Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 13.06.2019, Az. 6 AZR 577/17

6. Senat | REWIS RS 2019, 6346

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Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des [X.] vom 25. Juli 2017 - 9 [X.]/16 - aufgehoben.

2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an das [X.] zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über eine Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung einer Einkommenssicherungszulage.

2

Der [X.]läger war bei der Beklagten seit 1986 im Wachdienst als Diensthundeführer im [X.] [X.] beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis des [X.]lägers bestimmt sich nach dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst im Bereich des [X.] ([X.] [[X.]]), den Sonderregelungen für Beschäftigte im Bereich des [X.]ministeriums der Verteidigung nach § 46 [X.]-BT-V ([X.]) und dem Tarifvertrag über sozialverträgliche Begleitmaßnahmen im Zusammenhang mit der Umgestaltung der [X.]wehr ([X.]). Der [X.] lautet in der Fassung des [X.] Nr. 3 vom 10. Dezember 2010 auszugsweise wie folgt:

        

§ 1   

        

Geltungsbereich

        

(1)     

Abschnitt I dieses Tarifvertrages gilt für die im Geschäftsbereich des [X.]ministeriums der Verteidigung ([X.]) beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer (nachfolgend Beschäftigte), die unter den Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) fallen und deren Arbeitsplätze in der [X.] vom 1. Juni 2001 bis zum 31. Dezember 2017 durch Auflösung oder Verkleinerung von Dienststellen oder durch eine wesentliche Änderung des Aufbaus oder der Aufgaben einer Dienststelle einschließlich damit verbundener Umgliederung oder Verlegung auf Grund der Neuausrichtung der [X.]wehr wegfallen.

        

…       

        
        

§ 6     

        

Einkommenssicherung

        

(1)     

1Verringert sich bei Beschäftigten auf Grund einer Maßnahme im Sinne des § 1 Abs. 1 bei demselben Arbeitgeber das Entgelt, wird eine persönliche Zulage in Höhe der Differenz zwischen ihrem Entgelt und dem Entgelt gewährt, das ihnen in ihrer bisherigen Tätigkeit zuletzt zugestanden hat. …

        

§ 7     

        

Ergänzung der Einkommenssicherung

        

A.    

Beschäftigte im Feuerwehr- oder Wachdienst oder als Besatzungsmitglied von Binnen- und Seefahrzeugen und von schwimmenden Geräten

        

(1)     

Beschäftigte, die bis zu dem Tag vor Aufnahme der neuen Tätigkeit (§ 3) mindestens ein Jahr ununterbrochen im Feuerwehr- oder Wachdienst oder als Besatzungsmitglied von Binnen- und Seefahrzeugen und von schwimmenden Geräten beschäftigt und Entgelt nach

                 

-       

§ 46 TVöD-BT-V ([X.]),

                 

…       

        
                 

erhalten haben und deren Arbeitszeit durch den Wechsel der Beschäftigung wesentlich vermindert wird, erhalten - ggf. neben der Einkommenssicherung nach § 6 - eine Zulage in Höhe des auf die [X.], über die regelmäßige Arbeitszeit [X.]. § 6 Abs. 1 TVöD hinaus gegangene Arbeitszeit, entfallende anteilige Tabellenentgelt [X.]. Protokollerklärung zu § 8 Absatz 1 Satz 1 TVöD.

        

…       

        
                 
        

Protokollerklärung zu Absatz 1:

        

1Die Verminderung der Arbeitszeit ist wesentlich, wenn die über die regelmäßige monatliche Arbeitszeit hinausgehenden Stunden um mehr als 20 Stunden absinken. 2Die über die regelmäßige Arbeitszeit hinausgehenden Stunden sind aus dem Durchschnitt der dienstplanmäßig geleisteten und bezahlten Stunden der letzten 48 [X.]alendermonate vor dem Wechsel der Beschäftigung zu ermitteln und dem Durchschnitt der künftig zu leistenden dienstplanmäßigen Arbeitszeit gegenüberzustellen.

        

…“    

3

Durch den Änderungstarifvertrag Nr. 4 vom 24. März 2017 zum [X.] wurden in diese Protokollerklärung mit Wirkung zum 1. Mai 2017 in Satz 2 nach dem Wort „bezahlten“ die Wörter „sowie der der Entgeltfortzahlung unterliegenden“ eingefügt.

