Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 16.08.2023, Az. 4 AZR 339/22

4. Senat | REWIS RS 2023, 6400

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Gegenstand

Korrigierende Rückgruppierung


Leitsatz

Die Grundsätze der korrigierenden Rückgruppierung, nach denen die Arbeitgeberin die Darlegungs- und Beweislast für die objektive Fehlerhaftigkeit der bisher angenommenen Bewertung der Tätigkeit trägt, sind nur anzuwenden, wenn sich aus der bislang vorgenommenen Zuordnung zu einer Entgeltgruppe oder einem Tätigkeitsmerkmal zwingend die durch die Beschäftigte begehrte Eingruppierung ergibt. Sie gelten ihrem Sinn und Zweck nach nicht, wenn die Beschäftigte ihr Vertrauen nur auf ein Element der bisherigen tariflichen Bewertung durch die Arbeitgeberin stützt, aber weitere rechtliche Folgeüberlegungen erforderlich sind, die erst zur beanspruchten Entgeltgruppe führen.

Tenor

1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des [X.] vom 31. August 2022 - 8 [X.]/22 [X.] - wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die zutreffende Eingruppierung der Klägerin im [X.]raum vom 15. September 2017 bis zum 20. September 2022.

2

Die Klägerin ist seit dem 30. September 2005 bei der [X.] beschäftigt. Nach § 2 des Arbeitsvertrags vom selben Tag richtet sich das Arbeitsverhältnis „nach dem Bundes-Angestelltentarifvertrag ([X.]) und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Bereich der [X.] ([X.]) jeweils geltenden Fassung“. In der [X.] vom 15. September 2017 bis zum 20. September 2022 war die Klägerin aufgrund eines [X.] vom 27. September 2017 als Sachgebietsleiterin „Finanzen und Abwicklung Grundstücksverkehr“ tätig. Ihr waren sieben Beschäftigte unterstellt, gegenüber denen sie die Dienst- und Fachaufsicht ausübte und weisungsbefugt war.

3

In der von der [X.] im Dezember 2020 erstellten Arbeitsplatzbeschreibung wird die auszuübende Tätigkeit der Klägerin wie folgt dargestellt:

        

„1.1. 

ORGANISATORISCHE EINORDNUNG DES ARBEITSPLATZES

        

1.1     

        

Fachbereich:

23 Wirtschaft

                          

Bereich:

23.0 Zentrale Fachbereichsangelegenheiten und Immobilienverwaltung

                          

Sachgebiet:

23.02 Finanzen und Abwicklung Grundstücksverkehr

        

...     

                          
        

3.    

[X.]: Sachgebietsleiter/in, [X.]. 2. Vertreter/in 23.0

        

4.    

TÄTIGKEITEN

        

4.1     

Verzeichnis der am Arbeitsplatz auszuführenden Tätigkeiten (Arbeitsvorgänge):

                 

(hierzu siehe ‚Erläuterungen zur Arbeitsplatzbeschreibung‘)

Anteil in % ([X.]anteil)

        

4.11   

Leitung des Sachgebietes Finanzen /

15 %   

                 

Abwicklung des Grundstücksverkehrs - 23.02

        
                 

…       

        
        

4.12   

Grundsatzaufgaben des Sachgebietes Finanzen / Abwicklung des Grundstücksverkehrs

75 %   

                 

●       

Haushaltsaufstellung/Haushaltsplanung:

        
                          

25%     

        
                          

…       

        
                 

●       

[X.] / Mittelbewirtschaftung:

        
                          

15%     

        
                          

…       

        
                 

●       

Controlling:

        
                          

25%     

        
                          

…       

        
                 

●       

Gebührenkalkulation nach § 5 [X.]:

        
                          

5%    

        
                          

…       

        
                 

●       

Einzelfallsachbearbeitung und Rechtsfragen

        
                          

5%    

        
                          

…       

        
                 

●       

SAP-Prozesse

        
                          

5%    

        
                          

…       

        
                                            
        

4.13   

Sonderaufgaben

5 %     

                 

…“    

        

4

Die Beklagte vergütete die Klägerin nach [X.] 10 Stufe 4 des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst in der für den Bereich der [X.] ([X.]) geltenden Fassung ([X.]/[X.]).

