Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 08.02.2012, Az. 4 StR 621/11

4. Strafsenat | REWIS RS 2012, 9393

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4
StR 621/11
vom
8.
Februar 2012
in der Strafsache
gegen

1.

2.

3.

4.

wegen
zu Ziff. 1. und 2. versuchter schwerer räuberischer Erpressung u.a.

zu Ziff. 3.

Beihilfe zur versuchten schweren räuberischen

Erpressung

zu Ziff. 4.

versuchter Erpressung u.a.

-
2
-
Der 4. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.] und der Beschwerdeführer
am 8.
Februar 2012 gemäß §
349 Abs.
2 und 4 StPO beschlossen:
1.
Auf die Revisionen der Angeklagten [X.].

, S.

und
H.

wird das Urteil des [X.] [X.]werin vom 23.
Mai 2011, soweit es diese Angeklagten betrifft, mit den Feststellungen aufgehoben

a)
im Fall II.
1 der Urteilsgründe
und
b)
in den [X.].
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhand-lung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechts-mittel
dieser Angeklagten, an eine andere [X.] des [X.] zurückverwiesen.
2.
Die weiter
gehenden Revisionen der Angeklagten [X.].

,
S.

und H.

sowie die Revision des Angeklagten [X.]w.

werden verworfen.
3.
Der Angeklagte [X.]w.

hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

-
3
-
Gründe:
Das [X.] hat die Angeklagten [X.].

und S.

der versuchten schweren räuberischen Erpressung, der versuchten Erpressung sowie der Nö-tigung, den Angeklagten [X.]w.

der versuchten Erpressung sowie der Nöti-gung und den Angeklagten H.

der Beihilfe zur versuchten schweren räuberischen Erpressung schuldig gesprochen. Es hat den Angeklagten [X.].

unter Einbeziehung der Freiheitsstrafe von neun Monaten aus einem weiteren Urteil zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und vier Monaten, den Angeklagten S.

zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten, den Angeklagten [X.]w.

zu einer solchen von sieben Monaten und den Angeklagten H.

zu einer Geldstrafe
von 120
Tagessätzen zu je
70
Euro verurteilt. Ferner hat das [X.] eine Lederweste
des Angeklag-ten S.

eingezogen.
Gegen ihre Verurteilung wenden sich die Angeklagten [X.]eils mit der Sachrüge. Die Angeklagten [X.].

, S.

und [X.]w.

beanstanden darüber hinaus das Verfahren, der Angeklagte [X.]w.

macht ein Verfahrenshindernis geltend. Die Rechtsmittel der Angeklagten [X.].

, S.

und H.

haben den aus der [X.] ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen sind sie unbe-gründet im Sinne von §
349 Abs.
2 StPO. Dem Rechtsmittel des Angeklagten [X.]w.

bleibt
insgesamt der Erfolg versagt.
I.
Das vom Angeklagten [X.]w.

geltend gemachte Verfahrenshindernis der nicht hinreichend konkretisierten Anklage besteht nicht. Auch die von ihm und den Angeklagten [X.].

und S.

erhobenen Verfahrensrügen haben keinen Erfolg. Insoweit wird auf die zutreffenden Ausführungen in den Antrags-1
2
3
-
4
-
schriften des [X.] vom 30.
November 2011 Bezug genom-men.
II.
Soweit die Angeklagten [X.].

und S.

in den Fällen II.
2 und II.
3
der Urteilsgründe wegen versuchter Erpressung und wegen Nötigung verurteilt worden sind, hat die Nachprüfung des angefochtenen Urteils aufgrund der von den Angeklagten [X.]eils erhobenen Sachbeschwerde keinen Rechtsfehler zu deren Nachteil ergeben.
Die Verurteilung des Angeklagten [X.]w.

ist insgesamt frei von diesen [X.].
III.
1. Demgegenüber hält die Verurteilung der Angeklagten [X.].

, S.

und H.

im Fall II.
1
der Urteilsgründe rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
a) Das [X.] hat nicht geprüft, ob die Angeklagten vom Versuch der schweren räuberischen Erpressung mit strafbefreiender Wirkung zurückge-treten sind (§
24 Abs.
2 Satz
1 StGB).
§
24 Abs.
2 Satz
1 StGB verlangt ohne Rücksicht auf die Frage, ob ein beendeter oder unbeendeter Versuch vorliegt, die Verhinderung der Tatvollen-dung. Dabei bestehen grundsätzlich die gleichen Anforderungen wie beim Al-leintäter, so dass insbesondere das Verhalten des Zurücktretenden für das Ausbleiben der Vollendung zumindest mitursächlich werden muss. Unter Ab-satz
2 Satz
1 hat die Rechtsprechung des [X.] auch die Fälle gefasst, in denen die Beteiligten an der Tat den Rücktritt einvernehmlich durch-führen ([X.], Urteil vom 14.
Mai 1996 -
1
StR 51/96, [X.]St
42, 158, 162;
4
5
6
7
8
-
5
-
Senatsbeschluss vom 4.
April 1989 -
4
StR 125/89, NStZ
1989, 317, 318). [X.] wird es als ausreichend angesehen, wenn ein Beteiligter mit dem Rücktritt des anderen einverstanden ist. Handeln alle Beteiligten einvernehmlich, kann das schlichte Nicht-Weiterhandeln für die Erfolgsverhinderung im Sinne von §
24 Abs.
2 Satz
1 StGB ausreichen (vgl. Senatsbeschluss aaO; Lilie/Albrecht
in LK-StGB, 12.
Aufl.,
§
24 Rn.
42; [X.]/[X.]/[X.]uhr, §
24 Rn.
58, [X.]. [X.]). Diese Grundsätze gelten auch für den Gehilfen, der anderenfalls
bei einem wirksamen Rücktritt des [X.], der bereits zur Erfolgsverhinderung führt, trotz [X.] überhaupt nicht zurücktreten könnte ([X.], [X.] vom 28.
Oktober 1998 -
5
StR
176/98, [X.]St
44, 204, 208).
b) Danach können die Angeklagten [X.].

