Bundesfinanzhof, Beschluss vom 28.01.2021, Az. VII B 99/20

7. Senat | REWIS RS 2021, 9110

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Gegenstand

Stromverbrauch in Transformations- und Umspannanlagen


Leitsatz

NV: Der Verbrauch von Strom in den Transformations- und Umspannanlagen einer Photovoltaikanlage ist nicht nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 StromStG steuerfrei.

Tenor

Die Beschwerde der Klägerin wegen Nichtzulassung der Revision gegen das Urteil des [X.] vom 17.06.2020 - 1 K 1149/16 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Tatbestand

I.

1

Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) betreibt eine Photovoltaikanlage in Form eines Solarparks und speist als Versorger Strom in das Netz der [X.] ein. Der im Solarpark erzeugte Gleichstrom mit einer Spannung von ca. 1 000 V wird zunächst mit Hilfe von Wechselrichtern ausgangsseitig in ca. 360 V bzw. 380 V Wechselstrom umgewandelt. Diese Spannung wird anschließend mit einem [X.] in eine Mittelspannung von 20 kV umgewandelt und im Umspannwerk mit einem Hochspannungstransformator auf 110 kV gebracht.

2

Mit Entlastungsanmeldung vom 20.11.2014 beantragte die Rechtsvorgängerin der Klägerin eine Steuerentlastung für Strom zur Stromerzeugung gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 2 des Stromsteuergesetzes (StromStG) i.V.m. § 12a der Verordnung zur Durchführung des Stromsteuergesetzes (StromStV) jeweils in der im Streitfall maßgeblichen Fassung für den Zeitraum von Januar bis Oktober 2013 in Höhe von … €. Dies lehnte der Beklagte und Beschwerdegegner (das Hauptzollamt --[X.]--) mit Bescheid vom 26.01.2015 ab, weil der [X.] im technischen Sinn mit der Entstehung des Stroms in den Photovoltaik-Modulen abgeschlossen sei und die Voraussetzungen für eine Steuerbegünstigung nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 StromStG i.V.m. § 12 Abs. 1 Nr. 1 StromStV daher nicht vorlägen.

3

Der Einspruch hatte insofern Erfolg, als das [X.] mit Bescheid vom 21.04.2016 eine Steuerentlastung in Höhe von …€ für die in den Wechselrichtern verbrauchte Strommenge gewährte. Im Übrigen wurde der Einspruch zurückgewiesen.

4

Das Finanzgericht (FG) urteilte, das [X.] habe die Stromsteuerentlastung für die in der Trafostation und im Umspannwerk sowie für die für das Sicherheits- und Überwachungssystem verbrauchten Strommengen zu Recht versagt. Nach der Rechtsprechung des [X.] ([X.]) sei die Steuerbefreiung nur für solchen Strom zu gewähren, der zur eigentlichen Stromerzeugung entnommen werde. Mit Urteil vom 30.04.2019 - VII R 10/18 ([X.]E 264, 556, Zeitschrift für Zölle und Verbrauchsteuern --ZfZ-- 2019, 352) habe der [X.] entschieden, dass der in Transformations- und Umspannanlagen verbrauchte Strom nicht steuerbefreit sei, weil es sich bei diesen nicht um Neben- oder Hilfsanlagen i.S. des § 12 Abs. 1 Nr. 1 StromStV handele. Dies entspreche der vom [X.] ([X.]) geforderten engen Auslegung des Art. 14 Abs. 1 der Richtlinie ([X.]) 2003/96 des Rates vom 27.10.2003 zur Restrukturierung der gemeinschaftlichen [X.] zur Besteuerung von [X.] und elektrischem Strom --EnergieStRL-- ([X.] Nr. L 283, 51). Soweit der [X.] die Umwandlung von Gleichstrom in Wechselstrom in Wechselrichtern als begünstigt angesehen habe, könne dies nicht auf den Stromverbrauch in Transformations- und Umspannanlagen übertragen werden. Die Umspannung des Stroms sei lediglich Voraussetzung für die Einspeisung des Stroms in das [X.] und stelle keine Stromerzeugung dar. Allein der Umstand, dass der Solarpark ohne Umspannung auf Mittel- bzw. Hochspannungsebene wirtschaftlich nicht sinnvoll betrieben werden könne, führe nicht dazu, sämtliche der eigentlichen Stromerzeugung nachgelagerten Prozesse als ihr zugehörig anzusehen. Die Klage habe auch hinsichtlich des Stromverbrauchs für die Überwachungs- und Sicherheitstechnik keinen Erfolg, weil diese Technik ebenfalls kein Bestandteil der Stromerzeugung sei. Vielmehr würden solche Anlagen auch von anderen Unternehmen errichtet.

