BT-Drucksache 14/2719

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die politischen Parteien

Vom 16. Februar 2000


Deutscher Bundestag

Drucksache

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2719

14. Wahlperiode

16. 02. 2000

Gesetzentwurf

der Abgeordneten Dr. Evelyn Kenzler, Petra Bläss, Roland Claus, Dr. Gregor Gysi
und der Fraktion der PDS

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die politischen Parteien

A. Problem

Der Spendenskandal innerhalb der CDU stellt mittlerweile in seinem Ausmaß
und seiner Bedeutung für die Demokratie alle bisherigen Spendenskandale,
einschließlich der so genannten Flick-Af färe in den Schatten. Es handelt sich
um eine schwere Krise des Parteiensystems. Diese Krise hat nicht zuletzt ihren
Ausgangspunkt in massiven Verfassungs- und Rechtsverletzungen im Bereich
der Parteienfinanzierung und hier insbesondere der ö fentlichen Rechenschafts-
legung und der rechtswidrigen Annahme von Spenden u.a. f nanziellen Zuwen-
dungen. Durch verantwortliche CDU-Politiker und -Bevollmächtigte wurden
seit Jahrzehnten und unbeeindruckt von der Flick-Af färe ein geheimes Ander -
kontensystem im In- und Ausland geführt, Spenden nicht oder falsch deklariert,
Rechenschaftsberichte falsch erstellt u.a.m. Als besonders problematisch haben
sich hohe Spenden von juristischen Personen erwiesen, die regelmäßig den
Verdacht der Käuflichkeit von politischen Entscheidungen aufkommen lasse
und zu Abhängigkeiten zwischen Parteien und ihren V ertretern auf der einen
Seite und W irtschaftsunternehmen und ihren V ertretern auf der anderen Seite
führen können. Fehlende politische Moral und ein undemokratisches Politik-
verständnis lassen sich zwar nicht durch gesetzliche Regelungen überwinden,
sondern erfordern strukturelle Reformen zur Machtbegrenzung von Parteien
und zur rechtsstaatlichen Finanzierung von Politik. Es hat sich jedoch auch ge-
zeigt, dass die bisherigen Bestimmungen im Parteiengesetz, insbesondere im
Fünften Abschnitt „Rechenschaftslegung“, nicht zwingend genug ausgestaltet
sind, um dem verfassungsrechtlichen T ransparenzgebot gerecht zu werden,
Verstöße hiergegen zu verhindern und wirkungsvoll zu ahnden sowie unzuläs-
sige finanzielle Einflussnahmen zwischen juristischen Personen und Partei
auszuschließen.

B. Lösung

Das Parteiengesetz wird dahingehend geändert und ergänzt, dass

– die Berichtspflicht des Bundestagspräsidenten zu den Partei nanzen erwei-
tert und öffentlicher gemacht wird,
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– staatliche Finanzmittel, die aufgrund eines nicht vorschriftsmäßigen Re-
chenschaftsberichts nicht ausgezahlt oder zurückerstattet wurden, in den
Bundeshaushalt eingestellt werden,

– Spenden von juristischen Personen nicht mehr statthaft sind,

– Spenden von natürlichen Personen auf 30 000 Deutsche Mark pro Person
jährlich begrenzt werden,

– die Publikationsgrenze für solche Spenden auf 6 000 Deutsche Mark abge-
senkt wird,

– das Führen von Auslandskonten für Parteien verboten wird,

– eine deutlichere Offenlegung der „sonstigen Einnahmen und Ausgaben“ im
Rechenschaftsbericht der Parteien geregelt wird,

– die Aufbewahrungsfristen für Buchführungs- und Rechnungsunterlagen auf
10 bzw. 15 Jahre heraufgesetzt werden,

– die Parteien verpflichtet werden, die von ihnen beauftragten irtschaftsprü-
fer alle fünf Jahre zu wechseln und

– für eine Reihe von Verstößen gegen Bestimmungen des Fünften Abschnitts
des Parteiengesetzes strafrechtliche Sanktionen eingeführt werden.

