Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 04.12.2008, Az. I ZB 31/08

I. Zivilsenat | REWIS RS 2008, 429

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[X.] vom 4. Dezember 2008 in der [X.] Nachschlagewerk: ja [X.] : nein [X.]R : ja

Integrierte Versorgung [X.] § 17 Abs. 4 Satz 4; [X.] § 51 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Satz 1; [X.] § 140c Für Streitigkeiten über die Vereinbarkeit einer nach § 140c [X.] zwischen den Krankenkassen und ihren Vertragspartnern im Rahmen der integrierten Versorgung vereinbarten Vergütung mit berufsrechtlichen Vorschriften der Ärzte ist der Rechtsweg zu den Sozialgerichten eröffnet. [X.], [X.]. v. 4. Dezember 2008 - [X.] [X.] - 2 - Der [X.] Zivilsenat des [X.] hat am 4. Dezember 2008 durch [X.] [X.] und [X.], Dr. Schaffert, [X.] und [X.] beschlossen: Die Rechtsbeschwerde gegen den [X.]uss des 29. Zivilsenats des [X.] vom 3. April 2008 wird auf Kos-ten der Antragstellerin zurückgewiesen. Der Gegenstandswert der Rechtsbeschwerde wird auf 20.000 • festgesetzt. Gründe: [X.] Die Antragstellerin ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts, die für Zahnärzte Zahlungen mit den Krankenkassen abrechnet. 1 Die Antragsgegnerin, eine GmbH, bietet in Zusammenarbeit mit gesetzli-chen Krankenkassen, ärztlichen Berufsverbänden, Krankenhäusern und Ärzten eine verschiedene Leistungssektoren übergreifende und eine interdisziplinär-fachübergreifende Versorgung der Versicherten an. Sie koordiniert die beteilig-ten Leistungserbringer und erstellt Abrechnungen. 2 - 3 - Die Antragsgegnerin hat mit der [X.] und dem [X.] im [X.] eine Rahmenvereinbarung geschlossen. Nach dieser Vereinbarung gehört es zu den Aufgaben des Partnerarztes, ein [X.] Gespräch über die erhöhten Risiken im Zusammenhang mit Parodontal-erkrankungen während der Schwangerschaft durchzuführen und die [X.] an einen Partnerzahnarzt zu überweisen. Für seine Leistungen erhält der Partnerarzt von der [X.] vereinbarungsgemäß eine zusätzliche Vergütung von 10 •, wenn die Schwangere im Rahmen der integrierten Versorgung von einem Partnerzahnarzt behandelt wird. 3 Die Antragstellerin hat die Vereinbarung wegen Verstoßes gegen § 31 der Berufsordnung für die Ärzte [X.] vom 6. August 2007 (im Weiteren: [X.]) als wettbewerbswidrig beanstandet. Sie hat die Antragstellerin im [X.] auf Unterlassung in Anspruch genommen, einen Vertrag anzu-bieten, abzuschließen oder zu bewerben, der vorsieht, dass ein Arzt einen Geldbetrag als Gegenleistung dafür erhält, dass er einen Patienten an einen Zahnarzt überweist. 4 Das [X.] hat den beschrittenen Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten für unzulässig erklärt und das Verfahren an das Sozialgericht Mün-chen verwiesen. Die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde der Antragstelle-rin hat das Beschwerdegericht zurückgewiesen ([X.] 2008, 715). 5 Hiergegen richtet sich die vom Beschwerdegericht zugelassene Rechts-beschwerde der Antragstellerin. Die Antragsgegnerin beantragt, die Rechtsbe-schwerde zurückzuweisen. 6 I[X.] Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO, § 17a Abs. 4 Satz 4 [X.] auch im Verfügungsverfahren zulässig ([X.], [X.]. 7 - 4 - v. 19.12.2002 - [X.], [X.], 549 - Arzneimittelversandhandel; [X.]. v. 9.11.2006 - [X.], [X.], 535 [X.]. 5 = [X.], 641 - Gesamtzufriedenheit). 