Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.10.2002, Az. V ZR 293/01

V. Zivilsenat | REWIS RS 2002, 1016

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[X.] [X.]ES VOLKESURTEIL[X.]/01Verkündet am:25. Oktober 2002K a n i k ,[X.] Geschäftsstellein dem [X.]:ja[X.]Z:[X.]: [X.] §§ 286 [X.], 414Will der Tatrichter von der Aussage eines sachverständigen Zeugen über sachkun-dig getroffene Feststellungen abweichen, muß er seine bessere Sachkunde darle-gen.EGBGB Art. 96[X.]en Voraussetzungen eines Altenteils ist nicht genügt, wenn der Übernehmer in [X.] Räumen seine Berufstätigkeit aufnimmt oder fortsetzt.[X.], [X.]. v. 25. Oktober 2002 - [X.]/01 - [X.] [X.] -[X.]er V. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche [X.] 25. Oktober 2002 durch [X.], Prof. [X.]r. [X.], [X.]r. Klein,[X.]r. Lemke und [X.]r. Schmidt-Räntschfür Recht erkannt:Auf die Revision des [X.] wird das [X.]eil des [X.] vom 23. Juli 2001 aufgehoben.[X.]ie Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung,auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das [X.] zurückverwiesen.Von Rechts [X.]:[X.]ie Parteien sind Geschwister. Mit notariellem Vertrag vom 20. Mai 1994übergaben die Eltern den Beklagten ein Hausgrundstück unter gleichzeitigerBestellung eines lebenslangen Wohnrechts im Erdgeschoß und einer Pflege-verpflichtung der Beklagten. [X.]er Beklagte zu 1 wohnte bereits seit 1993 in [X.] und betrieb dort ein Atelier mit Werkstatt. Mit notariellem Vertrag vom11. Juli 1995 ließen die Vertragsparteien die Eintragung der Pflegeverpflich-tung im Grundbuch löschen, waren sich aber darüber einig, daß sie gleichwohlweiter gelten solle. Ende 1995 kehrte der Kläger nach einem Auslandsaufent-halt zurück. In der Folge kam es zu erheblichen Spannungen, die schließlich- 4 -dazu führten, daß der Beklagte zu 1 das Haus verließ. Am 12. April 1996schloß der Kläger mit seinen Eltern einen Erbvertrag, worin er zum Schlußer-ben des [X.] Elternteils bestimmt wurde.[X.]ie Eltern haben von den Beklagten die Rückübertragung und [X.] verlangt. Nach deren Tod hat der Kläger den [X.] als Erbe fortgesetzt. Er hat an dem erstinstanzlichen Vortrag festgehal-ten, die Eltern seien bei Abschluß des Vertrages von den Beklagten über [X.], die Pflegeleistungen zu erbringen, arglistig getäuscht worden.Außerdem habe ein wichtiger Grund zur Kündigung des Vertrags wegen [X.] und weiteren Verpflichtungen bestan-den. Im zweiten Rechtszug hat der Kläger zusätzlich behauptet, die Mutter [X.] sei bei Abschluß des Übergabevertrages geschäftsunfähig gewesen.[X.]ie Klage ist in den Tatsacheninstanzen erfolglos geblieben. Mit [X.] verfolgt der Kläger seine Anträge weiter. [X.]ie Beklagten beantragendie Zurückweisung des Rechtsmittels.Entscheidungsgründe:I.[X.]as Berufungsgericht meint, die Geschäftsunfähigkeit der Mutter [X.] des Übergabevertrages am 20. Mai 1994 lasse sich nicht feststellen.Gleiches gelte für eine arglistige Täuschung durch die Beklagten. EinemRücktritts- oder Kündigungsrecht der Eltern stehe § 13 BWüAGBGB i.V.m.Art. 96 EGBGB entgegen, weil der Übergabevertrag ein Altenteil zum Inhalt- 5 -habe. Auf die Frage des Umfanges und der Qualität der erbrachten Pflegeleis-tungen komme es deshalb nicht an. Ebenfalls nicht festzustellen sei ein groberUndank. Eine von dem Kläger zum Beweis hierfür angebotene [X.] sei nicht verwertbar, weil die Umstände ihres Zustandekommens nichtbekannt seien. Weitere Rückforderungsgründe bestünden nicht.[X.]ies hält der rechtlichen Überprüfung nicht stand.