichern. Um die Autonomie der Tarif-
partner nicht anzugreifen, sollen die entsprechenden Verord-
nungen tarifdispositiv sein.

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