Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.03.2014, Az. II ZR 24/13

II. Zivilsenat | REWIS RS 2014, 7236

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen


BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
II ZR
24/13
Verkündet am:

11. März 2014

Stoll

Justizhauptsekretärin

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
BGB § 709
Verstöße gegen Form, Frist und Inhalt der Einberufung einer Gesellschafterver-sammlung können bei Personengesellschaften zur Nichtigkeit des Beschlusses füh-ren, wenn der mit den [X.] oder gesetzlichen [X.] verfolgte Zweck, dem einzelnen Gesellschafter die Vorbereitung auf die Ta-gesordnungspunkte und die Teilnahme an der Versammlung zu ermöglichen, verei-telt wird. Der Einladungsmangel führt aber nicht zur Nichtigkeit des Beschlusses, wenn ausgeschlossen werden kann, dass sein Zustandekommen durch den Fehler beeinflusst ist.
[X.], Urteil vom 11. März 2014 -
II ZR 24/13 -
KG

[X.]

-
2
-
Der I[X.]
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 11. März 2014
durch
den
Vorsitzenden
Richter Prof.
Dr.
Bergmann
und die Richterin
Caliebe, die Richter [X.], [X.] und Sunder

für Recht erkannt:
Auf die Revisionen der Beklagten wird unter Verwerfung der [X.] des [X.] das Urteil des 2. Zivilsenats des [X.] vom 20. Dezember 2012 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Beklagten erkannt ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhand-lung und Entscheidung, auch über die Kosten des Nichtzulas-sungsbeschwerde-
und Revisionsverfahrens, an das [X.] zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Parteien waren Gesellschafter der Partnerschaftsgesellschaft
G.

& Partner Steuerberatungsgesellschaft (im Folgenden: [X.]), der Gesellschaft bürgerlichen Rechts G.

S.

K.

Rechtsanwälte -
Steuerberater (im Folgenden: Anwaltssozietät) und der G.

S.

K.

Gesellschaft bürgerlichen Rechts (im Folgenden: 1
-
3
-
[X.]). Die [X.] war [X.] der T.