5

Mit Schreiben vom 30. März 2021 beantragte die Klägerin erfolglos „eine Höhergruppierung in eine höhere [X.] (mindestens [X.]) rückwirkend zum [X.]punkt der Übertragung“. Seit dem 21. September 2022 wird sie auf einer anderen, höher bewerteten Stelle beschäftigt.

6

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, sie sei im Streitzeitraum nach [X.] 11 [X.]/[X.] zu vergüten gewesen. Ihre Tätigkeit habe sich durch „besondere Schwierigkeit und Bedeutung“ aus einer solchen nach [X.] 9c [X.]/[X.] herausgehoben. Entgegen der Ansicht der [X.] habe die Tätigkeit nicht aus mehreren, sondern aus einem einheitlichen Arbeitsvorgang bestanden. Es sei ausreichend, wenn in diesem Arbeitsvorgang Tätigkeiten von „besonderer Schwierigkeit und Bedeutung“ in rechtserheblichem Ausmaß anfielen. Sie habe darauf vertraut, dass die Beklagte mit Zahlung einer Vergütung nach [X.] 10 [X.]/[X.] anerkannt habe, jedenfalls zu einem Drittel der Gesamtarbeitszeit würden Arbeitsvorgänge mit solchen Tätigkeiten verrichtet. Daher trage die Beklagte nach den Grundsätzen der korrigierenden [X.] insoweit die Darlegungs- und Beweislast. Im Übrigen ergebe sich die „besondere Schwierigkeit und Bedeutung“ aus der ihr übertragenen Führungsverantwortung, ihren Aufgaben bei der Haushaltsplanung und -aufstellung und ihren Entscheidungen im Zusammenhang mit dem H-Kinder-Bauland-Bonus.

7

Die Klägerin hat - nach Rücknahme eines auf die Zahlung der [X.] gerichteten Leistungsantrags in der Revisionsinstanz mit Zustimmung der [X.] - zuletzt beantragt

        

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet war, ihre Arbeitsleistung ab dem 15. September 2017 bis zum 20. September 2022 nach [X.] 11 TVöD/[X.] zu vergüten.

8

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Die darlegungs- und beweispflichtige Klägerin habe schon nicht schlüssig vorgetragen, ihre Tätigkeit sei von „besonderer Schwierigkeit und Bedeutung“. Die Grundsätze der korrigierenden [X.] seien nicht anzuwenden, da die Klägerin im gesamten Streitzeitraum nach [X.] 10 [X.]/[X.] vergütet worden sei. Ein Vertrauen in einen Anspruch auf Vergütung nach einer höheren [X.] könne sich daraus nicht ergeben.

9

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen, das [X.] die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Revision.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Revision ist unbegründet. Das [X.] hat die Berufung der Klägerin im Ergebnis zutreffend zurückgewiesen. Die Klage ist mit dem durch die Klägerin gestellten Feststellungsantrag teilweise bereits unzulässig, im Übrigen unbegründet.

I. Die Klage ist nur teilweise zulässig.

1. Der Feststellungsantrag ist für den Zeitraum vom 1. September 2020 bis zum 20. September 2022 als allgemein üblicher Eingruppierungsfeststellungsantrag zulässig (st. Rspr., etwa [X.] 22. Juni 2022 - 4 [X.] - Rn. 19). Das Feststellungsinteresse ist nicht deshalb entfallen, weil die Klägerin die Feststellung aufgrund der Änderung der von ihr auszuübenden Tätigkeit lediglich noch für einen in der Vergangenheit liegenden Zeitraum begehrt. Der erforderliche Gegenwartsbezug besteht in der Geltendmachung einer (zukünftigen) Erfüllung einer höheren, konkret bezeichneten Vergütung aus dem in der Vergangenheit liegenden Zeitraum (vgl. [X.] 27. April 2022 - 4 [X.] - Rn. 12 [X.]).

