Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 03.03.2005, Az. I ZR 117/02

I. Zivilsenat | REWIS RS 2005, 4682

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 117/02 Verkündet am: 3. März 2005 [X.] Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja

Traumcabrio

UWG §§ 3, 4 Nr. 6

Die einheitliche Gestaltung des Bestellscheins mit dem [X.] für ein Gewinnspiel wird bei den angesprochenen Verbrauchern regelmäßig den Eindruck einer Abhängigkeit der Gewinnspielteilnahme oder der Gewinnchance von einer Warenbestellung hervorrufen. Dieser Eindruck einer Verbindung von Warenbestellung und Gewinnspielteilnahme bzw. Gewinnchance kann aufgrund der Ausgestaltung und des Inhalts des Bestellscheins (hier: optisch hervorge-hobener Hinweis auf die fehlende Abhängigkeit in den Teilnahmebedingungen und weiterer Hinweis auf dem [X.], optische Trennung von [X.] und [X.]) entfallen.

[X.], [X.]. v. 3. März 2005 - I ZR 117/02 - [X.] [X.]
LG [X.]

- 2 - Der [X.] Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhand-lung vom 3. März 2005 durch [X.] Dr. Ullmann und [X.] [X.], [X.], Dr. Schaffert und Dr. Bergmann für Recht erkannt:

Die Revision gegen das [X.]eil des Hanseatischen Oberlandesge-richts [X.], 5. Zivilsenat, vom 20. März 2002 wird auf Kosten des [X.] zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Beklagte betreibt ein bundesweit tätiges Versandhaus. Im August 1999 verschickte sie einen Katalog, in dem sie die Verlosung eines Pkws an-kündigte. Auf der letzten Seite der Werbebroschüre, auf der der Pkw ("[X.] im Wert von 100.000 DM") beschrieben wurde, waren folgende Teilnah-mebedingungen abgedruckt:
"[X.] ist bereits gezogen und hinterlegt. Wenn die [X.] mit Ihrer persönlichen Glücksnummer übereinstimmt, haben Sie ge-wonnen. Also gleich Wunschfarbe ankreuzen und [X.] an [X.]absenden oder telefonisch durchgeben. Der Rechtsweg ist aus- - 3 - geschlossen. Der Gewinner wird sofort benachrichtigt. Alle Einsender er-kennen diese Teilnahmebedingungen an. – Die Teilnahme ist nicht von einer Bestellung abhängig und Sie haben in jedem Fall die [X.] –".
Weiter fand sich dort der folgende Hinweis:

"[X.] mit Ihrer persönlichen Glücksnummer die Wunschfarbe ankreuzen und an [X.]absenden oder telefonisch mit- teilen."
Für die telefonische Teilnahme war eine normale Telefonnummer mit Ortswahl angegeben.
Der Seite angeheftet war eine Bestellkarte für die in dem Katalog ange-führten Artikel. Der untere Teil der Karte war als "[X.]" bezeichnet und ermöglichte die Teilnahme an der Verlosung. Dieser Teil des Coupons war durch eine gestrichelte Linie mit einem Scherensymbol optisch abgesetzt und enthielt den Aufdruck:
"Wenn ich möchte, kann ich meinen [X.] auch separat ein-senden."
Der Kläger, ein Textileinzelhandelsunternehmer mit Geschäften in [X.]

und Umgebung, hat geltend gemacht, die von der Beklagten verwandte Bestellkarte mit dem "[X.]" sei wegen einer Kopplung der Teilnahme an der [X.] mit dem [X.] wettbewerbswidrig. Der Verbrau-cher gehe davon aus, er könne durch eine gleichzeitige Bestellung seine Ge-winnchance erhöhen.
Der Kläger hat - soweit für die Revisionsinstanz noch von Bedeutung - beantragt, - 4 -
die Beklagte zu verurteilen, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken im Zusammenhang mit der An-kündigung von [X.]en ein Bestellformular für [X.] zu verwenden, das wie aus der beigegebenen Anlage er-sichtlich ausgestaltet sei.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat vorgetragen, die Kunden seien inzwischen besser informiert und wüßten, daß sie durch eine Warenbestellung ihre Gewinnchancen nicht verbessern könnten.
Das [X.] hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Auf die Beru-fung der Beklagten hat das Berufungsgericht die Klage abgewiesen ([X.] [X.] [X.]-Rep 2002, 369).
Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger den Klageantrag weiter. Die Beklagte beantragt, die Revision [X.].