Allgemeine Wirtschaftstreuhand und Steuerberatungsgesellschaft AG.
Am 12. März 2009 luden die Beklagten zu Gesellschafterversammlungen in der Steuerberatungsgesellschaft, der Anwaltssozietät und der [X.] auf den 6. April 2009 ein. Die Einladung betreffend die [X.] ging am Freitag, dem 13. März 2009, um 19.20 Uhr per Fax im Büro des [X.] ein. In den Gesellschafterversammlungen am 6. April 2009 wurde mit den Stimmen der Beklagten der Ausschluss des [X.] aus den jeweiligen Gesellschaften beschlossen. Der Kläger rügte in der Gesellschafterversammlung der [X.], dass die im Gesellschaftsvertrag vorgesehene Ladungsfrist von drei [X.] nicht eingehalten sei.
Am folgenden Tag fassten die Beklagten einen Auflösungsbeschluss für die Steuerberatungsgesellschaft und die Anwaltssozietät. Für den 29. April 2009 beriefen sie eine neue Gesellschafterversammlung der [X.] ein. Die Ladung erreichte den Kläger per Fax am 7. April 2009 um 17.52 Uhr. In der Gesellschafterversammlung wurde u.a. erneut der Ausschluss des [X.] be-schlossen.
Am 30. April 2009 beschloss der Kläger in einer von ihm einberufenen Gesellschafterversammlung der Steuerberatungsgesellschaft u.a. den [X.] der Beklagten aus der Partnerschaftsgesellschaft, die Kündigung der
Geschäftsführerdienstverträge
der Beklagten und die Genehmigung eines [X.] zwischen ihm und der Gesellschaft.
Der Kläger hat mit der
Klage beantragt festzustellen, dass die [X.] vom 6. April 2009, die Auflösungsbeschlüsse vom 7. April 2009 und die [X.] vom 29. April 2009 nicht wirksam gefasst worden seien. Die Beklagten haben widerklagend beantragt festzustellen, dass die Beschlüsse der Steuerbe-2
3
4
5
-
4
-
ratungsgesellschaft vom 30. April 2009 unwirksam seien. Das [X.] hat festgestellt, dass der Beschluss der [X.] am 6. April 2009, den Kläger aus wichtigem Grund aus der Gesellschaft auszuschließen, nicht wirksam ge-fasst worden sei und -
auf die Widerklage
-
die Beschlüsse der Steuerbera-tungsgesellschaft vom 30. April 2009 unwirksam seien. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen.
Mit der Berufung hat der Kläger beantragt, die Nichtigkeit der Beschlüsse bei der Steuerberatungsgesellschaft und der Anwaltssozietät vom 6. April 2009, der Beschlüsse bei der Steuerberatungsgesellschaft und der Anwaltssozietät vom 7. April 2009 über die Auflösung bzw. die Liquidatorenbestellung sowie des Beschlusses bei der [X.] über seinen Ausschluss am 29. April 2009 festzustellen. Hinsichtlich der Widerklage hat er nur noch beantragt, den Antrag auf die Feststellung abzuweisen, dass der Beschluss der [X.] vom 30. April 2009 über die Genehmigung eines Darlehensvertrags unwirksam sei. Die Beklagten haben mit ihrer Berufung beantragt, die Klage auch insoweit abzuweisen, als die Unwirksamkeit des Beschlusses in der Hol-ding-GbR vom 6. April 2009 festgestellt worden sei. Das Berufungsgericht hat auch die Nichtigkeit des Ausschlussbeschlusses vom 29. April 2009 in der Hol-ding-GbR festgestellt und die Berufungen im Übrigen zurückgewiesen.
Dagegen richten sich die vom erkennenden Senat zugelassenen Revisi-onen der Beklagten, mit denen sie die Abweisung der Klage auf Feststellung der Nichtigkeit der Ausschlussbeschlüsse in der [X.] vom 6. April 2009 und vom 29. April 2009 weiterverfolgen, und -
nach Zurückweisung seiner Nichtzulassungsbeschwerde
-
die [X.] des [X.], mit der er seine Berufungsanträge weiter verfolgt, soweit das Berufungsgericht zu seinem Nachteil entschieden hat.
6
7
-
5
-
Entscheidungsgründe:
Die Revisionen der Beklagten führen zur Aufhebung des [X.], soweit zu ihrem Nachteil entschieden ist, und zur Zurückverweisung der Sache an das
Berufungsgericht. Die [X.] des [X.] ist als [X.] zu verwerfen.
[X.] Die Revisionen der Beklagten haben Erfolg.
1. Das Berufungsgericht hat -
soweit für die Revisionen der Beklagten von Bedeutung
-
ausgeführt, die Ausschlussbeschlüsse aus der [X.] vom 6. April 2009 und 29. April 2009 seien jeweils wegen Nichteinhaltung der Ladungsfrist nichtig. Ein Zugang der Einladung zur Gesellschafterversammlung vom 6. April 2009 könne nicht vor dem 16. März 2009 festgestellt werden, so dass die gesellschaftsvertraglich vereinbarte dreiwöchige Einberufungsfrist nicht eingehalten worden sei. Für die beim Kläger per Fax am 7. April 2009 um 17.52 Uhr eingegangene Einladung für die Gesellschafterversammlung vom
29. April 2009 gelte Entsprechendes; die außerhalb der gewöhnlichen Ge-schäftszeiten eingegangene Einladung sei erst am 8. April 2009 zugegangen, so dass die [X.] bis zur Versammlung am 29. April 2009 nicht eingehalten sei.
Da durch die Nichteinhaltung der Ladungsfrist der Dispositionsschutz des einzelnen Gesellschafters verletzt werde, liege ein zur Unwirksamkeit der in der Versammlung gefassten Beschlüsse führender schwerwiegender Mangel vor. Eine Heilung des Mangels aufgrund der Anwesenheit und Teilnahme des [X.] in der Versammlung vom 6. April 2009 komme schon deshalb nicht in [X.], weil er den [X.] ausweislich des Protokolls ausdrücklich [X.] habe.
8
9
10
11
-
6
-
2. Das Urteil hält insoweit der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand. [X.] hat das
Berufungsgericht die Nichtigkeit der gefassten Beschlüsse allein aufgrund der Nichteinhaltung der Einladungsfrist festgestellt.
Verstöße gegen Form, Frist und Inhalt der Einberufung einer Gesell-schafterversammlung können bei Personengesellschaften zur Nichtigkeit des Beschlusses führen, wenn der mit den [X.] oder gesetzli-chen Ladungsbestimmungen verfolgte Zweck, dem einzelnen Gesellschafter die Vorbereitung auf die Tagesordnungspunkte und die Teilnahme an der Ver-sammlung zu ermöglichen, vereitelt wird. Wird dieser "Dispositionsschutz" ver-letzt, liegt ein zur Nichtigkeit der in der Versammlung gefassten Beschlüsse füh-render schwerwiegender Mangel vor ([X.], Urteil vom 14. November 1994 -
II
ZR 160/93, [X.], 738, 743). Der Verfahrensmangel führt aber nur zur Nichtigkeit des Beschlusses, wenn nicht ausgeschlossen werden kann, dass sein Zustandekommen durch den Fehler beeinflusst ist (vgl. [X.], Urteil vom 16.
Oktober 2012 -
II
ZR
251/10, [X.], 68 Rn.
47; [X.]/[X.]/[X.], 5. Aufl., § 709 Rn. 106).
Das Berufungsgericht hat sich darauf beschränkt, bereits aus der [X.] der Einladungsfrist auf eine Verletzung des Dispositionsschutzes zu schließen. Dass die Nichteinhaltung der Ladungsfrist geeignet ist, den Disposi-tionsschutz zu verletzen, genügt für die Annahme der Kausalität des Verfah-rensmangels für das Zustandekommen des Beschlusses aber noch nicht. [X.], ob nicht auszuschließen ist, dass die Beschlüsse bei ordnungsgemäßer Einberufung der Versammlung gleichfalls zustande gekommen wären, hat sich das Berufungsgericht nicht befasst.
Hier ist aber auszuschließen, dass die [X.] bei früherer Einberufung der Versammlung unterblieben oder anders gefasst worden wären und ihr Zustandekommen durch die geringfügige Verkür-zung der Einladungsfrist beeinflusst ist.
Eine Einschränkung der Teilnahme-12
13
14
-
7
-
möglichkeit aufgrund der geringfügigen vom Berufungsgericht zugrunde geleg-ten Verkürzung der Einladungsfrist um jeweils einen Arbeitstag ist nicht ersicht-lich
und nicht vorgetragen. Die Teilnahmemöglichkeit ist vor allem nicht schon deshalb eingeschränkt, weil der Kläger die Nichteinhaltung der Ladungsfrist gerügt und an den Gesellschafterversammlungen nur unter Protest teilgenom-men hat. Auch eine Beeinträchtigung der Vorbereitungsmöglichkeiten des [X.] liegt hier fern. Die mit drei Wochen großzügig bemessene Einladungsfrist war jeweils nur um einen Arbeitstag verkürzt. Dass die zur Vorbereitung zur Verfügung stehende [X.] zu knapp war, um die notwendigen Erkundigungen einzuziehen, sich zu beraten oder eine gütliche Einigung zu treffen (vgl. dazu [X.], Urteil vom 30. März 1987

