BT-Drucksache 14/3768

Demokratische und friedliche Kräfte im Sudan unterstützen

Vom 4. Juli 2000


Deutscher Bundestag

Drucksache

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14. Wahlperiode

04. 07. 2000

Antrag

der Abgeordneten Dr. R. Werner Schuster, Joachim Tappe, Brigitte Adler,
Ingrid Becker-Inglau, Rudolf Bindig, Dr. Eberhard Brecht, Detlef Dzembritzki,
Gabriele Fograscher, Reinhold Hemker, Frank Hempel, Ingrid Holzhüter,
Karin Kortmann, Tobias Marhold, Lothar Mark, Markus Meckel, Dagmar Schmidt
(Meschede), Wilhelm Schmidt (Salzgitter), Wieland Sorge, Adelheid Tröscher,
Gert Weisskirchen (Wiesloch), Uta Zapf, Dr. Peter Struck und der Fraktion der SPD

sowie der Abgeordneten Dr. Angelika Köster-Loßack, Hans-Christian Ströbele,
Kerstin Müller (Köln), Rezzo Schlauch und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Demokratische und friedliche Kräfte im Sudan unterstützen

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Seit mehr als 30 Jahren herrscht im Sudan Bürgerkrieg. Das Land ist gezeichnet
vom gewaltsamen Konflikt zwischen dem schwarz-afrikanisch und teilweise
christlich geprägten Süden und dem arabisch und islamisch ausgerichteten Nor-
den, der Staat und Gesellschaft dominiert. Was sich vordergründig als ein Auf-
einanderprallen der Kulturen darstellt, hat seine Wurzeln in der traditionellen
Vernachlässigung der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung des Südens
durch den Norden. Längst ist in den Konfliktzonen daraus ein Kampf lokaler
Kriegsherren mit wechselnden Allianzen und unübersichtlichen Frontverläufen
geworden. Den Konfliktparteien geht es um militärischen und politischen Ein-
fluss über das Land und seine Bewohner sowie um die Verfügungsgewalt über
reichhaltige Bodenschätze, vor allem Erdölvorkommen. Parallel zu dem Kon-
flikt zwischen den Landesteilen gibt es erhebliches Krisenpotential innerhalb
des Nordens sowie vor allem innerhalb des Südens.

Die Kriegsmüdigkeit der gesamten Bevölkerung ist mittlerweile für die Krieg
führenden Parteien unübersehbar. Alle Seiten sind sich bewusst, dass der Kon-
flikt mit militärischen Mitteln nicht gelöst werden kann. Hier scheint sich ein
Fenster für den Frieden zu öffnen. Denn das menschliche Leid und die finan-
ziellen Kosten des Bürgerkrieges sind für das Land untragbar geworden. Vor
allem die Zivilbevölkerung leidet unter den Auseinandersetzungen. Allein seit
1983 haben sie mehr als 1,5 Millionen Todesopfer gefordert. Mehr als 4 Millio-
nen hat der Bürgerkrieg aus ihrer Heimat vertrieben, nach einer US-Studie die
weltweit größte Menschengruppe auf der Flucht. Da die Flüchtlinge ganz über-
wiegend in der Hauptstadt Asyl gesucht haben, hat sich die Einwohnerzahl
Khartums in den letzten Jahren verdoppelt.
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Seit Juli 1998 ist eine Verfassung in Kraft, die erstmals Menschen-, Freiheits-
und Grundrechte gewährt. Fortschritte bei der Pressefreiheit und bei den Men-
schenrechten, zumindest außerhalb der Bürgerkriegsregionen, sind unverkenn-
bar. Allerdings enthält die Verfassung keine Grundrechtsbindung der öffent-
lichen Gewalt. Sämtliche Freiheiten können zudem durch einen qualifizierten
Gesetzesvorbehalt eingeschränkt werden. Nach wie vor ist die Rolle des islami-
schen Rechtssystems Sharia als Quelle der Gesetzgebung ungeschmälert. Es
kommt also darauf an, inwieweit das Verfassungsgebot zukünftig in die Praxis
umgesetzt wird. Durch die verfassungsrechtlich zulässige vorzeitige Parlaments-
auflösung und Erklärung des Ausnahmezustands im Dezember 1999, hat
Staatspräsident Omar Hassan Ahmad al-Bashir die eigene Position gefestigt
und seinen politischen Widersacher Turabi entmachtet. Damit gewinnt seine
Erklärung, den Friedensbemühungen der „Inter Governmental Authority on
Development“ (IGAD) verpflichtet zu bleiben, an Gewicht. Durch vermehrte
Besuche aller Landesteile des Sudan und verstärkten Kontakt zu Vertretern/
Vertreterinnen der lokalen Zivilgesellschaft können deutsche Parlamentarierin-
nen/Parlamentarier und Politikerinnen/Politiker zu einer besseren Einschätzung
der Entwicklung beitragen.