8 In der Sache hat die Rechtsbeschwerde keinen Erfolg. 1. Das Beschwerdegericht hat angenommen, nach § 51 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Satz 1 [X.] sei der Rechtsweg zu den Sozialgerichten eröffnet, und hat hierzu ausgeführt: 9 Für die Eröffnung des Rechtswegs zu den Sozialgerichten komme es darauf an, ob die besonderen Vorschriften des Rechts der gesetzlichen Kran-kenversicherung streitentscheidend sein könnten, weil in diesem Bereich die besondere Sachkompetenz der Sozialgerichte zum Tragen komme. Dagegen sei es nicht entscheidend, ob die Anspruchsgrundlagen für den [X.] selbst im [X.] angesiedelt seien. [X.] werde eine Regelung in einem Rahmenvertrag zur integrierten Ver-sorgung nach §§ 140a ff. [X.]. Derartige Verträge sollten eine bevölkerungs-bezogene Flächendeckung der Versorgung ermöglichen. Sie dienten unmittel-bar der Erfüllung der den Krankenkassen obliegenden Aufgaben. Die [X.] Vergütungspauschale ziele auf eine Verbesserung der Versorgung der Versi-cherten ab und stehe in engem Zusammenhang mit dem Versorgungsauftrag der Krankenkassen. 10 2. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung stand. Für das Be-gehren der Antragstellerin ist der Rechtsweg zu den Sozialgerichten eröffnet. 11 a) Nach § 51 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Satz 1 [X.] entscheiden die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit über privatrechtliche Streitigkeiten in Angelegenheiten 12 - 5 - der gesetzlichen Krankenversicherung, auch soweit durch diese Angelegenhei-ten Dritte betroffen werden. Für die Eröffnung des Rechtswegs zu den Sozial-gerichten ist deshalb entscheidend, ob es sich um eine Streitigkeit in einer An-gelegenheit der gesetzlichen Krankenversicherung handelt. Nicht von Bedeu-tung ist nach der Bestimmung des § 51 [X.], ob die Streitigkeit öffentlich-rechtlicher oder privatrechtlicher Natur ist ([X.], [X.]. v. 4.12.2003 - [X.], [X.], 444, 445 = [X.], 619 - Arzneimittelsubstitution; [X.]. v. 30.1.2008 - I ZB 8/07, [X.], 447 [X.]. 13 = [X.], 675 - Treuebonus). Von einer Angelegenheit der gesetzlichen Krankenversicherung ist [X.], wenn der Gegenstand des Streits Maßnahmen betrifft, die unmittelbar der Erfüllung der den Krankenkassen nach dem [X.] [X.] obliegenden öffentlich-rechtlichen Aufgaben dienen. Wird der wett-bewerbsrechtliche Anspruch dagegen nicht auf einen Verstoß gegen [X.] des [X.], sondern ausschließlich auf wettbewerbsrechtliche Normen ge-stützt, deren Beachtung auch jedem privaten Mitbewerber obliegt, handelt es sich nicht um eine Angelegenheit der gesetzlichen Krankenversicherung i.S. von § 51 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Satz 1 [X.] ([X.] [X.], 535 [X.]. 13 - Gesamtzufriedenheit; [X.], 447 [X.]. 14 - Treuebonus; Münch-Komm.UWG/Schaffert, § 4 Nr. 11 Rdn. 26). 13 b) Zu Recht ist das Beschwerdegericht davon ausgegangen, dass durch den Gegenstand des Streits Maßnahmen betroffen sind, die unmittelbar der Erfüllung der den Krankenkassen nach dem [X.] [X.] obliegenden öffentlich-rechtlichen Aufgaben dienen. 