4

Im Jahr 2007 wurde das Wachpersonal in die Territoriale Wehrverwaltung eingegliedert. Nach § 46 Nr. 4 Abs. 3b [X.]-BT-V ([X.]) in der Fassung des [X.] Nr. 3 vom 12. September 2008 war mit Einverständnis der Betroffenen ab dem 1. September 2008 eine durchschnittliche wöchentliche Höchstarbeitszeit von bis zu 65 Stunden zulässig (sog. Opt-out-Regelung). Diese Regelung trat mit Ablauf des 30. November 2010 außer [X.]. Folglich stellte die Beklagte den Dienstbetrieb für das Wachpersonal ab dem 1. Dezember 2010 von einem [X.] auf ein 12-Stunden-Schichtmodell um. Diese Umorganisation des [X.] wurde in einem ministeriellen Schreiben vom 27. September 2010 als „Maßnahme nach dem [X.] gewertet“. Ergänzend zu der Umstellung des Schichtmodells trat eine Dienstvereinbarung in [X.], welche den Schichtdienst für das Wachpersonal mit durchschnittlich 204 Stunden monatlicher Arbeitszeit in Ansatz brachte.

5

Von Dezember 2010 bis einschließlich September 2013 war der [X.]läger dementsprechend mit durchschnittlich 204 Arbeitsstunden monatlich im Schichtbetrieb beschäftigt (17 Schichten zu jeweils 12 Stunden). Wegen der damit verbundenen Reduzierung seiner Arbeitszeit erhielt er in diesem [X.]raum eine Einkommenssicherung nach § 7 Abschnitt A [X.].

6

Anlässlich der Schließung des Standortes [X.] vereinbarten die Parteien für die [X.] ab dem 1. Oktober 2013 wegen Wegfalls des Arbeitsplatzes den Verzicht der Beklagten auf die Arbeitsleistung des [X.]lägers und die Gewährung einer sog. Ausgleichszahlung nach der Härtefallregelung des § 11 [X.].

7

Die Leistung der Einkommenssicherung nach § 7 Abschnitt [X.] 1 [X.] stellte die Beklagte zum 30. September 2013 ein. Zur Vermeidung einer „Doppelsicherung“ wegen der bereits seit dem 1. Dezember 2010 gewährten Einkommenssicherung sei für die Ermittlung eines etwaigen Anspruchs entgegen Satz 2 der Protokollerklärung zu § 7 Abschnitt [X.] 1 [X.] nicht auf einen [X.]raum von 48 [X.]alendermonaten abzustellen, sondern auf die 34 [X.]alendermonate von Dezember 2010 bis einschließlich September 2013. Die vorangegangenen Monate seien bereits beim ersten Fall der Einkommenssicherung anlässlich der Umorganisation des [X.] berücksichtigt worden. Zudem seien nach der Protokollerklärung zu § 7 Abschnitt [X.] 1 [X.] in der bis zum 30. April 2017 geltenden Fassung nur die im Referenzzeitraum tatsächlich geleisteten Stunden in die Berechnung einzustellen. [X.]en von Arbeitsunfähigkeit wegen [X.]rankheit oder Erholungsurlaub seien deshalb unbeachtlich. Ferner sei zu berücksichtigen, dass nach § 46 Nr. 4 Abs. 3 Satz 6 [X.]-BT-V ([X.]) die über 168 Stunden hinausgehende [X.] bei der Bemessung des Entgelts nur mit [X.] als Arbeitszeit gewertet und mit dem Überstundenentgelt vergütet werde. Die durchschnittliche Zahl der im Referenzzeitraum geleisteten Überstunden sei daher nur zur Hälfte in die Berechnung, ob die nach der Protokollerklärung erforderliche Reduzierung von mehr als 20 Stunden vorliege, einzubeziehen. Im Falle des [X.]lägers bestehe deshalb seit dem 1. Oktober 2013 kein Anspruch mehr auf eine Einkommenssicherung nach § 7 Abschnitt [X.] 1 [X.]. Er habe in den maßgeblichen 34 Monaten 4.717,00 Stunden Arbeitszeit erbracht, dh. durchschnittlich 138,73 Stunden monatlich. Die regelmäßige monatliche Arbeitszeit habe sich ausgehend von einer wöchentlichen Arbeitszeit von 39 Stunden (§ 6 Abs. 1 Satz 1 Buchst. a [X.]-AT) auf 169,57 Stunden belaufen. Es seien daher im Durchschnitt keine monatlichen Überstunden angefallen.

