Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 14.02.2008, Az. V ZB 108/07

V. Zivilsenat | REWIS RS 2008, 5564

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[X.][X.] vom 14. Februar 2008 in dem Zwangsversteigerungsverfahren - 2 - Der V. Zivilsenat des [X.] hat am 14. Februar 2008 durch [X.] [X.], [X.] Lemke und [X.], die Richterin [X.] und [X.] Czub beschlossen: Die Rechtsbeschwerde gegen den [X.]uss der 5. Zivilkammer des [X.] vom 9. August 2007 wird auf Kosten der Beteiligten zu 3 zurückgewiesen. Der Gegenstandswert des [X.] beträgt 11.475 •. Gründe: [X.] Der Beteiligte zu 1 erwarb den im Eingang dieses [X.]usses bezeich-neten Grundbesitz des Beteiligten zu 2 durch Erteilung des Zuschlags in der Zwangsversteigerung. Die Büroräume des aufstehenden Gebäudes werden von der Beteiligten zu 3 genutzt. Die Rechtsgrundlage hierfür sieht sie in einem [X.] vom 11. März 2003, wonach sie alle Rechte und Pflichten des [X.] aus einem Mietvertrag vom 20. Januar 2003 zwischen diesem Unternehmen und dem Beteiligten zu 2 übernommen hat. 1 In dem Zwangsversteigerungsverfahren meldete der Beteiligte zu 2 als Mieter Baukosten an. 2 - 3 - Der Beteiligte zu 1 hat eine vollstreckbare Ausfertigung des Zuschlags-beschlusses beantragt, die sich in der Vollstreckungsklausel gegen die [X.] richtet. Das Amtsgericht hat den Antrag zurückgewiesen. Auf die [X.] Beschwerde hat das [X.] das Amtsgericht angewiesen, die Erteilung der Vollstreckungsklausel nicht wegen des [X.] zu ver-sagen. 3 Mit der von dem [X.] zugelassenen Rechtsbeschwerde will die Beteiligte zu 3 die Wiederherstellung der amtsgerichtlichen Entscheidung errei-chen. Der Beteiligte zu 1 beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels. 4 I[X.] Nach Ansicht des [X.] darf der Beteiligte zu 1 gegen die Beteiligte zu 3 die auf Räumung und Herausgabe gerichtete Zwangsvollstre-ckung aus dem Zuschlagsbeschluss betreiben, weil der [X.] keinen ausreichenden Anhaltspunkt für ein Besitzrecht der Beteiligten zu 3 nach § 57 [X.] bietet. Bedenken bestünden gegen die Wirksamkeit dieses Vertrags, weil der Mietvertrag vom 20. Januar 2003 wegen Personenidentität auf Vermieter- und Mieterseite unwirksam sein dürfte. Selbst wenn der [X.] wirksam sei, begründe dies kein Besitzrecht der Beteiligten zu 3; denn die Vereinbarung sei ein Scheinvertrag. 5 Das hält der rechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand. 6 - 4 - II[X.] Das Rechtsmittel ist - ungeachtet des Umstands, dass die Sache entge-gen der Ansicht des [X.] keine grundsätzliche Bedeutung ([X.] dazu nur Senat, [X.], 288, 291 m. umfangr. [X.]) hat und deshalb kein Grund zur Zulassung der Rechtsbeschwerde bestand - statthaft (§ 574 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2 ZPO) und im Übrigen zulässig (§ 575 ZPO). Es ist jedoch unbegründet. Das Beschwerdegericht hat ein die [X.] Besitzrecht der Beteiligten zu 3 zu Recht verneint. 