5

Die Klägerin begründet ihre Nichtzulassungsbeschwerde mit der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Es sei zu klären, ob Transformatoren und Umspannwerke für die Stromerzeugung erforderliche Neben- und Hilfsanlagen i.S. des § 12 Abs. 1 Nr. 1 StromStV seien. Nach den Feststellungen des [X.] in der Entscheidung vom 06.10.2015 - VII R 25/14 ([X.]E 251, 563, [X.], 49) müssten die dort streitgegenständlichen Wechselrichter mit Transformatoren ausgestattet gewesen sein, so dass in diesen nicht nur eine Umspannung von Gleich- in Wechselstrom, sondern auch bereits eine Hochspannung des Stroms auf eine Spannungsstärke erfolgt sei, die für die Einspeisung in das öffentliche Versorgungsnetz erforderlich gewesen sei. Dies ergebe sich daraus, dass der [X.] in seiner Entscheidung auf Stromkosten für die Beheizung und Kühlung der Wechselrichter verwiesen habe. Wechselrichter müssten jedoch nur dann beheizt und gekühlt werden, wenn sie selbst einen Transformator enthielten. Zudem sei es kaum nachvollziehbar, dass die Klägerin in diesem Fall die Befreiung von der Stromsteuer nur bezogen auf die Wechselrichter geltend gemacht hätte, wenn sie bis zur Einspeisung des Stroms in das öffentliche Versorgungsnetz noch weitere Anlagen hätte einsetzen müssen. Außerdem ergebe sich aus diesem Urteil, dass die Einspeisung des Stroms in das öffentliche Netz unmittelbar nach der Umspannung in den Wechselrichtern erfolgt sei und der Strom die Wechselrichter daher in einer einspeise- und damit marktfähigen Spannungshöhe verlassen habe müsse. Im Hinblick auf die sich widersprechenden [X.]-Urteile in [X.]E 264, 556, [X.], 352 und in [X.]E 251, 563, [X.], 49 sei die Zulassung der Revision auch zur Wahrung der Rechtseinheit geboten. Zudem komme ein Vorabentscheidungsersuchen an den [X.] in Betracht. Die durch den [X.] vorgenommene Auslegung des § 9 Abs. 1 Nr. 2 StromStG i.V.m. § 12 Abs. 1 Nr. 1 StromStV verstoße gegen Art. 14 Abs. 1 Buchst. a EnergieStRL, weil bei richtlinienkonformer Auslegung dieses Befreiungstatbestands der in den Transformatoren und in dem Umspannwerk verbrauchte Strom von der Stromsteuer befreit werden müsse. Die Revision sei weiterhin zur Fortbildung des Rechts zuzulassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO).

Entscheidungsgründe

II.

6

Die Beschwerde ist nicht begründet, weil die geltend gemachten Gründe für die Zulassung der Revision nicht vorliegen.

7

1. Die Rechtssache ist nicht klärungsbedürftig i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 [X.]O.

8

Nach § 12a Abs. 1 Satz 1 StromStV wird auf Antrag eine Steuerentlastung für nachweislich nach § 3 StromStG versteuerten Strom gewährt, der zur Stromerzeugung gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 2 StromStG entnommen worden ist. [X.] ist gemäß § 12a Abs. 2 StromStV derjenige, der den Strom entnommen hat. Zur Stromerzeugung entnommen wird nach § 12 Abs. 1 Nr. 1 StromStV Strom, der u.a. in den Neben- und Hilfsanlagen einer Stromerzeugungseinheit insbesondere zur Wasseraufbereitung, Dampferzeugerwasserspeisung, Frischluftversorgung, [X.] oder Rauchgasreinigung zur Erzeugung von Strom im technischen Sinne verbraucht wird.

9

a) Diesbezüglich hat der [X.] entschieden, dass nur die Strommengen von der Steuer befreit sind, deren Verwendung in einem engen Zusammenhang mit der eigentlichen Stromerzeugung steht. Nicht der Stromerzeugung dienen dagegen Anlagen, die bei isolierter Betrachtung des Anlagenbetriebs nicht erforderlich sind, um die Stromerzeugung aufrechtzuerhalten, denen also im Hinblick auf die Stromerzeugung keine betriebsnotwendige Bedeutung zukommt ([X.]surteil in [X.], 556, [X.], 352, Rz 11, m.w.N.). Davon ausgehend hat der [X.] Transformations- und Umspannanlagen nicht als Neben- und Hilfsanlagen i.S. des § 12 Abs. 1 Nr. 1 StromStV angesehen und eine Steuerfreiheit i.S. des § 9 Abs. 1 Nr. 2 StromStG für dort verbrauchten Strom verneint ([X.]surteil in [X.], 556, [X.], 352, Rz 17 und 21 f.).