Am 20. März 2000 wurde ein neues Parteiengesetz erlassen, das neben politi-
schen Organisationen auch politische Parteien zulässt. Allerdings beschränkt
sich dieses Gesetz derzeit in seiner Wirkung auf den Norden.

Die Vermittlungsbemühungen im Rahmen der IGAD haben bewirkt, dass die
sudanesische Regierung und die „Sudan Peoples Liberation Army“ (SPLA) ei-
nem Referendum unter internationaler Aufsicht über die Selbstbestimmung des
Südens zugestimmt haben. Die Sudan Peoples Liberation Movement (SPLM),
der politische Arm von John Garangs Organisation, besteht jedoch darauf, dass
eine Volksabstimmung auch in jenen Gebieten außerhalb des Südens stattfindet,
die die SPLA in ihrem Kampf gegen das Regime in Khartum weitgehend unter-
stützen. Über die Verfahrensfragen des Referendums herrscht leider immer
noch Unklarheit.

Die Verfassung gibt eine föderative Landesstruktur vor, die bisher jedoch kaum
in die Praxis umgesetzt werden konnte. Hier zeigt sich, wie dringend grundsätz-
liche verfassungsrechtliche Probleme gelöst werden müssen, soll der innere
Frieden erreicht und gesichert werden. Die diesem Ziel verschriebenen Kräfte
in Politik, Wissenschaft und Gesellschaft im Sudan benötigen unseren Rat und
unsere Unterstützung.

John Garang ist der wichtigste Gegner der Regierung in Khartum. Er kontrol-
liert weite Teile im Süden des Landes und fordert neben der Selbstbestimmung
die Trennung von Staat und Religion. Die von ihm geführte Organisation ver-
sucht, in den von ihr befriedeten Landesteilen zivile Verwaltungsstrukturen ein-
zuführen. Während das in den vom direkten Kriegstreiben verschonten Gebie-
ten bis zu einem bestimmten Grad zu gelingen scheint, scheitert es im Ganzen
an mangelnden finanziellen Mitteln und fehlenden ausgebildeten Fachkräften.
Vor dem Hintergrund der chronischen humanitären Krise im Süd-Sudan unter-
stützt die internationale Gemeinschaft die notleidende Bevölkerung bisher fast
ausschließlich durch kurzfristig wirkende Programme der Soforthilfe. Sie ha-
ben zwar viele Menschenleben gerettet, jedoch wenig bleibende und nach-
haltige Erfolge erbracht, die einen positiven Einfluss auf den Friedensprozess
haben könnten. Auch hier bestehen Ansatzpunkte für eine mögliche künftige
Zusammenarbeit.

Die USA werfen dem Regime in Khartum vor, den internationalen Terrorismus
zu fördern. Dies erklärt den politischen und wirtschaftlichen Druck Washing-
tons, z. B. in der Form einer Politik der Isolierung gegenüber dem Regime.
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Gleichzeitig wurde die SPLA von amerikanischer Seite unterstützt. Diese bei-
den Faktoren haben die notwendige Dialogbereitschaft der Krieg führenden
Parteien im Sudan beeinträchtigt. Hier scheint sich jetzt Entspannung abzu-
zeichnen. Aufgrund der positiven Signale aus Khartum hat die US-Regierung
Ende Mai 1999 das Embargo für Lebensmittel und Medikamente aufgehoben.
Auch die Beziehungen des Sudan zum Internationalen Währungsfonds (IWF)
haben sich verbessert. Die seit September 1990 bestehende Erklärung der
Nichtzusammenarbeit wurde am 27. August 1999 aufgehoben. Der Fonds will
nun prüfen, ob er die Stimmrechte und die damit verbundenen Rechte der suda-
nesischen Regierung wiederherstellt.

