Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.06.2015, Az. 1 StR 399/14

1. Strafsenat | REWIS RS 2015, 10037

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1
[X.]

vom
10. Juni
2015
[X.]St:
ja
[X.]R:
ja
Nachschlagewerk:
ja
Veröffentlichung:
ja
__________________________

StGB §§ 11, 332 f.
[X.] Art. 2 § 1 Abs. 1 Nr. 2 lit. a.

Eine Bestrafung wegen Bestechlichkeit eines
Amtsträgers eines anderen Mit-glied-st[X.]ts der [X.] setzt eine zweistufige Prüfung der [X.] voraus. Zunächst ist seine Stellung nach dem Recht des anderen Mitgliedst[X.]ts zu beurteilen und [X.] (kumulativ) nach [X.]m
Recht.

[X.], Beschluss vom 10. Juni 2015 -
1 [X.] -
LG [X.] I

in der Strafsache
gegen

wegen
Bestechlichkeit
-
2
-
Der 1. Strafsenat des [X.] hat am 10. Juni
2015
gemäß §
349 Abs. 4 StPO
beschlossen:

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landge-richts [X.] I vom 20. Februar 2014 mit den Feststellun-gen aufgehoben.
2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des [X.] zurückverwiesen.

Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten wegen
Bestechlichkeit eines Amtsträgers eines anderen Mitgliedst[X.]ts der [X.] zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt und deren Voll-streckung zur Bewährung ausgesetzt. Es hat zudem den Verfall eines Geldbe-trages in Höhe von 955.580,71 Euro
angeordnet.
Hiergegen richtet sich die Revision des Angeklagten, mit der er die [X.] formellen und materiellen Rechts rügt. Sein Rechtsmittel hat mit der Sachrüge in vollem Umfang Erfolg; auf die Verfahrensrügen, denen ebenfalls Gewicht beizumessen ist, kommt es daher nicht an.

1
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-
3
-
I.
Das [X.] hat zum Vorwurf der Bestechlichkeit eines Amtsträgers eines anderen Mitgliedst[X.]ts der [X.] im Wesentlichen folgen-de Feststellungen und Wertungen getroffen:
Der im Jahr 1936 geborene Angeklagte war von 1994 bis 2010 Honorar-konsul der [X.]. Im Zeitpunkt seiner Ernennung unterhielt er be-reits einige Kontakte in [X.], wo seine Ehefrau seit 1979 ein Ferienhaus besaß und er eine Consultingfirma betrieb. Auf seine Bewerbung bei der portu-giesischen Botschaft wurde der Angeklagte nach erfolgreichem Durchlaufen eines offiziellen Auswahlverfahrens 1994 durch den St[X.]tspräsidenten und entweder den Außenminister oder den Regierungschef [X.]s zum [X.] der [X.] bestellt. Das Amt des [X.] versetzte den Angeklagten in die Stellung eines Repräsentanten des [X.], berechtigte ihn

S.
6). Abgesehen von einer pauschalen Aufwandsentschädigung, die zwischen 2.000 Euro und 2.500
Euro pro Jahr lag, erhielt der Angeklagte für die Aus-übung des Amtes keine Vergütung. Aufwendungen für von ihm selbst durchge-führte Veranstaltungen und Empfänge wurden von dem Angeklagten selbst getragen und nicht erstattet. Seinen Lebensmittelpunkt unterhielt der [X.] dabei fortwährend in [X.].
Unter Nutzung seiner Kontakte zu hochrangigen Vertretern der portugie-sischen Regierung
vermittelte der Angeklagte Ende 2003 den Abschluss eines Vertrages über die Lieferung zweier U-Boote zwischen [X.] und dem
[X.]

S.

. Dem ging [X.] voraus:
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5
-
4
-
Um mit größerem Erfolg den Verkauf von U-Booten betreiben zu
können, schlossen sich die Unternehmen F.

AG, die [X.]

AG und die T.

GmbH zu dem Konsortium [X.]

S.

(nachfolgend: [X.]

