BT-Drucksache 14/1746

Neufassung der AfA-Tabellen

Vom 5. Oktober 1999


Deutscher Bundestag Drucksache 14/1746
14. Wahlperiode 05. 10. 99

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Gerda Hasselfeldt, Norbert Barthle, Otto Bernhardt,
Leo Dautzenberg, Jochen-Konrad Fromme, Hansgeorg Hauser (Rednitzhembach),
Hans Michelbach, Peter Rauen, Hans-Peter Repnik, Norbert Schindler,
Diethard Schütze (Berlin), Wolfgang Schulhoff, Heinz Seiffert, Klaus-Peter Willsch,
Elke Wülfing und der Fraktion der CDU/CSU

Neufassung der AfA-Tabellen

Im Rahmen der Einkommensteuer und Körperschaftsteuer sind bei der Gewin-
nermittlung die Vorschriften über die Absetzung für Abnutzung (AfA) zu be-
folgen. Dies hat zur Folge, dass die Anschaffungs- oder Herstellungskosten von
abnutzbaren Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens auf die Jahre der Nut-
zung des Wirtschaftsgutes verteilt werden. Das Bundesministerium der Finan-
zen (BMF) veröffentlicht hierzu in unregelmäßigen Abständen AfA-Tabellen,
aus denen die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer der aufgeführten Wirt-
schaftsgüter zu entnehmen ist.

Im Rahmen des vom Bundeskabinett am 23. Juni 1999 beschlossenen „Zu-
kunftsprogrammes 2000“ ist unter dem Punkt „Steuerlicher Subventionsabbau“
vermerkt, dass die Sätze für die Abschreibung beweglicher Wirtschaftsgüter
entsprechend der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes (BFH) auf realitäts-
nahe Werte zurückgeführt werden.

Wie Presseberichten zu entnehmen ist, soll die betriebsgewöhnliche Nutzungs-
dauer vieler Wirtschaftsgüter ausgedehnt werden. Dies hat zur Folge, dass Ab-
setzungen für Abnutzungen nur in einem geringeren Umfang möglich sind und
damit der steuerpflichtige Gewinn erhöht wird. Im Ergebnis läuft dies auf eine
schleichende Erhöhung der Einkommensteuer bzw. der Körperschaftsteuer hin-
aus.

Wir fragen deshalb die Bundesregierung:

1. Wie weit sind die Arbeiten der Bundesregierung zur Erstellung neuer Ab-
schreibungstabellen gediehen, und wie sieht der weitere Zeitplan aus?

2. Welche empirischen Untersuchungen von welchen Behörden liegen den
überarbeiteten AfA-Tabellen zugrunde?

3. Wie werden die bei der Erarbeitung der AfA-Tabellen für allgemein ver-
wendbare Anlagegüter gewonnenen Erkenntnisse über die Nutzungsdauer
auf die Branchentabellen übertragen?

4. In welcher Weise werden die Wirtschaftsverbände in die Erarbeitung der
Tabellen eingebunden?

Drucksache 14/1746 – 2 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

5. Trifft es zu, dass die Bundesregierung bereits für das Haushaltsjahr 2000
mit Mehreinnahmen aus der Änderung der amtlichen AfA-Tabellen rech-
net?

6. Ist damit zu rechnen, dass die neuen Abschreibungstabellen bereits zu Be-
ginn des nächsten Jahres angewendet werden müssen?

7. Ist es zutreffend, dass mit dem Abschlusszeitpunkt der Tabellen diese be-
reits von den Steuerpflichtigen angewendet werden müssen, auch wenn die
Veröffentlichung erst zu einem späteren Zeitpunkt erfolgt?

8. Wie wird sichergestellt, dass Steuerpflichtige, die im Zeitraum zwischen
dem Abschlusszeitpunkt und der Veröffentlichung der AfA-Tabellen ein
abnutzbares Wirtschaftsgut herstellen/anschaffen und ihrer Kalkulation die
Nutzungsdauer der alten AfA-Tabellen zugrunde gelegt haben, keine steu-
erlichen Nachteile entstehen?

9. Wie beurteilt die Bundesregierung die Änderung der AfA-Tabellen mit
Blick auf die Investitionsentscheidung von Unternehmen im Laufe dieses
Jahres?

10. Mit welchen Entwicklungen rechnet die Bundesregierung auf dem Investi-
tionsgütermarkt nach Anwendung der neuen AfA-Tabellen?

11. Wie beurteilt die Bundesregierung die Tatsache, dass die von ihr geplante
Unternehmensteuerreform erst ab dem 1. Januar 2001 in Kraft treten soll,
die neuen AfA-Tabellen aber bereits früher weitere deutliche Belastungen
für Unternehmen bringen werden?