2. Der Antrag ist jedoch entgegen der Auffassung des [X.]s unzulässig, soweit er sich auf den Zeitraum vom 15. September 2017 bis zum 31. August 2020 bezieht. Insoweit fehlt es am nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderlichen Feststellungsinteresse (vgl. hierzu ausf. [X.] 23. Januar 2019 - 4 [X.] - Rn. 15). Der Klägerin steht, da sie etwaige Ansprüche unstreitig nicht innerhalb der sechsmonatigen Ausschlussfrist (§ 37 [X.]/[X.]) geltend gemacht hat, auch nach ihrer eigenen Auffassung für diesen Zeitraum kein weiterer Vergütungsanspruch zu. Ein Feststellungsinteresse besteht auch nicht im Hinblick auf die Stufenlaufzeiten. Die durch die Klägerin begehrte Stufe ist weder im Antrag genannt noch ist für den Fall, dass der Klägerin eine Vergütung nach [X.] 11 [X.]/[X.] zustehen sollte, ein Streit zwischen den Parteien über die Stufenlaufzeit ersichtlich.

II. Soweit die Klage zulässig ist, ist sie unbegründet. Die Klägerin hatte im Streitzeitraum keinen Anspruch auf Zahlung einer Vergütung nach [X.] 11 [X.]/[X.].

1. Das Arbeitsverhältnis bestimmt sich gemäß § 2 des Arbeitsvertrags in Folge der Tarifsukzession im öffentlichen Dienst (vgl. hierzu [X.] 11. Juli 2018 - 4 [X.] - Rn. 20) nach dem [X.]/[X.].

2. Zutreffend ist das [X.] davon ausgegangen, dass es sich bei den der Klägerin übertragenen Aufgaben als Sachgebietsleiterin um einen einheitlichen Arbeitsvorgang handelt.

a) Gemäß § 12 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 [X.]/[X.] ist die Beschäftigte in der [X.] eingruppiert, deren [X.]en die gesamte von ihr nicht nur vorübergehend auszuübende Tätigkeit entspricht. Das ist der Fall, wenn zeitlich mindestens zur Hälfte Arbeitsvorgänge anfallen, die für sich genommen die Anforderungen eines [X.] oder mehrerer [X.]e dieser [X.] erfüllen. Bezugspunkt der tariflichen Bewertung ist danach der Arbeitsvorgang ([X.] 23. Februar 2022 - 4 [X.] - Rn. 19; 17. März 2021 - 4 [X.] - Rn. 16 ).

b) Maßgebend für die Bestimmung des Arbeitsvorgangs ist das Arbeitsergebnis. Für die Beurteilung, ob eine oder mehrere [X.] zu einem Arbeitsergebnis führen, sind eine natürliche Betrachtungsweise und die durch die Arbeitgeberin vorgenommene [X.] ausschlaggebend. Dabei kann die gesamte vertraglich geschuldete Tätigkeit einen einzigen Arbeitsvorgang ausmachen. [X.] können dann nicht zusammengefasst werden, wenn die verschiedenen Arbeitsschritte von vornherein auseinandergehalten und organisatorisch voneinander getrennt sind. Hierfür reicht jedoch die theoretische Möglichkeit, einzelne Arbeitsschritte oder Einzelaufgaben verwaltungstechnisch isoliert auf andere Beschäftigte zu übertragen, nicht aus. Bei der Zuordnung zu einem Arbeitsvorgang können wiederkehrende und gleichartige Tätigkeiten zusammengefasst werden. Dem Arbeitsvorgang hinzuzurechnen sind dabei nach Satz 1 der Protokollerklärung zu § 12 Abs. 2 [X.]/[X.] auch Zusammenhangsarbeiten. Das sind solche, die aufgrund ihres engen Zusammenhangs mit bestimmten Aufgaben einer Beschäftigten bei der tariflichen Bewertung zwecks Vermeidung tarifwidriger „Atomisierung“ der Arbeitseinheiten nicht abgetrennt werden dürfen, sondern diesen zuzurechnen sind. Die tarifliche Wertigkeit der verschiedenen [X.] oder Arbeitsschritte bleibt dabei zunächst außer Betracht. Erst nachdem die Bestimmung des Arbeitsvorgangs erfolgt ist, ist dieser anhand des in Anspruch genommenen [X.] zu bewerten ([X.] 23. Februar 2022 - 4 [X.] - Rn. 20; ausf. [X.] 26. April 2023 - 4 [X.] - Rn. 20 ff. [zu § 22 [X.]]; 9. September 2020 - 4 [X.] - Rn. 27 ff., [X.]E 172, 130 [zu § 12 TV-L]).