) zusammen. Bereits Ende der 90er Jahre bemühte sich das [X.]

um den Vertragsabschluss über die Lieferung von U-Booten mit der [X.], die zwei U-Boote der [X.] erwerben wollte und dafür ein Ausschreibungsverfahren initiiert hatte.
Während eines Empfangs bei dem
[X.] Botschafter am 10.
Juni 1999 beklagte der anderweitig Verurteilte [X.]

, ein Vorstandsmitglied der F.

AG, in offener Gesprächsrunde die Stagnation der [X.] mit [X.] und bat den Angeklagten um Unterstützung.
Im [X.] hieran und um die Chancen des [X.]

für den Gewinn der [X.] zu erhöhen, versprach der anderweitig Verurteilte [X.]

dem Angeklagten bei einem weiteren Zusammentreffen in [X.] am 5.
Juli 2002 finanzielle Zuwendungen als Gegenleistung für die Vermittlung von Kontakten zu rang-höchsten Regierungsvertretern [X.]s. Der Angeklagte nahm dieses Ange-bot trotz des von ihm erkannten Konflikts mit seiner Stellung als Honorarkonsul an; er sagte zu, sich gegen Zahlung einer entsprechenden Vergütung für eine Auftragsvergabe an das [X.]

einzusetzen.
Ab diesem Zeitpunkt vertrat der Angeklagte in seiner Funktion als [X.] gegenüber verschiedenen amtlichen Stellen [X.]s die Interessen der F.

A[X.] So arrangierte er mehrfach Treffen zwischen hochrangigen [X.] Regierungsvertretern und Entscheidungsträgern des [X.]

, et-wa am 9.
Juli und am 3.
Oktober 2002 sowie vom 7.
bis 9.
Februar 2003. Er handelte dabei in dem Bestreben, einen Vertragsabschluss über die Lieferung von U-Booten herbeizuführen, um hierdurch das ausgelobte Honorar zu verdie-6
7
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-
5
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nen. Nach dem unter dem 23.
Januar 2003 mit der F.

AG schriftlich niedergelegten Beratervertrag sollte dem Angeklagten bei Zustandekommen eines [X.] eine Erfolgsprovision von 0,3
% der Auftragssumme zustehen.
Am 6.
November 2003 gewann das [X.]

schließlich das [X.]sverfahren der [X.] Regierung. Das Auftragsvolumen für die Lieferung der U-Boote belief sich auf insgesamt rund 880.000.000 Euro, wovon
ein Anteil von 130.000.000
Euro auf die F.

AG entfiel. Ein entspre-chender Kaufvertrag zwischen den Parteien wurde formell im April 2004 [X.].
Der Angeklagte führte seine Beratungstätigkeit für die F.

AG auch nach Abschluss des Ausschreibungsverfahrens noch bis Juli 2004 fort. Insbesondere wirkte er auf den Abschluss des Kaufvertrages noch während eines Treffens mit dem [X.] Verteidigungsminister am 5.
Februar 2004 hin.
Nach dem Zustandekommen des Kaufvertrages kam es zwischen dem Angeklagten und der F.

AG zu einem Streit über die Zahlung des [X.], der nach einer umfangreichen zivilgerichtlichen Auseinan[X.]etzung mit dem Abschluss eines Vergleichs endete. In dieser Vergleichsvereinbarung vom 9.
Dezember 2004 verpflichtete sich die F.

AG zur Zahlung eines Bera-terhonorars
von 1.420.000
Euro zuzüglich 16
% Mehrwertsteuer an den Ange-klagten sowie zur Erstattung seiner Rechtsanwaltskosten und zahlte daraufhin eine Summe
von insgesamt 1.679.342,61 Euro aus.
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6
-
2010 erklärte der Angeklagte seinen Rücktritt vom Amt des [X.], nachdem er nach Bekanntwerden der verfahrensgegenständlichen Vor-würfe durch die [X.] Regierung zunächst suspendiert worden war.
Das [X.] hat das Handeln des Angeklagten als Bestechlichkeit eines Amtsträgers eines anderen Mitgliedst[X.]ts der [X.] (Art.
2 §
1 Abs.
1 Nr.
2 lit.
a [X.]. §
332 Abs.
1, Abs.
3 StGB) gewertet und dessen Stellung als Amtsträger
insoweit auf §
11 Abs.
1 Nr.
2 StGB gestützt. Es hat dabei unter entsprechender Auslegung des Art.
2 §
1 Abs.
1 [X.] die Auffassung vertreten, auf die Einordnung der ausgeübten Funktion nach
dem Recht des anderen Mitgliedst[X.]ts komme es für die rechtliche Bewertung nicht an; auch eine abweichende Bewertung der Amtsträgerstellung nach por-tugiesischem Recht könne auf die Anwendung des [X.] materiellen Straf-rechts keinen Einfluss haben.