12. Trifft es zu, dass sich bei den knapp über 200 abnutzbaren Wirtschaftsgü-
tern der neuen AfA-Tabellen (AV) in keinem Fall die Nutzungsdauer ver-
kürzt, dagegen in über 170 Fällen verlängert und davon in über 70 Fällen
die Nutzungsdauer und damit der Abschreibungszeitraum mindestens ver-
doppelt wird?

13. Wie verhalten sich die neuen Abschreibungszeiten für Wirtschaftsgüter in
Deutschland gegenüber denen in anderen Industrienationen (z. B. USA,
Großbritannien, Japan, Kanada und Frankreich)?

14. Trifft es zu, dass Verarbeitungsmaschinen in den USA in sieben, in Frank-
reich und den Niederlanden in fünf, nach den Plänen der Bundesregierung
in Deutschland über achtzehn Jahre abgeschrieben werden sollen?

15. Ist es zutreffend, dass Lastkraftwagen nach den Plänen der Bundesregie-
rung über elf Jahre abgeschrieben werden sollen und in anderen Staaten
maximal sieben Jahre veranschlagt werden?

16. Trifft es zu, dass Personenwagen nicht mehr über fünf, sondern zukünftig
über acht Jahre abgeschrieben werden sollen?

17. Aufgrund welcher Erkenntnisse plant die Bundesregierung, die bisherige
vierjährige Nutzungsdauer von Personalcomputern in Anbetracht der
schnellen technologischen Entwicklung um 50 % auf 6 Jahre zu erhöhen?

18. Wie beurteilt die Bundesregierung, dass von seiten der Industrie Steuer-
mehreinnahmen von 14,3 Mrd. DM durch die neuen Abschreibungstabel-
len erwartet werden und die Bundesregierung im Entstehungsjahr dagegen
von knapp 2,2 Mrd. DM ausgeht?

19. Liegen der Bundesregierung Informationen vor, in welchem Umfang
kleine und mittelständische Betriebe von den Änderungen der Abschrei-
bungstabellen betroffen sind?

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 3 – Drucksache 14/1746

20. Wie steht die Bundesregierung zu der Aussage, dass auch Selbständige und
Landwirte durch die geänderten AfA-Tabellen belastet werden, ihre Einbe-
ziehung in die Unternehmensteuer-Reform aber nicht genau umrissen ist?

21. Wie beurteilt die Bundesregierung die Tatsache, dass mit Blick auf einen
einmaligen Investitionsvorgang die Verlängerung der Abschreibungszeiten
zu einer zeitlichen Verschiebung der Gewinnminderung führt, bei Berück-
sichtigung von kontinuierlichen Investitionen die Verlängerung der Ab-
schreibungszeiträume aber dauerhafte Liquiditätsnachteile für die Unter-
nehmen bringt?

22. Welche Wirkungen wird die im Rahmen der Unternehmensteuerreform
vorgesehene Absenkung der degressiven Abschreibung auf maximal 20 %
unter Berücksichtigung der neuen AfA-Tabellen auf die Investitionstätig-
keit in Deutschland haben?

23. Sieht die Bundesregierung in den neuen AfA-Tabellen eine verwaltungsin-
terne Anweisung ohne Entscheidungsspielraum für das jeweilige Finanz-
amt?

24. Können Steuerpflichtige von den AfA-Tabellen abweichen, falls sich her-
ausstellen sollte, dass bestimmte Wirtschaftsgüter einer anderen Nutzungs-
dauer unterliegen?

25. Wenn ja, welche Nachweise (Belege, Aufzeichnungen u. a.) hat dieser
Steuerpflichtige gegenüber dem Finanzamt zu führen?

26. Trifft es zu, dass für vor der Veröffentlichung der AfA-Tabellen bestellte
Maschinen oder Anlagen bereits die neuen Tabellen gelten sollen, wenn
diese Maschinen oder Anlagen erst nach deren Veröffentlichung ausgelie-
fert werden? Stimmt die Bundesregierung der Kritik des VDMA zu, dass
damit Kalkulationen quasi rückwirkend die Berechnungsgrundlage entzo-
gen wird?

27. Wird bei der Bemessung der Abschreibungsdauer dem Aspekt Rechnung
getragen, dass angesichts der ständigen steigenden Ansprüche an Qualität,
Zuverlässigkeit und Kosten einer Maschine mit einer zwar noch funktions-
tüchtigen gleichwohl aber veralteten Maschine nicht mehr wirtschaftlich
gearbeitet werden kann?

Berlin, den 30. September 1999

Gerda Hasselfeldt
Norbert Barthle
Otto Bernhardt
Leo Dautzenberg
Jochen-Konrad Fromme
Hansgeorg Hauser (Rednitzhembach)
Hans Michelbach
Peter Rauen
Hans-Peter Repnik
Norbert Schindler
Diethard Schütze (Berlin)
Wolfgang Schulhoff
Heinz Seiffert
Klaus-Peter Willsch
Elke Wülfing
Dr. Wolfgang Schäuble, Michael Glos und Fraktion

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