[X.] [X.]ie Verneinung von Ansprüchen, denen die Nichtigkeit des Überga-bevertrags vom 20. Mai 1994 wegen Geschäftsunfähigkeit der Übergeberinzugrunde liegt, hat keinen [X.]) Zu Recht rügt die Revision eine Verletzung des § 286 ZPO bei [X.] Geschäftsunfähigkeit der Mutter der Parteien bei Übergabe des [X.] getroffenen Feststellungen. [X.]er von dem Berufungsgericht be-stellte Sachverständige war in seinem schriftlichen Gutachten zu der [X.] gelangt, die Übergeberin sei zu diesem Zeitpunkt geschäftsunfähig ge-wesen. Bei seiner mündlichen Anhörung hat er dieses [X.]eil aber von der [X.] abhängig gemacht, daß der Zustand der Geschäftsunfähigkeit [X.] bereits bei deren Einweisung in die vom ihm geleitete gerontopsy-chiatrische Klinik durch den als sachverständigen Zeugen vernommenen Neu-rologen und Psychiater am 17. Mai 1994 bestanden habe. Zu dieser Frage hater im Hinblick darauf, daß die Einlieferung erst am 24. Mai 1994 erfolgt war,keine eigenen Feststellungen zu treffen vermocht. [X.]er sachverständige [X.] 6 -hat zu dem Zustand der Übergeberin am 17. Mai 1994 bekundet, auslösenderFaktor der Einweisung sei ein von der Übergeberin (unter [X.]) ver-ursachter Verkehrsunfall gewesen. [X.]er Unfall habe bei der Übergeberin - dienach dem [X.]eil beider Ärzte manisch depressive Züge aufwies - zur psychi-schen [X.]ekomposition geführt. Schon vor dem Unfall habe sich eine [X.] angekündigt, die auch mit vermehrtem Alkoholgenuß verbunden gewe-sen sei. Es hätte die Möglichkeit bestanden, diese Phase im häuslichen Be-reich "wieder in den Griff zu bekommen", wenn es nicht zu dem Unfall gekom-men wäre. [X.]er Unfall habe aus medizinischer Sicht bewirkt, daß bei der Über-geberin "als Folge hiervon und im Anschluß hieran" Geschäftsunfähigkeit an-zunehmen sei. [X.]as Berufungsgericht hat das Vorliegen von Geschäftsunfähig-keit am 17. Mai 1994 mit der Begründung in Zweifel gezogen, daß der stationä-ren Einweisung lediglich ein Telefongespräch mit der Übergeberin und derenAngehörigen zugrunde gelegen habe, daß der Wunsch nach stationärer Be-handlung wesentlich von der Übergeberin selbst ausgegangen und es [X.] weiteres möglich gewesen sei, die Einlieferung auf den 24. Mai 1994, dieZeit nach den Pfingsttagen, zu verlegen. [X.]amit hat sich das Berufungsgericht,ohne seine eigene bessere Sachkunde darzulegen, über das sachkundigeZeugnis des behandelnden Facharztes hinweggesetzt. [X.]ies verstößt gegen§ 286 ZPO. Nach der ständigen Rechtsprechung des [X.] [X.] es der [X.]arstellung entsprechender Sachkunde, wenn ein Gericht fachli-chen Feststellungen oder fachlichen Schlußfolgerungen eines herangezoge-nen Gutachters nicht folgen will ([X.]. v. 15. März 1988, [X.], [X.], 837; v. 21. Januar 1997, [X.], NJW 1997, 1446; vgl. auch [X.],[X.]. v. 17. Oktober 2001, [X.]/00, [X.]R ZPO § 286 Abs. 1, [X.]). [X.]ies gilt auch für den Fall der Abweichung von der Be-kundung eines sachverständigen Zeugen über die von ihm sachkundig getrof-- 7 -fene Feststellung der Befundtatsachen oder, wie hier, der Haupttatsache [X.]. [X.]er zusätzliche Hinweis, manische Phasen könnten sich kurzfristigaufhellen, stimmt zwar mit der Beurteilung beider Sachverständigen überein,sie ersetzt aber nicht die von dem sachverständigen Zeugen getroffene Beur-teilung des tatsächlichen Krankheitsbildes der Übergeberin am 20. Mai 1994.