c) Der Begriff des „Arbeitsvorgangs“ ist ein feststehender, abstrakter, von den Tarifvertragsparteien vorgegebener Rechtsbegriff. Seine Anwendung durch die Tatsachengerichte ist revisionsrechtlich in vollem Umfang nachprüfbar (st. Rspr., vgl. zB 23. Februar 2022 - 4 [X.] - Rn. 21).

d) Danach bestand die von der Klägerin im Streitzeitraum auszuübende Tätigkeit als Sachgebietsleiterin aus einem einheitlichen Arbeitsvorgang. Sowohl die Leitungsaufgaben als auch die Grundsatz- und Sonderaufgaben dienten dem Arbeitsergebnis der Leitung des Sachgebiets „Finanzen und Abwicklung Grundstücksverkehr“. Eine organisatorische Trennung der unmittelbaren Leitungsaufgaben von den weiteren Tätigkeiten ist nicht erfolgt. Bei der Bearbeitung der Grundsatz- und Sonderaufgaben musste die Klägerin jederzeit mit der Übernahme von Leitungsaufgaben rechnen (vgl. für einen Leiter des Sachgebiets Allgemeiner Sozialer Dienst [X.] 22. Juni 2022 - 4 [X.] - Rn. 25; für eine Praxisanleiterin [X.] 17. März 2021 - 4 [X.] - Rn. 20 [X.]). Eine Trennung lässt sich auch nicht der Auflistung der Tätigkeiten unter unterschiedlichen Überschriften in der Arbeitsplatzbeschreibung entnehmen. Sie vermag zudem die notwendige rechtliche Bewertung zur Bestimmung von Arbeitsvorgängen entsprechend den tariflichen Vorgaben durch die Gerichte nicht zu ersetzen (vgl. [X.] 10. Juni 2020 - 4 [X.] - Rn. 15).

Dabei ist entgegen der Auffassung der Beklagten unerheblich, dass es sich bei der Tätigkeit der Klägerin nicht um ein sog. Funktionsmerkmal (sh. dazu [X.] 17. März 2021 - 4 [X.] - Rn. 23 [X.]) handelt. Soweit der Senat in früheren Entscheidungen unter Hinweis auf das Fehlen eines Funktionsmerkmals getrennte Arbeitsvorgänge angenommen hat (zB [X.] 22. April 1998 - 4 [X.] - zu 2 c der Gründe; 25. Oktober 1995 - 4 [X.] - zu II 2 c der Gründe), erfolgte dies allein unter der Prämisse, dass tatsächlich trennbare Tätigkeiten mit unterschiedlicher Wertigkeit nicht zu einem Arbeitsvorgang zusammengefasst werden dürften. Diese Rechtsprechung hat der Senat aufgegeben (ausf. hierzu [X.] 9. September 2020 - 4 [X.] - Rn. 53 ff. [X.], [X.]E 172, 130).

3. Die maßgebenden [X.]e im Teil A Abschnitt I Nr. 3 der Anlage 1 - Entgeltordnung ([X.]) zum [X.]/[X.] lauten:

        

[X.] 9b

        

1.    

Beschäftigte mit abgeschlossener Hochschulbildung und entsprechender Tätigkeit sowie sonstige Beschäftigte, die aufgrund gleichwertiger Fähigkeiten und ihrer Erfahrungen entsprechende Tätigkeiten ausüben.

        

2.    

Beschäftigte, deren Tätigkeit gründliche, umfassende Fachkenntnisse und selbstständige Leistungen erfordert.

                 

(Gründliche, umfassende Fachkenntnisse bedeuten gegenüber den in den [X.]n 6 bis 9a geforderten gründlichen und vielseitigen Fachkenntnissen eine Steigerung der Tiefe und der Breite nach.)

        

[X.] 9c

        

Beschäftigte, deren Tätigkeit sich dadurch aus der [X.] 9b heraushebt, dass sie besonders verantwortungsvoll ist.

        

[X.] 10

        

Beschäftigte, deren Tätigkeit sich mindestens zu einem Drittel durch besondere Schwierigkeit und Bedeutung aus der [X.] 9c heraushebt.

