Bundesgerichtshof, Beschluss vom 16.12.2010, Az. Xa ZR 81/09

10a. Zivilsenat | REWIS RS 2010, 310

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Gegenstand

Tod einer Prozesspartei: Kostenentscheidung bei nachträglichem Insichprozess


Leitsatz

Wird die Partei eines Rechtsstreits Alleinerbin ihres Gegners, endet das Verfahren wegen des Verbots des Insichprozesses in der Hauptsache. Auch eine Kostenentscheidung nach § 91a ZPO kommt in diesem Fall grundsätzlich nicht in Betracht (Bestätigung von BGH, Beschluss vom 15. April 1999, V ZR 311/97, NJW-RR 1999, 1152) .

Tenor

Der [X.] wird zurückgewiesen.

Gründe

1

I. Der inzwischen verstorbene Kläger hat die Antragstellerin, seine Tochter, auf Herausgabe einer Vollmachtsurkunde sowie mehrerer Goldmünzen in Anspruch genommen. Die Antragstellerin hat unter anderem geltend gemacht, der Kläger sei nicht prozessfähig.

2

Das [X.] hat der Klage stattgegeben. Zur Begründung hat es unter anderem ausgeführt, die Prozessfähigkeit des [X.] im Zeitpunkt der Erteilung der Prozessvollmacht werde durch schriftliche Erklärungen von Ärzten und durch die Akten eines von der Antragstellerin angeregten Verfahrens auf Bestellung eines Betreuers bestätigt. In der mündlichen Verhandlung vom 9. Februar 2006, in der der Kläger persönlich angehört worden sei, sei ebenfalls kein Anlass gegeben gewesen, an dessen Prozessfähigkeit zu zweifeln.

3

Im Berufungsverfahren hat sich der Antragsgegner, der Bruder der Antragstellerin, aufgrund einer ihm erteilten Vorsorgevollmacht vom 17. Mai 2004, deren Echtheit die Antragstellerin bestritten hat, als Vertreter des [X.] am Rechtsstreit beteiligt. Die Berufung der Antragstellerin gegen das erstinstanzliche Urteil ist im Wesentlichen erfolglos geblieben.

4

Vor der Entscheidung über die Nichtzulassungsbeschwerde ist der Kläger verstorben. Seine Alleinerbin ist die Antragstellerin. Diese beantragt nunmehr, dem Antragsgegner die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen. Die Antragstellerin macht geltend, der Antragsgegner habe Klinikaufenthalte des [X.] in den Jahren 2005, 2007 und 2008 verschwiegen. Ihm sei jedenfalls im November 2007 bewusst gewesen, dass der Kläger völlig dement und orientierungslos gewesen sei.

5

Der Antragsgegner hat keine Stellungnahme abgegeben.

6

II. Der Antrag bleibt erfolglos.

7

1. Es kann dahingestellt bleiben, ob eine Kostenentscheidung in der gegenwärtigen Verfahrenslage noch in Betracht kommt. Wird die [X.] eines Rechtsstreits wie hier Alleinerbin ihres einzigen Gegners, endet das Verfahren wegen des Verbots des Insichprozesses in der Hauptsache. Auch eine Kostenentscheidung nach § 91a ZPO kommt dann grundsätzlich nicht in Betracht ([X.], Beschluss vom 15. April 1999 - [X.], NJW-RR 1999, 1152). Der [X.] hat es in der zitierten Entscheidung allerdings für möglich gehalten, ein solches Verfahren fortzusetzen, um eine Kostenentscheidung entsprechend § 97 Abs. 1 ZPO zu treffen (ablehnend insoweit [X.]/[X.], ZPO, 28. Aufl., § 239 Rn. 3; MünchKomm.ZPO/[X.], 3. Aufl., Vor § 50 Rn. 5). Ob eine Fortsetzung auch dann in Betracht kommt, wenn beantragt ist, die Kosten einem Dritten aufzuerlegen, der den Rechtsstreit als Vertreter ohne Vertretungsmacht geführt hat, bedarf im Streitfall keiner Entscheidung. Der Antragsgegner ist nicht verpflichtet, die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

8

2. Es bedarf auch keiner Entscheidung, ob der Kläger bei der Erteilung der Vorsorgevollmacht geschäftsfähig war. Selbst wenn die Vollmacht unwirksam wäre, bestehen keine hinreichenden Anhaltspunkte für die Annahme, dass der Antragsgegner die Unwirksamkeit kannte.

9

Nach der Rechtsprechung des [X.]s sind im Fall des Fehlens einer wirksamen Bevollmächtigung die Prozesskosten grundsätzlich demjenigen aufzuerlegen, der den nutzlosen [X.] veranlasst hat. Der vollmachtlose Vertreter kommt als Veranlasser in der Regel dann in Betracht, wenn er den Mangel der Vollmacht kennt. Ist der Vertreter dagegen gutgläubig im Besitz einer tatsächlich erteilten Vollmacht, ist die [X.] als Veranlasser anzusehen, und zwar auch dann, wenn sie prozessunfähig ist ([X.], Beschluss vom 4. März 1993 - [X.], [X.]Z 121, 397, 400).

Im Streitfall ist der Antragsgegner aufgrund der Vorsorgevollmacht vom 17. Mai 2004 tätig geworden, an deren Echtheit trotz des Bestreitens der Antragstellerin keine begründeten Zweifel bestehen. Aus dem Vorbringen der Antragstellerin ergeben sich keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass dem Antragsgegner zu diesem Zeitpunkt bekannt war, dass der Kläger geschäftsunfähig war. Sowohl das Vormundschaftsgericht, das die Vollmacht als wirksam erachtet und deshalb von der Bestellung eines Betreuers abgesehen hat, als auch das [X.], das den Kläger im Februar 2006 persönlich angehört hat, haben keine Zweifel an der Geschäftsfähigkeit des [X.] zu den jeweils genannten Zeitpunkten gehabt. Die Antragstellerin zeigt nicht auf, dass der Antragsgegner hinsichtlich der Geschäftsfähigkeit im Mai 2004 über bessere Kenntnisse verfügte. Die von ihr angeführten Vorgänge aus den Jahren 2005, 2007 und 2008 führen schon deshalb zu keiner anderen Beurteilung, weil sie keine sicheren Rückschlüsse auf den Zustand des [X.] zu einem früheren Zeitpunkt zulassen.

3. Für eine Kostenentscheidung zu Lasten der Antragstellerin besteht kein Anlass. Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens über die Nichtzulassungsbeschwerde gemäß § 22 Abs. 1 GKG schon deshalb zu tragen, weil sie das Rechtsmittel eingelegt hat.

[X.]                                        Mühlens                                        [X.]

                                  [X.]

Meta

Xa ZR 81/09

16.12.2010

Bundesgerichtshof 10a. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZR

vorgehend OLG Frankfurt, 30. Juni 2009, Az: 3 U 100/06

§ 50 ZPO, § 91a ZPO, § 239 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 16.12.2010, Az. Xa ZR 81/09 (REWIS RS 2010, 310)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 310

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