8

Der [X.]läger hat sich zunächst mit Schreiben vom 20. Januar 2014 erfolglos gegen diese Berechnung gewandt und schließlich mit seiner [X.]lage die Zahlung einer ergänzenden Einkommenssicherung nach § 7 Abschnitt [X.] 1 [X.] vom 1. Oktober 2013 bis zum 31. Dezember 2013 gefordert.

9

Er hat gemeint, der Bezug von Entgeltfortzahlung im [X.]rankheitsfall und Urlaubsentgelt sei Teil des nach § 7 Abschnitt [X.] 1 [X.] zu sichernden Einkommens. Ausgangspunkt der nach der Protokollerklärung zu § 7 Abschnitt [X.] 1 [X.] vorzunehmenden Differenzberechnung sei daher die seit Dezember 2010 zu erbringende Arbeitszeit von durchschnittlich 204 Stunden monatlich. Die hierauf bezogene Differenz zur regelmäßigen monatlichen Arbeitszeit seit dem 1. Oktober 2013 sei nicht nach § 46 Nr. 4 Abs. 3 Satz 6 [X.]-BT-V ([X.]) zu halbieren. Diese Vorschrift beziehe sich nur auf die Bemessung des Entgelts und stehe der Berücksichtigung der Anzahl der geleisteten Stunden bei der hier vorzunehmenden Differenzberechnung nicht entgegen. Erst bei der Berechnung der Höhe der Zulage sei die Faktorisierung nach § 46 Nr. 4 Abs. 3 Satz 6 [X.]-BT-V ([X.]) zu berücksichtigen. Seiner Berechnung nach habe die Beklagte für die drei streitgegenständlichen Monate noch jeweils 237,08 Euro brutto zu zahlen.

Der [X.]läger hat daher beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 711,24 Euro brutto nebst Zinsen in im Einzelnen genannter, gestaffelter Höhe zu zahlen.

Die Beklagte hat die Abweisung der [X.]lage beantragt und auf die von ihr vorgenommene Berechnung verwiesen.

Das Arbeitsgericht hat die [X.]lage abgewiesen. Das [X.] hat auf die Berufung des [X.]lägers dieses Urteil abgeändert und der [X.]lage stattgegeben. Mit Beschluss vom 23. November 2017 (- 6 [X.] 700/17 -) hat das [X.]arbeitsgericht die Revision zugelassen. Mit dieser erstrebt die Beklagte die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Das [X.] durfte mit der von ihm gegebenen Begründung nicht nach dem [X.]lageantrag erkennen. Ob der [X.]läger bezogen auf den streitgegenständlichen Zeitraum einen Anspruch auf eine Zulage als Ergänzung der Einkommenssicherung gemäß § 7 Abschnitt [X.] 1 TV [X.] hat, steht jedoch noch nicht fest. Fraglich ist, ob seit dem 1. Oktober 2013 eine wesentliche Verminderung der Arbeitszeit im Sinne der Sätze 1 und 2 der zu § 7 Abschnitt [X.] 1 TV [X.] ergangenen Protokollerklärung vorliegt. Mangels hinreichender Tatsachenfeststellungen kann der Senat hierüber noch nicht abschließend entscheiden.