        

[X.] 11

        

Beschäftigte, deren Tätigkeit sich durch besondere Schwierigkeit und Bedeutung aus der [X.] 9c heraushebt.“

4. Die Klägerin ist der ihr obliegenden Darlegungs- und Beweislast für die Erfüllung der tariflichen Anforderungen der [X.] 11 [X.]/[X.] nicht nachgekommen.

a) Das [X.] ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Klägerin die Darlegungs- und Beweislast für die Erfüllung des von ihr in Anspruch genommenen [X.] trägt. Im Grundsatz muss die Beschäftigte die tatsächlichen Voraussetzungen einer von ihr klageweise begehrten Eingruppierung im Prozess darlegen und beweisen ([X.] 27. April 2022 - 4 [X.] - Rn. 27; 14. Oktober 2020 - 4 [X.] - Rn. 30).

aa) Die Beklagte hat keine korrigierende [X.] vorgenommen, die zu einer Änderung der Darlegungs- und Beweislast geführt hätte.

(1) Im Fall einer sog. korrigierenden [X.], dh. bei einer beabsichtigten Zuordnung zu einer niedrigeren als der bisher als zutreffend angenommenen [X.], obliegt der Arbeitgeberin, wenn sich die Beschäftigte auf die ihr von der Arbeitgeberin zuvor als maßgebend mitgeteilte [X.] beruft, die Darlegungs- und Beweislast für die objektive Fehlerhaftigkeit der bisherigen Eingruppierung ([X.] 27. April 2022 - 4 [X.] - Rn. 27 [X.]).

Die spezifische Darlegungs- und Beweislast bei einer korrigierenden [X.] setzt einen „begrenzten Vertrauensschutz“ um, den die Beschäftigte aufgrund der Mitteilung der von der Arbeitgeberin vorgenommenen ursprünglichen Eingruppierung in Anspruch nehmen kann. Die Arbeitgeberin ist aufgrund ihrer Sachnähe und Kompetenz verpflichtet, die Eingruppierung sorgfältig und korrekt vorzunehmen. Die hierbei vertrauensbegründende Sorgfalt und Kompetenz bezieht sich jedoch nicht allein auf die Mitteilung der maßgebenden [X.] innerhalb der jeweiligen Entgeltordnung. Sie erfasst auch die von der Arbeitgeberin aufgrund einer Bewertung vorgenommene Zuordnung der Tätigkeit der Beschäftigten sowie die von ihr angenommene Erfüllung von Anforderungen des konkreten [X.] einer Entgeltordnung. Auf die Richtigkeit gerade dieses Bewertungs- und Zuordnungsvorgangs darf eine Beschäftigte vertrauen ( [X.] 27. April 2022 - 4 [X.] - Rn. 28; 20. März 2013 - 4 [X.]  - Rn. 20 ).

(2) Eine korrigierende [X.] hat die Beklagte nicht vorgenommen. Sie hat die Klägerin im gesamten Streitzeitraum nach [X.] 10 [X.]/[X.] vergütet.

bb) Der vorliegende Fall ist auch kein solcher, bei dem die für die korrigierende [X.] entwickelte Rechtsprechung ebenfalls angewendet werden kann.

(1) Die Grundsätze der korrigierenden [X.] gelten ihrem Sinn und Zweck nach auch in solchen Fällen, in denen die Arbeitgeberin durch Abkehr von der der Beschäftigten früher mitgeteilten und in der Folgezeit praktizierten Eingruppierung eine Vergütungssteigerung in der Zukunft zu verhindern sucht (vgl. zur Vermeidung eines Höhergruppierungsantrags nach § 29b TVÜ-[X.] [X.] 27. April 2022 - 4 [X.] - Rn. 30 ff.; zur Überleitung in eine neue Entgeltordnung [X.] 20. März 2013 - 4 [X.] - Rn. 19; zum [X.] [X.] 16. Oktober 2002 - 4 [X.] - zu II 3 der Gründe; 26. April 2000 - 4 [X.] - zu I 3 a bb (2) der Gründe, [X.]E 94, 287). Die Übertragung der Grundsätze der korrigierenden [X.] ist aber nur dann berechtigt, wenn sich aus der durch die Arbeitgeberin zunächst angenommenen [X.] oder dem mitgeteilten [X.] zwingend die tarifliche Voraussetzung auch der begehrten [X.] ergibt ([X.] 26. November 2003 - 4 [X.] - zu II 4 a der Gründe; 17. Mai 2000 - 4 [X.] - zu 2 c bb der Gründe).

(2) Entgegen der Auffassung der Klägerin ist eine solche Fallgestaltung vorliegend nicht gegeben.

