Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.09.2013, Az. IV ZR 17/13

IV. Zivilsenat | REWIS RS 2013, 2912

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
IV ZR 17/13

Verkündet am:

11. September 2013

Heinekamp

Justizhauptsekretär

als Urkundsbeamter

der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
ja
[X.]R:
ja
[X.] § 169 Abs. 3 Satz 1; BGB § 307 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 1 Satz 1 [X.], § 306 Abs.
2
Dem Versicherungsnehmer, der bis Ende 2007 einen Vertrag über eine Lebensversi-cherung geschlossen hat, steht im Falle der Kündigung bei Unwirksamkeit der in den allgemeinen Bedingungen enthaltenen [X.]n über die Berechnung des [X.] und die Verrechnung der Abschlusskosten (hierzu [X.]surteil vom 25. Juli 2012
IV ZR 201/10, [X.], 208) im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung ein Mindestbetrag zu, der die Hälfte des mit den Rechnungsgrundlagen der Prämien-kalkulation berechneten ungezillmerten [X.] nicht unterschreiten darf (Fortführung [X.]surteil vom 12. Oktober 2005
[X.], [X.], 297).
§ 169 Abs. 3 Satz 1 [X.] findet auf solche Verträge weder über § 306 Abs. 2 BGB noch über die Grundsätze der ergänzenden Vertragsauslegung Anwendung.

[X.], Urteil vom 11. September 2013 -
IV ZR 17/13 -
O[X.]

[X.]

-
2
-

Der IV.
Zivilsenat des [X.] hat durch die
Vorsitzende Richterin [X.], die Richterin [X.], die Richter Dr.
Karczewski, [X.] und die Richterin Dr. Brockmöller
auf die mündliche Verhandlung vom 11. September 2013

für Recht erkannt:

Die Revision gegen das Urteil des 20.
Zivilsenats des
Oberlandesgerichts [X.] vom 21.
Dezember 2012 wird auf Kosten des [X.] zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Parteien streiten

soweit für das Revisionsverfahren vor Be-lang

um die Höhe des dem Kläger zustehenden [X.] nach
Kündigung eines [X.]. Der Kläger unterhielt bei der Beklagten eine Kapitallebensversicherung mit [X.] zum 1.
Dezember 2004. Diese kündigte er mit Schreiben vom 21.
Januar 2009. Die Beklagte zahlte ihm zum Abrechnungsstichtag 1.
Februar 2009 nach Abzug eines Beitragsrückstands von 691,10

i-nen Rückkaufswert von 561,94

Am 25.
Oktober 2010 erklärte der Kläger den Wi[X.]pruch gemäß §
5a [X.] a.F.

Mit seiner Klage hat der Kläger zunächst die Rückzahlung aller von ihm geleisteten Beiträge zuzüglich 7% Anlagezinsen abzüglich des bereits geleisteten [X.], hilfsweise die Zahlung eines Min-1
2
-
3
-

destrückkaufswerts,
begehrt. Das [X.] hat die Klage abgewiesen. Im Berufungsverfahren hat die Beklagte Auskunft dahin erteilt, dass am 1.
Februar 2009 die Hälfte des ungezillmerten [X.] 2.340,80

k-stands sowie des bereits geleisteten [X.] hat die Beklagte einen verbleibenden Betrag von 1.057,10

n-sen an den Kläger ausgezahlt hat. Insoweit haben die Parteien den Rechtsstreit übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt. Das Berufungsgericht hat die weitergehenden Zahlungsansprüche des Klä-gers
abgewiesen.