C. Alternativen

Keine

D. Kosten

Keine
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Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die politischen Parteien

Der Bundestag hat folgendes Gesetz beschlossen:

Artikel 1

Änderung und Ergänzung des Gesetzes über die
politischen Parteien

Das Gesetz über die politischen Parteien in der Fassung
der Bekanntmachung vom 31. Januar 1994 (BGBl. I
S. 149), zuletzt geändert durch …, wird wie folgt geändert:

1. § 23 „Pflicht zur ö fentlichen Rechenschaftslegung“
wird wie folgt ergänzt:

a) In Absatz 3 wird nach Satz 1 der folgende Satz einge-
fügt:

„Er kann zu dieser Prüfung den Bundesrechnungshof
hinzuziehen, soweit er dies für erforderlich hält.“

b) In Absatz 4 wird folgender Satz angefügt:

„Staatliche Finanzmittel, die auf Grund eines den
Vorschriften nicht entsprechenden Rechenschaftsbe-
richts einer Partei nicht ausgezahlt oder von dieser
zurückerstattet wurden, werden in den Bundeshaus-
halt eingestellt.“

c) Absatz 5 wird wie folgt gefasst:

„(5) Der Präsident des Deutschen Bundestages er -
stattet dem Deutschen Bundestag jährlich über die
Entwicklung der Parteifinanzen, über die erwen-
dung weiter geleiteter Spenden und Guthaben von
Auslandskonten sowie über die Rechenschaftsbe-
richte der Parteien Bericht. In dem Bericht ist Aus-
kunft über Unregelmäßigkeiten und Beanstandungen
zu geben. Der Bericht wird als Bundestagsdrucksa-
che verteilt und ist auf V erlangen einer Fraktion des
Deutschen Bundestages oder von fünf vom Hundert
seiner Mitglieder in einer seiner Sitzungen zu behan-
deln.“

2. § 23a „Rechtswidrig erlangte Spenden“ wird wie folgt
geändert und ergänzt:

a) Absatz 2 wird wie folgt gefasst:

„(2) Als rechtswidrig erlangt gelten Spenden im
Sinne des § 25 Abs. 1 Satz 3, soweit sie entgegen der
Vorschrift des § 25 Abs. 3 nicht innerhalb von 3 Mo-
naten an das Präsidium des Deutschen Bundestages
weitergeleitet werden.“

b) In Absatz 3 wird folgender Satz angefügt:

„Über die Verteilung der Mittel informiert der Präsi-
dent des Deutschen Bundestages in seinem nächsten
Bericht nach § 23 Abs. 5.“

c) Nach Absatz 4 wird folgender Absatz 5 angefügt:

„(5) Den Parteien ist es nicht gestattet, Personen,
denen die Fähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Äm-
ter oder das passive Wahlrecht nach § 31a Abs. 5 ab-
erkannt worden ist, in dieser Zeit in satzungsmäßige

Funktionen zu wählen oder zu berufen, in verant-
wortlicher Stellung zu beschäftigen oder ihnen V er-
mögen zuzuwenden.“

3. § 24 „Rechenschaftsbericht“ wird wie folgt geändert:

a) Absatz 2 wird wie folgt geändert:

aa) Nummer 3 wird gestrichen.

bb) In Nummer 9 wird die Nummer 8 durch die
Nummer 7 ersetzt.

cc) Die bisherigen Nummern 4 bis 9 werden die
Nummern 3 bis 8.

b) Nach Absatz 3 wird folgender Absatz 4 eingefügt:

„(4) Die sonstigen Einnahmen nach Absatz 2 Nr. 6
und die sonstigen Ausgaben nach Absatz 3 Nr. 6 sind
im Einzelnen aufzuschlüsseln.“

c) Die bisherigen Absätze 4 bis 9 werden die Absätze 5
bis 10.

4. Nach § 24 wird folgender § 24a eingefügt:

㤠24a
Verbot von Auslandskonten

Den Parteien ist es nicht gestattet, Konten im Ausland
anzulegen oder zu unterhalten oder für sich anlegen oder
unterhalten zu lassen. Gelder von solchen Konten sind
an das Präsidium des Deutschen Bundestages innerhalb
von drei Monaten nach ihrem Bekanntwerden abzufüh-
ren. Im Übrigen gilt § 23a entsprechend.“

5. § 25 „Spenden“ wird wie folgt geändert:

a) Absatz 1 wird wie folgt geändert:

aa) Nach Satz 1 wird folgender Satz eingefügt:

„Spenden im Sinne dieses Gesetzes sind Geld
und geldwerte Leistungen.“

bb) Nummer 2 erhält folgende Fassung:

„2. Spenden von juristischen Personen des öf-
fentlichen und privaten Rechts und von an-
deren Personenvereinigungen gleich wel-
chen Zwecks, die nicht juristische Personen
sind sowie von Vermögensmassen,“

cc) Nach Nummer 2 wird folgende Nummer 3 ein-
gefügt:

„3. Spenden von natürlichen Personen, soweit
deren Gesamtwert in einem Kalenderjahr
(Rechnungsjahr) 30 000 Deutsche Mark je
Person übersteigt.“

dd) Die bisherige Nummer 3 wird Nummer 4.

ee) Nummer 4 Buchstabe a erhält folgende Fassung:

„a) diese Spenden aus dem V ermögen eines
Deutschen im Sinne des Grundgesetzes oder
eines Bür gers der Europäischen Union un-
mittelbar einer Partei zufließen,
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b) In Absatz 2 werden nach dem W ort „Spenden“ die
Worte „von natürlichen Personen“ eingefügt und die
Zahl „20 000“ durch die Zahl „6 000“ sowie die
Worte „der Anschrift“ durch die Worte „des Wohnor-
tes“ ersetzt.

c) Absatz 3 wird wie folgt gefasst:

„(3) Nach Absatz 1 unzulässige Spenden dürfen
von den Parteien nicht angenommen werden. Soweit
nach Absatz 1 unzulässige Spenden eingegangen
sind oder entgegen dem V erbot angenommen wur -
den, sind sie innerhalb von drei Monaten nach Ein-
gang an das Präsidium des Deutschen Bundestages
weiterzuleiten.“

6. § 27 Absatz 2 wird wie folgt gefasst:

„(2) Bei den in § 24 Abs. 2 Nr. 3 und 4 genannten Ein-
nahmequellen ist der Reinertrag einzusetzen. Die Aus-
weisungspflicht nach § 24 Abs. 2 N . 2 und 4 bleibt un-
berührt.“

7. § 28 wird wie folgt geändert:

In Satz 3 wird die Zahl „sechs“ durch die Zahl „zehn“
und die Zahl „zehn“ durch die Zahl „fünfzehn“ ersetzt.

8. § 31 „Prüfer“ wird wie folgt ergänzt:

Nach Absatz 2 wird folgender Absatz 3 angefügt:

„(3) Jeweils nach Ablauf von fünf Jahren sind neue
Prüfer zu bestellen.“

9. Nach § 31 wird folgender § 31a eingefügt:

㤠31a
Strafrechtliche Sanktionen

(1) Wer als V orstandsmitglied, als Beauftragter oder
als Verantwortlicher für die Einhaltung der Finanzord-
nung einer Partei

– eine nach § 25 Abs. 1 unzulässige Spende annimmt
und nicht gemäß Absatz 3 innerhalb der gesetzlichen
Frist an den Deutschen Bundestag weiterleitet,

– Spenden nach § 25 Abs. 2 nicht oder falsch dekla-
riert,

– nach § 24a verbotene Auslandskonten anlegt, anle-
gen lässt, unterhält, unterhalten lässt oder Guthaben
auf ihnen nicht innerhalb der gesetzlichen Frist an
den Deutschen Bundestag weiterleitet oder

– wissentlich falsche oder unvollständige Angaben im
Rechenschaftsbericht nach § 23 macht,

wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit
Geldstrafe bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer als V orstandsmitglied,
als Beauftragter oder als Verantwortlicher für die Einhal-
tung der Finanzordnung einer Partei glaubhaft Kenntnis
von Handlungen nach Absatz 1 erhält und diese nicht
unverzüglich unterbindet oder für ihre Beendigung
sorgt.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Frei-
heitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren. Ein beson-
ders schwerer Fall liegt vor, wenn

– sich der Täter mit anderen zusammenschließt, um die
Tat gemeinschaftlich und fortgesetzt zu begehen,

– der Täter die T at begeht, um auf den Ausgang von
Wahlen Einfluss zu nehmen

– der Täter die T at in Kenntnis der T atsache begeht,
dass der Spender politische Entscheidungsprozesse
der Bundesregierung, einer Landesregierung oder
nachgeordneter Behörden mittels der Spende beein-
flussen will ode

– sich die Tat auf besonders hohe Geldbeträge bezieht.

(4) Der Versuch ist strafbar.

