Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.10.2011, Az. II ZR 37/10

II. Zivilsenat | REWIS RS 2011, 2279

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BUNDESGERI[X.]HTSHOF

BES[X.]HLUSS
II
ZR 37/10

vom

18.
Oktober 2011

in dem Rechtsstreit

-
2
-

Der II.
Zivilsenat des [X.] hat am 18.
Oktober 2011 durch [X.]
[X.],
die Richterin
[X.]aliebe
und die Richter
Dr.
[X.], [X.] und Sunder
einstimmig beschlossen:
Der Senat weist die Parteien darauf hin, dass er beabsichtigt, die Revision der Beklagten gegen das Urteil der 2.
Zivilkammer des [X.] vom 26.
Februar
2010 auf ihre Kosten zurückzuweisen.
Streitwert: 4.678,32

Gründe:
Die Revision ist zurückzuweisen, weil die Voraussetzungen für ihre Zu-lassung nicht (mehr) vorliegen und die Revision auch keine Aussicht auf Erfolg hat (vgl. [X.], Beschluss vom 20.
Januar
2005

I
ZR
255/02, [X.] 2005, 650, 651

SIM-Lock II).
1.
Zulassungsgründe liegen nicht (mehr) vor.
Der Senat hat nach Erlass des Berufungsurteils mit Urteilen vom 22.
März
2011 (siehe nur II
ZR
271/08, [X.], 906 Rn.
27; II
ZR
100/09, juris Rn.
28) entschieden, dass die Aufrechnung eines Treugebers (=
mittelbaren Kommanditisten) gegenüber dem vom Treuhänder an den Insolvenzverwalter abgetretenen Freistellungsanspruch hinsichtlich der Rückzahlung ausgeschüt-teter Beträge mit etwaigen gegen den [X.] bestehenden 1
2
3
-
3
-

Schadensersatzansprüchen wegen Aufklärungspflichtverletzung im Zusam-menhang mit dem Beitritt unzulässig ist.
2.
Die Revision hat auch keine Aussicht auf Erfolg. Im Ergebnis zutref-fend nimmt das Berufungsgericht einen Anspruch des [X.] auf Rückzahlung der an die Beklagte ausgeschütteten Beträge aus abgetretenem Recht der Treuhandkommanditistin an.
a)
Der Treuhandvertrag

und damit die darin enthaltene Freistellungs-verpflichtung

ist entgegen der Ansicht der Revision nicht wegen Verstoßes gegen Art.
1 §
1 [X.] nichtig. Für die Frage, ob eine Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten im Sinne von Art.
1 §
1 [X.] vorliegt, ist entschei-dend, ob der Schwerpunkt der geschuldeten Tätigkeit überwiegend auf wirt-schaftlichem oder auf rechtlichem Gebiet liegt (st. Rspr., vgl. nur [X.], Urteil vom 16.
Dezember
2002

II
ZR
109/01, [X.]Z
153, 214, 218; Urteil vom 25.
April
2006

XI
ZR
29/05, [X.]Z
167,
223 Rn.
15). Nur derjenige, der im Rahmen eines Immobilienfondsprojekts nicht nur die wirtschaftlichen Belange der Anleger wahrzunehmen, sondern für sie auch die erforderlichen Verträge abzuschließen hatte, bedurfte einer Erlaubnis nach dem [X.] (st. Rspr., vgl. nur [X.], Urteil vom 14.
Juni
2004

II
ZR
393/02, [X.]Z
159, 294, 299; Urteil vom 8.
Mai
2006

II
ZR
123/05, [X.], 1201 Rn.
9). Eine Vollmacht, für die beklagte Treugeberin Verträge zu schließen, die diese selbst verpflichteten, enthält der Treuhandvertrag hier jedoch nicht. Die in §
1 Abs.
3 des [X.] genannten Verträge sind solche der Fonds-gesellschaft oder der Objektgesellschaften mit Dritten.
b)
Die Treuhänderin hat den ihr gegen die beklagte Treugeberin zu-stehenden Freistellungsanspruch wirksam an den Kläger abgetreten.
4
5
6
-
4
-

