BT-Drucksache 14/4438

Entwurf eines ... Gesetzes zur Änderung des Einkommensteuergesetzes

Vom 26. Oktober 2000


Deutscher Bundestag Drucksache 14/4438
14. Wahlperiode 26. 10. 2000

Gesetzentwurf
der Abgeordneten Dr. Barbara Höll, Heidemarie Ehlert, Dr. Uwe-Jens Rössel,
Roland Claus und der Fraktion der PDS

Entwurf eines …Gesetzes zur Änderung des Einkommensteuergesetzes

A. Problem
Die Freibeträge für Abfindungen wegen einer vom Arbeitgeber veranlassten
oder gerichtlich ausgesprochenen Auflösung des Arbeitsverhältnisses wurden
seit dem Jahr 1999 drastisch gesenkt. So bleiben seit Januar 1999 nur noch
16 000 DM der Abfindung steuerfrei (bis 1999: 24 000 DM). Arbeitnehmer-
innen und Arbeitnehmer, die das 50. Lebensjahr vollendet haben, erhalten einen
Freibetrag in Höhe von 20 000 DM (bis 1999: 30 000 DM), Arbeitnehmerinnen
und Arbeitnehmer, die älter als 55 Jahre sind, erhalten einen Freibetrag in Höhe
von 24 000 DM (bis 1999: 36 000 DM). Dabei müssen diese Steuerpflichtigen
jedoch mindestens 15 bzw. 20 Dienstjahre nachweisen, um den höheren Freibe-
trag nutzen zu können. Die Steuerfreiheit für Übergangsgelder und Übergangs-
beihilfen auf Grund gesetzlicher Vorschriften wegen Entlassung aus einem
Dienstverhältnis wurde auf 24 000 DM begrenzt.

Demgegenüber werden durch die Unternehmenssteuerreform Gewinne aus der
Veräußerung von Unternehmensanteilen durch deren Steuerfreistellung bzw.
die Anhebung von Freibeträgen und die Anwendung des halben Durchschnitts-
steuersatzes im Einkommensteuerbereich entlastet. Damit verschärft sich – ins-
besondere im Bereich der Vorsorge – die Ungleichbesteuerung von Löhnen und
Gehältern einerseits und Vermögens- und Unternehmenseinkünften anderer-
seits.

B. Lösung
Die Freibeträge für Abfindungen sowie Übergangsgelder und Übergangsbeihil-
fen werden angehoben. Die erhöhten Freibeträge für Arbeitnehmer, die älter als
50 Jahre alt sind, werden unabhängig von der Dauer des Dienstverhältnisses ge-
währt.

C. Alternativen
Keine

D. Kosten
Die Kosten für die Anhebung der Freibeträge für Abfindungen sowie für Über-
gangsgelder und Übergangsbeihilfen werden für Bund, Länder und Gemeinden
auf insgesamt 1,1 Mrd. DM beziffert.

Drucksache 14/4438 – 2 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

Entwurf eines …Gesetzes zur Änderung des Einkommensteuergesetzes

Der Bundestag hat mit Zustimmung des Bundesrates fol-
gendes Gesetz beschlossen:

Artikel 1

Änderung des Einkommensteuergesetzes

1. § 3 wird wie folgt geändert:

a) Nummer 9 wird wie folgt gefasst:

„9. Abfindungen wegen einer vom Arbeitgeber veran-
lassten oder gerichtlich ausgesprochenen Auflösung
des Dienstverhältnisses, höchstens jedoch 48 000
Deutsche Mark. Hat der Arbeitnehmer das 50. Le-
bensjahr vollendet, so beträgt der Höchstbetrag
60 000 Deutsche Mark;“

b) Nummer 10 wird wie folgt gefasst:

„10. Übergangsgelder und Übergangsbeihilfen auf
Grund gesetzlicher Vorschriften wegen Entlas-
sung aus einem Dienstverhältnis höchstens jedoch
48 000 Deutsche Mark. Hat der Steuerpflichtige
das 50. Lebensjahr vollendet, so beträgt der
Höchstbetrag 60 000 Deutsche Mark;“

Artikel 2

Inkrafttreten

Das Gesetz tritt mit Wirkung zum 1. Januar 2001 in
Kraft.