7 1. Nach § 93 Abs. 1 Satz 2 [X.] soll der Ersteher aus dem Zuschlagsbe-schluss die Zwangsvollstreckung gegen den Besitzer auf Räumung und Her-ausgabe von Geschäftsräumen nicht betreiben, wenn dieser aufgrund eines Rechts besitzt, welches durch den Zuschlag nicht erloschen ist. Ein solches Recht kann dem Mieter nach Maßgabe des § 57 [X.] zustehen. Sind ihm die Räume überlassen, findet die Vorschrift des § 566 BGB i.V.m. § 578 Abs. 2 BGB Anwendung. Dies setzt allerdings voraus, dass es noch vor der Versteige-rung zur Überlassung der Räume durch den Vermieter in Erfüllung seiner Pflichten aus § 535 Abs. 1 BGB gekommen ist; die Besitzeinräumung muss [X.] im Hinblick auf das Mietverhältnis erfolgt sein. Denn § 57 [X.] will allein den im Zeitpunkt des Zuschlags bereits besitzenden Mieter vor einer [X.] Räumung schützen. Durch das vereinfachte Klauselerteilungsverfah-ren, das es dem Ersteher ermöglicht, aus dem Zuschlagsbeschluss gegen den Besitzer von Räumen vorzugehen, darf dann nicht in ein bestehendes Recht zum Besitz eingegriffen werden, wenn es nach § 57 [X.] schützenswert ist. Wird ein solches Recht geltend gemacht, ist nach § 93 Abs. 1 Satz 2 [X.] zu prüfen, ob es einer Klauselerteilung entgegensteht. Auch wenn der Besitzer nicht den vollen (materiellen) Beweis für sein Besitzrecht erbringen muss, [X.] es nicht, dass er sich lediglich auf ein solches Recht beruft. Es müssen 8 - 5 - - von ihm im Einzelnen darzulegende - Anhaltspunkte gegeben sein, die sein Besitzrecht zumindest nahe legen. Anderenfalls bestünde die Gefahr, dass der Missbrauch der Schutzvorschriften des Zwangsversteigerungsgesetzes - insbesondere des § 57 [X.] - zum Nachteil des [X.] gefördert und das vereinfachte Klauselerteilungsverfahren dadurch entwertet würde (siehe zu [X.], [X.]. v. 27. Februar 2004, [X.] 269/03, [X.], 754 f.). 2. Solche Anhaltspunkte hat die Beteiligte zu 3 nicht ausreichend darge-legt. 9 a) Unklar ist allerdings, was das Beschwerdegericht im Hinblick auf den [X.] mit dem Begriff "Scheinvertrag" hat ausdrücken wollen. Falls es von einem Scheingeschäft nach § 117 Abs. 1 BGB ausgegan-gen ist, trägt seine Begründung diese Annahme nicht. Denn der Umstand, dass die Beteiligte zu 3 zur Sicherung ihres sich aus § 57 [X.] ergebenden Besitz-rechts in dem Zwangsversteigerungsverfahren nicht als Mieterin benannt [X.], ist kein Indiz dafür, dass sie und der Beteiligte zu 2 einverständlich nur den äußeren Schein eines Rechtsgeschäfts hervorrufen, die mit dem [X.] verbundenen Rechtsfolgen jedoch nicht eintreten lassen wollten. Auch spricht der Vortrag der Beteiligten zu 3, dass die Vermietung der Räume steuerrechtliche Gründe gehabt habe, gegen ein Scheingeschäft; die von dem Beteiligten zu 2 erstrebten Steuervorteile ließen sich nämlich nur mit einem wirksamen Mietvertrag erzielen. Schließlich hat das Beschwerdegericht den Vortrag der Beteiligten zu 3 nicht berücksichtigt, dass sie seit Februar 2005 für die Überlassung der Räume Miete an den Beteiligten zu 2 zahle. Diese Zahlun-gen sprechen ebenfalls gegen ein Scheingeschäft. 