(a) Aus der durch die Beklagte mitgeteilten [X.] 10 [X.]/[X.] ergibt sich nicht zwingend die Erfüllung des durch die Klägerin in Anspruch genommenen [X.] der [X.] 11 [X.]/[X.]. Die Beklagte ist vom Vorliegen mehrerer Arbeitsvorgänge ausgegangen, die nur zum Teil die tarifliche Anforderung der „besonderen Schwierigkeit und Bedeutung“ erfüllten. Der zeitliche Anteil dieser Arbeitsvorgänge an der Gesamttätigkeit betrug ihrer Würdigung nach mehr als ein Drittel, aber weniger als die Hälfte. Eine Eingruppierung in [X.] 11 [X.]/[X.] würde jedoch erfordern, dass zeitlich mindestens zur Hälfte Arbeitsvorgänge anfallen, die diese Anforderung erfüllen. Das wäre vorliegend aber nur dann der Fall, wenn entweder - wovon die Klägerin ausgeht - die Bestimmung der Arbeitsvorgänge durch die Beklagte fehlerhaft erfolgt ist oder mindestens ein weiterer Arbeitsvorgang das [X.] der „besonderen Schwierigkeit und Bedeutung“ erfüllt und die Bewertung der Beklagten insoweit fehlerhaft gewesen wäre. Wäre hingegen die Beurteilung der Beklagten korrekt, lägen nicht im erforderlichen zeitlichen Umfang Arbeitsvorgänge vor, bei denen Tätigkeiten von „besonderer Schwierigkeit und Bedeutung“ anfallen.

(b) Die Klägerin konnte nicht darauf vertrauen, nach einer Korrektur der Bestimmung der Arbeitsvorgänge und Vorliegen eines einheitlichen Arbeitsvorgangs erfülle dieser zwingend insgesamt die Anforderung der „besonderen Schwierigkeit und Bedeutung“. Ändert sich aufgrund neuer Bewertung der zeitliche Umfang des Arbeitsvorgangs, ist eine eigenständige Prüfung erforderlich, ob eine Tätigkeit, die ein [X.] erfüllt, im erforderlichen Umfang innerhalb des Arbeitsvorgangs auszuüben ist. Dies ist nicht zwingend der Fall ([X.] 22. April 2009 - 4 [X.] - Rn. 34 ff.). Die Klägerin hat damit nicht auf eine Mitteilung der Beklagten vertraut, sondern im Hinblick auf die Bestimmung der Arbeitsvorgänge und das Vorliegen der [X.]e eigene rechtliche Schlussfolgerungen gezogen, die die Beklagte ihrer Auffassung nach ebenfalls hätte ziehen müssen.

(c) [X.] in die Bewertung der Beklagten scheidet zudem aus, weil die Klägerin deren Bewertung jedenfalls teilweise - in Bezug auf die Bestimmung der Arbeitsvorgänge - für fehlerhaft hält. Damit zieht sie gerade in Zweifel, dass deren Bewertung mit der erforderlichen Sorgfalt und Kompetenz vorgenommen worden ist.

(d) Entgegen der Auffassung der Klägerin wird dadurch, dass die Beklagte nunmehr das Vorliegen von Tätigkeiten mit „besonderer Schwierigkeit und Bedeutung“ in rechtserheblichem Ausmaß bestreitet, nicht einem „Höhergruppierungsantrag“ die Grundlage entzogen. Bei dem „Antrag“ der Klägerin handelt es sich nicht um einen im [X.]/[X.] oder TVÜ-[X.] vorgesehenen. Vielmehr legt die Klägerin - unabhängig von einer Überleitung in eine neue Entgeltordnung - lediglich ihre Rechtsauffassung dar, nach der ihre Tätigkeit höher zu bewerten sei.

b) Die Klägerin ist der ihr obliegenden Darlegungslast nicht nachgekommen. Dabei kann zu ihren Gunsten unterstellt werden, dass sie eine Tätigkeit ausgeübt hat, die gründliche, umfassende Fachkenntnisse und selbstständige Leistungen erfordert sowie besonders verantwortungsvoll ist, also die tariflichen Anforderungen der [X.] 9c [X.]/[X.] erfüllte. Die Würdigung des [X.]s, sie habe nicht dargetan, die von ihr auszuübende Tätigkeit habe sich zudem durch ihre „Bedeutung“ aus dieser [X.] herausgehoben, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Es kommt daher nicht darauf an, ob die Tätigkeit von „besonderer Schwierigkeit“ war.