(5) In besonders schweren Fällen nach Absatz 3 kann
das Gericht die Fähigkeit, öf fentliche Ämter zu beklei-
den und die Fähigkeit, Rechte aus öf fentlichen Wahlen
zu erlangen für die Dauer von zwei bis zu fünf Jahren
aberkennen.“

10.§ 40 „Übergangsregelung“ wird wie folgt ergänzt:

Nach Absatz 2 wird folgender Absatz 3 angefügt:

„(3) Auslandskonten von Parteien, die zum Zeitpunkt
des Inkrafttretens dieses Gesetzes bestehen, sind bis zum
31. März 2001 aufzulösen. Soweit dies geschieht, finde
§ 24a keine Anwendung.“

Artikel 2

Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am 1. Januar 2001 in Kraft.

Berlin, den 16. Februar 2000

Dr. Evelyn Kenzler
Petra Bläss
Roland Claus
Dr. Gregor Gysi und Fraktion
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Begründung

A. Allgemeines

Die Art und W eise der Parteienfinanzierung gehört zu de
so genannten Regeln des Machterwerbs und -erhalts. Ihre
Ausgestaltung hat Einfluss darauf, welche Parteien die pa -
lamentarische Mehrheit bilden, die Regierung stellen und
damit wesentlich den Gesetzgebungsprozess gestalten. Eine
chancengleiche und transparente Parteienfinanzierung is
deshalb Voraussetzung für die Legitimation und Glaubwür -
digkeit des gesamten politischen Systems. Sie ist jedoch
auch besonderen Gefährdungen ausgesetzt, die sich daraus
ergeben, dass die Parteien in den Parlamenten über ihre ei-
genen Finanzierungsregeln entscheiden und deren Einhal-
tung überdies selbst kontrollieren.

Die Politik hat im Bereich der Parteienfinanzierung sowoh
auf der Ebene der Gesetzgebung als auch der Gesetzesan-
wendung versagt. Es ist eine V erlagerung der V erantwor-
tung zum Bundesverfassungsgericht festzustellen. Die ent-
scheidenden Ansätze für eine Ordnung und Korrektur der
Parteienfinanzierung gingen vom Bundesverfassungsgerich
aus. Das Parteiengesetz, welches weitgehend ein Par -
teienfinanzierungsgesetz ist, stellt in wesentlichen Rege
lungsbereichen lediglich die gesetzgeberische Umsetzung
verfassungsgerichtlicher Entscheidungen dar , allerdings
verbunden mit dem Versuch der Parteien, die höchstrichter-
lich vorgeschriebenen Regeln auszudehnen.

Bei der Umsetzung des Parteiengesetzes wird dieses V ersa-
gen anhand des jetzigen Parteispendenskandals der CDU in
krisenhafter W eise besonders deutlich. Jahrzehntelange
schwere Verfassungs- und Rechtsbrüche durch die für die
Finanzierung ihrer Partei verantwortlichen führenden
CDU-Politiker belegen den fehlenden Willen, das Parteien-
recht einzuhalten. Statt dessen setzte man sich aus parteipo-
litischen Gründen über Bestimmungen des Parteiengesetzes
hinweg.

Die verheerenden Auswirkungen auf das gesamte politische
System, das Parteiengefüge, den Rechtsstaat und nicht zu-
letzt das Rechtsbewusstsein der Bevölkerung sind hinläng-
lich bekannt und werden in der Öf fentlichkeit breit disku-
tiert. Neben der konkreten Aufklärung und Ahndung des
jetzigen Finanzskandals sind grundlegende strukturelle Re-
formen der parlamentarischen Demokratie in Richtung der
Begrenzung der politischen Monopolstellung von Parteien,
der Parteienfinanzierung auf der Einnahmen- und Ausga
benseite sowie der politischen Kultur notwendig. Ein erster
Schritt, um verlorengegangenes politisches V ertrauen wie-
derzugewinnen und Politikerverdrossenheit nicht weiter an-
wachsen zu lassen, ist, den dringenden Handlungsbedarf bei
der Annahme, der Verwendung und der Öffentlichmachung
von Spenden aufzugreifen und umgehend gesetzgeberisch
umzusetzen. Einige der wichtigsten Defizite im Fünften Ab
schnitt des Parteiengesetzes sollen mit dem vorliegenden
Änderungsgesetz unter Berücksichtigung der hierzu bereits
gemachten Vorschläge von Politik- und Parteienforschern
behoben werden. Berücksichtigt wurden auch Empfehlun-
gen der Kommission unabhängiger Sachverständiger zur

Parteienfinanzierung (Drucksache 12/4425). Der Entwur
zielt auf eine deutlich größere T ransparenz bei der Rechen-
schaftslegung, auf eine stärkere öf fentliche Kontrolle, auf
ein Zurückdrängen möglicher politischer Einflussnahme sei
tens der Wirtschaft sowie auf eine wirksame individualbezo-
gene Ahndung von V erstößen gegen die Angabe- und Re-
chenschaftspflicht. Künftig soll sich auch bei Spenden ein
Volksnähe der Parteien dadurch beweisen, dass sie anstelle
einzelner Großspenden viele kleine Spenden erwerben.