, S.

und H.

im vor-liegenden Fall [X.]eils als Tatbeteiligte vom Versuch der schweren räuberischen Erpressung zurückgetreten sein, indem sie [X.] die gegenüber dem Geschädigten W.

erhobene Forderung zur Zahlung einer "Strafe" in Höhe von 5.000
Euro nach dem Treffen mit dem Geschädigten in der

nicht weiter
verfolgten. Anlass für eine Erörterung der Vorausset-zungen des § 24 Abs. 2 Satz 1 StGB boten insbesondere die Feststellungen, die das [X.] zum Inhalt des zwischen dem Angeklagten H.

und dem Geschädigten W.

am 22.
Januar 2010 geführten Telefongesprächs
getroffen hat ([X.]). Der Zeuge sprach den Angeklagten H.

nach Absprache mit der Polizei, an die er sich inzwischen gewandt hatte, auf die [X.] einer Übergabe des von den Angeklagten geforderten Geldbetrages an. H.

verhielt sich jedoch abwehrend und versuchte, die vom [X.] als erwiesen angesehene, ursprünglich unter Drohungen erhobene Forde-rung ungeschehen zu machen. Er gab
dem Geschädigten unter Anderem zu verstehen,
er müsse kein Geld beschaffen,
da es eine entsprechende Forde-rung nicht (mehr) gebe. Ein weiteres Telefongespräch ähnlichen Inhalts führte der Angeklagte H.

mit dem Geschädigten am 27. Januar 2010. Dass der 9
-
6
-
Angeklagte H.

diese
Gespräche mit dem Geschädigten
nur nach
vorhe-riger
Abstimmung mit dem Mitangeklagten [X.].

S.

ist nahe liegend. Im Hinblick darauf und vor dem Hintergrund der im Urteil dargelegten hierarchischen Struktur dieser Gruppierung hätte die [X.] die Möglich-keit eines Rücktritts der Angeklagten vom Versuch der schweren räuberischen Erpressung im Sinne des § 24 Abs. 2 Satz 1 StGB nicht unerörtert lassen dür-fen.
2. Die Aufhebung der Verurteilung der Angeklagten [X.].

, S.

und H.

im Fall II.
1
der Urteilsgründe zieht die Aufhebung der gegen diese Angeklagten verhängten Gesamtstrafen nach sich. Die für sich genommen rechtsfehlerfreie Entscheidung über die Einziehung der Weste des Angeklagten S.

kann bestehen bleiben, da dieser Gegenstand
als Tatmittel auch im Fall II.
3
der Urteilsgründe Verwendung gefunden hat.
III.
Für die neue Verhandlung und Entscheidung weist der Senat auf Fol-gendes hin:
1. Für den Fall, dass ein strafbefreiender Rücktritt der Angeklagten in [X.] kommen sollte, wird insbesondere zu prüfen sein, ob dieser
freiwillig er-folgt ist. Ohne die Feststellung weiterer Umstände
vermag die vom [X.]
angestellte Erwägung, die Angeklagten hätten "offenbar" wegen des einsetzen-den Drucks der polizeilichen Ermittlungen von ihrer Geldforderung gegen den Geschädigten W.

Abstand genommen, als bloß möglich erscheinende allgemeine Furcht
vor Entdeckung der Tat die Freiwilligkeit nicht in Frage zu stellen (Fischer,
StGB,
59.
Aufl.,
§
24 Rn.
19a [X.]).
10
11
12
-
7
-
2. Beim Angeklagten [X.].

wird die erforderliche erneute Gesamt-strafenbildung wiederum unter Einbeziehung der Bewährungsstrafe aus dem Urteil des [X.] Rostock vom 15.
Juli 2010 vorzunehmen sein. Nach der neueren Rechtsprechung des [X.] ist der Ausgleich für die Nichterstattung von Leistungen zur Erfüllung einer Bewährungsauflage (vgl. §
58 Abs.
2 Satz
2 i.V.m. §
56f Abs.
3 Satz
2 StGB) jedoch regelmäßig durch eine die Strafvollstreckung verkürzende Anrechnung auf die Gesamtfreiheits-strafe zu bewirken ([X.], Beschluss vom 20.
März 1990 -
1
StR
283/89, [X.]St 36, 378, 383
f.; Senatsbeschluss vom 19.
Mai 1992 -
4
StR
207/92). Die allge-meine Berücksichtigung der in diesem Umstand liegenden Härte, wie sie im angefochtenen Urteil ihren Ausdruck gefunden hat,
reicht nicht aus. Der Um-fang der Anrechnung ist in der Urteilsformel zum Ausdruck zu bringen ([X.], [X.]. aaO).
[X.]Roggenbuck Franke

Bender [X.]

13

Meta

4 StR 621/11

08.02.2012

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 08.02.2012, Az. 4 StR 621/11 (REWIS RS 2012, 9393)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 9393

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