Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 26.09.2013, Az. IX ZB 247/11

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2013, 2407

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX
ZB
247/11

vom

26. September 2013

in dem
Insolvenzverfahren

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja

[X.] § 35 Abs. 1, § 36 Abs. 1
Vermögen, das der Schuldner nach der Verfahrenseröffnung aus [X.] Arbeitseinkommen angespart und auf ein Konto eines Kreditinstituts [X.] hat, unterliegt dem [X.].
[X.], Beschluss vom 26. September 2013 -
IX [X.] -
LG [X.]

[X.]

-

2

-
Der IX.
Zivilsenat des [X.] hat durch [X.] [X.],
die
Richter
Prof. Dr. [X.], [X.], Dr. Fischer und Grupp

am
26. September
2013
beschlossen:

Auf die Rechtsbeschwerde des weiteren Beteiligten wird der Be-schluss der 11.
Zivilkammer des [X.] vom 19.
August 2011 aufgehoben.

Die sofortige Beschwerde des Schuldners gegen den Beschluss des [X.] vom 13.
Mai 2011 wird [X.].

Der Schuldner trägt die Kosten der Rechtsmittelverfahren.

Der Gegenstandswert des [X.] wird auf 2.044,57

Der Antrag des weiteren Beteiligten auf Bewilligung von [X.] für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird abgelehnt.

-

3

-
Gründe:

I.

Auf Eigenantrag des Schuldners wurde mit Beschluss des Insolvenzge-richts am 11.
Dezember 2006 das Insolvenzverfahren über dessen Vermögen eröffnet und der weitere Beteiligte zum Insolvenzverwalter bestellt. Der Schuld-ner errichtete am 25.
April 2008 neben seinem Gehaltskonto ein weiteres Konto bei einem Kreditinstitut und zahlte hierauf einen Betrag von 1.000

aus seinen
monatlichen pfändungsfreien [X.] angespart hatte. [X.] Einzahlungen dieser Art folgten am 2.
Juli 2008 und am 7.
Oktober 2008 über jeweils 500

, sowie am 1.
Januar 2009 über 44,57

it Beschluss vom 14.
April 2009 wurde das Insolvenzverfahren aufgehoben, dem Schuldner die Restschuldbefreiung angekündigt und der weitere Beteiligte zum Treuhänder bestellt.

Nachdem der Schuldner dem weiteren Beteiligten mitgeteilt hatte, er ha-be im laufenden Insolvenzverfahrens 2.044,57

e-teiligte beantragt, die Nachtragsverteilung anzuordnen. Das Insolvenzgericht hat dem Antrag entsprochen. Auf die hiergegen gerichtete sofortige Beschwer-de des Schuldners hat das [X.] den Beschluss aufgehoben und den Antrag des weiteren Beteiligten auf Durchführung der Nachtragsverteilung ab-gelehnt. Hiergegen wendet sich der weitere Beteiligte mit der Rechtsbeschwer-de.

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-
II.

Die Rechtsbeschwerde ist nach §
204 Abs.
2, §§
6, 7 aF [X.], Art.
103
f EG[X.], §
574 Abs.
1 Satz
1 Nr.
1 ZPO statthaft und auch im Übrigen zulässig. In der Sache hat sie Erfolg und führt zur Wiederherstellung der Entscheidung des Insolvenzgerichts.

1. Das Beschwerdegericht hat ausgeführt, die Sparrücklagen des Schuldners fielen nicht in die Insolvenzmasse. Sie seien weiterhin als [X.] Arbeitseinkommen anzusehen. Ein [X.] komme nur in [X.], wenn der Schuldner das unpfändbare Einkommen
in pfändbare Gegen-stände investiere. Der bloße
Umstand, dass er Geld beiseitegelegt habe, könne ohne weitere Anhaltspunkte auch nicht dahin verstanden werden, dass er damit auf den Pfändungsschutz verzichte und sein unpfändbares Arbeitseinkommen der Insolvenzmasse zur Verfügung stelle.