Die Abtretung ist entgegen der Ansicht der Revision nicht deshalb ge-mäß §
399 Fall
1 [X.] ausgeschlossen, weil sie an den Kläger als Insolvenz-verwalter erfolgt ist. Zwar verändert der Freistellungsanspruch infolge der Abtre-tung seinen Inhalt, da er sich in einen Zahlungsanspruch umwandelt. Eine sol-che Veränderung des [X.] hindert die Abtretung aber nicht, wenn der Freistellungsanspruch gerade an den Gläubiger der zu [X.] abgetreten wird (vgl. [X.], Urteil vom 22.
Januar
1954

I
ZR
34/53, [X.]Z
12, 136, 141
f.; Urteil vom 5.
Mai
2010 -
III
ZR
209/09, [X.], 1295 Rn.
12;
Palandt/[X.], [X.], 70.
Aufl., §
399 Rn.
4 mwN). Als solcher ist hinsicht-lich der sich aus der Kommanditistenhaftung gemäß §
171 Abs.
1, §
172 Abs.
4 HGB ergebenden Ansprüche im Insolvenzverfahren über das Vermögen der Kommanditgesellschaft der Insolvenzverwalter anzusehen (siehe nur [X.], Ur-teil vom 22.
März
2011

II
ZR
271/08, [X.], 906 Rn.
114 mwN). Gemäß §
171 Abs.
2 HGB ist er zur Durchsetzung der Ansprüche gegen [X.] ermächtigt, während die Gesellschaftsgläubiger, die materiellrechtliche An-spruchsinhaber bleiben, daran gehindert sind, ihre Ansprüche selbst geltend zu machen. Berechtigte Interessen des Schuldners des [X.], deren Schutz das Abtretungsverbot nach §
399 Fall
1 [X.] bezweckt, werden durch die Abtretung an den Insolvenzverwalter anstelle des [X.] nicht beeinträchtigt.
c)
Infolge der Abtretung des [X.] steht dem Kläger gegen die Beklagte ein Zahlungsanspruch in Höhe von 4.678,32

Treuhandkommanditistin kann in dieser Höhe Freistellung von dem ihr gegen-über begründeten Anspruch aus §
172 Abs.
4, §
171 Abs.
1 und 2 HGB von der beklagten Treugeberin verlangen. Auf die von der Revision beanstandete [X.] der vom Berufungsgericht angenommenen Anspruchsgrundlage kommt es nicht entscheidungserheblich an.
7
8
-
5
-

aa)
Durch die Ausschüttungen an die über die Treuhandkommanditistin beteiligten Treugeber hat die Schuldnerin die Einlage im Sinne von §
172 Abs.
4 HGB teilweise zurückbezahlt (vgl. [X.], Urteil vom 22.
März
2011

II
ZR
271/08, ZIP
2011, 906 Rn.
18; Urteil vom 20.
Oktober
1975

II
ZR
214/74, WM
1976, 130, 131; Urteil vom 28.
Januar
1980

II
ZR
250/78, [X.]Z
76, 127, 130; Strohn in
Ebenroth/[X.]/Strohn, HGB, 2.
Aufl., §
172 Rn.
36). Der Anspruch aus §
172 Abs.
4, §
171 Abs.
1 und 2 HGB ist zwar nicht begründet, soweit die [X.] zur Befriedigung der [X.] nicht benötigt wird (vgl. [X.], Urteil vom 22.
März
2011

II
ZR
271/08, [X.], 906 Rn.
18 mwN). Diese Voraussetzung ist hier indes entgegen der Ansicht der Revision erfüllt. Die vom Kläger vorgelegte und vom [X.] in Bezug genommene Forderungsaufstellung hat die insoweit dar-legungspflichtige Beklagte nicht substantiiert angegriffen. Die zur [X.] festgestellten Forderungen, die nicht aus der Insolvenzmasse befriedigt werden können, übersteigen

wie der Kläger insoweit unwidersprochen vorge-tragen
hat

die Summe aller Ausschüttungen. Das Vorbringen des [X.] ist damit auch im Hinblick darauf, dass der nach §
171 Abs.
2 HGB in Anspruch genommene Gesellschafter durch Zahlung an den Insolvenzverwalter konkrete Gläubigerforderungen zum Erlöschen bringt (vgl. [X.], Urteil vom 9.
Oktober 2006

