Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.02.2001, Az. VI ZR 179/00

VI. Zivilsenat | REWIS RS 2001, 3472

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[X.] DES VOLKESURTEIL[X.]/00Verkündet am:20. Februar 2001Holmes,[X.] Geschäftsstellein dem [X.]:ja[X.]Z: neinBGB § 852 Abs. 2Zum Begriff des Verhandelns im Sinne des § 852 Abs. 2 BGB, wenn der [X.] mit einem Schreiben seines Rechtsanwalts an den Anwalt des Geschädigtenmit der Frage herantritt, ob bzw. welche Ansprüche geltend gemacht werden.[X.], Urteil vom 20. Februar 2001 - [X.]/00 - OLGSchleswigLGKiel- 2 -Der VI. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche [X.] 20. Februar 2001 durch die Vorsitzende Richterin Dr. [X.] und [X.] Dr. von [X.], [X.], [X.] und [X.]für Recht erkannt:Auf die Revision des [X.] wird das Urteil des [X.] [X.] in [X.] 7. April 2000 aufgehoben.Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung,auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das [X.] zurückverwiesen.Von Rechts [X.]:Der Kläger macht gegen den Beklagten Schadensersatz geltend, [X.] ihn am 26. April 1996 bei einem Streit mit einem Messer im Gesicht soschwer verletzt hat, daß das linke Auge nahezu erblindet ist. Die näheren Um-stände der Auseinandersetzung sind zwischen den Parteien streitig.Mit Schreiben vom 30. Januar 1997 wandten sich die vom Beklagten ur-sprünglich in der Angelegenheit beauftragten Rechtsanwälte an den damaligenRechtsanwalt des [X.]. In dem Schreiben heißt es u.a.:"Da uns eine Korrespondenz mit unserem Mandanten nicht bekannt ist,möchten wir Sie bitten, uns - unter Angabe des obigen Aktenzeichens -- 3 -zu informieren, ob bzw. welche Ansprüche gegen unseren Mandanten,[X.] , von Ihnen geltend gemacht werden.Für eine kurzfristige Rückäußerung wären wir Ihnen [X.] dieses Schreiben antwortete der Rechtsanwalt des [X.] mitSchreiben vom 2. Februar 1997, in welchem er bestätigte, den Kläger zu ver-treten. Das Schreiben lautet [X.] ist festzuhalten, daß mein Mandant am 26.4.1996 von [X.] einen Stich in sein Auge erlitten hat und daß dieses [X.] erblindet ist. In diesem Sinne handelt es sich um einen schwe-ren entstandenen Schaden, der unter Umständen sehr hohe Ansprüchezur Folge haben kann. Selbstverständlich ist es nun aber auch klar, [X.] meines Mandanten mehr voraussetzen als nur den hier ge-nannten objektiven Sachverhalt. Ich bitte um Verständnis, daß ich [X.]dazu zur [X.] noch nicht äußern will. Gegen Ihren Mandanten laufenstaatsanwaltschaftliche Ermittlungen, deren Ausgang ich nicht vorhersa-gen kann und will. Ich werde [X.] bei Ihnen nach Abschluß dieser [X.] erneut [X.] Schreiben vom 26. November 1998 teilte der Rechtsanwalt des [X.] den Rechtsanwälten des Beklagten mit, der Kläger habe bestimmte [X.] über die ihm zustehenden Ansprüche materieller und immateriellerArt und könne sich einen Vergleich in Höhe von 50.000 DM vorstellen. Es [X.] um Mitteilung gebeten, ob Bereitschaft für einen Verzicht auf die [X.] Verjährung bis zum rechtskräftigen Abschluß des Strafverfahrens bestehe.Die Rechtsanwälte des Beklagten lehnten mit Schreiben vom 9. [X.] die Anerkennung einer Zahlungspflicht und einen Einredeverzicht ab.