B. Einzelbegründung

Zu Artikel 1 (

Gesetz zur Änderung und Er gänzung
des Gesetzes über die politischen Par -
teien)

Zu Nummer 1

(§ 23 Abs. 3, 4 und 5 – neu –)

§ 23 Abs. 3 sieht vor , dass der Präsident des Deutschen
Bundestages prüft, ob der Rechenschaftsbericht der Partei
den V orschriften des Parteiengesetzes über die Rechen-
schaftslegung entspricht. Um die erforderliche Sor gfalt und
Genauigkeit dieser Prüfung zu erhöhen, wird dem Präsiden-
ten die gesetzliche Möglichkeit eingeräumt, sich der Hilfe
des Bundesrechnungshofes zu bedienen.

Staatliche Finanzmittel, die aufgrund eines den Vorschriften
nicht entsprechenden Rechenschaftsberichts einer Partei
nicht ausbezahlt oder zurückerstattet wurden, werden nicht
auf die übrigen Parteien aufgeteilt. Sie werden in den Bun-
deshaushalt eingestellt, weil es unbillig ist, dass andere Par-
teien von der vorschriftwidrigen Rechenschaftslegung einer
Partei finanzielle orteile ziehen.

Die Änderungen in § 23 Abs. 5 verfolgen das Ziel, die Aus-
sagekraft und die öffentliche Wirksamkeit des Berichtes des
Präsidenten des Deutschen Bundestages zu verbessern. Es
wurde die V orschrift neu aufgenommen, dass der Bericht
über Unregelmäßigkeiten und Beanstandungen Auskunft
geben muss. Damit soll dem Deutschen Bundestag und der
Öffentlichkeit Gelegenheit gegeben werden, besser zu er -
kennen, ob und gegebenenfalls in welchen Rechenschafts-
berichten Abweichungen von den Vorschriften über die Re-
chenschaftslegung festgestellt wurden. Nach der jetzigen
Regelung wird der Bericht des Präsidenten als Bundestags-
drucksache verteilt; eine Behandlung im Plenum des Deut-
schen Bundestages ist nicht zwingend vor geschrieben. Um
die parlamentarische Kontrolle und die T ransparenz des Fi-
nanzgebarens der Parteien besser zu gewährleisten, wird
nunmehr festgelegt, dass der Bericht in einer Sitzung des
Deutschen Bundestages behandelt werden kann, wenn es
eine Fraktion oder fünf vom Hundert seiner der Mitglieder
verlangen.

Zu Nummer 2

(§ 23a Abs. 2, 3 und 5 – neu –)

§ 23a Abs. 2 legt fest, dass rechtswidrig erlangte Spenden
innerhalb einer Frist von drei Monaten an das Präsidium des
Deutschen Bundestages weiterzuleiten sind. Dieser Zeit-
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raum scheint angemessen, um den Parteien ausreichend Zeit
zur verantwortungsvollen Prüfung der Spenden auf ihre
Rechtswidrigkeit zu geben. Das nicht zuletzt deshalb, da an
die Verletzung dieser gesetzlichen Frist nach § 31a straf-
rechtliche Sanktionen geknüpft werden sollen.

§ 23a Abs. 3 legt fest, dass das Präsidium des Deutschen
Bundestages unrechtmäßig erlangte Spenden an Einrichtun-
gen weiterleitet, die mildtätigen, kirchlichen, religiösen
oder wissenschaftlichen Zwecken dienen. Die Er gänzung
dieses Absatzes dient der T ransparenz des Umgangs mit
diesen Geldern. Die Öf fentlichkeit hat einen Anspruch dar -
auf zu erfahren, wohin die Gelder geflossen sind.