Mit seiner Revision verfolgt der Kläger einen Anspruch auf Zahlung eines nach §
169 Abs.
3 Satz
1 [X.] berechneten [X.]. Er begehrt die Aufhebung des angefochtenen Urteils, soweit darin der zu-letzt in der Berufung geltend gemachte Hilfsantrag auf Zahlung in dem Umfang seines nunmehr geltend gemachten [X.] worden ist. Insoweit beantragt der Kläger die Feststellung, dass die Beklagte ihm einen [X.] in Höhe des nach aner-kannten Regeln der Versicherungsmathematik mit den Rechnungsgrund-lagen der Prämienkalkulation zum Schluss der am 1.
Februar 2009 lau-fenden Versicherungsperiode berechneten [X.] der Versi-cherung unter gleichmäßiger Verteilung der angesetzten Abschluss-
und Vertriebskosten auf die ersten fünf Vertragsjahre abzüglich der in zweiter Instanz geleisteten
1.057,10

(586,68

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-
4
-

Entscheidungsgründe:

Die Revision ist unbegründet.

[X.] Das Berufungsgericht
hat
soweit für das Revisionsverfahren von Belang

ausgeführt,
dem Kläger stehe ein Anspruch auf Zahlung der Hälfte des mit den Rechnungsgrundlagen der Prämienkalkulation be-rechneten ungezillmerten [X.] zu. Diese Zahlung habe die Beklagte geleistet. Ein darüber hinausgehender Anspruch
bestehe nicht. Allerdings
sei die Regelung in §
15 der Versicherungsbedingungen be-züglich der Verrechnung der Abschlusskosten im Wege des sogenannten [X.] wegen unangemessener Benachteiligung des Versi-cherungsnehmers gemäß §
307 Abs.
2 Nr.
2, Abs.
1 Satz
1 BGB materi-ell unwirksam. Folge dieser Unwirksamkeit sei, dass dem Versiche-rungsnehmer nach Kündigung des Vertrages ein vertraglicher Anspruch auf den [X.] zustehe, welcher der Hälfte des ungezill-merten [X.] entspreche. Insoweit sei die Rechtsprechung des [X.] aus dem [X.] auch dann entsprechend anzuwenden, wenn die [X.]n nicht intransparent, sondern materiell unwirksam seien. Die im Rahmen der ergänzenden Vertragsauslegung zu berücksichtigende bei[X.]eitige Interessenlage sei bei der materiellen Unwirksamkeit von [X.]n zur Verrechnung von Abschlusskosten im Wege des [X.] keine andere als bei einer bloßen Intranspa-renz dieser Regelungen. Auch eine Anwendung von §
169 Abs.
3 [X.] n.F. im Rahmen der ergänzenden Vertragsauslegung komme nicht in [X.]. Dagegen spreche die Regelung in Art.
4 Abs.
2 EG[X.], wonach §
169 [X.] auf Altverträge nicht anzuwenden sei. Es sei nicht gerechtfer-tigt, nunmehr die ergänzende Vertragsauslegung in anderer Weise als 4
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5
-

bislang vorzunehmen. In keinem Fall treffe die Auffassung des [X.] zu, dass eine Verrechnung von Abschlusskosten überhaupt nicht erfol-gen dürfe.

I[X.] Das hält rechtlicher Nachprüfung stand.

1. Der vom Kläger nunmehr verfolgte Feststellungsantrag ist zu-lässig. Es handelt sich nicht um eine unzulässige Klagänderung, sondern um eine auch im Revisionsverfahren zulässige Antragsänderung. Diese kommt für die Fälle in Betracht, in denen die Änderung nur eine Be-schränkung oder Modifikation des früheren Antrags darstellt und sich auf einen Sachverhalt stützt, der vom Tatrichter bereits gewürdigt ist ([X.], Urteile vom 28.
September 1989
IX ZR 180/88, [X.], 1873 unter 1; vom 23.
September 2004
IX ZR 137/03, NJW-RR 2005, 494 unter VI).