2. Diese Ausführungen
halten rechtlicher Prüfung nicht stand. Die Spar-rücklagen des Schuldners unterliegen dem [X.]. Gemäß §
203 Abs.
1 Nr.
3 [X.] ist hierüber die Nachtragsverteilung durchzuführen.

a) Gemäß §
203 Abs.
1 Nr.
3 [X.] wird die Nachtragsverteilung auf [X.] oder eines Insolvenzgläubigers oder von Amts wegen angeordnet, wenn Gegenstände der Masse nachträglich ermittelt wer-den. Hierbei kann es sich um Gegenstände handeln, deren Existenz dem
Ver-walter unbekannt geblieben ist, etwa, weil, wie vorliegend gegeben, er hierüber nicht unterrichtet wurde (vgl. [X.], Beschluss vom 6.
Dezember 2007 -
IX
ZB 229/06, [X.], 305 Rn.
6). Handelt es sich bei dem Gegenstand um ein Sparkonto des Schuldners, so gehören hierzu nach § 35 Abs. 1 [X.] das Spar-3
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-

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-
buch selbst und der darin verbriefte Rückzahlungsanspruch sowie die während des Insolvenzverfahrens angefallenen
Zinsen (Wagner in [X.]/[X.]/
Ringstmeier, [X.], §
203 Rn.
8).

b) Nicht in die Insolvenzmasse gehören gemäß §
36
Abs.
1 [X.] hinge-gen die Gegenstände, die nicht der Zwangsvollstreckung unterliegen ([X.], Urteil vom 24.
März 2011 -
IX
ZR 180/10, [X.]Z 189, 65 Rn.
21; Beschluss vom 10.
November 2011 -
IX
ZA 99/11, [X.], 2376 Rn.
4). Eine [X.]keit der hier in Rede stehenden Sparrücklagen ist nicht gegeben. [X.] war für den
maßgeblichen Zeitraum von Dezember 2006 bis April 2009 lediglich das monatliche Einkommen im Rahmen des §
850c ZPO. Selbst
nach dem hier noch nicht anwendbaren §
850k Abs.
1 Satz
3 ZPO wird Guthaben, über das der Schuldner in dem jeweiligen Kalendermonat nicht in Höhe des nach §
850k Abs.
1 Satz
1 ZPO pfändungsfreien Betrag verfügt hat, lediglich in den [X.] übertragen. Arbeitseinkommen
anzusparen und dem Gläu-bigerzugriff zeitlich unbegrenzt vorzuenthalten,
ist dagegen rechtlich nicht mög-lich
(vgl. [X.], Beschluss vom 10.
November 2011 -
VII
ZB 64/10, [X.]Z 191, 270 Rn.
15).

Im Übrigen ist anerkannt, dass zum nach
Verfahrenseröffnung begründe-ten Neuerwerb nicht nur das pfändbare Arbeitseinkommen des Schuldners aus selbständiger
oder nichtselbständiger
Erwerbstätigkeit gehört, sondern auch der Erwerb eines Gegenstandes mit insolvenzfreien Mitteln oder der Erlös bei [X.] einer unpfändbaren Sache (vgl. HK-[X.]/Eickmann, 6.
Aufl., §
35 Rn.
36; [X.],
[X.]
13.
Aufl., §
35 Rn.
115,
§
36 Rn.
51a; MünchKomm-[X.]/[X.], 3.
Aufl., §
35 Rn
45
f). Gleiches gilt für das aus dem unpfändbaren Bestand des Arbeitseinkommens angesparte
Vermögen, das hier zudem auf ein neues Konto eingezahlt
wurde und damit eine eigenständige Forderung ge-7
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gen das Kreditinstitut begründete. Der Senat ist daher auch bisher davon aus-gegangen, dass
Vermögen, das aus angesparten pfändungsfreien Beträgen gebildet wird, nach §
35 Abs.
1, §
36 Abs.
1 [X.] in die Masse fällt (vgl. [X.], Beschluss vom 11.
April 2013 -
IX
ZB 170/11, [X.], 1030 Rn.
19).

