Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 02.11.2000, Az. I ZB 40/98

I. Zivilsenat | REWIS RS 2000, 654

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[X.] ZB 40/98Verkündet am:14. Dezember 2000FühringerJustizangestellteals Urkundsbeamtinder Geschäftsstellein der [X.] die [X.] Nr. 643 558- 2 -Der [X.] Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche [X.] vom 2. November 2000 durch [X.] und [X.] v. Ungern-Sternberg, [X.], [X.] undDr. [X.]:Auf die Rechtsbeschwerde der Markeninhaberin wird der [X.] 29. Senats ([X.]) des [X.] vom 6. Mai 1998 aufgehoben.Die Sache wird zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidungan das [X.] zurückverwiesen.Der Gegenstandswert der Rechtsbeschwerde wird auf 50.000 [X.] 3 -Gründe:[X.] Die Markeninhaberin begehrt für ihre nachstehend abgebildete [X.] registrierte dreidimensionale Marke Nr. 643 558 Schutz in der [X.] für die Waren"[X.]" (Armbanduhren):Die zuständige Markenstelle des [X.] hat der Markewegen fehlender Unterscheidungskraft und wegen Vorliegens eines Freihalte-bedürfnisses den Schutz verweigert.Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Markeninhaberin ist erfolglosgeblieben.Mit der (zugelassenen) Rechtsbeschwerde verfolgt die Markeninhaberinihr [X.] 4 -I[X.] Das [X.] hat das Schutzhindernis gemäß § 8 Abs. 2Nr. 1 i.V. mit §§ 107, 113, 37 [X.] für gegeben erachtet und dazu ausge-führt:Es sei davon auszugehen, daß Gegenstand des Schutzerstreckungsge-suchs die konkrete dreidimensionale Form eines Uhrgehäuses mit [X.] sei und nicht eine Art Blanko-Schutz für einzelne [X.] ansonsten unterschiedlich gestalteter Uhren beansprucht [X.]. Bei diesem Verständnis des Schutzerstreckungsgesuchs bestünden [X.] Bedenken gegen die abstrakte Unterscheidungskraft der Marke nach § 3Abs. 1 [X.]. Ein [X.] nach § 3 Abs. 2 [X.] seiebenfalls nicht ersichtlich.Die Marke sei jedoch wegen fehlender Unterscheidungskraft nach § 8Abs. 2 Nr. 1 [X.] schutzunfähig. Der dreidimensionalen Darstellung [X.] mit dem Zifferblatt, den Zeigern, den [X.] für [X.], dem Drehknopf und dem Drehring fehle in der konkreten Ausgestal-tung die notwendige Unterscheidungskraft. Die Schutzfähigkeit könne [X.] eine auf die Herkunft hinweisende originelle Gestaltung begründet wer-den, durch die das an der "Grundform" der Ware bestehende Freihaltebedürf-nis und ihr Mangel an Unterscheidungskraft überwunden werden könne. Beider Begründung der Originalität der Ware oder ihrer Teile müsse ein eherstrenger Maßstab angelegt werden, weil die Ware und ihre Teile das [X.] zu ihrer Beschreibung selbst seien und ihre Monopolisierung die Gefahreiner Behinderung der Wettbewerber in der Gestaltung ihrer Produkte mit sichbringe und ein [X.] zumindest nahegelegt sei. Dabei hänge derGrad der für eine Markeneintragung erforderlichen Originalität auch von denbesonderen Verhältnissen auf dem jeweiligen [X.] ab.