II.
Das Urteil hält sachlich-rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
Die bisher getroffenen Feststellungen tragen den Schuldspruch wegen Bestechlichkeit eines Amtsträgers eines anderen Mitgliedst[X.]ts der [X.] gemäß Art.
2 §
1 Abs.
1 Nr.
2 lit.
a [X.]. §
332 Abs.
1, Abs.
3 StGB nicht. Die Strafkammer hat an die Prüfung der [X.] im Sinne dieser Vorschrift einen fehlerhaften rechtlichen Maßstab ange-12
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-
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-
legt, indem sie alleine auf die Bewertung nach innerst[X.]tlichem Recht (§
11 Abs.
1 Nr.
2 StGB) abgestellt hat.
Art.
2 §
1 Abs.
1 Nr.
2 [X.] stellt für die Bestechungsdelikte der §§
332, 334
ff. StGB dem sonstigen Amtsträger nach diesen Vorschriften den o-weit seine Stellung einem Amtsträger im Sinne des §
11 Abs.
1 Nr.
2 des [X.] vom 27.
September 1996 zum Übereinkommen über den Schutz der finanziellen Interessen der [X.] vom 10.
September 1998, [X.]
II 2340, zuletzt geändert durch Gesetz vom 21. Juli 2004, [X.]
I 1763) ist es, die Strafbarkeit st[X.]tlicher Funktionsträger nach §
332 StGB auch bei transnationalen Bestechungshandlungen im [X.] Rechtsraum im Sinne umfassender und effektiver Verbrechensbekämpfung zu gewährleisten.
Der Begriffsdefinition des Amtsträgers im Sinne des Art.
2 §
1 Abs.
1 Nr.
2 [X.] liegt eine zweistufige Struktur zugrunde; sie setzt bei dem Funk-tionsträger eines Mitgliedst[X.]ts der [X.] voraus, dass dieser Amtsträger sowohl nach dem Recht des betroffenen akkreditierenden Mitglied-st[X.]ts als auch in Ansehung [X.] Rechts (§
11 Abs.
1 Nr.
2 StGB) ist. Nur bei Vorliegen der [X.] nach beiden Rechtsordnungen zugleich kann der Tatbestand des
Art.
2 §
1 Abs.
1 Nr.
2 [X.] erfüllt sein.
Dies hat das [X.] verkannt; es hat deshalb verabsäumt, die er-forderliche Bewertung der Stellung des Angeklagten nach [X.]m Recht vorzunehmen und dementsprechende Feststellungen zu treffen.

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-
8
-
1. Bei der Prüfung der [X.] ist in der ersten Prüfungsstufe von dem Recht des jeweiligen [X.] auszugehen. Nur wer danach für die Zwecke des Strafrechts Amtsträger dieses [X.] ist, kann gemäß Art.
2 §
1 Abs.
1 Nr.
2 [X.] die [X.] Straftatbestände der §§
332, 334 StGB verwirklichen.
Die Auslegung des Art.
2 §
1 Abs.
1 Nr.
2 [X.] anhand allgemeiner methodischer Grundsätze lässt ein anderes Verständnis der Norm nicht zu und entspricht auch der im Schrifttum vorherrschenden Meinung (vgl. [X.] in [X.]/[X.]/[X.], Wirtschafts-
und [X.], StGB §
332 Rn.
5; [X.]/[X.] in Volk: [X.] Verteidigung in Wirtschafts-
und [X.], 2.
Aufl., §
20 Rn.
122
f.; [X.], wistra 1999, 81, 84; [X.]. in: [X.] §
332 Rn.
5; [X.] in: [X.], Handbuch der Korruptionsprävention, 8.
Kap., Rn.
368; Rübenstahl, [X.] 2012, 179
ff.; [X.] in: [X.] Vor §
331 Rn.
25; [X.], [X.], 126, 127; a.[X.], [X.] 2012, 54
ff.).
a)
Ausgangspunkt und Grenzen
der Auslegung ergeben sich aus dem Wortlaut der Norm (vgl. [X.]
75, 329, 341
f. [X.]). Dieser besagt in Art.
2 §
1 Abs.
1 Nr.
2 lit.