10 b) Rechtlich nicht zu beanstanden ist es, dass das Beschwerdegericht die Frage der Wirksamkeit des Mietvertrags vom 20. Januar 2003 offen [X.] - 6 - sen hat. Die gegen seine Bedenken gerichteten Angriffe der Rechtsbeschwerde sind deshalb unerheblich. Denn sowohl im Fall der Wirksamkeit als auch im Fall der Unwirksamkeit beurteilt es sich nach dem [X.], ob die Beteiligte zu 3 ein die [X.] Recht zum Besitz hat. Entweder hat sie - angeblich - die Rechte und Pflichten der vorherigen Mieterin übernommen, oder es ist - im Wege der Auslegung (§ 157 BGB) oder der Um-deutung (§ 140 BGB) - (vgl. Senat, Urt. v. 11. Dezember 1981, [X.], NJW 1982, 2381, 2382) davon auszugehen, dass - angeblich - zu ihren Gunsten ein Mietvertrag mit dem Inhalt des [X.] neu vereinbart wurde. c) Wie das Beschwerdegericht weitgehend zutreffend dargelegt hat, kann nicht davon ausgegangen werden, dass der [X.] die Erteilung der von dem Beteiligten zu 1 beantragten Vollstreckungsklausel [X.]. 12 [X.]) Zwar können sowohl die Mietzahlungen der Beteiligten zu 3 seit [X.] 2005 als auch die Inbesitznahme der Räume durch sie im Jahr 2003 [X.] sein, die für den Abschluss eines Mietvertrags vor der Zuschlagserteilung sprechen. Auch mag es zur Zerstreuung der von dem Zwangsverwalter in sei-nem Bericht vom 21. November 2005 geäußerten rechtlichen Bedenken gegen die Wirksamkeit des Mietvertrags vom 20. Januar 2003 sinnvoller gewesen sein, einen eigenständigen neuen Mietvertrag zu schließen, als sich auf den [X.] zu berufen, wenn ein Mietverhältnis der Beteiligten zu 3 nur vorgeschoben werden sollte. 13 [X.]) Aber gegen das tatsächliche Bestehen dieses Mietverhältnisses spricht neben den übrigen von dem Beschwerdegericht angeführten [X.] entscheidend, dass nicht die Beteiligte zu 3, sondern der Beteiligte zu 2 am 14 - 7 - 9. Januar 2006 persönlich und am 16. November 2006 unter seiner Einzelfirma (vgl. den im Mietvertrag vom 20. Januar 2003 verwendeten Stempel) als Mieter bei dem Vollstreckungsgericht einen Baukostenzuschuss angemeldet hat. [X.] Anmeldung entbehrte der Grundlage, wenn man davon ausgeht, dass der Beteiligten zu 3 mit dem [X.] dieselbe Rechtsstellung wie die der früheren Mieterin übertragen wurde. Die Anmeldung konnte keinen Kündigungsschutz zugunsten der Beteiligten zu 3 (§ 57c [X.]) bewirken; sie war - die von der Beteiligten zu 3 behauptete Wirksamkeit des [X.] unterstellt - unsinnig. Weshalb dieser Weg gleichwohl beschrit-ten wurde, hat die Beteiligte zu 3 nicht erklärt, sondern sich lediglich auf den Vertrag berufen. 4. Somit hat sie nicht genügend Anhaltspunkte vorgetragen, die ihr [X.] im Zeitpunkt der Zuschlagserteilung nahe legen. Die Entscheidung des [X.] hat deshalb Bestand. [X.] Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Sie ist hier ver-anlasst, weil es sich um eine gegenüber dem vorhergehenden Zwangsverstei-gerungsverfahren eigenständige Streitigkeit handelt, bei der sich die Beteiligten zu 1 und 3 wie Parteien in einem Zivilprozess gegenüberstehen. 16 - 8 - 2. Die Entscheidung über den Gegenstandswert beruht auf § 41 Abs. 1 GKG. 17 [X.]Stresemann Czub Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 02.05.2007 - 2 K 697/04 - [X.], Entscheidung vom 09.08.2007 - 5 T 371/07 -

Meta

V ZB 108/07

14.02.2008

Bundesgerichtshof V. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 14.02.2008, Az. V ZB 108/07 (REWIS RS 2008, 5564)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2008, 5564

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