1. Die Anwendbarkeit des TV [X.] steht zwischen den Parteien außer Streit. Als Angehöriger des Wachdienstes war der [X.]läger von der Schließung des Standortes [X.] im Sinne des § 1 Abs. 1 TV [X.] betroffen. Vor diesem Hintergrund vereinbarten die Parteien mit Wirkung zum 1. Oktober 2013 unstreitig die Härtefallregelung nach § 11 TV [X.]. Damit trat ein Wechsel der Beschäftigung im Sinne von § 7 Abschnitt [X.] 1 TV [X.] ein (vgl. [X.] 20. Juni 2013 - 6 [X.] - Rn. 36). Der [X.]läger erfüllt als langjährig ununterbrochen im Wachdienst Beschäftigter, der Entgelt nach § 46 [X.] ([X.]) erhalten hat, auch die persönlichen Voraussetzungen für eine Ergänzung der Einkommenssicherung nach § 7 Abschnitt [X.] 1 TV [X.].

2. Der Anspruch auf eine Zulage nach § 7 Abschnitt [X.] 1 TV [X.] setzt jedoch weiter voraus, dass durch den Wechsel der Beschäftigung eine wesentliche Verminderung der Arbeitszeit eintritt. Eine wesentliche Verminderung liegt nach Satz 1 der Protokollerklärung zu § 7 Abschnitt [X.] 1 TV [X.] vor, wenn die über die regelmäßige monatliche Arbeitszeit hinausgehenden Stunden um mehr als 20 Stunden absinken. Die Ermittlung der Differenz erfolgt nach Satz 2 der Protokollerklärung. Entgegen der Auffassung des [X.]s handelt es sich bei der Protokollerklärung zu § 7 Abschnitt [X.] 1 TV [X.] nicht um eine Auslegungshilfe, sondern um eine normative Regelung (vgl. zur Unterscheidung [X.] 27. Juli 2017 - 6 [X.] - Rn. 23; 4. August 2016 - 6 [X.] - Rn. 31; vgl. auch [X.] 14. Juni 2017 - 7 [X.] - Rn. 29). Der Wille der Tarifvertragsparteien zur Normsetzung kommt deutlich zum Ausdruck, da die zwingend formulierte Protokollerklärung das [X.]riterium der wesentlichen Verminderung der Arbeitszeit inhaltlich ausgestaltet. Sie definiert nicht nur das erforderliche Maß der Verminderung (Satz 1), sondern gibt auch den Rechenweg zur Ermittlung der Verminderung vor (Satz 2). Die Ermittlung der über die regelmäßige Arbeitszeit hinausgehenden Stunden nach Satz 2 der Protokollerklärung erfolgt dergestalt, dass alle dienstplanmäßig geleisteten und bezahlten Stunden der letzten 48 [X.]alendermonate zu addieren und danach durch 48 zu dividieren sind, um den gemäß Satz 1 der Protokollerklärung erforderlichen Monatsbezug herzustellen ([X.] 20. Juni 2013 - 6 [X.] - Rn. 33 ff.). Die Protokollerklärung bezweckt damit offensichtlich eine rechtssichere Handhabung des § 7 Abschnitt [X.] 1 TV [X.] durch verbindliche Vorgaben. Etwaige [X.] ändern nichts an dieser Zielsetzung.

3. Die Tarifvertragsparteien haben demnach einen Referenzzeitraum von ausnahmslos 48 [X.]alendermonaten vorgegeben. Dies lässt das [X.] im vorliegenden Fall außer Acht.

a) Das [X.] hat die Prüfung einer wesentlichen Verminderung der Arbeitszeit des [X.]lägers auf den Zeitraum von Dezember 2010 bis einschließlich September 2013 bezogen und damit ebenso wie die Parteien einen Referenzzeitraum von 34 [X.]alendermonaten als maßgeblich angesehen. Das widerspricht dem eindeutigen Wortlaut von Satz 2 der Protokollerklärung zu § 7 Abschnitt [X.] 1 TV [X.].

