Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 03.07.2018, Az. XI ZB 26/17

XI. Zivilsenat | REWIS RS 2018, 6723

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[X.]:[X.]:[X.]:2018:030718BXIZB26.17.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XI
ZB 26/17

vom

3. Juli
2018

in dem Rechtsstreit

-
2
-
Der XI.
Zivilsenat des [X.] hat durch den Vizepräsidenten
Prof. Dr.
Ellenberger, die
Richter Dr.
Grüneberg und [X.] sowie die
Richterinnen Dr.
Menges
und
Dr.
Derstadt

am 3. Juli
2018

beschlossen:

Die Rechtsbeschwerde des
[X.]
gegen den
Beschluss des 3.
Zivilsenats des Oberlandesgerichts [X.]
vom 3.
November
2017
wird auf seine
Kosten als unzulässig verworfen.
Der Gegenstandswert
beträgt 30.622,25

.

Gründe:
I.
Die [X.]en streiten um die Wirksamkeit des Widerrufs der auf den [X.] zweier [X.] gerichteten Willenserklärungen des
[X.]. Das [X.] hat die
Klage mit Urteil vom 31.
Juli
2017
abge-wiesen. Das
Urteil ist
den Prozessbevollmächtigten des
[X.]
am 4.
August
2017
zugestellt
worden.
Hiergegen hat er
rechtzeitig Berufung eingelegt. Mit Schriftsatz vom 6.
Oktober
2017 haben die Prozessbevollmächtigten des [X.] Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Begründung der Berufung und zugleich die Verlängerung der Berufungsbe-gründungsfrist bis zum 27.
Oktober 2017 beantragt.
Sie
haben
dies damit be-gründet, dass der mit ihnen in einer Bürogemeinschaft tätige Rechtsanwalt 1
-
3
-
G.

beabsichtigt habe, am 4.
Oktober 2017 einen Antrag auf Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist zu stellen. An diesem Tag sei Rechtsanwalt G.

aber plötzlich und unvorhersehbar an einer fieberhaften Virusinfektion erkrankt. In der Bürogemeinschaft sei zwar für einen unvorhergesehenen [X.] gegenseitige Vertretung vereinbart. Rechtsanwältin R.

sei aber am 4.
Oktober 2017 ebenfalls plötzlich und unerwartet an einer Virusinfektion er-krankt und bis einschließlich 5.
Oktober 2017 bettlägerig gewesen.
Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Berufungsgericht den [X.] zurückgewiesen und die Berufung des
[X.]
als unzu-lässig verworfen.
Zur Begründung hat es ausgeführt, der Kläger habe nicht glaubhaft gemacht, dass die Versäumung der am 4.
Oktober 2017 abgelaufe-nen Berufungsbegründungsfrist nicht auf einem ihm gemäß §
85 Abs.
2 ZPO zuzurechnenden Verschulden seines Prozessbevollmächtigten beruhe.
Im Rahmen seiner Organisationspflichten habe
ein Rechtsanwalt Vorkehrungen für den Fall seiner Erkrankung zu treffen. Werde er unvorhersehbar krank, gerei-che ihm die unterbliebene Einschaltung eines Vertreters nicht zum [X.], wenn ihm diese weder möglich noch zumutbar gewesen sei. Er müsse allerdings alle ihm möglichen Maßnahmen ergreifen, um wenigstens eine Frist-verlängerung zu erlangen. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand könne nicht gewährt werden, wenn nach den glaubhaft gemachten Tatsachen die Möglich-keit offen bleibe, dass die Fristversäumnis von der [X.] oder ihrem
Prozess-bevollmächtigten verschuldet sei. Dies sei hier der Fall. Bereits das Attest vom 4.
Oktober 2017 lasse Raum für Zweifel an der unverschuldeten Fristversäum-nis, weil darin lediglich bescheinigt werde, der Prozessbevollmächtigte sei
"voraussichtlich" vom 4.
Oktober 2017 bis 6.
Oktober 2017 nicht arbeitsfähig. Darüber hinaus sei [X.] nicht glaubhaft gemacht, dass die
allgemeinen Vorkehrungen für fristwahrende Schritte bei unvorhergesehenem Ausfall getrof-fen worden seien. Die vage Formulierung im Schriftsatz vom 6.
Oktober 2017, 2
-
4
-
es sei "gegenseitige Vertretung" vereinbart worden, genüge hierfür nicht. Schließlich sei auch der plötzliche und unvorhersehbare Ausfall der Rechtsan-wältin R.

infolge einer Virusinfektion am 4./5.
Oktober 2017 nicht glaubhaft gemacht.
Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des
[X.].