14 Die Krankenkassen stellen den Versicherten die in den §§ 11 bis 68 [X.] genannten Leistungen unter Beachtung des [X.] - 6 - zur Verfügung (§ 2 Abs. 1 Satz 1 [X.]). Nach näherer Maßgabe des § 140a [X.] können die Krankenkassen Verträge über eine verschiedene [X.] übergreifende Versorgung der Versicherten oder eine interdisziplinär-fachübergreifende Versorgung mit den in § 140b Abs. 1 [X.] genannten [X.] abschließen. Die Vertragspartner der Krankenkassen müssen die Erfüllung der Leistungsansprüche der Versicherten nach der Regelung des § 140b Abs. 3 Satz 2 [X.] gewährleisten. Die Verträge zur integrierten Ver-sorgung legen gemäß § 140c Abs. 1 Satz 1 [X.] die Vergütung fest. Aus der Vergütung für die integrierten Versorgungsformen sind sämtliche Leistungen zu vergüten, die von teilnehmenden Versicherten im Rahmen des vertraglichen Leistungsauftrags in Anspruch genommen werden (§ 140c Abs. 1 Satz 2 [X.]). Der Vertrag zwischen der Antragsgegnerin, der [X.] und dem [X.] im [X.] ist ein Vertrag über die in-tegrierte Versorgung i.S. der §§ 140a bis 140d [X.]. Die in Rede stehende Vergütungspauschale unterfällt der Bestimmung über die Vergütung nach § 140c [X.]. Sie steht, wie das Beschwerdegericht zutreffend angenommen hat, in engem Zusammenhang mit der integrierten Versorgung nach §§ 140a bis 140d [X.], die die Krankenkasse durch Gewährung von Anreizen an [X.] ersichtlich fördern will. Die Frage, welche Vergütung für welche Leistungen einem Arzt insoweit gewährt wird, ist typischerweise Gegenstand der Regelung der integrierten Versorgung. Der Abschluss des Vertrags und die Vergütungs-regelung dienen mithin unmittelbar der Erfüllung der den Krankenkassen nach dem [X.] obliegenden öffentlich-rechtlichen Aufgaben. Die Streitigkeit betrifft daher eine Angelegenheit der gesetzlichen Krankenversicherung i.S. von § 51 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Satz 1 [X.]. 16 - 7 - Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde kommt es für die Beurtei-lung der [X.] nicht darauf an, ob die fragliche Vergütungspauschale gegen §§ 3, 4 Nr. 11 UWG i.V. mit § 31 [X.] verstößt. Nach dieser Bestimmung der [X.] ist es Ärzten nicht gestattet, für die Zuweisung von Patienten ein Ent-gelt oder andere Vorteile sich versprechen oder gewähren zu lassen. Der von der Rechtsbeschwerde geltend gemachte Verstoß gegen § 31 [X.] - sein [X.] unterstellt - ändert nichts daran, dass die fragliche Vergütungsregelung in direktem Zusammenhang mit der integrierten Versorgung nach §§ 140a bis 140d [X.] steht und die Streitigkeit sich deshalb nicht ausschließlich nach wettbewerbsrechtlichen Normen beurteilt (hier §§ 3, 4 Nr. 11 UWG i.V. mit § 31 [X.]), deren Beachtung jedem privaten Mitbewerber obliegt. Auch soweit es um einen möglichen Konflikt zwischen Bestimmungen des [X.] oder zu ihrer Umsetzung getroffener Vereinbarungen mit berufsrechtlichen Regelungen der Ärzte geht, sind die Sozialgerichte zur Entscheidung berufen. 17 - 8 - II[X.] [X.] folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. 18 Bornkamm Büscher Schaffert
[X.] Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 07.03.2008 - 11 [X.] 3048/08 - [X.], Entscheidung vom 03.04.2008 - 29 W 1081/08 -

Meta

I ZB 31/08

04.12.2008

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 04.12.2008, Az. I ZB 31/08 (REWIS RS 2008, 429)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2008, 429

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Vergütung aus Verträgen zu integrierter Versorgung


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