§ 23a Abs. 5 wurde angefügt, um sicherzustellen, dass die
nach § 31a Abs. 5 strafrechtlich zur Verantwortung gezoge-
nen Personen nicht nachträglich während dieser Zeit mit
Parteifunktionen, verantwortlichen Beschäftigungsverhält-
nissen oder Vermögenszuwendungen ihrer Parteien versorgt
werden.

Zu Nummer 3

(§ 24 Abs. 2 Nr. 3 und Abs. 4 – neu –)

Nach den Erfahrungen aus dem jetzigen Spendenskandal
der CDU wird vor geschlagen, Spenden von juristischen
Personen an Parteien nicht zuzulassen. Dadurch wird die
Gefahr der unmittelbaren finanziellen Einflussnahme d
Wirtschaft auf die Politik verringert. Unternehmen, Banken
und Versicherungen wird es dadurch erschwert, mit hohen
Spenden politische Entscheidungen von Regierungen in ih-
rem Interesse zu beeinflussen. Diesem Ziel dient die Strei
chung des Satzes „Spenden von juristischen Personen“ in §
24 Abs. 2.

Anhand dieses Skandals hat sich auch gezeigt, dass die Ru-
brik „sonstige Einnahmen“ nach § 24 Nr . 7 in etlichen Fäl-
len dazu benutzt wurde, Spendeneinnahmen zu verschlei-
ern. Um in Zukunft Manipulationen unter dieser Rubrik
auszuschließen, sollen „sonstige Einnahmen“ im Rechen-
schaftsbericht im Einzelnen aufgeschlüsselt werden. Dieser
Vorschlag folgt einer Empfehlung der Kommission unab-
hängiger Sachverständiger zur Parteienfinanzierung (vgl
Drucksache 12/4425, S. 42 und 50). Konsequenterweise soll
die genauere Aufschlüsselung auch für die sonstigen Aus-
gaben vorgesehen werden.

Zu Nummer 4

(§ 24a – neu –)

Das Verbot der Anlegung und Unterhaltung sowie des Anle-
gen- und Unterhaltenlassens von Konten im Ausland wird
durch die Erfahrungen aus dem Finanzskandal der CDU na-
hegelegt. Für die Parteien, die nach § 1 Abs. 4 ihre Mittel
ausschließlich für die ihnen nach dem Grundgesetz und dem
Parteiengesetz obliegenden Aufgaben verwenden sollen,
besteht kein Grund, Geld in das Ausland zu transferieren.
Ihre Aufgaben liegen in der Mitwirkung an der Bildung des
politischen Willens des V olkes auf allen Gebieten des öf-
fentlichen Lebens, nicht in der Ausnutzung besserer Mög-
lichkeiten zur Mehrung ihres V ermögens im Ausland. Die
Transparenz und Kontrolle des Finanzgebarens der Parteien
kann am ehesten dadurch befördert werden, dass die finan
ziellen Mittel in der Bundesrepublik Deutschland verblei-
ben. Falls dennoch Auslandskonten bestehen oder angelegt

worden sind, sind die Gelder als rechtswidrig erlangt an das
Präsidium des Deutschen Bundestages abzuführen.

Zu Nummer 5

(§ 25 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 und 3)

§ 25 Abs. 1 bestimmt, dass Parteien berechtigt sind, Spen-
den anzunehmen, und legt zugleich eine Liste von Spenden
fest, die unzulässig sind. Dieser Absatz stellt klar, dass auch
geldwerte Leistungen unter den Spendenbegrif f zu fassen
sind, um damit eine Gesetzeslücke zu schließen. Nach Ab-
satz 1 Nr. 2 werden über den bisherigen potentiellen Spen-
derkreis hinaus Spenden von allen juristischen Personen so-
wie Personenvereinigungen, die nicht juristische Personen
sind, für unzulässig erklärt. Damit wird der T atsache Rech-
nung getragen, dass nur natürliche Personen, nicht aber ju-
ristische Personen das W ahlrecht besitzen. Dementspre-
chend wurde auch Nummer 4 Buchstabe a geändert.
Vergleiche dazu die Begründung zu Nummer 3.

Spenden von natürlichen Personen waren bisher in unbe-
grenzter Höhe möglich. In Zukunft sollen die Spenden auf
30 000 DM pro Kalenderjahr und Person begrenzt werden.
Dies ist erforderlich, um die T arnung von Spenden juristi-
scher Personen als Spenden von natürlichen Personen zu er-
schweren. Bei Spenden aus dem Privatvermögen natürlicher
Personen erscheint diese Begrenzung als angemessen.
Spendenhöhen bis zu 30 000 DM vermindern die Gefahr ,
dass mit ihnen Erwartungen an politische Entscheidungen
im Interesse des Spenders verbunden sind.