Der Deutsche Bundestag bedauert zutiefst, dass die in eine demokratische
Richtung weisende Entwicklung im Sudan durch die verfassungsmäßig zuläs-
sige Auflösung des Parlaments durch den Staatspräsidenten am 13. Dezember
1999 zunächst unterbrochen wurde. Er erwartet, dass der Staatspräsident das
Parlament wieder umgehend in seine Verfassungsrechte einsetzt. Zudem fordert
der Deutsche Bundestag die sudanesische Regierung auf, bei seinem Handeln
die Menschenrechte zu wahren. Insbesondere die wiederholte Bombardierung
ziviler Ziele im Süden des Landes und in den Nuba-Bergen wird vom Deut-
schen Bundestag schärfstens missbilligt. Trotz dieser Einschränkungen hält der
Deutsche Bundestag es für wichtig, positive Entwicklungen im Sudan zu unter-
stützen und ein Signal für den Frieden zu geben.

II. Der Deutsche Bundestag begrüßt folgende von der Bundesregierung einge-
leitete Maßnahmen:

– die rasche und unbürokratische humanitäre Hilfe vor allem im Jahr 1998 so-
wie die Förderung von zahlreichen Vorhaben der entwicklungsorientierten
Nothilfe nichtstaatlicher Organisationen, durch die Tausende im Süd-Sudan
vor dem Hungertod gerettet und gesundheitlich versorgt werden konnten.
Saatgut und landwirtschaftliche Geräte wurden geliefert, Grundbildungspro-
gramme erweitert und Trinkwasserversorgungssysteme gebaut;

– die politische Stärkung des von IGAD initiierten Friedensprozesses unter
anderem durch einen finanziellen Beitrag zur Einrichtung eines ständigen
Sekretariats für den Sudan-Konflikt in Nairobi sowie die Unterstützung des
IGAD-Sekretariats durch einen entsandten deutschen Managementberater;

– die intensivierte Abstimmung mit den europäischen Partnern über geeignete
Schritte zum Abbau der Spannungen im Sudan;

– die geleistete Unterstützung im Rahmen von humanitärer Hilfe bei der Be-
wältigung des Flüchtlingsstroms aus Äthiopien (ca. 150 000 Flüchtlinge).

III. Der Deutsche Bundestag bekräftigt seine Entschließungen über Initiativen
zur Herstellung des Friedens im Sudan (Drucksache 13/6730) sowie zum
Bürgerkrieg und zur humanitären Situation im Süd-Sudan (Drucksache 13/
11387) und fordert die Bundesregierung auf:

die Chancen für eine friedliche Beilegung des Bürgerkrieges im Sudan zu nut-
zen und bei einem erfolgreichen Verlauf des politischen Dialogs der EU-Mit-
gliedstaaten mit der sudanesischen Regierung eine Initiative zur Wiederauf-
nahme der bi- und multilateralen entwicklungspolitischen Zusammenarbeit mit
dem Ziel einer umfassenden Absicherung des Friedensprozesses zu ergreifen.
Hierfür ergeben sich im Einzelnen folgende mehrdimensionale Ansatzpunkte:

1. Als vordringliche Aufgabe muss die Bundesregierung in der internationalen
Staatengemeinschaft umgehend und mit allen Kräften einen dauerhaften, un-
befristeten und durch internationale Beobachter überwachten Waffenstill-
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stand zwischen den Bürgerkriegsparteien herbeiführen helfen und unterstüt-
zen. Dabei muss sie berücksichtigen, dass die Konfliktparteien im Sudan als
gleichwertige Verhandlungspartner behandelt werden müssen, wenn die Be-
mühungen um den Abbau von Spannungen, um Frieden im Sudan und um
bessere Entwicklungschancen für die Bevölkerung nicht von vornherein
zum Scheitern verurteilt sein sollen.

2. Durch geeignete Maßnahmen ist dafür zu sorgen, dass jegliche Waffenliefe-
rungen in den Sudan unterbleiben. Gemeinsames und abgestimmtes Handeln
der Mitgliedstaaten der EU, der EU-Kommission und der USA ist für ein
konsequentes Waffenembargo und einen dauerhaften Waffenstillstand unab-
dingbar. Im Gespräch mit unseren westlichen Partnern, insbesondere mit den
USA und Großbritannien, müssen Möglichkeiten einer kohärenten Vorge-
hensweise gefunden werden, um die Friedensbemühungen im Sudan zu un-
terstützen.