So liegt es hier.
Der Kläger verfolgt an[X.] als in den Vorinstanzen nicht mehr einen Anspruch auf vollständige Rückzahlung der geleisteten Prämien oder auf ungekürzte Auszahlung des ungezillmerten [X.], sondern begehrt die Zahlung eines [X.] auf der Grundlage von §
169 Abs.
3 Satz
1 [X.] n.F. Hiernach ist der Rück-kaufswert das nach anerkannten Regeln der Versicherungsmathematik mit den Rechnungsgrundlagen der Prämienkalkulation zum Schluss der laufenden Versicherungsperiode berechnete Deckungskapital der Versi-cherung, bei einer Kündigung des Versicherungsverhältnisses jedoch mindestens der Betrag des [X.], das sich bei gleichmäßiger Verteilung der angesetzten Abschluss-
und Vertriebskosten auf die [X.] fünf Vertragsjahre ergibt. Der Kläger
kennt zwar die Höhe des unge-zillmerten [X.]; dieses beträgt ausweislich der Auskunft der 6
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Beklagten 4.681,60

-
und Vertriebskos-ten sind ihm aber
unbekannt. Wenn der Kläger auf dieser Grundlage von seinem weitergehenden Zahlungsanspruch abrückt und eine Berechnung des [X.] unter Anwendung von §
169 Abs.
3 Satz
1 [X.] n.F. begehrt, so handelt es sich lediglich um eine zulässige Modifikation des früheren Antrags. Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung ist das Feststellungsinteresse des [X.]
gemäß §
256 ZPO gegeben.

2. In der Sache ist die Revision allerdings unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass der Rückkaufswert des von ihm ge-kündigten [X.] unter Anwendung der Grund-sätze des §
169 Abs.
3 Satz
1 [X.] n.F. berechnet wird.

a) Ausgangspunkt für die Beurteilung ist die neuere Rechtspre-chung des [X.]s zur Unwirksamkeit von [X.]n, die vorsehen, dass die Abschlusskosten im Wege des sogenannten [X.] mit den ersten Beiträgen des Versicherungsnehmers verrechnet werden
(Ur-teil vom 25.
Juli 2012 -
IV ZR 201/10, [X.], 208). Derartige [X.] stellen eine unangemessene Benachteiligung des [X.] dar und sind daher gemäß § 307 Abs.
2 Nr.
2, Abs.
1 Satz
1 BGB unwirksam (aaO Rn.
15
ff.). Der [X.] hatte in diesem Urteil
und in den [X.] vom 17. Oktober 2012 ([X.], [X.], 213), vom 14. November 2012 ([X.], juris) und vom [X.] 2012 ([X.]/10,
[X.], 565) nicht zu entscheiden, welche Rechtsfolgen sich aus der materiellen Unwirksamkeit dieser [X.]n für die Berechnung des [X.] bei vorzeitiger Kündigung ergeben.

Für die vorangegangene Tarifgeneration der [X.] bis 2001 hat der [X.] ebenfalls eine Unwirksamkeit der [X.]n betreffend 9
10
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-
7
-

die Vereinbarung des [X.] angenommen, allerdings nicht wegen materieller Unwirksamkeit, sondern wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot gemäß § 307 Abs.
1 Satz
2 BGB ([X.]surteile vom 9.
Mai 2001
IV ZR 121/00, [X.]Z 147, 354, 361
ff.; [X.], [X.]Z 147, 373, 377
ff.). Er hat sodann mit Urteil vom 12.
Oktober 2005 entschieden, die sich aus der Unwirksamkeit der Regelungen über die Verrechnung von Abschlusskosten ergebende Regelungslücke wegen In-transparenz sei in der Weise zu schließen, dass es grundsätzlich bei der Verrechnung der geleisteten einmaligen Abschlusskosten nach dem Zill-merverfahren bleibt. Für den Fall der vorzeitigen Beendigung der Bei-tragszahlung ist
jedenfalls die versprochene Leistung geschuldet; der vereinbarte Betrag der beitragsfreien Versicherungssumme und des [X.] darf aber einen Mindestbetrag nicht unterschreiten. Die-ser Mindestbetrag wird bestimmt durch die Hälfte des mit den [X.] der Prämienkalkulation berechneten ungezillmerten [X.] ([X.], [X.], 297, 318).