- 4 -Mit seiner am 18. Juni 1999 bei Gericht eingegangenen und dem [X.] am 3. Juli 1999 zugestellten Klage hat der Kläger die Verurteilung [X.] zur Zahlung eines angemessenen Schmerzensgeldes sowie [X.] beantragt, daß dieser verpflichtet sei, ihm sämtlichen zukünftigenmateriellen und immateriellen Schaden aus der Körperverletzung vom [X.] zu ersetzen. Das [X.] hat die Klage auf die [X.] Beklagten hin abgewiesen. Das [X.] hat die Berufung des[X.] zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegeh-ren weiter.Entscheidungsgründe:[X.] Berufungsgericht hat es ebenso wie das [X.] dahingestelltsein lassen, ob dem Kläger aufgrund des Vorfalles vom 26. April 1996 [X.] gegen den Beklagten zustehen, da diese auf jeden [X.] § 852 Abs. 1 BGB verjährt seien. Der Beklagte sei deshalb [X.] berechtigt, die Erfüllung der Schadensersatzansprüche [X.]. Die Verjährungsfrist für etwaige Schadensersatzansprüche ausdem Schadensereignis vom 26. April 1996 sei ohne Berücksichtigung allerHemmungs- und Unterbrechungstatbestände am 26. April 1999 abgelaufen.Eine Hemmung der Verjährung gemäß § 852 Abs. 2 BGB sei allenfalls für ei-nen [X.]raum von 20 Tagen eingetreten. Der vom Kläger in der Angelegenheitbeauftragte Rechtsanwalt habe erstmals mit Schreiben vom 26. November- 5 -1998 Ansprüche aufgrund des Vorfalles vom 26. April 1996 gegen den [X.] erhoben, welche der Rechtsanwalt des Beklagten mit dem [X.] 1998 zugegangenen Antwortschreiben vom 9. Dezember 1998nach maximal 15 Tagen abgelehnt habe. Im Schreiben vom 2. Februar 1997habe der Rechtsanwalt des [X.] dagegen keine Ansprüche gegen den [X.] angemeldet, sondern auf dessen Anfrage, ob bzw. welche Ansprüchegeltend gemacht werden, lediglich erklärt, sich dazu zur [X.] nicht äußern undden Ausgang der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen abwarten zu wollen.Der Beklagte habe das Schreiben vom 2. Februar 1997 nach seinem objektivenEmpfängerhorizont nur so verstehen können, daß der Kläger sich erst nachAbschluß der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen entscheiden werde, ob erihn, den Beklagten, überhaupt auf Schadensersatz in Anspruch nehmen werde.Selbst wenn man sich auf den Standpunkt stelle, daß Verhandlungen im Sinnedes § 852 Abs. 2 BGB auch schon dann schweben könnten, wenn der [X.] gegenüber dem [X.] noch gar keine Ansprüche ange-meldet habe, so sei durch die Schreiben vom 30. Januar 1997 und vom2. Februar 1997 die Verjährung jedenfalls nur für einen [X.]raum von maximalweiteren 5 Tagen gehemmt worden, weil das Schreiben des [X.] vom2. Februar 1987 deutlich gemacht habe, daß er einstweilen mit dem Beklagtennicht über Schadensersatzansprüche verhandeln wolle. Insgesamt ergebe sichdamit eine Hemmung von maximal 20 Tagen, so daß die erst am 18. Juni 1999bei Gericht eingegangene Klage gemäß §§ 209 Abs. 1 BGB, 270 Abs. 3 [X.] Wirkung mehr habe entfalten [X.] 6 -II.Diese Ausführungen halten den Angriffen der Revision nicht stand.1. Das Berufungsgericht geht zwar zutreffend davon aus, daß die Ver-jährungsfrist des § 852 Abs. 1 BGB drei Jahre nach dem [X.] 26. April 1996, nämlich am 26. April 1999, abgelaufen wäre und die am18. Juni 1999 bei Gericht eingegangene Klage ohne eine zwischenzeitlicheHemmung der Verjährung diese nicht mehr habe nach § 209 BGB unterbre-chen können.2. Als rechtsfehlerhaft erweist sich jedoch die weitere Beurteilung [X.], die Verjährung sei aufgrund der Korrespondenz zwischenden Parteien allenfalls für einen [X.]raum von 20 Tagen gemäß § 852 Abs. [X.] gehemmt gewesen.a) Schweben zwischen dem [X.] und dem Ersatzberechtig-ten Verhandlungen über den zu leistenden