Entscheidungsgründe:

[X.] Das Berufungsgericht hat einen Unterlassungsanspruch nach § 1 UWG a.F. verneint und hierzu ausgeführt:
Eine unlautere Verknüpfung zwischen der Teilnahme an dem [X.] und einer Förderung des [X.]es bestehe nicht. Die [X.] die Verbraucher deutlich und unmißverständlich darauf hingewiesen, daß - 5 - die Teilnahme an dem Gewinnspiel nicht von einer Warenbestellung abhängig sei. Es bestünden keine Anhaltspunkte, daß der Hinweis nicht ernst gemeint sei oder vom Verkehr nicht ernst genommen werde. Auch wenn der Verkehr sich die wirtschaftlichen Interessen der Verbraucher vor Augen führe, werde er den Angaben der Beklagten über die Unabhängigkeit der Teilnahme am [X.] von einem [X.] nicht mißtrauen. Hinzu komme, daß die Beklagte die Möglichkeit zur telefonischen Teilnahme an dem Gewinnspiel eröffne. [X.] für eine unwiderstehliche Anlockwirkung durch den wertvollen Ge-winn oder eine sachfremde Beeinflussung seien ebenfalls nicht gegeben.
I[X.] Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben keinen Erfolg. Dem Kläger steht der begehrte Unterlassungsanspruch nicht zu (§ 1 UWG a.F., §§ 3, 4 Nr. 6, § 8 Abs. 1 UWG).
1. Nach § 4 Nr. 6 UWG handelt unlauter i.S. des § 3 UWG, wer die Teil-nahme von Verbrauchern an einem Preisausschreiben oder Gewinnspiel von dem Erwerb einer Ware oder der Inanspruchnahme einer Dienstleistung ab-hängig macht, wenn das Preisausschreiben oder Gewinnspiel nicht seiner [X.] nach mit der Ware oder Dienstleistung verknüpft ist. Dieses Regelbeispiel unlauteren Wettbewerbsverhaltens entspricht der Senatsrechtsprechung zu § 1 UWG a.F., nach der die Kopplung des [X.]es mit der Teilnahme an dem Gewinnspiel grundsätzlich die Sittenwidrigkeit begründete (vgl. [X.] 147, 296, 302 - Gewinn-Zertifikate; [X.], [X.]. v. 11.4.2002 - I ZR 225/99, [X.], 1003, 1004 = [X.], 1136 - Gewinnspiel im Radio, jeweils m.w.[X.]; vgl. auch Begründung zum Regierungsentwurf BT-Drucks. 15/1487, S. 18).
Eine unzulässige Kopplung nach § 4 Nr. 6 UWG liegt nicht nur vor, wenn eine rechtliche Verknüpfung des [X.]es mit der Teilnahme an dem Gewinnspiel erfolgt, sondern auch, wenn eine tatsächliche Abhängigkeit [X.] 6 - schen dem [X.] und der Gewinnspielteilnahme oder den Gewinnchan-cen anzunehmen ist (vgl. zu § 1 UWG a.F.: [X.], [X.]. v. 16.3.1989 - I ZR 241/86, [X.], 434, 436 = WRP 1989, 504 - Gewinnspiel I; zu § 4 Nr. 6 UWG: [X.]/[X.]/[X.], Wettbewerbsrecht, 23. Aufl., § 4 UWG [X.]. 6.10; Harte/[X.], UWG, § 4 Nr. 6 [X.]. 8 f.; einschrän-kend: [X.]/[X.], UWG, § 4 Nr. 6 [X.]. 67). Ob eine derartige Abhängigkeit besteht, beurteilt sich aus der Sicht eines durchschnittlich informierten, auf-merksamen und verständigen Verbrauchers.
2. Von der grundsätzlichen Unlauterkeit einer Verbindung des [X.] mit einem Gewinnspiel ist auch das Berufungsgericht ausgegangen. Es hat jedoch im Streitfall eine derartige Verknüpfung mit der Begründung verneint, die angesprochenen Verbraucher würden deutlich sichtbar und unmißverständ-lich auf die Unabhängigkeit der Teilnahme an dem Gewinnspiel von einer [X.] hingewiesen. Anhaltspunkte dafür, daß der Hinweis nicht ernst gemeint sei oder vom Verkehr nicht ernst genommen werde, bestünden nicht. Diese Beurteilung ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