II
ZR
193/05, [X.], 79 Rn. 9), hinreichend substantiiert, zumal die nach Insolvenzeröffnung vom Insolvenzverwalter einzuziehende Hafteinlage nur noch zur gleichmäßigen (anteiligen) Befriedigung der berechtigten Gläubiger verwendet werden darf (vgl. [X.], Urteil vom 17.
September 1964

II
ZR
162/62, [X.]Z
42, 192, 194).
bb)
Gegen die zutreffende Annahme des Berufungsgerichts, dass der Rückzahlungsanspruch des [X.] alle Ausschüttungen umfasst, da sie in [X.] haftungsbegründend nach §
172 Abs.
4 HGB waren, wendet sich die 9
10
-
6
-

Revision ebenso wenig wie gegen die zutreffende Annahme des Berufungsge-richts, der vom Kläger aus abgetretenem Recht geltend gemachte [X.] sei nicht verjährt (vgl. hierzu [X.], Urteil vom 22.
März
2011

II
ZR
271/08, [X.], 906 Rn.
23
f.).
d)
Entgegen der Ansicht der Revision hat das Berufungsgericht weiter zu Recht die Aufrechnung der Beklagten gegenüber dem an den Kläger abgetre-tenen Anspruch mit etwaigen gegen die
Treuhandkommanditistin bestehenden Schadensersatzansprüchen für unzulässig gehalten.
Über die gesetzlich oder vertraglich ausdrücklich geregelten Fälle hinaus ist eine Aufrechnung verboten, wenn nach dem besonderen Inhalt des [X.] den Parteien begründeten Schuldverhältnisses der Ausschluss als still-schweigend vereinbart angesehen werden muss (§
157 [X.]) oder wenn die Natur der Rechtsbeziehung oder der Zweck der geschuldeten Leistung eine Erfüllung im Wege der Aufrechnung als mit Treu und Glauben unvereinbar (§
242 [X.]) erscheinen lassen ([X.], Urteil vom 22.
März
2011

II
ZR
271/08, ZIP
2011, 906 Rn.
27; Urteil vom 24.
Juni
1985

III
ZR
219/83, [X.]Z
95, 109, 113 mwN). So liegt der Fall hier. Die Treuhandkommanditistin hat die [X.] treuhänderisch für Rechnung der Treugeber übernommen und gehalten. Bei einer Gestaltung der Anlegerbeteiligung wie der vorliegenden darf der [X.] zwar grundsätzlich, soweit sich das nicht aus der Zwischenschaltung des Treuhänders unvermeidbar ergibt, nicht schlechter stehen, als wenn er selbst Kommanditist wäre; er darf aber auch nicht besser gestellt werden, als wenn er sich unmittelbar beteiligt hätte. Ihn trifft daher, wenn keine besonderen [X.] vorliegen, auch das Anlagerisiko so, als ob er sich unmittelbar als Kom-manditist beteiligt hätte (vgl. [X.], Urteil vom 22.
März
2011

II
ZR
271/08, ZIP
2011, 906 Rn.
27; Urteil vom 17.
Dezember
1979

II
ZR
240/78, ZIP
1980, 11
12
-
7
-

277, 278; Urteil vom 21.
März
1988

II
ZR
135/87, [X.]Z
104, 50, 55). Die Ein-bindung der
Anleger durch das Treuhandverhältnis erfasst auch die Haftung der Treuhandkommanditistin gegenüber [X.], soweit die [X.] nicht erbracht oder wieder zurückbezahlt worden sind. Aus diesem Grund kann sich der Anleger der ihn mittelbar über die Inanspruchnahme durch die Treuhandkommanditistin treffenden Haftung gegenüber Gesellschaftsgläubi-gern nach §
171, §
172 Abs.
4 HGB nicht durch Aufrechnung mit Ansprüchen gegen die Treuhandkommanditistin entziehen (vgl. [X.], Urteil vom 22.
März
2011

II
ZR
271/08, [X.], 906 Rn.
27 mwN).

[X.]

[X.]aliebe

[X.]

[X.]

Sunder
Das Revisionsverfahren ist durch [X.] am 6.
Dezember
2011 erledigt worden.
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 28.08.2008 -
30 [X.] 338/07 -

LG [X.], Entscheidung vom 26.02.2010 -
2 S 16/08 -

Meta

II ZR 37/10

18.10.2011

Bundesgerichtshof II. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.10.2011, Az. II ZR 37/10 (REWIS RS 2011, 2279)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 2279

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