b) Für die hier zu beurteilende sogenannte zweite [X.]generati-on der Jahre 2001 bis 2007 kann die durch die Unwirksamkeit der Be-dingungen aus materiellen Gründen entstandene [X.] nicht durch unmittelbare Anwendung des §
169 Abs.
3 Satz
1 [X.] geschlos-sen werden. Im Gesetzgebungsverfahren war zwar zunächst vorgese-hen, dass die Regelung auch für Altverträge gelten sollte, die bei
In[X.]-treten des neuen [X.] (im Folgenden: [X.] be-standen (BT-Drucks. 16/3945 S.
119). Im weiteren Verlauf des Verfah-rens hat der Gesetzgeber dieses Vorhaben allerdings aufgegeben und in Art.
4 Abs.
2 EG[X.] bestimmt, dass auf Altverträge anstatt des §
169 [X.], auch soweit auf ihn verwiesen wird, §
176 [X.] in der bis zum 31.
Dezember 2007 geltenden Fassung weiter anzuwenden ist. [X.]
-
8
-

lich der Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses soll es für [X.] bei der Anwendung des bis
zum 31.
Dezember 2007 geltenden Rechts in seiner Ausprägung durch die Rechtsprechung verbleiben (BT-Drucks. 16/5862 S.
100
f.; zur Entstehungsgeschichte [X.], r+s 2010, 177, 180
f.; [X.], [X.], 325, 326).

c) Ohne Erfolg macht die Revision geltend, §
169 Abs.
3 Satz
1 [X.] n.F. sei gleichwohl über §
306 Abs.
2 BGB anzuwenden. Hiernach richtet sich der Inhalt des Vertrages, soweit [X.] nicht Vertragsbestandteil geworden oder unwirksam sind, nach den gesetzlichen Vorschriften. Aus diesem Grund ist
nach Ansicht des [X.] §
169 Abs.
3 Satz
1 [X.] anzuwenden und nicht auf die Recht-sprechung des [X.]s zur ergänzenden Vertragsauslegung zuzugreifen.

Diese Auffassung trifft
nicht
zu. §
306 Abs.
2 BGB schließt nach ständiger Rechtsprechung des [X.] eine ergänzende [X.] nicht aus, weil es sich bei den Bestimmungen der §§
157, 133 BGB, in denen die ergänzende Vertragsauslegung ihre Grundlage hat, um gesetzliche Vorschriften i.S. des § 306 Abs.
2 BGB handelt. Jedoch muss auch bei einer ergänzenden Vertragsauslegung die Entscheidung des Gesetzgebers beachtet werden, den Vertrag grundsätzlich mit dem sich aus den Normen des dispositiven Gesetzes-rechts, welche der ergänzenden Vertragsauslegung vorgehen, ergeben-den Inhalt aufrecht zu erhalten. Diese kommt daher nur in Betracht, wenn sich die mit dem Wegfall einer unwirksamen [X.] entstehende Lücke nicht durch [X.] Gesetzesrecht füllen lässt und dies zu ei-nem Ergebnis führt, das den bei[X.]eitigen Interessen nicht mehr in ver-tretbarer Weise Rechnung trägt, sondern das Vertragsgefüge einseitig zugunsten des Kunden verschiebt ([X.], [X.]surteil vom 22.
Januar 13
14
-
9
-

1992
[X.], [X.]Z 117, 92, 98
f.; Versäumnisurteil vom 16.
Juni 2009
[X.], [X.]Z 181, 278 Rn.
38; Teilurteil vom 29.
April 2008
[X.], [X.]Z 176, 244 Rn.
32; Urteil vom 4.
Juli 2002
[X.], [X.]Z 151, 229, 234).