- 5 -Auf dem Markt für Armbanduhren sei eine außerordentliche Vielfalt [X.] und Gestaltungen gebräuchlich. Dieses [X.] müsse [X.] ganz besonderem Maße von einem die Gestaltungsfreiheit über Gebühr ein-schränkenden Markenschutz freigehalten werden, damit es den [X.] noch möglich sei, den vorhandenen Formenschatz in beliebigen neuenKombinationen auszuschöpfen. Die vorliegende Marke zeige überwiegendgängige oder in ähnlicher Form belegte Gestaltungselemente.Die Berufung der Markeninhaberin auf den "[X.]" gemäßArt. [X.] [X.] führe zu keinem anderen Ergebnis. Die [X.] des § 8 Abs. 2 [X.] richteten sich nach den Grenzen desArt. [X.] [X.].II[X.] Die zulässige Rechtsbeschwerde hat in der Sache Erfolg.Die Beurteilung des [X.]s, die [X.] sei nicht unter-scheidungskräftig, hält auf der Grundlage der bisher vom [X.]getroffenen Feststellungen der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.Mit der wirksamen Inanspruchnahme des "[X.]es", vonder auch das [X.] ausgegangen ist, ist die Schutzerstreckunggemäß §§ 107, 113, 37 [X.] nach Art. 5 Abs. 1 [X.] i.V. mit Art. [X.]Abschn. [X.] [X.] zu prüfen ([X.]Z 130, 187, 192 - Füllkörper; [X.],[X.]. v. 25.3.1999 - [X.], [X.], 728, 729 = [X.], 858- [X.]; [X.]/[X.], [X.], § 113 [X.]. 1). Der gegen eineunmittelbare Heranziehung von Art. 5 Abs. 1 [X.] i.V. mit Art. [X.] Abschn.[X.] [X.] gerichteten Kritik im Schrifttum (vgl. [X.], Markenrecht, [X.] -§ 113 [X.]. 1; [X.]/[X.]/[X.], [X.], 6. Aufl., § 113[X.]. 4), das die Rechtsgrundlagen einer Schutzausschließung in §§ 3, 8 Mar-kenG sieht, braucht nicht nachgegangen zu werden. Die Vorschriften der §§ 3,8 Abs. 2 [X.], durch die Art. 2 und Art. 3 der [X.] umgesetzt wordensind, halten sich in den Grenzen des Art. [X.] Abschn. B [X.]. Denn dieseBestimmungen des [X.]es sind richtlinienkonform auszulegen undnach dem 12. Erwägungsgrund zur [X.] ist es erforderlich,daß sich diese in vollständiger Übereinstimmung mit der [X.] befindet. Im Ergebnis führt die Beurteilung nach den Vor-schriften des [X.]es daher, wie das [X.] zu [X.] hat, zu keinem anderen Ergebnis als die Prüfung nach Art. [X.]Abschn. B [X.] (vgl. [X.] aaO § 113 [X.]. 1; [X.]/[X.]/[X.] aaO§ 113 [X.]. 4).Nach Art. 5 Abs. 1 [X.] i.V. mit Art. [X.] Abschn. [X.] [X.] kannMarken der Schutz verweigert werden, die jeder Unterscheidungskraft entbeh-ren.1. Das [X.] hat bei der Beurteilung der Unterschei-dungskraft der [X.] nur die Form zugrunde gelegt, die der Markeneintra-gung entspricht. Die weiteren Merkmale, die der Markeneintragung nicht zuentnehmen sind und die die Markeninhaberin nur unter Bezugnahme auf [X.] und 3 zur Beschwerdebegründung vom 18. Dezember 1997 vor-gelegte Prospekte als Hinweis auf die betriebliche Herkunft der Uhr [X.] hat, hat es außer acht gelassen. Dies läßt einen Rechtsfehler nicht er-kennen. Nicht zu berücksichtigen ist danach, daß die Uhr nach Angaben derMarkeninhaberin über ein bewegliches Zifferblattzentrum (Stundenwinkeluhr)und eine drehbare Lünette verfügt, mit einem Druckstift zum Öffnen des Ge-- 7 -häusebodens ausgestattet ist und einen transparenten Gehäuseboden [X.]. Diese Merkmale sind der Eintragung der [X.] nicht zu entnehmen.2. Zu Recht ist das [X.] davon ausgegangen, daß die[X.] die allgemeinen Anforderungen an die Markenfähigkeit erfüllt, d.h.,daß sie abstrakt unterscheidungskräftig i.S. von § 3 Abs. 1 [X.] ist (vgl. fürdie [X.] [X.]Z 140, 193, 197 - Farbmarke gelb/schwarz; füreine Warenverpackung [X.], [X.]. v. 13.4.2000 - I ZB 6/98, [X.], 1291 - [X.]; [X.]. v. 23.11.2000 - [X.], [X.]. [X.] f.- Gabelstapler; [X.] aaO § 3 [X.]. 203; [X.]/[X.] aaO § 3 [X.]. 