a) Die einheitliche Gestaltung des Bestellscheins mit dem [X.] für ein Gewinnspiel wird regelmäßig bei den angesprochenen Verbrau-chern den Eindruck einer Abhängigkeit der Gewinnspielteilnahme oder der Ge-winnchance von einer Warenbestellung hervorrufen (vgl. [X.], [X.]. v. 17.11.1972 - I ZR 71/71, [X.] 1973, 474, 475 f. = WRP 1973, 152 - Preisaus-schreiben; [X.] [X.] [X.]-Rep 2002, 367, Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen: [X.], [X.]. v. 20.3.2003 - I ZR 114/02; [X.]/ [X.]/[X.] aaO § 4 UWG [X.]. 6.11; [X.]/[X.] aaO § 4 Nr. 6 [X.]. 68 und 75; Harte/[X.] aaO § 4 Nr. 6 [X.]. 10; [X.]/Loschelder/ [X.], Handbuch des Wettbewerbsrechts, 3. Aufl., § 69 [X.]. 8). - 7 - b) Dieser Eindruck einer Verbindung von Warenbestellung und [X.]teilnahme bzw. Gewinnchance kann jedoch aufgrund der Ausgestaltung und des Inhalts des Bestellscheins entfallen (vgl. [X.], [X.]. v. 19.12.1975 - I ZR 120/74, [X.], 172, 173 f. - Versandhandels-Preisausschreiben; [X.]/[X.] aaO § 4 Nr. 6 [X.]. 77; Harte/[X.] aaO § 4 Nr. 6 [X.]. 18; [X.]/Loschelder/[X.] aaO § 69 [X.]. 8). Davon ist das [X.] rechtsfehlerfrei ausgegangen.
aa) Der Hinweis auf den ausgelobten und bereits ausgelosten Gewinn ist so gestaltet, daß der verständige Verbraucher nicht annimmt, er müsse [X.], um seine Gewinnchance zu wahren oder zu erhöhen. Die Beklagte weist die an der Teilnahme interessierten Kreise optisch hervorgehoben darauf hin, daß zwischen einer Warenbestellung und der Gewinnchance keine Abhängig-keit besteht. Ein weiterer Hinweis auf eine fehlende Verbindung zwischen der Teilnahme am Gewinnspiel und einer Warenbestellung findet sich zusätzlich auf dem [X.]. Auch diejenigen Verbraucher, die sich mit den Teil-nahmebedingungen nicht näher vertraut machen, werden durch die Mitteilung auf dem [X.], der "[X.]" könne auch separat eingesandt werden, über die fehlende Verknüpfung von Warenbestellung und Gewinnspiel in ausreichendem Maße informiert. Die mit einem Scherensymbol versehene Trennlinie zwischen Bestellschein und [X.] unterstreicht die feh-lende Abhängigkeit auch optisch.
[X.]) Soweit der Senat in der Entscheidung "[X.]" ([X.], 172, 174) angenommen hat, ein nicht ganz unerhebli-cher Teil der angesprochenen Verkehrskreise ginge schon aufgrund der [X.] von Bestell- und Gewinnspielschein davon aus, durch eine Warenbe-stellung könne die Gewinnchance verbessert werden, kommt es nach dem ge-wandelten [X.] auf eine damit umschriebene geringe Quote, wie - 8 - sie die frühere Rechtsprechung als ausreichend erachtet hat, nicht mehr an (vgl. [X.], [X.]. v. 18.10.2001 - I ZR 193/99, [X.], 550, 552 = [X.], 527 - Elternbriefe; [X.]. v. 2.10.2003 - I ZR 252/01, [X.] 2004, 162, 163 = [X.], 225 - Mindestverzinsung; [X.]/[X.]/[X.] aaO § 5 UWG [X.]. 2.104; Harte/[X.] aaO § 4 Nr. 6 [X.]. 19; vgl. auch [X.]/[X.] aaO § 4 Nr. 6 [X.]. 69). Daß ein erheblicher Teil der angespro-chenen Verkehrskreise die unzweideutigen Hinweise auf eine mangelnde [X.] von Warenbestellung und Gewinnspielteilnahme nicht ernst nimmt, sondern auch ohne konkrete Anhaltspunkte davon ausgeht, durch eine Waren-bestellung könne die Gewinnchance verbessert werden, hat das Berufungsge-richt verneint. Der von der Revision dagegen geltend gemachte Verstoß gegen Erfahrungssätze liegt nicht vor.
II[X.] [X.] folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Ullmann [X.] Büscher

Schaffert Bergmann

Meta

I ZR 117/02

03.03.2005

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 03.03.2005, Az. I ZR 117/02 (REWIS RS 2005, 4682)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2005, 4682

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.