Die Anwendung des
§
169 Abs.
3 Satz
1 [X.]
über die allgemeine Bestimmung des §
306 Abs.
2 BGB scheidet auf dieser Grundlage aus. §
169 Abs.
3 Satz
1 [X.] galt
im [X.]punkt des Abschlusses des [X.] noch nicht. Nach der ausdrücklichen Regelung des Art.
4 Abs.
2 EG[X.] und dem unmissverständlichen Willen des [X.] soll die Vorschrift gerade nicht rückwirkend zur Anwendung kommen, sondern es soll bei der Anwendung des bis zum 31.
Dezember 2007 geltenden Rechts "in seiner Ausprägung durch die Rechtspre-chung"
bleiben
(BT-Drucks. 16/5862 S.
100
f.). Nach dem erklärten Wil-len des Gesetzgebers
sollte damit für Altverträge auch die Rechtspre-chung des [X.]s gemäß Urteil vom 12.
Oktober 2005 maßgeblich blei-ben, mit der der [X.] die durch die Unwirksamkeit der [X.]n über die Verrechnung der Abschlusskosten entstandene [X.] durch eine ergänzende Vertragsauslegung des Inhalts geschlossen hat, dass der Versicherungsnehmer die versprochene Leistung erhält, mindestens [X.] einen Betrag in Höhe der Hälfte des mit den Rechnungsgrundlagen der Prämienkalkulation berechneten ungezillmerten [X.] ([X.], [X.], 297, 318). Dieser gesetzgeberische Wille darf nicht dadurch umgangen werden, dass über § 306 Abs.
2 BGB die Rege-lung des §
169 Abs.
3 Satz
1 [X.] doch zur Anwendung kommt.

Soweit die Revision darauf verweist, es sei im Rahmen des §
307 Abs.
2 Nr.
1 BGB anerkannt, dass auf die Grundlagen der gesetzlichen 15
16
-
10
-

Regelung abzustellen sei, die zur [X.] der gerichtlichen Entscheidung bestehen, rechtfertigt dies hier schon deshalb kein anderes Ergebnis, weil Art.
4 Abs.
2 EG[X.] eine Anwendung des §
169 Abs.
3 [X.] auf Altverträge gerade ausschließt. Diesen Willen des Gesetzgebers hat der [X.] auch bei der Anwendung des §
306 Abs.
2 BGB zu respektieren.

d) Im Rahmen
der somit vorzunehmenden ergänzenden Vertrags-auslegung wird im Schrifttum die Auffassung vertreten, für die bei[X.]ei-tige Interessenabwägung sei auf die Wertung des §
169 Abs.
3 Satz
1 [X.] zurückzugreifen (so etwa Armbrüster, NJW 2012, 3001, 3002
f.; [X.]. [X.], 1434; [X.], [X.], 447
f.; [X.].
jurisPR-VersR 9/2012 Anm.
2; ferner Reiff, [X.], 785, 790
f. im Rahmen der [X.] gemäß §
164 [X.]). Zur Begründung wird im [X.] darauf abgestellt, dass der [X.] in seinem Urteil vom 12.
Oktober 2005 selbst verschiedene Möglichkeiten der Berechnung der Mindestleistung erörtert hat. Dort hat der [X.] auch die Verteilung der Abschlusskosten auf einen längeren [X.]raum wie bei der "[X.]" in seine Überlegungen einbezogen (vgl. §
1 Abs.
1 Satz
1 Nr.
8 [X.] mit einer Verteilung der Abschlusskosten auf fünf Jahre). Er hat sich jedoch dem seinerzeitigen Vorschlag der Reformkommission ange-schlossen, wonach der Versicherer im Falle der vorzeitigen Beendigung der Beitragszahlung grundsätzlich die versprochene Leistung schuldet,
der vereinbarte Betrag der beitragsfreien Versicherungssumme und des [X.] aber einen Mindestbetrag nicht unterschreiten darf, der durch die Hälfte des mit den Rechnungsgrundlagen der [X.] berechneten ungezillmerten [X.]
bestimmt wird ([X.], [X.], 297, 318, 322
f.). Dieser Vorschlag der Reformkom-mission ist dann allerdings nicht Gesetz geworden, sondern der [X.] hat sich in §
169 Abs.
3 Satz
1 [X.] ausdrücklich an dem [X.]
-
11
-