3. Danach ist die angefochtene Entscheidung des [X.] aufzuheben (§
577 Abs.
4 Satz
1 ZPO). Da die Aufhebung der Entscheidung nur wegen Rechtsverletzung bei der Anwendung des Rechts auf den festge-stellten Sachverhalt erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist, hat der Senat in der Sache selbst zu entscheiden (§
577 Abs.
5 Satz
1 ZPO).

III.

Der Antrag des weiteren Beteiligten auf Bewilligung von Prozesskosten-hilfe für die Durchführung der Rechtsbeschwerde ist nicht begründet.

1. Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für den weiteren Beteiligten als Partei kraft Amtes scheitert bereits
an der Regelung des §
116 Satz
1 Nr.
1 ZPO. Zwar besteht Masseunzulänglichkeit, so dass die Kosten der geplanten Rechtsverfolgung nicht gemäß §
116 Satz
1 Nr.
1 Halbs.
1 ZPO aus der verwal-teten Vermögensmasse aufgebracht werden können (vgl. [X.], Beschluss vom 22.
November 2012 -
IX
ZB 62/12, [X.] 2013, 32 Rn.
9
f). Den am Gegenstand des Rechtsstreits wirtschaftlich beteiligten Gläubigern ist es jedoch zuzumuten, die Vorschüsse auf die Prozesskosten aufzubringen.

2. Vorschüsse auf die Prozesskosten sind solchen Beteiligten zuzumu-ten, welche
die erforderlichen Mittel unschwer aufbringen können und für die 9
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7

-
der zu erwartende Nutzen bei vernünftiger, auch das Eigeninteresse sowie das [X.] angemessen berücksichtigender Betrachtungsweise bei dem Erfolg der Rechtsverfolgung deutlich größer sein wird als die von ihnen als Vorschuss aufzubringenden Kosten ([X.], Beschluss vom 27.
September 1990
-
IX
ZR 250/89, [X.], 1090; vom 5.
November 2007 -
II
ZR 188/07, [X.], 2338 Rn.
2; vom 7.
Juni 2011 -
II
ZA 1/11, Z[X.] 2011, 1552 Rn.
2; vom 13.
September 2012 -
IX
ZA 1/12, Z[X.] 2012, 2198 Rn.
2). Bei dieser werten-den Abwägung sind insbesondere eine zu erwartende Quotenverbesserung im Falle des Obsiegens, das Verfahrens-
und Vollstreckungsrisiko und die Gläubi-gerstruktur zu berücksichtigen ([X.], Beschluss vom 25.
November 2010
-
VII
ZB 71/08, [X.], 98 Rn.
9; vom 13.
September 2012, aaO).

3. Hieran gemessen ist den [X.] Nr.
2 und Nr.
4 der Tabelle Anlage 6, die zusammen einen Anteil von etwa 95 v.H. der festgestellten Forde-rungen haben, die Aufbringung der Verfahrenskosten, die entgegen der [X.] in der Antragsschrift nicht etwa 1.250

nds-wert von 2.044,57

den Bestim-mungen des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes 215,39

s-fall für Gerichtskosten 100

mithin zusammen 315,59

-

13
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8

-
bar. Der Umstand, dass die Gläubigerin Nr.
2 nicht bereit ist, sich an den [X.] zu beteiligen, ist unbeachtlich (vgl. [X.], Beschluss vom 13.
September 2012, aaO Rn. 6 mwN).

Kayser [X.]

[X.]

Fischer Grupp

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 13.05.2011 -
2 IN 1249/06 ([X.]) -

LG [X.], Entscheidung vom 19.08.2011 -
11 [X.]/11 -

Meta

IX ZB 247/11

26.09.2013

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 26.09.2013, Az. IX ZB 247/11 (REWIS RS 2013, 2407)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 2407

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