Bundesgerichtshof, Beschluss vom 06.12.2016, Az. 4 StR 558/16

4. Strafsenat | REWIS RS 2016, 1361

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Gegenstand

Revision in Strafsachen: Wirksamkeit der Ermächtigung zur Rücknahme der Revision; Widerruf der Ermächtigung


Tenor

Es wird festgestellt, dass die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des [X.] vom 19. September 2016 wirksam zurückgenommen ist.

Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe

I.

1

Das [X.] hat den Angeklagten wegen schwerer räuberischer Erpressung in zwei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit räuberischem Angriff auf einen Kraftfahrer und gefährlicher Körperverletzung sowie in einem weiteren Fall in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und drei Monaten verurteilt und eine Adhäsionsentscheidung getroffen. Gegen dieses Urteil hat der Angeklagte durch seinen Pflichtverteidiger form- und fristgerecht Revision eingelegt. Mit [X.] vom 7. Oktober 2016, beim [X.] eingegangen am selben Tag, hat der Verteidiger erklärt, er nehme die Revision "namens und im Auftrag des Angeklagten" zurück. In einem selbst verfassten, undatierten Schreiben, das am 14. Oktober 2016 beim [X.] eingegangen ist, hat der Angeklagte unter Bezugnahme auf das Schreiben seines Verteidigers vom 7. Oktober 2016 vorgetragen, er nehme die Revision nicht zurück, habe seinen Verteidiger mit der [X.] auch nicht beauftragt oder einer solchen Rücknahme zugestimmt.

2

Auf Anfrage des [X.]s hat der Verteidiger mit [X.] vom 19. Oktober 2016 anwaltlich versichert, er sei mit dem Angeklagten im Rahmen einer Besprechung am 28. September 2016 mündlich übereingekommen, die Revision zurückzunehmen. Der Angeklagte habe ihn hierbei gebeten, mit der Rücknahme noch mindestens eine Woche zu warten. Daraufhin habe er mit [X.] vom 7. Oktober 2016 die [X.] erklärt.

3

Mit [X.] vom 24. November 2016 hat der Verteidiger das Rechtsmittel vorsorglich begründet.

II.

4

Die am 26. September 2016 eingelegte Revision ist wirksam zurückgenommen (§ 302 Abs. 1 [X.]).

5

1. Der Verteidiger war zur [X.] ermächtigt. Im Zeitpunkt der Abgabe der Rücknahmeerklärung lag die gemäß § 302 Abs. 2 [X.] erforderliche ausdrückliche Ermächtigung des Angeklagten vor. Für diese ist keine bestimmte Form vorgeschrieben; sie kann auch mündlich erteilt werden. Für ihren Nachweis genügt die anwaltliche Versicherung des Verteidigers (vgl. [X.], Beschluss vom 15. April 2015 – 1 [X.], [X.], 24 f.; Beschluss vom 10. Februar 2005 – 3 StR 12/05, [X.], 583; [X.]/Hoch, 2. Aufl., § 302 Rn. 18 f.). Der Verteidiger hat mit [X.] vom 19. Oktober 2016 im Einzelnen dargelegt, unter welchen Umständen die Ermächtigung zur [X.] als Ergebnis einer Besprechung mit dem Angeklagten in der Justizvollzugsanstalt am 28. September 2016 zustande kam und die Richtigkeit seines Vortrags anwaltlich versichert. Der [X.] hat keinen Anlass, an diesen Angaben zu zweifeln, die vor dem Hintergrund des [X.] ein schlüssiges Bild ergeben.

6

2. Der Angeklagte hat die dem Verteidiger erteilte Ermächtigung auch nicht wirksam widerrufen. Ein Widerruf der Ermächtigung zur [X.] ist nur zulässig, solange die Rücknahmeerklärung noch nicht bei Gericht eingegangen ist (vgl. [X.], Beschluss vom 8. März 2005 – 4 [X.], [X.], 211). Das vom Angeklagten selbstverfasste, undatierte Schreiben ging dem [X.] jedoch erst am 14. Oktober 2016 und damit nach Eingang der Rücknahmeerklärung zu.

7

3. An die danach wirksame [X.] ist der Angeklagte gebunden. Diese ist grundsätzlich unwiderruflich und unanfechtbar (vgl. [X.], Beschluss vom 15. April 2015 – 1 [X.], aaO). Durch sein beim [X.] am 14. Oktober 2016 [X.] konnte die [X.] daher nicht widerrufen oder sonst zurückgenommen werden.

8

4. Ob dem vorerwähnten Schreiben des Angeklagten eine erneute Revisionseinlegung zu entnehmen ist, kann dahinstehen. Da die [X.] einen Verzicht auf die Revisionseinlegung enthält, wäre eine danach erneut eingelegte Revision grundsätzlich unzulässig (vgl. [X.], Beschlüsse vom 15. April 2015 – 1 [X.], aaO; vom 3. Mai 1957 – 5 StR 52/57, [X.]St 10, 245, 247; [X.]/[X.], [X.], 59. Aufl., § 302 Rn. 12 mwN).

III.

9

Die Kostenentscheidung folgt aus § 473 Abs. 1 Satz 1 [X.] (vgl. [X.], Beschluss vom 30. November 1999 – 4 StR 549/99).

Sost-Scheible                         Roggenbuck                        Cierniak

                         Bender                               [X.]

Meta

4 StR 558/16

06.12.2016

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Mühlhausen, 19. September 2016, Az: 219 Js 44439/16 - 3 KLs jug

§ 302 Abs 2 StPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 06.12.2016, Az. 4 StR 558/16 (REWIS RS 2016, 1361)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 1361

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