Mit den vor gesehenen Änderungen durch Absatz 2 sollen
Spenden natürlicher Personen bereits ab 6 000 DM unter
Angabe des Namens und des Wohnortes des Spenders sowie
der Gesamthöhe der Spende im Rechenschaftsbericht der
Partei deklariert werden. Bisher galt eine Grenze von 20
000 DM. Die deutliche Absenkung der Publizitätsgrenze
dient der Erhöhung der T ransparenz und der V erhinderung
von Möglichkeiten zur Verschleierung von Spendeneinnah-
men.

Die Neufassung von Absatz 3 stellt klar , dass unzulässige
Spenden erst gar nicht angenommen werden dürfen. Auch
dies ist eine Konsequenz aus dem Spendenskandal der
CDU. Empfänger von Spenden haben in vielen Fällen of-
fenbar nicht geprüft, ob es sich um zulässige Spenden han-
delt. Diese Prüfpflicht wird ihnen nunmehr gesetzlich aufe -
legt. Falls unzulässige Spenden z. B. anonym eingehen oder
regelwidrig angenommen werden, müssen sie, wie bisher ,
an das Präsidium des Deutschen Bundestages weitergeleitet
werden. Dies soll innerhalb von drei Monaten nach Erhalt
der Spende geschehen. Vergleiche im Übrigen die Begrün-
dung zu Nummer 2.

Zu Nummer 6

(§ 27 Abs. 2)

Die Streichung von Satz 3 in Absatz 2 er gibt sich daraus,
dass diese Frage in § 24 Abs. 4 geregelt wird. Eine Begren-
zung auf fünf vom Hundert wird im Interesse der T ranspa-
renz nicht für zweckmäßig erachtet.

Durch die Verweise auf § 24 haben sich einzelne Nummern
geändert.
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Zu Nummer 7

(§ 28 Satz 3)

Die gegenwärtigen Erfahrungen bei der Aufklärung der
Parteispendenaffäre der CDU zeigen, dass die bislang gel-
tende Aufbewahrungspflicht von sechs Jahren für Rech
nungsunterlagen sowie von zehn Jahren für Bücher , Bilan-
zen und Rechenschaftsberichte zu kurz greift. Diese Fristen
erweisen sich aktuell als nicht ausreichend, um Spendenvor-
gänge der CDU vollständig aufzuklären bzw . erschweren
die Aufklärung, da sie z.T . länger zurückreichen und die
diesbezüglichen Unterlagen nicht mehr vorhanden sind.
Aus diesem Grund wird eine V erlängerung der Aufbewah-
rungspflicht auf zehn Jahre für Rechnungsunterlagen sowi
auf 15 Jahre für Bücher , Bilanzen und Rechenschaftsbe-
richte vorgeschlagen.

Zu Nummer 8

(§ 31 Abs. 3 – neu –)

Um Abhängigkeit, Befangenheit und Betriebsblindheit aus-
zuschließen, sind durch die Parteien jeweils nach Ablauf
von fünf Jahren neue Prüfer zu bestellen. Auch in der W irt-
schaft wechseln die Prüfer nach einer bestimmten Zeit, vgl.
z. B. § 318 HGB.

Zu Nummer 9

(§ 31a – neu –)

Die Einführung strafrechtlicher Sanktionen in das Parteien-
gesetz zur Feststellung und Ahndung individueller V erant-
wortlichkeit von V orstandsmitgliedern, Beauftragten bzw .
Finanzverantwortlichen ist angesichts des Spendenskandals
der CDU dringend erforderlich. Eine Strafbewehrung der
Parteispendenregelungen ist danach vor allem deshalb not-
wendig, um stärker als bisher auch mit den repressiven Mit-
teln des Strafrechts präventiv Rechtsverstößen im Bereich
der Parteienfinanzierung vorzubeugen. Fehlende strafrecht
liche Sanktionsmöglichkeiten bei V erstößen gegen die gel-
tenden Bestimmungen des Parteiengesetzes scheinen eine
Missachtung des Gesetzes begünstigt zu haben. Manch ver -
antwortlicher Politiker sah bzw . sieht V erstöße gegen das
Parteiengesetz als Kavaliersdelikte im „höheren“ Interesse
seiner Partei an. Ein solches Gebaren of fenbart fehlendes
Rechtsstaatsverständnis.