Berlin, den 15. September 2000

Dr. Barbara Höll
Heidemarie Ehlert
Dr. Uwe-Jens Rössel
Roland Claus und Fraktion

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 3 – Drucksache 14/4438

Begründung

Artikel 1 (Änderung des Einkommensteuergesetzes)

Die Besteuerung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitneh-
mern sowie Bediensteten wurde in den vergangenen Jahren
durch zahlreiche Regelungen deutlich verschärft. Beispiele
dafür sind die Einschränkungen bei der steuerlichen Absetz-
barkeit von Kosten des Arbeitszimmers, den Mehraufwen-
dungen für die doppelte Haushaltsführung oder die massive
Herabsetzung der Freibeträge für Abfindungen und Über-
gangsgelder bzw. -beihilfen. Diese Maßnahmen sind eine
Ursache der weiteren Verschiebung der Steuerquote zu Las-
ten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.

Neue Ungerechtigkeiten werden durch die Reform der Un-
ternehmensbesteuerung geschaffen. Zukünftig bleiben bei
Kapitalgesellschaften die durch die Veräußerung von Unter-
nehmen oder Unternehmensteilen erlangten Gewinne gänz-
lich steuerfrei. Diese steuerliche Begünstigung ist beson-
ders vor dem Hintergrund der geringen Besteuerung einbe-
haltener Gewinne problematisch. Gleichzeitig wird – um
die Gleichbehandlung von Kapital- und Personengesell-
schaften zu gewährleisten – die Besteuerung von Veräuße-
rungsgewinnen bei Personenunternehmen gesenkt. Unter-
nehmerinnen und Unternehmer, die aus dem Berufsleben
ausscheiden, erhalten bei Veräußerung ihres Unternehmens
für den Gewinn einen auf 100 000 DM erhöhten Freibetrag.
Der diesen Freibetrag übersteigende Gewinn wird zukünftig
nur mit dem halben Durchschnittsteuersatz belastet. Diese
steuerliche Entlastung soll der Sicherung der Altersvorsorge
der Unternehmerinnen und Unternehmer dienen.

Demgegenüber wurde durch die Bundesregierung keine
Korrektur an der vergleichsweise hohen Besteuerung der
Abfindungen und Übergangsgelder bzw. -beihilfen vorge-
nommen.

Im Ergebnis erhalten Unternehmerinnen und Unternehmer
bei Aufgabe ihrer Tätigkeit weit höhere Freibeträge und ge-
ringere Steuersätze als Arbeitnehmerinnen und Arbeitneh-
mer sowie Bedienstete für den vergleichbaren Tatbestand.
Vor dem Hintergrund dessen, dass insbesondere ältere Ar-
beitnehmerinnen und Arbeitnehmer nach ihrem Ausschei-
den keine bzw. keine vergleichbar vergütete Tätigkeit mehr
finden können, dienen Abfindungen und Übergangsgelder
bzw. -beihilfen auch hier der Altersvorsorge. Dementspre-
chend sind sie gleichermaßen steuerlich zu entlasten.

Die Gewährung eines Freibetrages unabhängig von der
Höhe der Dienstjahre berücksichtigt insbesondere die Situa-
tion älterer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in den
neuen Bundesländern. Da diese Dienstverhältnisse mit ei-
ner Dauer von 15 bzw. 20 Jahren oft nicht nachweisen kön-
nen, haben über 50- sowie über 55-jährige Steuerpflichtige
nicht die Möglichkeit, den entsprechend ihres Alters höhe-
ren Freibetrag in Anspruch zu nehmen.

Dazu kommt, dass die Anzahl der Arbeitnehmerinnen und
Arbeitnehmer, die mindestens 15 oder 20 Jahre in einem
Dienstverhältnis tätig waren, auch in den alten Bundeslän-
dern tendenziell sinkt. Damit trägt die vorgeschlagene Maß-
nahme zu einer zusätzlichen steuerlichen Entlastung der
Betroffenen bei.

Durch die geforderte Änderung des Einkommensteuergeset-
zes wird die steuerliche Gleichbehandlung von Löhnen und
Gehältern sowie Vermögens- und Unternehmenseinkünften
sichergestellt und eine wesentliche Gerechtigkeitslücke ge-
schlossen.

Artikel 2 (Inkrafttreten)

Der Artikel regelt das Inkrafttreten des Gesetzes.

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