II.
1. Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§
574 Abs.
1 Satz
1 Nr.
1 ZPO i.V.m.
§
522 Abs.
1 Satz
4, §
238 Abs.
2 Satz
1 ZPO), aber unzulässig.
Die Voraussetzungen des §
574 Abs.
2 ZPO sind nicht erfüllt. Entgegen der Auffassung des
[X.]
ist eine Entscheidung des [X.] zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§
574 Abs.
2 Nr.
2 ZPO) nicht erforderlich. Es liegt weder eine Divergenz zur Rechtsprechung des [X.] vor noch verletzt die Entscheidung des Berufungsgerichts den Anspruch des
[X.]
auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art.
2 Abs.
1 GG i.V.m.
dem Rechtsstaatsprinzip).
Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde liegt auch kein entscheidungserheblicher Verstoß des Berufungsgerichts gegen Art.
103 Abs.
1 GG vor.
2. Das Berufungsgericht hat dem
Kläger
zu Recht die beantragte [X.] in den vorigen Stand versagt und seine
Berufung als unzulässig verworfen.
a) Nach der Rechtsprechung des [X.] muss ein Rechts-anwalt selbst bei einer unvorhergesehenen Erkrankung alle ihm dann noch möglichen und zumutbaren Maßnahmen zur Wahrung einer Frist ergreifen. 3
4
5
6
7
-
5
-
Auch der krankheitsbedingte Ausfall des Rechtsanwalts am letzten [X.] rechtfertigt für sich genommen deshalb eine Wiedereinsetzung noch nicht. Vielmehr fehlt es an einem dem Verfahrensbeteiligten gemäß §
85 Abs.
2 ZPO zuzurechnenden Verschulden seines Rechtsanwalts nur dann, wenn infolge der Erkrankung weder kurzfristig ein Vertreter eingeschaltet noch ein [X.] gestellt werden konnte. Dies ist glaubhaft zu machen (vgl. nur [X.], Beschlüsse vom 7.
März 2013

I
ZB 67/12, NJW-RR 2013, 1011 Rn.
8 und vom 20.
Dezember 2017

XII
ZB
213/17, NJW-RR 2018, 383 Rn.
6 mwN).
b) Nach diesen Maßgaben ist es aus Rechtsgründen nicht zu beanstan-den, dass das Berufungsgericht eine Wiedereinsetzung abgelehnt hat, weil der Prozessbevollmächtigte des [X.] keinen Fristverlängerungsantrag gestellt hat.
aa) Das Berufungsgericht
hat rechtsfehlerfrei als nicht glaubhaft gemacht erachtet, dass die Erkrankung ihn auch hinderte, am 4.
Oktober 2017 die [X.] der Berufungsbegründungsfrist zu beantragen, auf deren Gewährung als erstmalige Verlängerung er auch hätte vertrauen dürfen. Dem ärztlichen Attest lässt sich nichts dazu entnehmen, weshalb es dem [X.] am 4.
Oktober 2017
nicht möglich und zumutbar gewesen sein soll, einen Schriftsatz mit dem entsprechenden Antrag fertigen zu lassen und zu unter-schreiben. Die Bescheinigung attestiert lediglich die Arbeitsunfähigkeit
wegen eines fieberhaften Virusinfekts "voraussichtlich vom 04.-06.10.2017". Dies ist nicht ausreichend, weil sich damit nicht erschließt, dass die Krankheit in verfah-rensrelevanter Form Einfluss auf die Entschluss-, Urteils-
und Handlungsfähig-keit des Rechtsanwalts genommen hätte
(vgl. [X.], NJW-RR 2007, 1717
f.; [X.], Beschluss vom 22.
Oktober 2014

XII
ZB 257/14, [X.], 171 Rn.
21).
8
9
-
6
-
bb) Des Weiteren hat das Berufungsgericht zutreffend angenommen, dass es im vorliegenden Fall auch
an hinreichendem Vortrag geeigneter Bemü-hungen des Prozessbevollmächtigten des [X.] fehlt. Entgegen der [X.] bedurfte es insoweit auch keines weiteren Hinwei-ses durch das Berufungsgericht, sondern konnte dieses davon ausgehen, dass der Vortrag vollständig war. Im Übrigen hätte
auch das weitere Vorbringen des [X.] in dem Schriftsatz vom 7.
November 2017 als Erwiderung auf einen Hinweis des Berufungsgerichts keine ausreichenden Bemühungen des [X.] ergeben.
Dass dieser, wie er angibt, Einzelanwalt ist und

anders als der Briefkopf seiner Schriftsätze den Eindruck erweckt

mit den dort aufgeführ-ten Rechtsanwälten S.

und R.

lediglich eine Bürogemeinschaft ohne eigenes Personal bildet, stand der Beauftragung eines Vertreters nicht im Weg
(vgl. [X.], Beschluss vom 20.
Dezember 2017

XII
ZB 213/17, NJW-RR 2018, 383 Rn.
7). Dass auch die Rechtsanwälte S.

und R.

über kein Büroper-sonal verfügten, das von Rechtsanwalt G.

entsprechend instruiert ein Fristverlängerungsgesuch fertigen, ihm zur Unterschrift vorlegen und rechtzeitig an das Gericht senden konnte, hat der Kläger nicht vorgetragen. Davon abge-sehen fehlt es auch an Vorbringen dazu, dass Rechtsanwalt G.

nach-dem auch Rechtsanwältin R.

unvorhersehbar erkrankt gewesen sein soll

10
-
7
-

aus zeitlichen oder sonstigen Gründen außerstande gewesen ist, einen ande-ren Rechtsanwalt als Vertreter zu beauftragen,
wobei hierfür
namentlich Rechtsanwalt Dr.
T.

als Kooperationspartner der Kanzlei S.

&
R.

in Betracht gekommen wäre.

Ellenberger
Grüneberg
[X.]

Menges
Derstadt
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 31.07.2017 -
2 O 522/16 -

O[X.], Entscheidung vom 03.11.2017 -
3 U 129/17 -

Meta

XI ZB 26/17

03.07.2018

Bundesgerichtshof XI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 03.07.2018, Az. XI ZB 26/17 (REWIS RS 2018, 6723)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 6723

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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3 U 129/17

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