16; Kur,Festschrift 100 Jahre Markenamt, [X.], 183; [X.], [X.], 1041).Zutreffend hat das [X.] auch ein Schutzhindernis nach § 3Abs. 2 [X.] verneint. Diese für sie günstige Beurteilung greift die Rechts-beschwerde nicht an.3. Das [X.] hat die angemeldete Marke für nicht ([X.]) unterscheidungskräftig i.S. von § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] gehalten.a) Unterscheidungskraft im Sinne der in Frage stehenden Vorschriftenist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unter-scheidungsmittel für die von der Marke erfaßten Waren oder [X.] gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefaßt zuwerden (vgl. [X.], [X.]. v. 8.12.1999 - [X.], [X.], 502, 503 =[X.], 520 - [X.]; [X.]. v. 10.2.2000 - I ZB 37/97, [X.],720, 721 = [X.], 739 - Unter Uns). Denn Hauptfunktion der Marke ist es,die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zugewährleisten (vgl. [X.], [X.]. v. 29.9.1998 - Rs. [X.] 39/97, Slg. 1998, [X.] =[X.] 1998, 922, 924 [X.]. 28 - [X.]anon; [X.], [X.]. v. 8.10.1998 - I ZB 35/95,- 8 -[X.], 245, 246 = [X.], 196 - [X.]; [X.]. v. 17.2.2000- I ZB 33/97, [X.], 882 = [X.], 1140 - Bücher für eine bessereWelt). Dabei ist grundsätzlich von einem großzügigen Maßstab auszugehen,d.h. jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft reicht aus, um [X.] zu überwinden.aa) Das [X.] hat in der angefochtenen [X.] in weiteren Entscheidungen ([X.]E 39, 219, 223 = [X.] [X.],56 - Taschenlampen; [X.] [X.] 1998, 706, 709 und 710 - Montre I und II)an die Unterscheidungskraft der dreidimensionalen Marke, die die Form derWare oder eines Teils davon darstellt, einen strengeren Prüfungsmaßstab an-gelegt, als bei anderen Markenformen. Dies entspricht auch der Entschei-dungspraxis der Beschwerdekammern des [X.] für den [X.] zu der Art. 3 Abs. 1 lit. b [X.] wörtlich entsprechenden Vor-schrift des Art. 7 Abs. 1 lit. [X.] (Entscheidung v. 21.9.1999 - [X.]/1999-3,[X.] Int. 2000, 360 - [X.] [rund, rot/weiß]; Entscheidung v. 28.10.1999- [X.]/1999-3, [X.] Int. 2000, 363 - Strahlregler).bb) Der [X.] sieht dagegen keinen Anlaß, bei [X.], die die Form der Ware selbst oder eines Teils davon [X.], gegenüber herkömmlichen Markenformen strengere Anforderungen andie Unterscheidungskraft i.S. von § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] zu stellen (vgl. nä-her [X.], [X.]. v. 23.11.2000 - [X.], [X.]. [X.] - Gabelstapler;[X.]. v. 23.11.2000 - [X.], [X.]. [X.] - Stabtaschenlampen; [X.].v. 23.11.2000 - [X.], [X.]. S. 11 f. - [X.]; vgl. hierzu auch [X.], [X.] 1995, 184, 188; [X.]. [X.], S. 125, 162; Kie-the/[X.], [X.], 541, 546; [X.]/[X.]/[X.] aaO § 8[X.]. 38; [X.], [X.] der dreidimensionalen Marke nach dem [X.] 9 -gesetz, [X.]; gegen einen unterschiedlichen Prüfungsmaßstab vgl. [X.]ourt [X.], [X.]. [X.], [X.] Int. 2000, 444 - [X.] NV v. Re-mington [X.]onsumer Products Ltd.). Wie bei jeder anderen Markenform, sollteauch bei der dreidimensionalen, die Ware selbst darstellenden Formmarke al-lein maßgebend sein, daß der angesprochene Verkehr - aus welchen Gründenauch immer - in dem angemeldeten Zeichen einen Herkunftshinweis erblickt.Der Senat hat deshalb die Frage nach den Anforderungen an die [X.] zur [X.] vorgelegt (vgl. [X.], [X.]. v. 23.11.2000 - [X.]- Gabelstapler; [X.]. v. 23.11.2000 - [X.] - Stabtaschenlampen;[X.]