Schadensersatz, so ist nach dieserVorschrift die Verjährung gehemmt, bis der eine oder der andere Teil die Fort-setzung der Verhandlungen verweigert. Nach ständiger Rechtsprechung [X.] genügt dabei für den - weit auszulegenden - Begriff des Verhandelns imSinne des § 852 Abs. 2 BGB jeder Meinungsaustausch über den Schadensfallzwischen dem Berechtigten und dem Verpflichteten, sofern nicht sofort undeindeutig jeder Ersatz abgelehnt wird. Verhandlungen schweben also [X.], wenn der Verpflichtete Erklärungen abgibt, die den Geschädigten zu derAnnahme berechtigen, der Verpflichtete lasse sich jedenfalls auf Erörterungenüber die Berechtigung von Schadensersatzansprüchen ein. Nicht erforderlichist, daß dabei eine Vergleichsbereitschaft oder eine Bereitschaft zum Entge-genkommen signalisiert wird (vgl. hierzu Senatsurteile vom 26. Januar 1988- 7 -- [X.] - [X.], 718, 719; vom 19. Februar 1991 - [X.]/90 -VersR 1991, 475; vom 13. Mai 1997 - [X.] - NJW 1997, 3447, 3448;vom 30. Juni 1998 - [X.] - [X.], 1295 und vom 31. [X.] - [X.] - [X.], 108, 110).b) Diese Grundsätze hat das Berufungsgericht nicht hinreichend be-achtet, wenn es für den Begriff des Verhandelns im Sinne des § 852 Abs. [X.] verlangt, daß der Kläger gegen den Beklagten im Antwortschreiben vom2. Februar 1997 Ansprüche hätte anmelden müssen. Da der Beklagte durchdas Schreiben seines Rechtsanwalts vom 30. Januar 1997 selbst an den Klä-ger herangetreten war und darin Schadensersatzansprüche nicht von [X.] ablehnte, reichte es im Hinblick auf die Schwere der dem [X.] den Beklagten mit einem Messer unstreitig zugefügten Verletzung aus,daß Schadensersatzansprüche seitens des Geschädigten als ernsthaft in [X.] kommend angekündigt wurden und der möglicherweise [X.] erkennen ließ, er werde die Berechtigung des Anspruchs jedenfallsprüfen (vgl. Senatsurteil vom 26. Januar 1988 - [X.] - aaO). [X.] anderslautenden Rückäußerung auf das Antwortschreiben [X.] vom 2. Februar 1997 war der Kläger zu der Annahme berech-tigt, der Verpflichtete lasse sich jedenfalls auf Erörterungen über die Berechti-gung von Schadensersatzansprüchen ein, wenn auch diese entsprechend [X.] des Geschädigten bis zum Abschluß der staatsanwaltschaftlichenErmittlungen einstweilen zurückgestellt werden sollten (vgl. hierzu auch [X.],Urteil vom 20. Dezember 1974 - [X.] - [X.], 440, 441).Mithin wurde bereits durch das Schreiben des Rechtsanwalts des [X.] vom 30. Januar 1997 in Verbindung mit dem Antwortschreiben des da-maligen Klägervertreters vom 2. Februar 1997 die Verjährung gemäß § 852- 8 -Abs. 2 BGB gehemmt, bis die Rechtsanwälte des Beklagten mit Schreiben vom9. Dezember 1998 die Anerkennung einer Zahlungspflicht und einen Einrede-verzicht eindeutig ablehnten. Da dieser [X.]raum, in welchem die [X.] war, nach § 205 BGB nicht in die Verjährungsfrist einzurechnen ist,wurde die Verjährung durch die am 18. Juni 1999 bei Gericht eingegangeneund dem Beklagten am 3. Juli 1999 zugestellte Klage gemäß § 209 Abs. 1 [X.] unterbrochen. Das Berufungsgericht wird demnach die Begründe-theit der geltend gemachten Ansprüche zu prüfen haben.Dr. [X.] Dr. v. [X.] [X.] [X.] [X.]

Meta

VI ZR 179/00

20.02.2001

Bundesgerichtshof VI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.02.2001, Az. VI ZR 179/00 (REWIS RS 2001, 3472)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2001, 3472

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