Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 30.11.2005, Az. 2 StR 522/05

2. Strafsenat | REWIS RS 2005, 542

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[X.] vom 30. November 2005 in der Strafsache gegen wegen Vergewaltigung u. a. - 2 - Der 2. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.] und des Beschwerdeführers am 30. November 2005 beschlossen: 1. Es wird festgestellt, dass die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des [X.] vom 7. Juni 2005 wirksam zu-rückgenommen worden ist. 2. Der Antrag des Angeklagten auf Wiedereinsetzung in den vori-gen Stand und die Revision gegen das vorgenannte Urteil wer-den als unzulässig verworfen. 3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seiner Revision zu tra-gen. Gründe: 1. Das [X.] hat den Angeklagten am 7. Juni 2005 wegen Verge-waltigung in Tateinheit mit schwerem sexuellen Missbrauch eines Kindes und wegen sexueller Nötigung in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch eines Kindes in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und sechs [X.] verurteilt. Gegen dieses Urteil legte der Pflichtverteidiger am 9. Juni 2005 Revision ein. Am 17. Juni 2005 wurde ihm das Urteil zugestellt. Mit Schriftsatz vom 11. Juli 2005, bei [X.] eingegangen am 13. Juli 2005, nahm der [X.] die Revision zurück. Wie sich aus seinen anwaltlichen Erklärungen vom 7. September 2005 und vom 28. September 2005 ergibt, hat der [X.] den Angeklagten am 11. Juli 2005 in der [X.]besucht und die möglichen Folgen einer Revision und die Er-folgsaussichten mit ihm erörtert und der Angeklagte hat einer Rücknahme des 1 - 3 - Rechtsmittels zugestimmt. Weiter heißt es in der Erklärung vom 28. September 2005 wörtlich: —Der Unterzeichner kann insofern nicht ausschließen, dass in Folge sprachlicher Probleme, - obwohl der Unterzeichner der [X.] fließend mächtig ist - die Tragweite der Revisionsrücknahme durch [X.]nicht erkannt wurde. Eine ausdrückliche Zustimmung des [X.] zur Revisionsrücknahme kann daher nicht uneingeschränkt bestä-tigt werden, obwohl der Unterzeichner der Meinung war, dass [X.]