Modell orientiert. In der Gesetzesbegründung
heißt es unter anderem
(vgl. BT-Drucks. 16/3945 S.
102):

"Die Neuregelung knüpft an das sog. [X.] nach dem durch Art.
7 des Gesetzes vom 5.

n-derten Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetz vom 26.

an; sie ist verständlicher als der Vorschlag der [X.]-Kommission, der auf das "[X.]" abstellt. Der Gesetzentwurf hat sich [X.] am geltenden Recht orientiert und nicht
wie der [X.] in dem oben zitierten Urteil vom 12.
Oktober 2005

am Vorschlag der [X.]-Kommission, auch wenn bei-de Vorschläge zu mehr Rechtsklarheit und Rechtssicherheit führen. Für den Versicherungsnehmer ergeben sich im Üb-rigen auf der Grundlage der Regelung des Gesetzentwurfes leicht höhere Auszahlungsbeträge als auf der Grundlage des Modells der [X.]-Kommission."

Wenn, so eine im Schrifttum vertretene Auffassung,
sich im Zuge der [X.]-Reform eine vom Gesetzgeber als noch besser angesehene Lösung durchgesetzt habe, bei der zudem die Erkenntnisse der Ent-scheidung des Bundesverfassungsgerichts
von 2006 hätten einfließen können ([X.], 489), so erscheine es möglich, die ergänzende Vertragsauslegung an dieser aktuelleren Regelung zu orientieren. Dies habe auch den Vorteil, dass alle ab 2001 geschlossenen [X.] [X.]elben Regelung unterlägen.

Diese Auffassung vermag nicht zu überzeugen. Sie führt im Er-gebnis
über das Mittel
der ergänzenden Vertragsauslegung dazu, dass entgegen Art.
4 Abs.
2 EG[X.] und dem
eindeutigen gesetzgeberischen Willen §
169 Abs.
3 Satz
1 [X.] doch Rückwirkung zukäme. Dies ist nicht allein damit zu rechtfertigen, dass der Vorschlag der Reformkom-mission, der der Entscheidung des [X.]s vom 12.
Oktober 2005 zu-grunde lag, letztlich nicht Gesetz wurde, sondern der
Gesetzgeber sich 18
19
-
12
-

an der Regelung über das [X.] orientiert hat. Diese spätere Entwick-lung hat auf die Maßgeblichkeit und Gültigkeit der Interessenabwägung, wie sie der [X.] seinerzeit
vorgenommen hat, keinen Einfluss. [X.] kann dieser Umstand
nicht dazu führen, dass rückwirkend für die [X.] vor 2008 Wertungen aus einer gesetzgeberischen Regelung übernommen werden, die [X.] ihres ausdrücklichen Anwendungsbefehls erst ab 1.
Januar 2008 gelten soll, während es im Übrigen bei der An-wendung des bis
zum 31.
Dezember 2007 geltenden Rechts in seiner Ausprägung durch die Rechtsprechung bleiben sollte.