eines anderen Mitgliedst[X.]ts der [X.], soweit seine Stellung einem Amtsträger im Sinne des §
11 Abs.
1 Nr.
2 des Strafgesetzbuches ent-Sinne des Rechts eines anderen [X.] fällt danach überhaupt in den Anwendungsbereich der Vorschrift. Bei der [X.] nach fremdem Recht handelt es sich deshalb um ein konstitutives Merkmal des ge-setzlichen Straftatbestands. Der zweite Halbsatz der Vorschrift wäre [X.] inhaltsleer; sinntragend wird er hingegen als
anwendungsbeschränkendes Korrektiv der Strafvorschrift durch [X.] des [X.] Rechts.
19
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-
9
-
b)
Systematisch folgt dasselbe aus der gesetzlichen Überschrift. Die e-chungshandlungebesteht oder jedenfalls bestehen kann. Identische Begriffe sind gleich, sie müs-sen nicht gleichgestellt werden. Dies bekräftigt auch die Binnenstruktur der Vorschrift, die in Art.
2 §
1 Abs.
1 Nr.
1 lit.
a [X.] den [X.] im Sinne des
[X.] allein dessen Recht zum Maßstab nimmt. Vor dem Hintergrund, dass der Gesetzgeber die strafrechtliche Gleichstellung von [X.]n und Amtsträgern in demselben Absatz der [X.] mit [X.]elben Regelungstechnik vorgenommen hat, kann für den [X.] nichts anderes
gelten; auch hier muss das Recht des betroffenen [X.] maßstabsgebend sein.
c)
Die Zweistufigkeit des Amtsträgerbegriffs nach Art.
2 §
1 Abs.
1 Nr.
2 [X.] wird auch durch die historische Auslegung anhand der Gesetzesma-terialien und die allgemeinen Grundsätze europarechtsfreundlicher Rechtsan-wendung (vgl. dazu etwa [X.], Urteil
vom 3.
Dezember 2009

3
StR 277/09, [X.]St
54, 216
ff.) belegt.
[X.])
Bereits das dem [X.] zugrunde liegende Protokoll der Mitglied-st[X.]ten der [X.] zum Übereinkommen über den Schutz der finanziellen Interessen der [X.] nach dem Rechtsakt des Rates der [X.] vom 27.
September 1996 (BT[X.].
13/10424, S.
8
ff.; nachfolgend: Protokoll) geht von dieser Regelungs-technik
aus. Nach den Definitionen des Art.

ä-22
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-
10
-

f-fende diese Eigenschaft für die Zwecke der Anwendung des Strafrechts dieses Satz die Einschränkung der Strafbarkeit dergestalt, dass bei einem das ein Mitgliedst[X.]t wegen einer Straftat einleitet, an der ein Beamter eines
(BT[X.].
13/10424, S.
8).
bb)
Der erläuternde Bericht zu dem Protokoll, vom Rat angenommen am 19.
Dezember 1997 (vgl. [X.]. [X.] C
11 S.
5; nachfolgend: erläuternder Bericht), enthält in Ziff.
II. Art.
1 Nr.
1.4 eine inhaltsgleiche, gleichermaßen zweistufige Begriffsbestimmung.
[X.])
Die Begründung zum Vertragsgesetz (BT[X.].
13/10424, S.
6
f.) [X.] anderer Mitgliedst[X.]ten der [X.] in den [X.] der §§