sich dem Vorschlag des Unterzeichners, die Revision zurück zu [X.], angeschlossen hattefi. Mit am 22. Juli 2005 beim [X.] eingegangenem Schreiben teilte der Angeklagte mit, dass er die Durchführung der Revision wünsche. Dies hat er in einem weiteren Schreiben, beim [X.] eingegangen am 3. August 2005, nochmals bekräftigt. Der Pflichtverteidiger hat daraufhin mit Schreiben vom 28. September 2005 Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gestellt und erneut Revision eingelegt. 2 2. Danach ist eine feststellende Klärung der Wirksamkeit der Revisions-rücknahme durch förmliche Entscheidung des Rechtsmittelgerichts angezeigt (vgl. [X.], 104 m.w.[X.]). Die Rücknahme der Revision durch den Pflichtverteidiger ist wirksam. Die hierzu gemäß § 302 Abs. 2 StPO erforderli-che ausdrückliche Ermächtigung lag zum Zeitpunkt der Rücknahme vor. Für die Ermächtigung ist eine bestimmte Form nicht vorgeschrieben, so dass sie auch mündlich erteilt werden kann. Ihr Nachweis kann noch nach Abgabe der Rück-nahmeerklärung geführt werden, auch durch anwaltliche Versicherung des [X.]. 3 Aus den Erklärungen des Pflichtverteidigers vom 9. und 28. September 2005 ergibt sich, dass der Angeklagte ihn wirksam zur Rücknahme ermächtigt 4 - 4 - hat. Seine bei der Besprechung mit dem Pflichtverteidiger mündlich erklärte Zustimmung reicht hierfür aus. Dass ihn der Pflichtverteidiger insoweit missver-standen haben könnte, ist dessen Erklärung nicht zu entnehmen und liegt an-gesichts dessen fließender Beherrschung der [X.] auch nicht nahe. Ein vom Pflichtverteidiger nicht ausgeschlossener möglicher Irrtum des Angeklagten über die Tragweite einer Revisionsrücknahme führt hingegen nicht zur Unwirksamkeit der Ermächtigung. Durch sein am 22. Juli 2005 bei [X.] eingegangenes Schreiben hat der Angeklagte die Ermächtigung zwar widerrufen. Der Widerruf der [X.] ist jederzeit zulässig und wird schon dann wirksam, wenn ihn der Ange-klagte mündlich oder fernmündlich dem [X.] oder seinem Verteidiger ge-genüber erklärt. Der Widerruf führt jedoch nur dann zur Unwirksamkeit der Rücknahmeerklärung, wenn er gegenüber dem [X.] oder dem Verteidiger erklärt worden ist, bevor die Rücknahmeerklärung bei dem [X.] eingegan-gen ist (vgl. BGHSt 10, 245, 246; [X.], 211; NStZ 1983, 469). Das ist hier nicht der Fall. 5 Eine Anfechtbarkeit der Ermächtigung wegen des hier allein vorliegen-den [X.] des Angeklagten kommt nicht in Betracht. Zwar handelt es sich bei der Ermächtigung nicht um eine Prozesshandlung, die weder widerru-fen noch wegen Irrtums angefochten werden kann. Dennoch kann auch sie im Interesse der Rechtssicherheit nicht wegen Irrtums angefochten werden (BGHR StPO § 302 Abs. 1 Satz 1 Rechtsmittelverzicht 8; OLG Düsseldorf MDR 1996, 1060; [X.] in [X.] 25. Aufl. § 302 Rdn. 73; [X.] in [X.] § 302 Rdn. 74), jedenfalls dann nicht, wenn der Irrtum nicht auf einer unzulässigen Willensbeeinflussung beruht. 6 - 5 - Ein Fall, in dem ausnahmsweise die Unwirksamkeit der von dem hierzu ermächtigten Verteidiger erklärten Rücknahme des Rechtsmittels angenommen werden könnte (vgl. BGHSt 45, 51, 53; Ruß in [X.] 5. Aufl. § 302 Rdn. 13 und 15), liegt ersichtlich nicht vor. In seinem am 3. August 2005 bei [X.] ein-gegangenen Schreiben trägt der Angeklagte zwar im Einzelnen vor, weshalb er sich nicht fair behandelt fühlt. Diese Umstände betreffen jedoch Vorgänge vor Erlass des Urteils und die Höhe der erkannten Strafe, nicht aber seine Zustim-mung zur Rücknahme des Rechtsmittels. Sie belegen daher nur, dass der An-geklagte anderen Sinnes geworden ist, nicht aber, dass bei der Erteilung der Ermächtigung Willensmängel vorgelegen haben. Willensmängel, insbesondere Irrtümer im Beweggrund, führen ohnehin nur dann zur Unwirksamkeit der [X.] oder der Revisionsrücknahme, wenn sie auf einer unzulässigen Willensbeeinflussung beruhen (vgl. BGHR StPO § 302 Abs. 1 Satz 1 Rechtsmit-telverzicht 8). Hierfür ergeben sich aus den Schreiben des Angeklagten und seines Verteidigers erst recht keine Anhaltspunkte. 7 3. Die vom Verteidiger erneut eingelegte Revision und der Antrag auf Wiedereinsetzung sind unzulässig. Die Rücknahmeerklärung enthält regelmä-ßig den Verzicht auf die Wiederholung des Rechtsmittels (vgl. BGHSt 10, 245, 247; [X.], 211; [X.], 1974, 1975; [X.], 181; BGHR StPO § 302 Abs. 2 Rücknahme 2 und 7 jeweils m.w.[X.]). Zudem war 8 - 6 - die zurückgenommene Revision zunächst form- und fristgerecht eingelegt [X.]. Ist aber keine Frist im Sinne des § 44 StPO versäumt, ist eine Wiederein-setzung in den vorigen Stand ausgeschlossen. [X.] Rothfuß Roggenbuck Appl

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2 StR 522/05

30.11.2005

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 30.11.2005, Az. 2 StR 522/05 (REWIS RS 2005, 542)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2005, 542

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