Eine Aufnahme strafrechtlicher Sanktionen in den Fünften
Abschnitt des Parteiengesetzes erscheint nicht zuletzt auch
deshalb geboten, da der Öffentlichkeit schwer zu vermitteln
ist, wieso Rechtsverstöße mit einer z.T . erheblichen krimi-
nellen Ener gie und nicht unbeachtlichen Auswirkungen
ohne strafrechtliche Konsequenzen bleiben, während die
Bürgerinnen und Bür ger wegen geringfügiger V ergehen
strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden. Insofern
geht es hier auch um die Glaubwürdigkeit der Politik.

Der § 31a Abs. 1 zählt im Einzelnen die V erstöße auf, die
einer strafrechtlichen Sanktion unterfallen und bestimmt
mit den V orstandsmitgliedern und den Beauftragten einer
Partei bzw. den Verantwortlichen für die Einhaltung der Fi-
nanzordnung den Kreis der strafrechtlich Verantwortlichen.
Dieser Personenkreis ist ausdrücklich so bestimmt, dass alle

in der Partei für die Einhaltung der Finanzordnung verant-
wortlichen Personen bei entsprechenden Rechtsverletzun-
gen gegen das Parteiengesetz erfasst werden.

Die Aufzählung der strafbewehrten Verstöße gegen das Par-
teiengesetz erfasst die wesentlichen Möglichkeiten, mit de-
nen Spendenbestimmungen des Parteiengesetzes verletzt
werden können.

Eine Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren bzw . eine Geldstrafe
erscheint als Sanktion gegen diese Verstöße angemessen.

Mit § 31a Abs. 2 wird sichergestellt, dass Vorstandsmitglie-
der und Finanzverantwortliche, die von Verstößen gegen die
Parteienfinanzierung nach Absatz 1 Kenntnis erhalten, ihre
Verantwortung gerecht werden, indem sie aktiv für eine Un-
terbindung bzw. Beendigung zu sor gen haben. Damit soll
einem innerparteilichen Klima des bewussten W egsehens
und der passiven Unterstützung solcher Rechtsverletzungen
durch diese Personengruppe entgegengewirkt werden.

Der § 31a Abs. 3 regelt die besonders schweren Fälle von
Verstößen gegen das Parteiengesetz. Dazu zählen die ge-
meinschaftliche und fortgesetzte Tatbegehung, die Einfluss
nahme auf politische Entscheidungsprozesse der Bundes-
oder einer Landesregierung wie auch ihrer nachgeordneten
Behörden. Zudem wird von dieser Bestimmung ausdrück-
lich auch die Einflussnahme auf ahlen erfasst. Ein beson-
ders schwerer Fall liegt auch dann vor , wenn der Täter
Kenntnis davon hat, dass der Spender in politische Ent-
scheidungsprozesse eingreifen will oder wenn es sich um
besonders hohe Geldbeträge handelt.

Der Bedeutung dieser Regelung angemessen wird auch der
Versuch unter Strafe gestellt.

Analog zu der Bestimmung des § 92a des Strafgesetzbuches
wird neben dem Ausspruch einer Freiheitsstrafe von sechs
Monaten dem Gericht die Möglichkeit eingeräumt, dem
Straftäter die Fähigkeit öf fentliche Ämter zu bekleiden und
die Fähigkeit, Rechte aus öf fentlichen Wahlen zu erlangen,
für die Dauer von zwei bis fünf Jahren abzuerkennen. W er
Straftaten von erheblicher Schwere gegen das Parteienge-
setz begeht, ist für eine bestimmte Zeit nicht geeignet, öf-
fentliche Ämter zu bekleiden und W ahlfunktionen wahrzu-
nehmen, da er das an solche Funktionen gebundene
besondere Vertrauen der Öffentlichkeit missbraucht hat.

Zu Nummer 10

(§ 40 Abs. 3 – neu –)

Mit dieser Regelung wird den Parteien eine angemessene
Frist eingeräumt innerhalb derer sie Auslandskonten aufzu-
lösen haben.

Zu Artikel 2

(Inkrafttreten)

Das Gesetz soll am 1. Januar 2001 in Kraft treten. Damit
wird den Parteien und potentiellen Spendern ausreichend
Zeit gegeben, sich auf die neue Gesetzeslage einzustellen.

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