aa) Beruft sich die darlegungs- und beweisbelastete Beschäftigte - wie vorliegend - auf die Erfüllung eines [X.] einer höheren [X.], welches auf dem einer niedrigeren [X.] aufbaut und eine zusätzliche tarifliche Anforderung - „[X.]“ - vorsieht, erschließt sich deren genauer Inhalt erst durch eine Darstellung der Tätigkeit der [X.] und deren Anforderungen. In diesem Fall ist daher nicht ausreichend, wenn die Beschäftigte die ihr übertragenen Aufgaben im Einzelnen darstellt. Vielmehr ist darüber hinaus ein Vorbringen erforderlich, das erkennen lässt, wodurch sich eine bestimmte Tätigkeit von der in der [X.] bewerteten „Normaltätigkeit“ unterscheidet. Dieser Vortrag muss dem Gericht einen Vergleich zwischen der Tätigkeit der [X.] und der unter das höher bewertete [X.] fallenden erlauben (st. Rspr., vgl. [X.] 22. Juni 2022 - 4 [X.] - Rn. 42; ausf. [X.] 14. Oktober 2020 - 4 [X.] - Rn. 30 ff.).

bb) Für die tarifliche Anforderung der gesteigerten „Bedeutung“ genügt eine deutlich wahrnehmbare Heraushebung. Sie muss sich auf die Auswirkungen der Tätigkeit beziehen und kann sich aus Art oder Größe des [X.] sowie aus der Tragweite für den innerdienstlichen Bereich und die Allgemeinheit ergeben ([X.] 22. Juni 2022 - 4 [X.] - Rn. 40 [X.] zur insoweit inhaltsgleichen Vergütungsordnung des [X.]).

cc) Das Urteil des [X.]s unterliegt, soweit es sich um die Anwendung des unbestimmten Rechtsbegriffs der „Bedeutung“ handelt, lediglich einer eingeschränkten Überprüfung. Es kann in der Revisionsinstanz nur dahingehend überprüft werden, ob es den Rechtsbegriff als solchen erkannt und ihn bei der Subsumtion beibehalten hat, ob es Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt und alle wesentlichen Umstände berücksichtigt hat sowie darauf, ob es in sich widerspruchsfrei ist ([X.] 22. Juni 2022 - 4 [X.] - Rn. 41; zum Prüfungsmaßstab [X.] 27. Februar 2019 - 4 [X.] - Rn. 32 [X.]).

dd) Danach ist die Würdigung des [X.]s, die Klägerin habe es nicht vermocht darzulegen, dass das [X.] der Bedeutung auch nur in rechtlich erheblichem Ausmaß vorliege, revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Das Berufungsgericht hat seiner rechtlichen Bewertung durch Bezugnahme auf die Ausführungen des Arbeitsgerichts die zutreffenden Grundsätze zugrunde gelegt. Es ist ferner unter Berücksichtigung der von der Klägerin vorgetragenen Umstände und wiederum Bezugnahme auf die erstinstanzliche Entscheidung davon ausgegangen, weder aus der Führungsverantwortung der Klägerin noch den Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Haushaltsplanung und -aufstellung oder den Entscheidungen zum [X.] ergebe sich nach einem wertenden Vergleich die erforderliche Bedeutung der Tätigkeit. Das lässt Rechtsfehler nicht erkennen. Mit ihrer Revision hat sich die Klägerin auch nicht mehr gegen diese Wertung gewendet.

III. Die Klägerin hat die Kosten ihrer erfolglosen Revision zu tragen, § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Treber    

        

    Neumann    

        

    [X.]    

        

        

        

    Dirk Widuch    

        

    A. Loycke    

                 

Meta

4 AZR 339/22

16.08.2023

Bundesarbeitsgericht 4. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Hannover, 12. Januar 2022, Az: 8 Ca 257/21 E, Urteil

§ 256 ZPO, § 12 TVöD, Anl 1 Teil A Abschn 1 Nr 3 Entgeltgr 11 TVöD

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 16.08.2023, Az. 4 AZR 339/22 (REWIS RS 2023, 6400)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2023, 6400

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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