BT-Drucksache 14/3121

Zeitweilige Aussetzung der Möglichkeit zur Erhöhung der Nutzungsentgelte

Vom 6. April 2000


Deutscher Bundestag Drucksache 14/3121
14. Wahlperiode 06. 04. 2000

Antrag
der Abgeordneten Dr. Evelyn Kenzler, Roland Claus, Ulla Jelpke, Sabine Jünger,
Gerhard Jüttemann, Heidemarie Lüth, Kersten Naumann, Christine Ostrowski,
Petra Pau, Dr. Gregor Gysi und der Fraktion der PDS

Zeitweilige Aussetzung der Möglichkeit zur Erhöhung der Nutzungsentgelte

Der Bundestag wolle beschließen:

Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

unverzüglich auf dem Verordnungswege die zeitweilige Aussetzung der nach
der Verordnung zur Änderung der Nutzungsentgeltverordnung vom 24. Juli
1997 (BGBl. I S. 1920) jährlich möglichen Erhöhung der Nutzungsentgelte bis
zum Inkrafttreten einer Novellierung dieser Verordnung festzulegen.

Berlin, den 5. April 2000

Dr. Evelyn Kenzler
Roland Claus
Ulla Jelpke
Sabine Jünger
Gerhard Jüttemann
Heidemarie Lüth
Kersten Naumann
Christine Ostrowski
Petra Pau
Dr. Gregor Gysi und Fraktion

Begründung

Nach wie vor gibt es unter den von der Anwendung der Nutzungsentgeltverord-
nung betroffenen Grundstücksnutzerinnen und -nutzern erhebliche Unsicher-
heit und Besorgnis.

Die Verordnung zur Änderung der Nutzungsentgeltverordnung vom 24. Juli
1997 hat die Möglichkeiten zur Erhöhung der Nutzungsentgelte für Erholungs-
grundstücke im Beitrittsgebiet zwar eingeschränkt. Eine gerechte Lösung des
Problems wurde jedoch noch nicht erreicht. Es werden mittlerweile teilweise
Nutzungsentgelte eingefordert, die über den in den alten Bundesländern übli-
chen Werten liegen und die nicht mehr als „angemessen“ im Sinne der Nut-

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zungsentgeltverordnung betrachtet werden können. Sie laufen auf den Versuch
der Vertreibung der Nutzerinnen und Nutzer mit finanziellen Mitteln hinaus
und haben vielfach dieses Ziel auch bereits erreicht. Bei einem Ausgangsbetrag
von 0,15 DM im Jahre 1992 lässt die Verordnung eine Steigerung der Entgelte
auf 2,40 DM ab November 1999 zu. In verschiedenen Orten des Berliner Um-
lands werden nunmehr schon zwischen 5 und 9 DM verlangt. Eine einigerma-
ßen sichere Berechnung der Ortsüblichkeit der Entgelte ist nicht möglich, weil
es keinen Markt für Erholungsgrundstücke gibt. Die örtlichen Gutachteraus-
schüsse arbeiten nach ganz unterschiedlichen Maßstäben und lassen oft die er-
forderliche Objektivität vermissen.

Unsicherheit herrscht – besonders nach dem Urteil des Bundesverfassungsge-
richts vom 17. November 1999 – in Bezug auf die Einbeziehung öffentlicher
Lasten und Anschlusskosten in die Nutzungsentgelte. Das Bundesverfassungs-
gericht hatte es in diesem Urteil als einen Verstoß gegen die Eigentumsgarantie
des Grundgesetzes gewertet, dass in der Nutzungsentgeltverordnung und im
Schuldrechtsanpassungsgesetz keine Möglichkeit enthalten ist, die Nutzer an
den öffentlichen Lasten angemessen zu beteiligen und deshalb eine entspre-
chende Regelung bis 30. Juni 2001 verlangt. Die Betroffenen befürchten, dass
dies zu einer weiteren Anhebung der Nutzungsentgelte führen wird. Nicht ein-
deutig geregelt ist, dass in die Berechnung der Nutzungsentgelte die Aufwen-
dungen der Nutzerinnen und Nutzer für die Kultivierung der Grundstücke nicht
einbezogen werden dürfen.

Eine sozialverträgliche, auf einen angemessenen Ausgleich der Interessen der
Nutzerinnen und Nutzer einerseits und der Eigentümerinnen und Eigentümer
andererseits bedachte Lösung der Probleme ist nicht erreicht. Die Bundesregie-
rung hat sich außerstande erklärt, der Aufforderung des 13. Deutschen Bundes-
tages nachzukommen, bis 30. Juni 1999 einen Bericht über die Wirkungen der
Nutzungsentgeltverordnung sowie zu notwendigen Änderungen vorzulegen.
Der Bericht soll dem Deutschen Bundestag nunmehr bis zum 30. März 2000
vorgelegt werden (vgl. die Unterrichtung der Bundesregierung, Drucksache
14/1479). Somit ist mit der Verabschiedung einer Neufassung der Nutzungsent-
geltverordnung vor dem zweiten Halbjahr 2000 nicht zu rechnen. Inzwischen
dreht sich die Spirale der Nutzungsentgelterhöhung weiter nach oben.

Angesichts dieses Sachstandes ist es unbillig, die Nutzerinnen und Nutzer er-
neuten Entgelterhöhungen auszusetzen, bevor eine Neufassung der Nutzungs-
entgeltverordnung verabschiedet und in Kraft getreten ist. Es wäre gegenüber
den bereits jetzt außerordentlich hoch belasteten Nutzerinnen und Nutzern
nicht zu verantworten, dass ihnen weitere Erhöhungen der Entgelte auferlegt
werden, von denen sich später möglicherweise herausstellt, dass der Interessen-
ausgleich zwischen Eigentümerinnen und Eigentümern einerseits und Nutze-
rinnen und Nutzern andererseits zu Ungunsten der Nutzerinnen und Nutzer ge-
stört ist. Eine unverzügliche zeitweilige Aussetzung der Möglichkeit zur
Erhöhung der Nutzungsentgelte ist daher geboten. Das Moratorium erleichtert
eine gründliche und zügige Erarbeitung einer endgültigen Lösung der Pro-
bleme.

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