Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 31.01.2012, Az. VIII ZR 277/11

VIII. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 9632

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VIII ZR 277/11

vom

31. Januar
2012

in dem Rechtsstreit

-
2
-
Der VIII.
Zivilsenat des [X.] hat am 31. Januar 2012
durch den Vorsitzenden [X.], die Richterin
Dr.
[X.],
den
Richter Dr.
Achilles, die Richterin Dr.
[X.] und [X.]
Bünger
beschlossen:
Der Senat beabsichtigt, die zugelassene Revision der Beklagten gemäß §
552a ZPO zurückzuweisen.

Gründe:
1. Ein Grund für die Zulassung der Revision liegt nicht vor (§
552a Satz
1, §
543 Abs.
2 Satz
1 ZPO). Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung (§
543 Abs.
2 Satz
1 Nr.
1 ZPO) noch ist eine Entscheidung des [X.] zur Fortbildung des Rechts (§
543 Abs.
2 Satz
1 Nr.
2 Alt.
1 ZPO) oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§
543 Abs.
2 Satz
1 Nr.
2 Alt.
2 ZPO) erforderlich.
a) Das Berufungsgericht hat die Auffassung vertreten, dass die Beklagte, eine Versicherungsgesellschaft [X.] Rechts, die in L.

Eigen-tümerin eines Wohnkomplexes mit 142 Mietwohnungen ist,
über ausreichend kaufmännisch vorgebildetes Personal verfügt
und insoweit mit einem gewerbli-chen Großvermieter im Sinne des [X.] vom 6.
Oktober 2010 (VIII
ZR 271/09, [X.], 740 Rn.
9
f.) jedenfalls vergleichbar sei, gegenüber dem im Zeitraum von Dezember 2009 bis Februar
2010 mit seinen Mietzahlungen ganz oder teilweise säumigen Kläger sowohl die Erstmahnung hinsichtlich der [X.] Mietrückstände als auch die darauf gestützte fristlose Kündigung des Mietverhältnisses ohne Beauftragung eines Rechtsanwalts selbst hätte vor-1
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-
3
-
nehmen können und müssen. Es hat die Revision zur Klärung der Frage [X.], ob bei einem -
wie hier
-
rechtlich und tatsächlich einfach gelagerten Sachverhalt für diese Maßnahmen die Einschaltung eines Rechtsanwalts zweckmäßig und erforderlich gewesen sei und die dadurch entstandenen Kos-ten damit als Verzugsschaden erstattungsfähig seien,
oder ob die Beklagte
nach ihrer Infrastruktur nicht in der Lage hätte sein müssen, diese Schreiben ohne Inanspruchnahme anwaltlicher Hilfe selbst zu verfassen.
b) Die vom Berufungsgericht angestellten Erwägungen tragen keinen der im Gesetz genannten Zulassungsgründe (§
543 Abs.
2 ZPO).
In der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist geklärt, dass ein Schädiger nicht schlechthin alle durch ein Schadensereignis adäquat verursachten Rechtsverfolgungskosten des Geschädigten zu ersetzen hat, sondern nur sol-che Kosten, die aus der ex ante-Sicht einer vernünftigen, wirtschaftlich denken-den Person in der Situation des Geschädigten nach den Umständen des Falles zur Wahrung und Durchsetzung seiner Rechte erforderlich und zweckmäßig waren ([X.], Urteile vom 6.
April 1976 -
VI
ZR 246/74, [X.]Z 66, 182, 192; vom 30.
April 1986 -
VIII
ZR 112/85, [X.], 1056 unter IV; vom 8.
November 1994 -
VI
ZR 3/94, [X.]Z 127, 348, 350
f.; vom 6.
Oktober 2010 -
VIII
ZR 271/09, aaO Rn.
9). Ob die Erforderlichkeit und Zweckmäßigkeit der ergriffenen Maßnahme gegeben ist, entzieht sich dabei einer generalisierenden Betrach-tung; dies ist vielmehr vom Tatrichter aufgrund einer Würdigung der Umstände des Einzelfalls festzustellen ([X.], Urteile vom 6.
April 1976 -
VI
ZR 246/74, aaO S.
193; vom 9.
März 2011 -
VIII
ZR 132/10, [X.], 214 Rn.
23). Dabei gilt -
und zwar auch hinsichtlich der Anforderungen an die
fristlose Kündigung eines Mietverhältnisses wegen Mietzahlungsverzugs (vgl. Senatsurteil vom 6.
Oktober 2010 -
VIII
ZR 271/09, aaO Rn.
10)
-, dass in einfach gelagerten [X.], bei denen mit rechtlichen oder tatsächlichen Schwierigkeiten nicht zu rech-3
4
-
4
-
nen ist, der Geschädigte eine erstmalige Geltendmachung seiner Rechte grundsätzlich selbst vornehmen kann,
und dass es unter diesen Umständen zur sofortigen Einschaltung eines Rechtsanwalts zusätzlicher Voraussetzungen in der Person des Geschädigten wie etwa eines Mangels an geschäftlicher Ge-wandtheit oder einer Verhinderung zur Wahrnehmung seiner Rechte bedarf ([X.], Urteil vom 8.
November 1994 -
VI