b) Die Protokollerklärung zu § 7 Abschnitt [X.] 1 TV [X.] kann auch nicht wegen der Gefahr einer „Doppelsicherung“ im Falle mehrerer, innerhalb von 48 [X.]alendermonaten entstehender Tatbestände der Einkommenssicherung dahingehend ergänzend ausgelegt werden, dass in solchen [X.]onstellationen ein kürzerer Referenzzeitraum gelten soll, welcher nur die Monate ab dem Eintreten des letzten Sicherungsfalls berücksichtigt. Selbst bei Unterstellung einer diesbezüglich unbewussten Regelungslücke könnte diese nicht durch den Senat geschlossen werden. Eine solche ergänzende Tarifauslegung ist den Gerichten für Arbeitssachen verwehrt, wenn den Tarifvertragsparteien ein Spielraum in der Frage bleibt, wie die Lücke zu schließen ist, und es ihnen wegen der verfassungsrechtlich geschützten Tarifautonomie überlassen ist, die von ihnen für angemessen gehaltene Regelung selbst zu finden ([X.] 26. Jan[X.]r 2017 - 6 [X.] - Rn. 24). Den Tarifvertragsparteien verblieben hier neben der Verkürzung des Referenzzeitraums noch andere Gestaltungsmöglichkeiten. So könnten sie den 48-monatigen Referenzzeitraum beibehalten und besondere Berechnungsvorgaben machen.

c) Es kann daher unentschieden bleiben, ob es sich bei der Arbeitszeitreduzierung des [X.]lägers infolge des zum 30. November 2010 erfolgten Auslaufens der sog. [X.] (§ 46 Nr. 4 Abs. 3b, § 50 Abs. 4 Buchst. a [X.] [[X.]]), die die Beklagte als Maßnahme nach dem TV [X.] „gewertet“ hat, tatsächlich um einen Fall der Einkommenssicherung nach § 7 Abschnitt [X.] 1 TV [X.] handelte und deshalb eine „Doppelsicherung“ zu vermeiden war. In der Sache ist das allerdings zweifelhaft. Eine tarifliche Einkommenssicherung setzt eine Maßnahme im Sinne des § 1 Abs. 1 TV [X.] voraus. Erforderlich ist eine durch die Umstrukturierung der [X.]eswehr veranlasste [X.] (vgl. [X.] 22. September 2016 - 6 [X.] - Rn. 23, [X.]E 157, 23; 19. Dezember 2013 - 6 [X.] - Rn. 35; 16. Mai 2013 - 6 [X.] - Rn. 26). Selbst wenn eine bloße Änderung der Arbeitszeitorganisation eine solche Entscheidung sein könnte (vgl. [X.] 16. Mai 2013 - 6 [X.] - Rn. 28, 40), beruhte diese hier nicht erkennbar auf einer Ne[X.]usrichtung der [X.]eswehr. Das Auslaufen der sog. [X.] zum 30. November 2010 zwang selbstredend zu einer Umstrukturierung des zivilen Wachdienstes. Die Beklagte hat bislang aber nicht hinreichend dargelegt, dass dessen ungeachtet der eigentliche Grund für die Umstrukturierung des Wachdienstes eine [X.] war, welche durch die Umstrukturierung der [X.]eswehr bedingt war und nicht nur den Wegfall der [X.] arbeitszeitrechtlich nachvollzog.

4. Bezogen auf einen Referenzzeitraum von 48 [X.]alendermonaten kann der Senat mangels hinreichender Feststellungen keine Berechnung nach Satz 2 der Protokollerklärung zu § 7 Abschnitt [X.] 1 TV [X.] vornehmen. Es kann daher nicht abschließend beurteilt werden, ob der [X.]läger bezogen auf den streitgegenständlichen Zeitraum einen Anspruch auf eine Zulage als Ergänzung der Einkommenssicherung gemäß § 7 Abschnitt [X.] 1 TV [X.] hat. Dies führt gemäß § 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das [X.]. Im Rahmen des fortgesetzten Berufungsverfahrens wird Folgendes zu beachten sein:

a) Das [X.] hat zutreffend erkannt, dass die Regelung des § 46 Nr. 4 Abs. 3 Satz 6 [X.] ([X.]), wonach [X.]. beim Wachpersonal die über 168 Stunden hinausgehende Zeit bei der Bemessung des Entgelts mit [X.] als Arbeitszeit gewertet und mit dem Überstundenentgelt vergütet wird, bei der Ermittlung der vor dem Wechsel der Beschäftigung dienstplanmäßig geleisteten und bezahlten Stunden nach Satz 2 der Protokollerklärung zu § 7 Abschnitt [X.] 1 TV [X.] nicht zu berücksichtigen ist. § 46 Nr. 4 Abs. 3 Satz 6 [X.] ([X.]) regelt nur die „Bemessung des Entgelts“, dh. die Bewertung und Vergütung der Arbeitszeit. Hierfür nimmt er in Abweichung von den Vorgaben des TVöD-AT eine monatsbezogene Pauschalierung vor (vgl. [X.] 27. März 2014 - 6 [X.] - Rn. 26 ff.). Es handelt sich mithin nicht um eine Arbeitszeitregelung. Ein Bezug zur Ergänzung der Einkommenssicherung nach § 7 Abschnitt [X.] 1 TV [X.] besteht daher nur hinsichtlich der Höhe der Zulage. Bei deren Berechnung nach § 7 Abschnitt [X.] 1 TV [X.] iVm. der Protokollerklärung zu § 8 Abs. 1 Satz 1 TVöD-AT ist die spezielle Vergütungsregelung des § 46 Nr. 4 Abs. 3 Satz 6 [X.] ([X.]) zu berücksichtigen. Dies entspricht dem Zweck der Ergänzung der Einkommenssicherung, welche das aufgrund von Mehrarbeit bislang erzielte Einkommen sichern soll ([X.] 20. Juni 2013 - 6 [X.] - Rn. 51).

b) Hinsichtlich der Berücksichtigung von Zeiten der Arbeitsunfähigkeit wegen [X.]rankheit ist zu differenzieren.

aa) Hat ein Beschäftigter wegen Arbeitsunfähigkeit keine Arbeitsleistung erbracht und keine Leistungen nach § 22 TVöD-AT in Form von Entgeltfortzahlung und [X.]rankengeldzuschuss mehr beanspruchen können, sind keine fiktiven Arbeitszeiten in die Berechnung nach Satz 2 der Protokollerklärung zu § 7 Abschnitt [X.] 1 TV [X.] einzustellen. Für solche Zeiträume wurde kein Einkommen bezogen, so dass eine Einkommenssicherung nicht veranlasst ist. Auch der tarifliche Gesamtzusammenhang lässt darauf schließen, dass solche Zeiten nicht zu berücksichtigen sind (vgl. [X.] 20. Juni 2013 - 6 [X.] - Rn. 29 ff.).

bb) Zeiten der Arbeitsunfähigkeit mit Entgeltfortzahlung nach § 22 Abs. 1 TVöD-AT sind hingegen zu berücksichtigen. Seit dem 1. Mai 2017 ist dies in der Protokollerklärung zu § 7 Abschnitt [X.] 1 TV [X.] ausdrücklich vorgesehen. Für zurückliegende Zeiträume kann der Neuregelung entgegen der Auffassung des [X.]s wegen des einschränkungslosen Stichtags ihres Inkrafttretens zwar keine Rückwirkung im Sinne einer [X.]larstellungsfunktion beigemessen werden. Dies ist jedoch letztlich unerheblich, da Sinn und Zweck der ergänzenden Einkommenssicherung nach § 7 Abschnitt [X.] 1 TV [X.] ohnehin die Einstellung der Entgeltfortzahlungszeiträume in die Referenzbetrachtung gebieten. Die Entgeltfortzahlung nach § 22 Abs. 1 TVöD-AT soll das Einkommensniveau im Falle einer krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit erhalten und bildet damit einen Teil des Einkommens, welches durch § 7 Abschnitt [X.] 1 TV [X.] gesichert werden soll. Der Beschäftigte hat wegen seiner Arbeitsunfähigkeit zwar keine Leistung erbracht, die entsprechenden Stunden ausgefallener Arbeitszeit wurden aber auf gesetzlicher und tariflicher Grundlage „bezahlt“ im Sinne des Satzes 2 der Protokollerklärung zu § 7 Abschnitt [X.] 1 TV [X.]. Die Leistung von Entgeltfortzahlung gehört zur Realität des Arbeitsverhältnisses, welche bezogen auf den Referenzzeitraum abgebildet werden soll (vgl. [X.] 20. Juni 2013 - 6 [X.] - Rn. 37). Im Arbeitsverhältnis sind bei der Vergütung der Arbeitsleistung auch entgeltfortzahlungspflichtige „unproduktive“ Ausfallzeiten (zB aufgrund krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit oder Urlaub) zu berücksichtigen. Sie sind Teil des arbeitsvertraglichen [X.] (vgl. [X.] 6. September 2018 - 6 [X.] - Rn. 21 mwN, [X.]E 163, 271).

