Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 08.12.2011, Az. 4 StR 428/11

4. Strafsenat | REWIS RS 2011, 681

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

Urteil

4 StR 428/11
vom

8. Dezember 2011

in der Strafsache

gegen

wegen schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes u.a.

-
2
-
Der 4.
Strafsenat des [X.] hat in der Sitzung vom 8. Dezember
2011, an der teilgenommen haben:

Vorsitzender
Richter am [X.]
Dr. [X.],

[X.] am [X.]
Cierniak,
[X.],
[X.],
[X.],

Bundesanwalt beim [X.]

als Vertreter des
[X.]s,

Rechtsanwältin

als Verteidigerin,

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:

-
3
-
1.
Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des [X.] vom 12. April 2011 wird verwor-fen.

2.
Die Kosten des
Rechtsmittels und die dem Angeklagten durch dieses entstandenen notwenigen Auslagen hat die Staatskasse zu tragen.

Von Rechts wegen

Gründe:

Das [X.] hat den Angeklagten wegen schweren sexuellen [X.] eines Kindes und wegen sexuellen Missbrauchs eines Kindes in drei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und acht Monaten verur-teilt und die Vollstreckung dieser Strafe zur Bewährung ausgesetzt. Gegen das Urteil richtet sich die auf die Sachrüge gestützte, vom [X.] nicht vertretene Revision der Staatsanwaltschaft. Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.

1. Die Revision
ist wirksam auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt.

Die Beschwerdeführerin hat zwar einen unbeschränkten Antrag auf Auf-hebung des angefochtenen Urteils gestellt. Dieser steht aber im Widerspruch zu dem Angriffsziel des Rechtsmittels, wie es sich aus der [X.] ergibt. Den dort allein geführten Angriffen gegen den Rechtsfolgen-ausspruch ist -
auch soweit die Unvollständigkeit der Feststellungen geltend gemacht wird -
ein auf diesen
bezogener Beschränkungswille der Beschwerde-1
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-
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-
führerin zu entnehmen (vgl. Nr. 156 Abs. 2 [X.]; zur Auslegung in solchen Fällen
[X.], Beschluss vom 14. Mai 2002
-
1 StR 48/02 mwN).

2. Die Revision
der Staatsanwaltschaft hat keinen
Erfolg.
Ergänzend zu
den Ausführungen des [X.]s in der Antragsschrift vom 1. Sep-tember 2011 bemerkt der Senat:

a) [X.] durfte strafmildernd berücksichtigen, dass die Taten für die Opfer keine psychischen oder physischen Auswirkungen hatten und ha-ben (vgl. [X.], Urteil vom 15. Januar 1986 -
2 StR 608/85).

Die entsprechenden
Feststellungen
des [X.]s beruhen
auch auf einer tragfähigen Grundlage. [X.]
stützt
sie -
anders als die
Revisi-onsführerin vorträgt -
nicht nur auf die
Angaben der [X.] und der [X.], sondern zudem unter anderem auf die
Aussagen der
Mütter
der missbrauchten Kinder sowie die Angaben der Opfer selbst. Soweit die Staatsanwaltschaft meint, die Erzieherinnen könnten mangels fachlicher Quali-fikation die seelischen Folgen der Taten für die Opfer nicht beurteilen, zeigt sie einen sachlich-rechtlichen Mangel des Urteils nicht auf; eine zulässige Aufklä-rungsrüge hat sie hierzu nicht erhoben.

b) Es begegnet auch keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken, dass das [X.] bei der Zumessung der Strafe
im Fall 1 "positiv bewertet" hat, dass vom Angeklagten "keinerlei direkter körperlicher Zwang oder Gewalt