. v. 23.11.2000 - [X.] - [X.]).b) Im vorliegenden Fall hat der Senat von einer Vorlage an den Ge-richtshof der Europäischen Gemeinschaften abgesehen, da es sinnvoll [X.], zunächst weitere tatrichterliche Feststellungen zu der Frage zu treffen,ob die Unterscheidungskraft vorliegend auf der Grundlage der vom Senat fürgeboten erachteten geringeren Anforderungen - wie sie in den [X.] zum Ausdruck kommen - überhaupt zu bejahen wäre (vgl.[X.], [X.]. v. 3.2.1994 - I ZR 282/91, [X.] 1994, 519, 521 = [X.], 533- Grand [X.]; [X.]. v. 11.5.1995 - [X.], [X.] 1995, 808, 809 - P3-plastoclin; [X.]. v. 20.10.1999 - [X.], [X.], 727, 729 = [X.],628 - Lorch Premium). Die Sache war daher zur erneuten Verhandlung [X.] an das [X.] zurückzuverweisen.Das [X.] wird bei der erneuten Prüfung zu entscheidenhaben, ob nicht auch bei Anlegung eines großzügigen Maßstabes und unge-achtet der zum [X.] angestellten Erwägungen der [X.] we-gen fehlender Unterscheidungskraft der Schutz zu versagen ist. Dabei wird das- 10 -[X.] auf die besonderen Verhältnisse auf dem in Rede ste-henden [X.] abzustellen haben, wie es dies bereits bei der Prüfungunter Zugrundelegung der strengen Anforderungen an die [X.] in der angefochtenen Entscheidung getan hat. Denn der Vergleich dertatsächlich vorhandenen Gestaltungsformen läßt einen Schluß darauf zu, obder Verkehr der Marke einen Hinweis auf die betriebliche Herkunft beilegt (vgl.für eine Bildmarke: [X.], [X.]. v. 10.4.1997 - [X.], [X.] 1997, 527,529 = WRP 1997, 755 - [X.]; zu einer dreidimensionalen Marke vgl. [X.][X.], 1290, 1292 f. - [X.]). Das [X.] hat [X.], daß sich die nach Darstellung der Markeninhaberin charakteristischenElemente der [X.], die in einem zwiebelförmigen, geriffelten Drehknopfund einem geriffelten Ring mit unterschiedlich großen Zahlenangaben beste-hen, in angenäherter Form auch bei anderen Uhren finden. Nicht entscheidendist in diesem Zusammenhang, daß das [X.] eine Kombinationaller Gestaltungselemente der [X.] bei anderen Uhren nicht festgestellthat. Zwar nimmt der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in aller [X.] auf, wie es ihm entgegentritt, ohne es einer analysierenden Betrachtungs-weise zu unterziehen (vgl. [X.], [X.]. v. 8.12.1999 - [X.], [X.]2000, 323, 324 = [X.], 300 - Partner with the Best; [X.]. v. 11.5.2000- I ZB 22/98, [X.]. [X.] - RATIONAL SOFTWARE [X.]ORPORATION). Auf demSektor der Armbanduhren, auf dem der Verkehr nach den nicht zu [X.] Feststellungen des [X.]s eine nahezu unübersehbareVielfalt von Gestaltungen kennt, vermag die beliebige Kombination üblicherGestaltungselemente, so wie sie sich aufgrund der Eintragung der Marke dar-stellt, jedoch in ihrer Gesamtheit für den Verkehr in der Regel keinen Hinweisauf die betriebliche Herkunft zu [X.] 11 -Sollte das [X.] daher bei der erneuten Prüfung zu [X.] kommen, daß die [X.] auch bei Anlegung eines [X.] die Anforderungen an die Unterscheidungskraft nicht erfüllt, ist eine- 12 -Schutzverweigerung nach Art. 5 Abs. 1 [X.] i.V. mit Art. [X.] Abschn. [X.]. 2 [X.] geboten, ohne daß es auf die in den [X.] zu dreidimensionalen Formmarken dem Gerichtshof der Europäi-schen Gemeinschaften vorgelegten Fragen ankommt.[X.]. Ungern-Sternberg[X.][X.]Büscher

Meta

I ZB 40/98

02.11.2000

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 02.11.2000, Az. I ZB 40/98 (REWIS RS 2000, 654)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2000, 654

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