[X.], [X.], 1117, 1119 f.), und es infolgedessen nicht zu den [X.] gekommen wäre, ist nicht ersichtlich und nicht vorgetragen.
I[X.] Die [X.] des [X.] ist unzulässig. Gemäß § 554 Abs. 1 ZPO kann sich der Revisionsbeklagte grundsätzlich der Revision anschlie-ßen. Nach der ständigen Rechtsprechung des [X.] setzt die Zulässigkeit der [X.] aber voraus, dass ihr Gegenstand vom Streitgegenstand der Hauptrevision umfasst ist oder zumindest mit diesem in einem unmittelbaren rechtlichen oder wirtschaftlichen Zusammenhang steht ([X.], Urteil vom 22. November 2007 -
I [X.], [X.]Z 174, 244 Rn. 38 ff.; Urteil vom 18.
Dezember 2008 -
I
ZR
63/06, [X.], 515 Rn.
20 -
Motorradreiniger; Urteil vom 18. September 2009 -
V [X.], [X.], 3787 Rn. 27; Urteil vom 19. Juli 2011 -
II ZR 300/08, [X.], 1657 Rn.
24; Urteil vom 5. Mai 2011 -
III ZR 91/10, NJW-RR 2011, 1106 Rn. 24;
Beschluss vom 23. April 2012 -
II ZR 215/10, juris Rn. 7; Urteil vom [X.] 2013 -
VI [X.], juris Rn. 75).