Auch wenn die Klägerin diese Einschätzung nicht teilt, ergibt sich daraus allein kein Grund zu einer erneuten Beurteilung von Transformations- und Umspannanlagen in einem etwaigen Revisionsverfahren.

b) Lediglich im Hinblick auf den Stromverbrauch für die Umwandlung von Gleichstrom in Wechselstrom in Wechselrichtern hat der [X.] die Steuerfreiheit gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 2 StromStG bejaht, obwohl es sich auch bei Gleichstrom um einen Steuergegenstand i.S. des § 1 Abs. 1 Satz 1 StromStG handelt. Der Grund für die besondere Betrachtung von Wechselrichtern sah der [X.] darin, dass das [X.] in Photovoltaikanlagen praktisch nicht zum Tragen käme, wenn nur die erstmalige Erzeugung von Strom gleich welcher Art nach Art. 14 Abs. 1 Buchst. a EnergieStRL steuerlich begünstigt würde, sofern eine Steuerentstehung durch Entnahme aus dem Versorgungsnetz nur herbeigeführt werden kann, wenn in dieses Wechselstrom eingespeist wird ([X.]surteil in [X.], 556, [X.], 352, Rz 19, m.w.N.).

c) Entgegen der Auffassung der Klägerin ergibt sich ein erneuter Klärungsbedarf auch nicht aus dem von ihr behaupteten Widerspruch zu dem [X.]surteil in [X.], 563, [X.], 49. Dort hatte der [X.] die Steuerfreiheit gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 2 StromStG für Strom bejaht, der zum Hochfahren und zur Bereithaltung von Wechselrichtern (Beheizung im Winter und Kühlung im [X.]), die den in den Photovoltaik-Modulen aus solarer Strahlungsenergie in Gleichspannung erzeugten Strom in Wechselstrom umwandeln, verbraucht wird. Ein eventueller Stromverbrauch für die Anpassung der Spannung an die Anforderungen des Versorgungsnetzes durch Transformatoren und in Umspannwerken war dagegen nicht Gegenstand dieser [X.]sentscheidung.

Die [X.]sentscheidung in [X.], 556, [X.], 352 steht daher zu der [X.]sentscheidung in [X.], 563, [X.], 49 nicht im Widerspruch, weshalb kein Bedürfnis für eine erneute Beurteilung der Steuerbefreiung für bestimmte Neben- und Hilfsanlagen gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 2 StromStG besteht. Ob die Wechselrichter, die dem [X.]surteil in [X.], 563, [X.], 49 zugrunde lagen, möglicherweise mit Transformatoren ausgestattet und damit technisch in der Lage waren, auch die Spannung des Stroms zu erhöhen, spielt keine Rolle, weil der [X.] auf der Grundlage der bindenden Feststellungen des [X.], nach denen die Wechselrichter nur der Umwandlung von Gleich- in Wechselstrom dienten, darüber jedenfalls nicht entschieden hat.

2. Da mit der Beschwerde keine klärungsbedürftige Rechtsfrage formuliert wird, ist auch der Zulassungsgrund der Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 [X.]O) nicht ausreichend dargelegt (vgl. [X.] vom 12.12.2001 - III B 103/01, [X.] 2002, 652; [X.]sbeschluss vom 27.02.2003 - VII B 263/02, [X.] 2003, 835).

3. Da die o.g. [X.]surteile einander nicht widersprechen, ist die Revision auch nicht zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 [X.]O zuzulassen.

4. [X.] beruht auf § 135 Abs. 2 [X.]O.

Meta

VII B 99/20

28.01.2021

Bundesfinanzhof 7. Senat

Beschluss

vorgehend Finanzgericht Berlin-Brandenburg, 17. Juni 2020, Az: 1 K 1149/16, Urteil

§ 9 Abs 1 Nr 2 StromStG, § 12 Abs 1 Nr 1 StromStV

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Beschluss vom 28.01.2021, Az. VII B 99/20 (REWIS RS 2021, 9110)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2021, 9110

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