[X.]ie abschließende Überlegung, für den Zeitpunkt einer Notfalleinweisung [X.] habe der Zeuge Geschäftsunfähigkeit nicht ausschließen können,trägt nichts zur Sache bei.b) [X.]ie Hilfserwägung, die Vertragsparteien hätten den [X.] die Urkunde vom 11. Juli 1995, bei deren Erstellung die Übergeberingeschäftsfähig gewesen sei, bestätigt (§ 141 BGB), geht fehl. Entgegen [X.] des Berufungsgerichts besteht kein denknotwendiger Zusammen-hang zwischen der Aufhebung eines Teiles des Vereinbarten, hier der über-nommenen Pflegeverpflichtung, und der Bestätigung des Restes. [X.]er nach§ 141 BGB erforderliche [X.] setzt voraus, daß die Beteiligten [X.] des Vereinbarten kannten oder doch Zweifel an seiner Rechtsbe-ständigkeit hegten ([X.]Z 129, 371, 377). Mit Zweifeln an der Rechtsbestän-digkeit des von der Aufhebungsvereinbarung nicht betroffenen Teils des [X.] ist die Teilaufhebung weder notwendig noch auch nur im Sinne einer Be-weiserwägung mit Wahrscheinlichkeit verbunden. [X.]as Berufungsgericht siehtdie Bestätigungswirkung der Teilaufhebung vom 11. Juli 1995, kontradiktorischzu § 141 BGB, gerade darin, daß Zweifel an der Rechtsgültigkeit der unbe-rührten Vertragsteile nicht bestanden hatten. [X.]aß die [X.], wo-von das Berufungsgericht auszugehen hatte, den Wegfall der Pflegeverpflich-tung in Wirklichkeit nicht wollten (§ 117 Abs. 1 BGB), bestätigt das Fehlen ei-nes rechtlichen [X.]ns. Im übrigen erfordert die Bestätigung [X.] -formbedürftigen Geschäfts zumindest die Bezugnahme auf das ursprünglichVereinbarte ([X.], [X.]. v. 6. Mai 1985, [X.], NJW 1985, 2579 f). [X.]ienotarielle Urkunde vom 11. Juli 1995 läßt den Übergabevertrag vom 20. [X.] unerwähnt.2. Auch die Verneinung eines Rücktrittsrechts der Übergeber wegenNichterfüllung der übernommenen [X.] hat keinen Bestand. [X.]as Be-rufungsgericht läßt offen, ob das Geschuldete erbracht wurde, und meint, [X.] sei nach § 13 [X.], der nach dem Vorbehalt für [X.] in Art. 96 EGBGB heranzuziehen sei, ausgeschlossen. Hierzu reichendie Feststellungen des Berufungsgerichts indessen nicht hin. Im Ausgangs-punkt zutreffend hebt dieses zwar darauf ab, daß der wesentliche Grundzugdes Altenteils in einem Nachrücken der folgenden Generation in eine [X.] - wenigstens teilweise - begründende Wirtschaftseinheit besteht (Se-nat, [X.]Z 53, 41, 43; [X.]. v. 28. Oktober 1988, [X.], [X.], 70).Erforderlich ist danach, daß ein Beteiligter dem anderen nach Art einer vor-weggenommenen Erbfolge seine wirtschaftliche Lebensgrundlage überträgt,um dafür in die persönliche Gebundenheit eines abhängigen Versorgungsver-hältnisses einzutreten, während der Übernehmer eine wirtschaftlich selbständi-ge Stellung erlangt (Senat, [X.]Z 3, 206, 211; 107, 156, 160). Es genügt mithinnicht, daß der Übernehmer das erlangte Grundstück zur Schaffung seiner wirt-schaftlichen Lebensgrundlage nutzt, erforderlich ist vielmehr zusätzlich, daßdie Existenzgrundlage vom Übergeber bereits geschaffen war und der Über-nehmer in diese eintritt. [X.]er Umstand, daß der Beklagte zu 1 im [X.] ein Atelier mit Werkstatt eingerichtet hatte und dort nach Übergabe bei-behielt, auf den sich das Berufungsurteil stützt, läßt ein Einrücken in eine be-reits von den Übergebern geschaffene Existenzgrundlage nicht [X.] -[X.]enn es reicht nicht aus, daß der Übernehmer in den übergebenen Räumenseine Berufstätigkeit aufnimmt oder, wie hier, [X.] Sollte sich das Berufungsgericht erneut mit der Frage des [X.] wegen groben Undanks der Beklagten (§ 530 BGB) zu [X.] haben, wird es beachten müssen, daß die Tonbandaufzeichnung, durchdie der Kläger [X.] antritt, nach dessen Behauptung mit [X.] der Übergeber erfolgt ist (zur Verwertbarkeit des Beweismittels vgl.[X.], [X.]. v. 24. November 1981, [X.], NJW 1982, 277; v. 13. [X.], [X.], NJW 1988, 1016). Zu berücksichtigen werden auch [X.] des Todes der Übergeber auf das Fortwirken ihres Persönlich-keitsrechts sein.Tropf [X.] KleinLemkeSchmidt-Räntsch

Meta

V ZR 293/01

25.10.2002

Bundesgerichtshof V. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.10.2002, Az. V ZR 293/01 (REWIS RS 2002, 1016)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2002, 1016

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