[X.]. 13/10424, S.
6). Soweit dort weiter ausgeführt wird, die Auslegung des [X.] orientiere sich an der für [X.] Amtsträger geltenden Regelung (BT[X.]. 13/10424, [X.]O), wird damit auf die Begriffsausfüllung nach dem Recht des Mitgliedst[X.]ts nicht etwa verzichtet, sondern entsprechend dem
bereits Ausgeführten auf die Möglichkeit der Einschränkung des ausländischen durch den [X.] Rechtsbegriff Bezug genommen.
[X.])
Schließlich geht auch die Denkschrift der Bundesregierung (BT[X.].
13/10424, S.
12
f.) zu dem benannten Übereinkommen von diesem Verständnis aus. Danach ergibt sich aus dem Protokoll und dem [X.] 25
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11
-

strafrechtliche Definition des St[X.]tes maßgeblich ist, dem der Amtsträger [X.] anderer Mitgliedst[X.]ten der [X.] eine Eingrenzung des e-stattet, von welcher (in [X.]) bei der Umsetzung Gebrauch gemacht werde. Personengruppen, die nach ihrem Status oder ihrer Funktion nicht zur Kategorie der Amtsträger im Sinne von §
11 Abs.
1 Nr.
2 StGB gehören, aber Amtsträger nach dem Recht eines anderen Mitgliedst[X.]ts sind, seien dann in [X.] in Fällen der Bestechung und Bestechlichkeit nicht als Amtsträger zu behandeln. Die Regelung in Art.
2 §
1 Abs.
1 Nr.
2 lit.
a des [X.] trage diesem Umstand Rechnung (vgl. BT[X.].
13/10424 S.
13).
Die Denkschrift der Bundesregierung setzt damit den im [X.] Rechtsraum geltenden Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung (Art.
82 EUV, Art.
67 AEUV) um. Das Rechtssystem des betroffenen Mitgliedst[X.]tes findet durch die Zugrundelegung seines materiellen [X.] in die [X.] Rechtssetzung, erfährt zum Schutz des innerst[X.]tlichen Primärraums aber im Sinne eines sich wechselseitig ergänzenden Konzepts gegebenenfalls eine Beschränkung durch die [X.] Begriffsbestimmung.
d)
Verfassungsrechtliche Grundsätze wi[X.]treiten der vorbeschriebenen Auslegung nicht.
Die in Rechtsprechung ([X.], Urteil vom 29.
August 2008

2
StR 587/07, [X.]St
52, 323, 345 [nicht tragend]) und Schrifttum (vgl. [X.], [X.] 2012, 54, 57) angedeuteten
Bedenken, eine zweistufige Prüfung der Amtsträ-28
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-
12
-
gerstellung könne zur Schaffung eines nicht mehr hinreichend bestimmten [X.] führen, hält der [X.] für unbegründet.
Um eine Blankettnorm, die mit Blick auf Art.
103 Abs.
2 [X.] dem Erfor-dernis der Erkennbarkeit des [X.] für den Bürger nicht hinrei-chend Rechnung trägt, handelt es sich bei Art.
2 §
1 Abs.
1 Nr.
2 [X.] nicht. Tragweite und Anwendungsbereich der Vorschrift sind klar erkennbar; jedermann kann vorhersehen, welches Verhalten verboten und mit Strafe be-droht ist (vgl. [X.] 41, 314, 319; 45, 346, 351; 47, 109, 120; 48, 48, 56; 64, 389, 393
f.).
Die hinreichende Bestimmtheit der Norm folgt bereits daraus, dass sich ihre Reichweite schon alleine durch die [X.] Strafbarkeitsvoraussetzun-gen gemäß Art.
2 §
1 Abs.
1 Nr.
2 [X.], welche den Begriff des Amtstr[X.]s im Sinne von §
11 Abs.
1 Nr.
2 StGB einschließen, für jedermann erkenn-bar absehen lässt. Die zusätzliche Geltung ausländischen Rechts kann dane-ben die Tatbestandsmäßigkeit allenfalls entfallen lassen, sich aber nicht straf-barkeitserweiternd auswirken. Ein Verstoß gegen das Bestimmtheitsgebot des Art. 103 Abs.
2 [X.] ist deshalb ausgeschlossen.
Auch ein Verstoß gegen Art.
20 Abs.
2 Satz
1 [X.] ist nicht etwa deshalb zu besorgen, weil zur Prüfung der gesetzlichen Merkmale [X.] Rechts ausländische Vorschriften herangezogen werden müssen. Die Ausübung der Strafgewalt bedarf zwar der Legitimation durch das St[X.]tsvolk, welche durch die Gesetze eines ausländischen St[X.]tes nicht bewirkt werden kann (Art.
20 Abs.
3 [X.]). Ausländisches Recht kann aber zur Anwendung gelangen, wenn [X.] Rechtsnormen darauf verweisen und es damit für maßgeblich erklä-ren. Für die betreffende ausländische Vorschrift gelten dann gleichermaßen die 31
32
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-
13
-
Anforderungen des Bestimmtheitsgrundsatzes im Sinne des Art.
103 Abs.
2 G[X.] Die den Amtsträger im Sinne des Strafrechts definierende [X.] Regelung des Art.
386 Abs.
1 lit.
c Código Penal Português ([X.]) in der zur Tatzeit geltenden Fassung wird diesen Anforderungen ersichtlich gerecht.
e)
Auch von bereits ergangener Rechtsprechung weicht der [X.] mit den vorgenannten Erwägungen nicht ab.
In seiner Entscheidung vom 29.
August 2008 ([X.], Urteil vom 29.
August 2008