e) Wie das Berufungsgericht zu Recht angenommen hat, besteht im Rahmen der ergänzenden Vertragsauslegung keine Rechtfertigung dafür, bei der Berechnung des [X.] Unterschiede zwischen solchen Verträgen zu machen, bei denen die Rechtsprechung die [X.] über die Abschlusskostenverrechnung wegen Intransparenz für un-wirksam erklärt hat, und solchen, bei denen eine materielle Unwirksam-keit der [X.]n wegen unangemessener Benachteiligung des [X.] angenommen worden ist. Die für die ergänzende [X.] maßgebliche Interessenlage der Parteien ist unabhängig davon, ob die [X.]n wegen Intransparenz, materieller Unwirksamkeit oder aus anderen Gründen nicht zur Anwendung kommen können (so zu Recht OLG Karlsruhe [X.], 440, 443). Gründe für eine differen-zierende Lösung bestehen insoweit nicht. Insbesondere ist nicht ersicht-lich, warum Versicherungsnehmer der [X.]generation 2001
bis 2007 bei der vorgeschlagenen Anwendung von §
169 Abs.
3 Satz
1 [X.] [X.] stehen sollen als Versicherungsnehmer der [X.]generation 1994 bis 2001, bei denen der [X.] die Hälfte des ungezillmerten [X.] zugrunde gelegt hat. Vielmehr sind
alle bis Ende 2007 [X.] Verträge, für die einheitlich noch das bisherige Recht gilt, nach 20
-
13
-

denselben Grundsätzen zu behandeln,
und erst für Verträge ab 2008 kommt es zur
Anwendung
des neuen [X.]. Aus Gründen der Rechtssi-cherheit ist zu vermeiden, dass die Ersetzung einer intransparenten [X.] (Hälfte des ungezillmerten [X.]) einen anderen In-halt hat als die Ersetzung einer transparenten, aber materiell unwirksa-men [X.] (Orientierung an §
169 Abs.
3 Satz
1 [X.]), nur weil die
Rechtsprechung erst nach Erlass des neuen [X.] Gelegenheit hatte, zur Ersetzung von materiell unwirksamen Rückkaufswertklauseln Stellung zu nehmen
([X.] in [X.]/Langheid, [X.] 3.
Aufl. §
169 Rn.
60).

f) Schließlich hat auch das Bundesverfassungsgericht
in seinem Beschluss vom 15.
Februar 2006 dem Gesetzgeber lediglich aufgege-ben, bis zum 31.
Dezember 2007 eine mit den grundrechtlichen Vorga-ben vereinbare Regelung des Rechts der Lebensversicherung zu treffen. Im Übrigen hat es ausdrücklich darauf hingewiesen, für die geltende Rechtslage habe sich eine Änderung dadurch ergeben, dass der [X.]
im Wege der richterlichen ergänzenden Vertragsausle-gung Grenzen der Verrechnung der Abschlusskosten bei vorzeitiger [X.] festgelegt habe ([X.], 489 Rn.
74f.). Es sei nicht Aufgabe des Bundesverfassungsgerichts
zu prüfen, ob auch eine andere Lösung möglich wäre. Letztlich habe der Gesetzgeber zu entscheiden, welche Lösung er wählen möchte. Die ergänzende Vertragsauslegung wi[X.]preche allerdings verfassungsrechtlichen Vorgaben nicht (aaO Rn.
76). Der Gesetzgeber hat sich sodann dafür entschieden, §
169 Abs.
3 Satz
1 [X.] erst auf Versicherungsverträge anzuwenden, die ab dem 1.
Januar 2008 geschlossen werden. Für die [X.] davor verbleibt
es deshalb einheitlich bei der vom [X.] entwickelten und vom Bundesver-fassungsgericht gebilligten Rechtsprechung zur Abrechnung auf der Grundlage der Hälfte des ungezillmerten [X.] als [X.]
-
14
-

betrag, ohne dass es
darauf ankommt, wann die Verträge geschlossen wurden und aus welchem Grund die [X.] über die Abschlusskosten-verrechnung unwirksam ist.

[X.]

[X.] Dr. Karczewski

[X.]

Dr. Brockmöller

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 23.05.2012 -
26 [X.]/11 -

O[X.], Entscheidung vom 21.12.2012 -
20 U 133/12 -

Meta

IV ZR 17/13

11.09.2013

Bundesgerichtshof IV. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.09.2013, Az. IV ZR 17/13 (REWIS RS 2013, 2912)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 2912

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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