Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.03.2012, Az. AnwZ (Brfg) 4/12

Senat für Anwaltssachen | REWIS RS 2012, 8119

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[X.]UNDESGERICHTSHOF

[X.]ESCHLUSS
AnwZ ([X.]) 4/12

vom

15. März 2012

in der
verwaltungsrechtlichen Anwaltssache

wegen Widerrufs
der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft
-

2

-

Der [X.]undesgerichtshof, [X.], hat
durch den Präsidenten des [X.] Prof. Dr. Tolksdorf, die Richterin [X.], [X.] sowie die Rechtsanwälte [X.] und Prof. Dr. Stüer
am
15. März 2012

beschlossen:

Der Antrag des [X.] auf Zulassung der [X.]erufung gegen das ihm an [X.] statt am 8.
Dezember 2011 zugestellte Urteil des 1. Senats des [X.] in der [X.] und Hanse-stadt [X.] wird abgelehnt.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Der Wert des Zulassungsverfahrens wird auf 50.000

festgesetzt.

Gründe:

Der Kläger wendet sich gegen den Widerruf seiner Rechtsanwaltszulas-sung wegen [X.] (§
14 Abs.
2 Nr.
7 [X.]). Der [X.] hat die Klage abgewiesen. Der dagegen gerichtete Antrag auf Zulas-sung der [X.]erufung hat keinen Erfolg.

1
-

3

-

I.

1. Nach §
112e Satz
2 [X.], §
124a Abs.
4 Satz
4 VwGO müssen im Zulassungsantrag die Gründe dargelegt werden, aus denen die [X.]erufung [X.] ist. Hierfür
gelten im Grundsatz dieselben Anforderungen, wie sie die Rechtsprechung zur [X.]eschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision (§
133 Abs.
3 Satz
3 VwGO, §
544 Abs.
2 Satz
3 ZPO) entwickelt hat. Daher müssen die aus Sicht des jeweiligen Antragstellers in [X.]etracht kommenden Zulas-sungsgründe im Sinne des §
124 Abs.
2 VwGO benannt und hinreichend erläu-tert, d.h. die Voraussetzungen des geltend gemachten [X.] sub-stantiiert dargelegt werden (vgl. nur Senatsbeschlüsse vom 23.
Februar 2011
-
AnwZ
([X.]) 4/10, juris Rn.
4 und vom 16.
Dezember 2011 -
AnwZ
([X.])
4/11, juris Rn.
3,
jeweils m.w.N.). Insoweit bestehen bereits [X.]edenken gegen die Zu-lässigkeit des klägerischen Antrags, in dem weder ein Zulassungsgrund im Sin-ne des §
124 Abs.
2 VwGO ausdrücklich benannt,
noch näher zu den tatbe-standlichen Voraussetzungen der Norm Stellung genommen wird. Aber auch wenn man das Vorbringen in der Antragsbegründung dahingehend wertet, dass der Kläger zumindest ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§
124 Abs.
2 Nr.
1 VwGO) geltend machen will, verhilft dies dem Antrag nicht zum Erfolg.

2. Für die [X.]eurteilung der Rechtmäßigkeit des Widerrufs einer Zulassung zur Rechtsanwaltschaft ist nach der mit Wirkung ab 1.
September 2009 erfolg-ten Änderung des Verfahrensrechts allein auf den [X.]punkt des Abschlusses des behördlichen Widerrufsverfahrens, also auf den Erlass des Widerspruchs-bescheids oder -
wenn das nach neuem Recht grundsätzlich vorgeschriebene Vorverfahren entbehrlich ist
-
auf den Ausspruch der Widerrufsverfügung abzu-

2
3
-

4

-

stellen; die [X.]eurteilung danach eingetretener Entwicklungen ist einem Wieder-zulassungsverfahren vorbehalten
(vgl. Senatsbeschluss vom 29.
Juni 2011
-
AnwZ
([X.]) 11/10, [X.]. 2011, 246
Rn.
9
ff., für [X.] vorgesehen). Insoweit ist die vormals vom Senat aus prozesswirtschaftlichen Erwägungen zugelassene Möglichkeit
entfallen, einen zweifelsfrei feststehenden nachträgli-chen Wegfall des Rücknahme-
oder Widerrufsgrunds bereits im laufenden [X.] zu berücksichtigen
(Senat, aaO Rn.
13).

Dass sich der Kläger zum danach maßgeblichen [X.]punkt des Wider-rufsbescheids vom 13.
Mai 2011 in Vermögensverfall befunden hat
und somit die Voraussetzungen des §
14 Abs.
2 Nr.
7 [X.] vorgelegen haben, stellt er nicht in Abrede; dies haben die [X.]eklagte und der [X.], auf deren [X.]egründungen der Senat [X.]ezug nimmt, auch zutreffend festgestellt.

