Bundesgerichtshof, Urteil vom 18.09.2023, Az. VIa ZR 1652/22

6a. Zivilsenat | REWIS RS 2023, 6756

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Tenor

Die Revision des [X.] gegen das Urteil des 9. Zivilsenats des [X.] vom 16. November 2022 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Der Kläger nimmt die Beklagte wegen der Verwendung unzulässiger Abschalteinrichtungen in einem Kraftfahrzeug auf Schadensersatz in Anspruch.

2

Der Kläger kaufte im Jahr 2019 von einem Händler ein nicht von der Beklagten hergestelltes gebrauchtes Kraftfahrzeug [X.], das mit einem von ihr entwickelten und hergestellten Dieselmotor der Baureihe [X.] ([X.] 6) ausgerüstet ist.

3

Die im Wesentlichen auf Erstattung des Kaufpreises abzüglich des Wertes gezogener Nutzungen Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des Kaufpreises, Feststellung des Annahmeverzugs und Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten gerichtete Klage ist vor dem [X.] ohne Erfolg geblieben. Die dagegen gerichtete Berufung hat das Berufungsgericht zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seine Anträge vollumfänglich weiter.

Entscheidungsgründe

4

Die (unbeschränkt zugelassene, vgl. nur [X.], Urteil vom 26. Juni 2023 - [X.] 1031/22, [X.] 2023, 1133 Rn. 10) Revision hat keinen Erfolg.

I.

5

Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung - soweit für das Revisionsverfahren von Interesse - im Wesentlichen wie folgt begründet:

6

Ein Anspruch des [X.] gemäß §§ 826, 31 BGB bestehe nicht, da auf der Grundlage der einschlägigen Rechtsprechung des [X.] tatsächliche Anhaltspunkte für ein [X.] Verhalten der für die Beklagte handelnden Personen gegenüber dem Kläger nicht festgestellt werden könnten.

7

Ansprüche nach § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 [X.]-FGV kämen schon deswegen nicht in Betracht, weil das Interesse, nicht zur Eingehung einer ungewollten Verbindlichkeit veranlasst zu werden, nach der Rechtsprechung des [X.] nicht im Schutzbereich dieser Bestimmungen liege.

II.

8

Zwar kann ein Schaden des [X.] nicht mit der Begründung des Berufungsgerichts verneint werden ([X.], Urteil vom 26. Juni 2023 - [X.] 335/21, NJW 2023, 2259 Rn. 42, zur [X.] bestimmt in [X.]Z). Auch hat der Senat nach Erlass des Berufungsurteils entschieden, dass die Bestimmungen der § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 [X.]-FGV Schutzgesetze im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB sind, die das Interesse des [X.] gegenüber dem Fahrzeughersteller wahren, nicht durch den Kaufvertragsabschluss eine Vermögenseinbuße im Sinne der [X.] zu erleiden, weil das Fahrzeug entgegen der Übereinstimmungsbescheinigung eine unzulässige Abschalteinrichtung im Sinne des Art. 5 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung ([X.]) Nr. 715/2007 aufweist (vgl. [X.], Urteil vom 26. Juni 2023, aaO, Rn. 29 bis 32; ebenso [X.], Urteile vom 20. Juli 2023 - [X.], ZIP 2023, 1903 Rn. 21 ff.; - [X.], juris Rn. 17). Dennoch hält das angefochtene Urteil im Ergebnis der Überprüfung im Revisionsverfahren stand.

9

Soweit der Kläger Ansprüche auf §§ 826, 31 BGB stützt, hat das Berufungsgericht eine sittenwidrige vorsätzliche Schädigung des [X.] aufgrund einer tatrichterlichen Würdigung der vom Kläger vorgetragenen Umstände und in Übereinstimmung mit den in der höchstrichterlichen Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen (vgl. nur [X.], Beschluss vom 19. Januar 2021 - [X.], NJW 2021, 921 Rn. 13 ff.; Beschluss vom 21. September 2022 - [X.], juris Rn. 10) rechtsfehlerfrei verneint. Die darauf bezogenen Verfahrensrügen der Revision hat der Senat geprüft und für nicht durchgreifend erachtet (§ 564 Satz 1 ZPO).

Die Revision dringt aber auch nicht mit ihrem Einwand durch, die Beklagte hafte dem Kläger nach § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 [X.]-FGV. Die Haftung nach diesen Vorschriften knüpft an die Erteilung einer unzutreffenden Übereinstimmungsbescheinigung durch den Fahrzeughersteller an. Der Motorhersteller kann deshalb, weil er die Übereinstimmungsbescheinigung nicht ausgibt, nach den allgemeinen und durch das Unionsrecht unangetasteten Grundsätzen des [X.] Deliktsrechts weder Mittäter einer Vorsatztat des Fahrzeugherstellers noch mittelbarer ([X.] hinter dem (gegebenenfalls fahrlässig handelnden) Fahrzeughersteller sein, weil ihm nicht die hierzu erforderliche Sonderpflicht obliegt ([X.], Urteil vom 10. Juli 2023 - [X.] 1119/22, [X.], 1530 Rn. 20 mwN).

Eine bei Sonderdelikten mögliche Beteiligung der Beklagten als Motorherstellerin im Sinne des § 830 Abs. 2 BGB an einer deliktischen Schädigung des Fahrzeugherstellers kommt nach den Feststellungen des Berufungsgerichts, die die Revision insoweit fristgerecht nicht mit einer Verfahrensrüge angegriffen hat, ebenfalls nicht in Betracht. Zwar kann Beihilfe auch zu Sonderdelikten geleistet werden, bei denen der Gehilfe nicht Täter sein kann. Voraussetzung ist allerdings nicht nur, dass der Gehilfe mit doppeltem Vorsatz hinsichtlich der fremden rechtswidrigen Tat und der eigenen Unterstützungsleistung gehandelt hat. Bedingung einer Beteiligung ist vielmehr weiter eine Vorsatztat des Fahrzeugherstellers ([X.], Urteil vom 10. Juli 2023 - [X.] 1119/22, [X.], 1530 Rn. 21 mwN). Dass der Fahrzeughersteller im konkreten Fall vorsätzlich eine unrichtige Übereinstimmungsbescheinigung durch eine vorsätzliche Hilfeleistung der Beklagten als Motorenherstellerin ausgegeben habe, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt. Eine darauf bezogene Verfahrensrüge erhebt die Revision nicht.

[X.]    

        

Möhring    

        

Krüger

        

Wille    

        

Liepin    

        

Meta

VIa ZR 1652/22

18.09.2023

Bundesgerichtshof 6a. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend OLG Koblenz, 16. November 2022, Az: 9 U 2154/21

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 18.09.2023, Az. VIa ZR 1652/22 (REWIS RS 2023, 6756)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2023, 6756

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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VII ZR 767/21

VI ZR 433/19

III ZR 303/20

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