cc) Soweit der Entscheidung des Senats vom 20. Juni 2013 (- 6 [X.] - Rn. 29 ff.) wegen des [X.] auf die Voraussetzung der Arbeitsleistung im Wortlaut der Protokollerklärung („geleistet“) und auf den systematischen Zusammenhang mit § 6 Abs. 1 Satz 2 Buchst. [X.][X.] entnommen werden könnte, dass auch Zeiten von Arbeitsunfähigkeit mit Entgeltfortzahlung nach § 22 Abs. 1 TVöD-AT unberücksichtigt bleiben sollen, hält der Senat hieran nicht fest. Diese Erwägungen waren auf den damals zu entscheidenden Fall zugeschnitten, in dem keine der Entgeltfortzahlungspflicht unterliegenden Zeiträume in Streit standen. Die Beklagte kann sich diesbezüglich nicht auf Vertrauensschutz berufen. Es fehlt insoweit schon an einer gefestigten, dh. ständigen Rechtsprechung (vgl. [X.] 23. Jan[X.]r 2019 - 7 [X.] - Rn. 43).

dd) Ob Zeiten der Leistung von [X.]rankengeldzuschuss nach § 22 Abs. 2 TVöD-AT im Referenzzeitraum einzubeziehen sind, bedarf hier keiner Entscheidung.

c) Zeiten der Inanspruchnahme von Erholungsurlaub mit Bezug von Urlaubsentgelt nach § 26 Abs. 1 iVm. § 21 TVöD-AT sind stets als dienstplanmäßig geleistete und bezahlte Stunden im Sinne des Satzes 2 der Protokollerklärung zu § 7 Abschnitt [X.] 1 TV [X.] anzusehen. Dies folgt zwar nicht aus dem Wortlaut der Protokollerklärung, aber aus dem Zweck der Einkommenssicherung. Diese würde praktisch leerlaufen, wenn das Stundenvolumen des jeweiligen Jahresurlaubs im Referenzzeitraum unbeachtet bliebe und nur das um die [X.] reduzierte Stundenvolumen durch 48 zu dividieren wäre. Ein solches Tarifverständnis wäre zudem mit dem Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub nach § 1 [X.] nicht vereinbar, da sich die Inanspruchnahme des Erholungsurlaubs dann bezogen auf die Einkommenssicherung nach § 7 Abschnitt [X.] 1 TV [X.] anspruchshindernd auswirken würde (anders bei Verkleinerung von Dividend und Divisor, vgl. [X.] 8. Mai 2018 - 9 [X.] - Rn. 22). Eine solch negative Folge der Urlaubsnahme wäre von der Öffnungsklausel für Tarifverträge in § 13 Abs. 1 Satz 1 [X.] nicht getragen (vgl. [X.] 30. Jan[X.]r 2019 - 10 [X.] - Rn. 31 ff.). Beschäftigte könnten aus wirtschaftlichen Erwägungen sogar davon abgehalten werden, ihren Anspruch auf Erholungsurlaub geltend zu machen. Die Schaffung eines Anreizes, auf den Urlaub zu verzichten, ist aber jedenfalls bzgl. des auch unionsrechtlich gewährleisteten [X.] nicht mit dem Ziel vereinbar, dass der Arbeitnehmer zum wirksamen Schutz seiner Sicherheit und seiner Gesundheit über eine tatsächliche Ruhezeit verfügen soll (vgl. [X.] 6. November 2018 -  [X.]/16  - [[X.]] Rn. 42).

        

    Spelge    

        

    Heinkel    

        

    [X.]rumbiegel     

        

        

        

    Augat     

        

    C. [X.]lar     

                 

Meta

6 AZR 577/17

13.06.2019

Bundesarbeitsgericht 6. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Kempten, 19. Oktober 2016, Az: 4 Ca 744/16, Urteil

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 13.06.2019, Az. 6 AZR 577/17 (REWIS RS 2019, 6346)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2019, 6346

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