2
StR 587/07, [X.]St
52, 323, 347) hat der [X.] nicht an[X.]lautend entschieden. Tragend für diese Entscheidung war die Auslegung des Amtsträgerbegriffs nach dem [X.]; soweit eine Strafbarkeit nach dem [X.] daneben unter Ablehnung der [X.] nach §
11 Abs.
1 Nr.
2 lit.
c StGB verneint wurde, enthält dies keine Aussage zu der Frage, ob daneben auch das Begriffsverständnis des [X.] maß-gebend, die Prüfung also ein-
oder zweistufig vorzunehmen ist.
2. Da nach Auffassung des [X.] für die [X.] s-

52), hat es sich rechtsfehlerhaft nicht mit der zunächst zu prüfenden Frage befasst, ob der Angeklagte Amtsträger nach [X.]m Recht war.

34
35
36
-
14
-
III.
Der Fehler in der Anwendung des materiellen Rechts führt zur Aufhe-bung des Urteils.
Die Aufhebung erfasst hier auch die zugrunde liegenden Feststellungen (§
353 Abs.
2 StPO). Es liegt nahe, dass diese unter [X.] auch portu-giesischen Rechts an[X.] getroffen worden wären.
Die Sache ist
zu neuer Verhandlung und Entscheidung an eine andere Strafkammer des [X.] zurückzuverweisen.
Eine Freisprechung des Angeklagten durch den [X.] (§
354 Abs.
1 StPO) kommt
im vorliegenden Fall nicht in Betracht. Der [X.] kann nicht [X.] ausschließen, dass bei Anwendung des zutreffenden Maßstabs [X.] getroffen werden können, die zu einer Strafbarkeit des Angeklagten we-gen Bestechlichkeit eines Amtsträgers eines anderen Mitgliedst[X.]ts der Euro-päischen [X.] gemäß Art.
2 §
1 Abs.
1 Nr.
2 lit.
a [X.]. §
332 Abs.
1, Abs.
3 StGB führen, wenn der Angeklagte sowohl nach [X.] Recht als auch nach [X.]m Recht Amtsträger war.

IV.
Durch den weitergehenden, auf Freisprechung lautenden Antrag
des [X.] ist
der [X.] nicht an einer Beschlussentscheidung ge-37
38
39
40
41
-
15
-
hindert. Die Befugnis des [X.], nach [X.] (§
349 Abs.
4 StPO) die Sache zurückzuverweisen oder in der Sache selbst zu [X.], richtet sich ausschließlich nach §
354 StPO; sie setzt

mit [X.] der hier nicht einschlägigen Fallvarianten des §
354 Abs.
1 4.
Var., Abs.
1a Satz
2 StPO

keinen entsprechenden Antrag der St[X.]tsanwaltschaft voraus (vgl. u.a. [X.], Beschlüsse vom 5.
Mai 2009

3
StR 96/09 und vom 10.
Februar 2004

4 StR 24/04).
[X.] [X.] [X.]

Radtke Fischer

Meta

1 StR 399/14

10.06.2015

Bundesgerichtshof 1. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.06.2015, Az. 1 StR 399/14 (REWIS RS 2015, 10037)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 10037

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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