3. Parallel hierzu müssen die von der Bundesregierung unterstützten Vermitt-
lungsbemühungen um einen dauerhaften und gerechten Frieden im Sudan
im IGAD-Rahmen energisch und ergebnisorientiert vorangetrieben werden.
Notwendig sind konkrete Angebote der Zusammenarbeit und Beratung bei
der Lösung von Verfassungsproblemen sowie in den Bereichen Sicherheits-,
Wirtschafts- und Sozialpolitik. Die Einrichtung eines ständigen Sekretariats
für den Sudan-Konflikt in Nairobi ist mit der Forderung verbunden, dass es
deutliche Impulse für die Verstetigung der Friedensgespräche auslöst und
die Gespräche auf politischer Ebene nachhaltig technisch und administrativ
unterstützt. Außerdem sollten regionale Kooperationsprojekte gefördert
werden, um das Bewusstsein der IGAD-Länder über ihre Mitgliedschaft in
der Regionalorganisation zu stärken.

4. Die Bundesregierung sollte gegenüber ihren Partnern in der EU dafür eintre-
ten, dass im Rahmen der gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik eine
gemeinsame EU-Strategie für den Friedensprozess im Sudan entworfen, ge-
meinsame Aktionen zu deren Implementierung durchgeführt und eine akti-
vere Rolle der EU bei der IGAD-Verhandlungsführung übernommen wird.
Um die allmähliche Normalisierung der Beziehungen zwischen der EU und
dem Sudan zu unterstützen, sollte die Bundesregierung weiterhin den politi-
schen Dialog zwischen der EU und der sudanesischen Regierung über den
Friedensprozess, Demokratie und Rechtstaatlichkeit, Menschenrechte, Be-
kämpfung des Terrorismus und das Verhältnis zu den Nachbarn fördern.

5. Der Deutsche Bundestag erinnert die Bundesregierung an die auch von ihr
mitgetragenen Richtlinien der OECD für Konflikt, Frieden und Entwick-
lungszusammenarbeit. Die chronische humanitäre Krise im Sudan lässt sich
mit den Mitteln der Nothilfe auf Dauer nicht bewältigen. Stattdessen muss
vor allem der Selbsthilfewillen und die Selbsthilfefähigkeit der Menschen
gefördert werden. Es muss sichergestellt werden, dass humanitäre Hilfe
nicht zur Stärkung der Bürgerkriegsparteien missbraucht wird. Die Deutsche
Bundesregierung wird deshalb aufgefordert, bei allen Nothilfemaßnahmen
frühzeitig einen fließenden Übergang zur entwicklungspolitischen Förde-
rung anzustreben und die dafür erforderliche Flexibilität der Förderinstru-
mente und administrativen Verfahren einzuführen. Ähnliche Überlegungen
der EU-Kommission im Zusammenhang mit einem geplanten Unterstüt-
zungsprogramm für den Sudan (bisheriger Arbeitstitel: „Humanitarian
Plus“) sollen vorangetrieben werden.
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6. Die Organisation der internationalen humanitären Hilfe unter dem Dach
der „Operation Lifeline Sudan“ (OLS) bedeutet einen Fortschritt in Rich-
tung einer kohärenten Hilfe. Allerdings gibt es Schwachstellen. Die Bun-
desregierung sollte weiterhin auf die stetige Verbesserung von OLS
hinwirken.

7. Die Bundesregierung sollte Maßnahmen unterstützen, die eine verbesserte
Koordinierung der verschiedenen staatlichen und nichtstaatlichen Hilfsor-
ganisationen ermöglichen. Die operative Entscheidungsbefugnis sollte so
weit wie möglich vor Ort angesiedelt werden, d. h. in Khartum und Nairo-
bi, nicht in Berlin, Brüssel oder New York.

8. Nahrungsmittellieferungen sollten so weit wie möglich auf Agrarprodukte
der Region zurückgreifen. Hierdurch können Transportkosten gesenkt und
die Abhängigkeit der Bevölkerung von eingeführten Hilfsgütern verringert
werden. Außerdem wird ein Produktionsanreiz geboten. Es ist darauf zu
achten, dass bestehende Austauschbeziehungen und Marktmechanismen
nicht zerstört werden.

9. Die Entwicklung im Nord-Sudan muss hinsichtlich der fünf für die Ent-
wicklungszusammenarbeit wichtigen Kriterien (Menschenrechte, unabhän-
giges Rechtssystem, Partizipation der Bevölkerung, soziale Marktwirt-
schaft, entwicklungsorientiertes Regierungshandeln) ausgewertet werden.
Es sollte eine unabhängige Organisation mit dieser Evaluation beauftragen.
Nur auf dieser Basis kann eine gerechtfertigte Entscheidung über zukünfti-
ge bilaterale Unterstützung des Sudan getroffen werden. Auf eine positive
Beurteilung, vor allem im Vergleich mit anderen afrikanischen Staaten,
sollte mit entsprechenden Hilfszusagen reagiert werden. Dadurch ergäbe
sich die von der Bundesregierung erwünschte Signalwirkung, um Good
Governance als Richtschnur der bilateralen Entwicklungszusammenarbeit
zu verankern.