ZR 3/94, aaO S.
352 mwN).
Vor diesem Hintergrund kommt der Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung zu noch bietet der vorliegende Fall Veranlassung, höchstrichterliche Leitsätze aufzustellen, für die nur dann ein Bedürfnis besteht, wenn es für die rechtliche Beurteilung typischer oder verallgemeinerungsfähiger Lebenssach-verhalte an einer richtungsweisenden Orientierungshilfe ganz oder teilweise fehlt (vgl. Senatsbeschluss vom 13.
September 2011 -
VIII
ZR 84/11, [X.], 690 Rn.
8). Denn die Beantwortung der im Streitfall aufgeworfenen Rechtsfrage hängt weitgehend von der dem Tatrichter obliegenden
Würdigung der
betreffenden Einzelfallumstände ab, für die der rechtliche Rahmen in der höchstrichterlichen Rechtsprechung bereits abgesteckt ist und an der
sich das Berufungsgericht ersichtlich orientiert hat, so dass zugleich auch unter dem Ge-sichtspunkt der Sicherung
einer einheitlichen Rechtsprechung keine Entschei-dung des [X.] gefordert ist.
2. Die Sache hat auch keine Aussicht auf Erfolg. Das Berufungsurteil hält rechtlicher Nachprüfung stand.
a) Das Berufungsgericht ist -
ohne dass die
Revision
dies beanstandet
-
rechtsfehlerfrei von einem tatsächlich und rechtlich einfach gelagerten Mietzah-lungsverzugs-
und Kündigungssachverhalt ausgegangen. Der Kläger war zwei-felsfrei mit Mietzahlungen in Rückstand geraten, die zwei Monatsmieten über-5
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-
5
-
stiegen. Einwendungen gegen seine Verpflichtung zur Zahlung der (vollen) Mie-te hatte er weder
erhoben noch waren sie sonst ersichtlich.
Bei dieser Sachlage konnte das Berufungsgericht den Sachverhalt ohne Rechtsfehler dahin würdigen, dass es sich um einen mietrechtlichen Routinefall gehandelt hat, bei dem weder zur Erstmahnung noch zum Ausspruch der auf den Zahlungsrückstand gestützten Kündigung des Mietverhältnisses die Beauf-tragung eines Rechtsanwalts zweckmäßig und erforderlich war. Die Beklagte ist
Großvermieterin
im Sinne des [X.]
vom 6.
Oktober 2010 (VIII
ZR 271/09, aaO). Vor diesem Hintergrund macht es keinen Unterschied, dass sie ihren Sitz im Ausland hat. Zu Recht
konnte das Berufungsgericht annehmen, dass die Beklagte bei ihrem
inländischen Wohnungsbestand ohne Weiteres in der Lage war, durch das bei ihr vorhandene kaufmännisch vorgebildete [X.] sowohl die Erstmahnung hinsichtlich des bereits auf den ersten Blick über-schaubaren Mietrückstandes als auch die hierauf gestützte Kündigung auszu-sprechen, an deren Abfassung keine besonderen Anforderungen zu stellen wa-ren.
b) Anders als die Revision meint, konnte das Berufungsgericht ferner oh-ne Rechtsfehler davon ausgehen, dass allein der Umstand, die Forderungsein-ziehung über einen Rechtsanwalt zu betreiben, um durch einen damit
gegebe-nenfalls erzeugten Druck die Zahlungsmoral des Schuldners zu erhöhen, die Erforderlichkeit und Zweckmäßigkeit der Beauftragung eines Rechtsanwalts bereits zu der in Rede stehenden Erstmahnung -
für den rechtsgestaltenden [X.] spielt dieser Gesichtspunkt ohnehin nur eine unterge-ordnete Rolle
-
nicht rechtfertigen konnte. Es liegt im Rahmen einer zulässigen tatrichterlichen Würdigung, wenn das Berufungsgericht bei der hier gegebenen Fallgestaltung davon ausgegangen
ist, dass zumindest der Versuch einer Erst-8
9
-
6
-
mahnung durch die Beklagte selbst notwendig gewesen wäre, bevor [X.] Kosten durch die Einschaltung eines Rechtsanwalts verursacht wurden.
3. Es besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen drei Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses.
[X.]
Dr. [X.]
Dr. Achilles

Dr. [X.]
Dr. Bünger

Hinweis:
Das Revisionsverfahren ist durch Zurückweisungsbeschluss vom 20.
März 2012 erledigt worden.

Vorinstanzen:
[X.] ([X.]), Entscheidung vom 21.04.2011 -
12 [X.]/11 -

LG [X.], Entscheidung vom 24.08.2011 -
1 [X.]/11 -

10

Meta

VIII ZR 277/11

31.01.2012

Bundesgerichtshof VIII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 31.01.2012, Az. VIII ZR 277/11 (REWIS RS 2012, 9632)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 9632

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VIII ZR 277/11

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