15
-
8
-
Die mit der [X.] weiterverfolgten Anträge des [X.] ste-hen in keinem unmittelbaren rechtlichen oder wirtschaftlichen Zusammenhang mit dem Streitgegenstand der Hauptrevision, den [X.] in der [X.] vom 6. April 2009 und vom 29. April 2009. Sie betreffen [X.] bei anderen Gesellschaften, nämlich vom 6. April 2009
und vom 7. April 2009 bei der Steuerberatungsgesellschaft und der Anwaltssozietät und vom 30.
April 2009 bei der Steuerberatungsgesellschaft, und damit einen ande-ren Streitgegenstand, der nicht in einem unmittelbaren rechtlichen Zusammen-hang mit dem Ausschluss aus der [X.] steht. Dass nach den gesell-schaftsvertraglichen Regelungen der Ausschluss aus einer dieser beiden Ge-sellschaften unmittelbar zum Ausschluss aus der [X.] führt, ist weder ersichtlich noch vorgetragen. Ein unmittelbarer rechtlicher Zusammenhang wird nicht dadurch hergestellt, dass einzelne Vorfälle in mehreren Gesellschaften als wichtiger Grund für den Ausschluss des [X.] zugrunde gelegt worden sind. Ob ein bestimmter Sachverhalt die Ausschließung eines Gesellschafters aus wichtigem Grund rechtfertigt, ist für jede Gesellschaft gesondert zu beurteilen und hängt von der konkreten Ausgestaltung des jeweiligen [X.] ab. Ein wirtschaftlicher Zusammenhang besteht gleichfalls nicht, weil die Beschlüsse keinen unmittelbaren wirtschaftlichen Bezug zueinander haben.
16
-
9
-

II[X.] Die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, weil sie noch nicht zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 1 ZPO). Das Berufungsge-richt hat sich mit dem Vorliegen eines wichtigen Grundes zum Ausschluss des [X.] aus der [X.] nicht befasst.

Bergmann

Caliebe

Drescher

[X.]

Sunder
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 20.11.2009 -
28 O 255/09 -

KG, Entscheidung vom 20.12.2012 -
2 U 56/09 -

17

Meta

II ZR 24/13

11.03.2014

Bundesgerichtshof II. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.03.2014, Az. II ZR 24/13 (REWIS RS 2014, 7236)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 7236

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

II ZR 24/13 (Bundesgerichtshof)

BGB-Gesellschaft: Nichtigkeit von Beschlüssen der Gesellschafterversammlung wegen Einberufungsmängeln


7 U 1995/21 (OLG München)

Coronavirus, SARS-CoV-2, Gesellschafterversammlung, Schadensersatz, Berufung, Gesellschaft, Gesellschafter, Frist, Verfahren, Zeitpunkt, Berechnung, Versammlung, Versammlungsort, Ausschluss, Genehmigung, …


31 Wx 123/15 (OLG München)

Nichteinhaltung der in der Vereinssatzung bestimmten Einladungsfrist


II ZR 70/11 (Bundesgerichtshof)


II ZR 105/13 (Bundesgerichtshof)

Gesellschafterversammlung einer Publikums-GmbH & Co. KG: Verpflichtung zur Vorabübersendung des Prüfungsberichts bei beabsichtigter Beschlussfassung über …


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

II ZR 24/13

II ZR 300/08

III ZR 91/10

VI ZR 211/12

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.