Soweit der Kläger, über dessen Vermögen auf Antrag des Finanzamts während des Verfahrens vor dem [X.] am 19.
Oktober 2011 das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist, in seiner Antragsbegründung vom 6.
Februar 2012 darauf verweist, dass aus damaliger Sicht
seit einer Woche ein (allerdings nicht zu den Akten gereichter) Insolvenzplan vorliege, der im Falle seiner Annahme zur Wiederherstellung geordneter Vermögensverhältnisse füh-ren werde, ist dies nach Maßgabe der
neuen Senatsrechtsprechung unerheb-lich.
Die Auffassung des [X.], in seinem Fall müsse noch die frühere Recht-sprechung gelten, da anderenfalls eine unzulässige Rückwirkung bzw.
ein Ver-stoß gegen den [X.] vorliege, ist unzutreffend. Die in der Rechtsprechung des [X.] für die Rückwirkung von Ge-setzen entwickelten Grundsätze sind auf eine Änderung der höchstrichterlichen

4
5
-

5

-

Rechtsprechung nicht anwendbar
(vgl. [X.] 84, 212, 227; 122, 248, 277 f.; [X.], [X.], 81, 82; [X.], [X.]eschluss vom 6. Mai 2008
-
2 [X.]vR 1926/07, juris Rn. 29 f.). Soweit im Zusammenhang mit einer solchen Änderung in der Rechtsprechung auch Vertrauensgesichtspunkte diskutiert worden sind
([X.] aaO; siehe auch [X.] 74, 129, 155 ff.; [X.], Urteil vom 29. Febru-ar 1996 -
IX ZR 153/95, [X.] 132, 119, 129 ff.; [X.], [X.]eschluss vom [X.] -
2 AZR 15/06, juris Rn. 9 ff.), spielen
diese
im Falle des [X.] kei-ne Rolle. Vertrauensschutz auf den Fortbestand einer Rechtsprechung setzt zunächst voraus, dass der [X.]etroffene nicht mit der Möglichkeit der Änderung rechnen musste. Die neue Senatsrechtsprechung beruht aber ihrerseits auf der Änderung des maßgeblichen Verfahrensrechts (Anwendbarkeit der Verwal-tungsgerichtsordnung statt
des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilli-gen Gerichtsbarkeit) und der dadurch naheliegenden Angleichung an die Rechtsprechung des [X.] (Senat, aaO Rn.
14
ff.), war mithin nicht unvorhersehbar. Zum anderen geht es weder
darum, dass ein in der Vergangenheit liegender abschließend geregelter Sachverhalt einer verän-derten rechtlichen [X.]eurteilung unterworfen wird,
noch darum, dass in eine zum [X.]punkt der Änderung geschützte Rechtsposition eingegriffen wird. Der Kläger befand sich auch zum [X.]punkt der Änderung der Senatsrechtsprechung in
Vermögensverfall. Ihm geht es lediglich darum, dass ihm für die [X.] danach die Möglichkeit verbleibt, eine nachträgliche Konsolidierung seiner [X.] und damit den Wegfall des [X.]
im
Gerichtsverfahren
-
hier in zweiter Instanz
-
darlegen zu können. Insoweit hat die lediglich auf [X.] Gründen beruhende vormalige Senatsrechtsprechung aber keine schutzwürdige Rechtsposition zugunsten des [X.] begründet.

-

6

-

3. Im Übrigen reicht der Vortrag des [X.] auch auf der Grundlage der bisherigen Senatsrechtsprechung nicht aus, ernstliche Zweifel an der Richtig-keit des angefochtenen Urteils zu begründen. Im Fall eines Insolvenzverfahrens können die Vermögensverhältnisse erst dann wieder als geordnet angesehen werden, wenn dem Schuldner entweder durch [X.]eschluss des Insolvenzgerichts die Restschuldbefreiung angekündigt wurde (§
291 [X.]) oder ein vom Insol-venzgericht bestätigter Insolvenzplan (§
248 [X.]) oder
angenommener Schul-denbereinigungsplan (§
308 [X.]) vorliegt, bei dessen Erfüllung der Schuldner von seinen übrigen Forderungen gegenüber den Gläubigern befreit wird
(vgl. nur Senatsbeschluss
vom 28.
Oktober 2011 -
AnwZ
([X.]) 20/11, juris Rn.
8; siehe auch [X.]eschlüsse vom 31. Mai 2010 -
AnwZ ([X.]) 27/09, juris Rn. 15 und 16. September 2011 -
AnwZ ([X.]) 26/11, juris Rn. 7). Zum [X.]punkt der Ent-scheidung des [X.] lagen diese Voraussetzungen nicht vor. Inwieweit sich ernstliche Zweifel im Sinne des §
124 Abs.
2 Nr.
1 VwGO an ei-nem angefochtenen Urteil auch aus einer nachträglichen Veränderung der Sach-
oder Rechtslage ergeben können (streitig;
vgl. die Nachweise
bei
Kopp/[X.], VwGO, 17.
Aufl., §
124 Rn.
7c), kann hier dahinstehen, da auch bisher diese Voraussetzungen nicht vorliegen bzw. vom Kläger
nicht dargelegt und nachgewiesen sind.

6
-

7

-

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf §
112c Abs.
1 Satz
1 [X.] i.V.m. §
154 Abs.
2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf §
194 Abs.
2 Satz
1 [X.].

Tolksdorf

[X.]

[X.]

Wüllrich
Stüer
Vorinstanz:
AGH [X.], Entscheidung vom 08.12.2011 -
I ZU 7/11 -

7

Meta

AnwZ (Brfg) 4/12

15.03.2012

Bundesgerichtshof Senat für Anwaltssachen

Sachgebiet: False

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.03.2012, Az. AnwZ (Brfg) 4/12 (REWIS RS 2012, 8119)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 8119

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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