10. Insbesondere auf kommunaler Ebene müssen Entwicklungserfolge erfahr-
bar werden, so dass die traumatisierte Zivilbevölkerung in ihrem Streben
nach Frieden und Entwicklung bestärkt wird. Zu diesem Zweck sollte
Deutschland gemeinsam mit den EU-Partnern eine konditionierte Entwick-
lungszusammenarbeit auf NGO-Ebene mit dem Ziel der Förderung der
Zivilgesellschaft in den sicheren Gebieten anbieten. Um dem traditionellen
Ungleichgewicht in der sozialen Entwicklung zwischen den beiden Lan-
desteilen entgegenzuwirken, sollten die Hilfeleistungen überwiegend dem
Süden und in geringerem Umfang dem Norden zugehen. Sobald eine Kon-
fliktpartei die Vereinbarung bricht, wird das Hilfsangebot für diese Seite
aufgehoben.

11. Die Bundesregierung sollte auf die politischen Stiftungen und andere nicht-
staatliche Institutionen einwirken, die Demokratisierungsbestrebungen des
Landes engagiert zu unterstützen. Alle Kriegsparteien sollten beim Aufbau
von Strukturen begleitet werden, die eine Beteiligung der Zivilgesellschaft
an Entscheidungsprozessen ermöglichen.

12. Die Bundesregierung sollte im gesamten Sudan, d. h. auch im südlichen
Landesteil, alle Möglichkeiten der konstruktiven Konfliktbearbeitung aus-
schöpfen (z. B. durch den Zivilen Friedensdienst). In den von Deutschland
unterstützten bilateralen und multilateralen Projekten sollten qualifizierte
Friedensfachkräfte vertrauensbildende Maßnahmen durchführen sowie da-
bei helfen, dass Mechanismen und Strukturen für den gewaltlosen Umgang
mit Konflikten auf kommunaler und regionaler Ebene aufgebaut werden.
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13. Die Bundesregierung sollte im Dialog mit der sudanesischen Seite über die
zukünftige Gestaltung der wirtschaftlichen Zusammenarbeit darauf hinwir-
ken, dass die staatlichen Einnahmen aus der Förderung und Weiterverarbei-
tung von Rohöl vorrangig für die wirtschaftliche, gesellschaftliche, soziale
und ökologische Entwicklung aller Landesteile eingesetzt wird. Dabei soll-
te unmissverständlich deutlich gemacht werden, dass die Verwendung von
Rohöleinnahmen für militärische Zwecke die Zusammenarbeit mit dem
Sudan empfindlich beeinträchtigen würde. Es ist darauf zu achten, dass bei
der Ölförderung und -verarbeitung internationaler Mindeststandards im so-
zialen Bereich und im Umweltschutz eingehalten werden.

14. Die Bundesregierung sollte dabei helfen, die regionalen Spannungen über
die langfristige Nutzung des Nilwassers im Rahmen des IGAD-Prozesses
und unter Zuhilfenahme internationalen Expertenwissens zu entschärfen.
Ebenso sollte die Regelung des Nuba-Konfliktes mit geeigneten Maßnah-
men so weit wie möglich unterstützt werden.

15. Der Deutsche Bundestag verfolgt mit Interesse die Initiative der sudanesi-
schen Regierung, möglichst noch im Laufe des Jahres 2000 und unter
Beteiligung der Opposition im nördlichen Landesteil eine nationale Ver-
söhnungskonferenz durchzuführen. Diese kann jedoch nur dann das an-
gestrebte Ziel erreichen, wenn auch die im Süd-Sudan politisch tätige
Opposition einbezogen wird. Sollte die Versöhnungskonferenz den Weg zu
landesweiten demokratischen Parlamentswahlen ebnen, wird die Bundes-
regierung aufgefordert, sich für die Einsetzung einer internationalen Wahl-
beobachtermission auszusprechen und sie personell und finanziell zu
unterstützen.

Der Deutsche Bundestag will mit dieser Entschließung ein Signal an die frie-
densfördernden Kräfte im Sudan senden und dazu beitragen, dass Chancen für
Frieden und Entwicklung im Sudan konstruktiv genutzt werden.

Berlin, den 4. Juli 2000

Dr. Peter Struck und Fraktion
Kerstin Müller (Köln), Rezzo Schlauch und Fraktion

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