Die fehlende Gewaltanwendung darf einem
Angeklagten im Fall einer Verurteilung nach § 176 oder § 176a StGB als solche zwar nicht strafmildernd 4
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5
-
zugutegehalten werden (vgl. [X.], Urteil vom 5. März 1997 -
2 StR 641/96). Die den oben zitierten Ausführungen voranstehenden Darlegungen, wonach die Durchführung des [X.] an dem Jungen für diesen nicht mit "besonde-ren Schmerzen aufgrund der Länge und/oder Intensität oder des Einsatzes von Gewalt (in welcher Form auch immer) [verbunden war], die über das durch-schnittliche Maß hinausgehen, das mit dem Strafrahmen abgedeckt werden soll", insbesondere aber die Darlegungen in unmittelbarem Zusammenhang mit Kammer im unteren Bereich des Strafrahmens bleiben, da sie auch hier positiv oder Gewalt" ausging), belegen indes, dass es der
[X.] an dieser Stel-le
darauf ankam, die von ihr abzuurteilende Tat
in den hierfür zur Verfügung stehenden Strafrahmen einzuordnen. Hiergegen ist
nichts zu erinnern (vgl. auch [X.], Beschluss vom 19. Dezember 2007 -
5 [X.], StraFo
2008, 172).

c) Soweit der der Revision der Staatsanwaltschaft beigetretene General-staatsanwalt meint, das [X.] hätte
die nach § 154 Abs. 2 StPO einge-stellten sowie die dem Angeklagten in der [X.] (deren Einbezie-hung der Angeklagte nicht zugestimmt hat) zur Last gelegten Taten strafschär-fend berücksichtigen müssen, fehlt es an einer zulässigen Verfahrensrüge
(vgl. [X.], Beschluss vom 30. Mai 2000 -
1 [X.], [X.], 174, 175). Aus dem Urteil selbst ergibt sich weder, dass die [X.] diese Taten
-
wie erforderlich
(vgl. [X.], Beschluss vom 14. Januar 2009 -
1 [X.], [X.], 154 mwN)
-
festgestellt hat,
noch dass sie den Angeklagten auf deren strafschärfende Berücksichtigung hingewiesen hat.

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6
-
d) Die Verhängung von Einzelstrafen in den Fällen II.3. und 4. der Ur-teilsgründe (Griff an das Geschlechtsteil der Jungen über der Kleidung und -
im Fall II.4. -
ein Kuss auf die Nase) in Höhe der Mindeststrafe des § 176 Abs. 1 StGB von sechs Monaten gegen den nunmehr knapp 85jährigen Angeklagten ist angesichts von der [X.] hervorgehobenen Besonderheiten des [X.] nicht unvertretbar.
Sie weist -
wie auch die weiteren Einzelstrafen, die Ge-samtstrafe und auch die Bewilligung der Strafaussetzung zur Bewährung -
kei-nen Rechtsfehler auf.

3. Das Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft hat auch zugunsten des [X.] keinen Erfolg (§ 301 StPO).

Die mehrfache Erörterung der Verurteilung des Angeklagten wegen "[X.]" im Jahr 1957
in dem Urteil, etwa im Rahmen der Strafzu-messung ([X.] f.), begegnet Bedenken und gibt Anlass zu dem Hinweis, dass das Verwertungsverbot des §
51 Abs. 1 BZRG auch dann besteht, wenn der Angeklagte eine getilgte oder [X.] Vorstrafe von sich aus mitgeteilt hat (vgl. [X.], Beschlüsse vom 6. Dezember 2000 -
1 [X.], [X.], 237; vom 20. August 2002 -
5 [X.], [X.], 444 jeweils mwN).

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7
-
Der Senat schließt jedoch aus, dass die von der [X.] verhängten Stra-fen hiervon beeinflusst sind, zumal
die [X.] im Fall 1 gleichwohl einen minder schweren Fall angenommen
und bei der Bemessung der Gesamtstrafe darauf verwiesen hat, dass die Verurteilung wegen Unzucht mit Kindern nicht als strafschärfende Vorstrafe zu behandeln sei ([X.]).

[X.] Cierniak Franke

Mutzbauer Quentin

Meta

4 StR 428/11

08.12.2011

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 08.12.2011, Az. 4 StR 428/11 (REWIS RS 2011, 681)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 681

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4 StR 428/11

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