Bundesgerichtshof, Beschluss vom 07.03.2018, Az. XII ZB 535/17

12. Zivilsenat | REWIS RS 2018, 12755

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Gegenstand

Kostenentscheidung im Betreuungsverfahren: Erfolglosigkeit des Rechtsmittels bei teilweiser Aufhebung der Betreuung


Leitsatz

Hat ein Rechtsmittel zur teilweisen Aufhebung der Betreuung geführt, so ist es nicht erfolglos im Sinne des § 84 FamFG.

Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde der Betroffenen wird der Beschluss der 2. Zivilkammer des [X.] vom 18. September 2017 unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels im Kostenpunkt aufgehoben.

Die Verfahren in den beiden [X.] sind gerichtskostenfrei. Die Staatskasse hat der Betroffenen die ihr in den [X.] entstandenen außergerichtlichen Kosten zur Hälfte zu erstatten. Im Übrigen findet eine Erstattung außergerichtlicher Kosten nicht statt.

Wert: 5.000 €

Gründe

1

1. Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet, soweit sie sich gegen die Entscheidung des [X.] in der Hauptsache wendet. Dass dieses die Beschwerde hinsichtlich der Betreuerbestellung für den Aufgabenkreis Gesundheitssorge und Aufenthaltsbestimmung zurückgewiesen hat, ist rechtlich nicht zu beanstanden und hält den Angriffen der Rechtsbeschwerde stand. Der [X.] hat die insoweit gerügten Verfahrensmängel geprüft, die [X.] aber nicht für durchgreifend erachtet (§ 74 Abs. 3 Satz 4 FamFG iVm § 564 ZPO).

2

2. Mit Erfolg greift die Rechtsbeschwerde hingegen die vom [X.] getroffene Kostenentscheidung an, mit der die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich des (ersten) Rechtsbeschwerdeverfahrens der Betroffenen auferlegt worden sind.

3

a) Die Kostenentscheidung richtet sich nach § 81 Abs. 1 FamFG. Diese Vorschrift räumt dem Gericht, falls es eine Kostenentscheidung trifft, einen weiten Gestaltungsspielraum dahingehend ein, welchem Beteiligten welche Kosten des Verfahrens auferlegt werden. Sie erlaubt es auch, nur bestimmte Kosten einem der Beteiligten aufzuerlegen oder von der Erhebung der Kosten ganz oder teilweise abzusehen (§ 81 Abs. 1 Satz 2 FamFG). Ist die Kostenentscheidung solchermaßen in das Ermessen des Tatrichters gestellt, kann die Entscheidung im Rechtsbeschwerdeverfahren nur eingeschränkt darauf überprüft werden, ob das Gericht die gesetzlichen Grenzen überschritten oder sein Ermessen fehlerhaft ausgeübt hat (vgl. [X.]sbeschluss vom 28. September 2016 - [X.] 251/16 - FamRZ 2017, 50 Rn. 8 f. mwN).

4

b) Das ist hier jedoch der Fall.

5

Entgegen der Annahme des [X.] ist § 84 FamFG nicht einschlägig. Denn die Rechtsmittel der Betroffenen haben zur Aufhebung der Betreuung für den Bereich der Vermögenssorge und des darauf bezogenen Einwilligungsvorbehalts geführt und waren daher nicht erfolglos im Sinne des § 84 FamFG (vgl. [X.], 662, 664; [X.] FamFG/Nickel [Stand: 1. Januar 2018] § 84 Rn. 3; [X.] in [X.] Praxiskommentar Betreuungs- und Unterbringungsverfahren § 84 FamFG Rn. 2; [X.]/[X.]/[X.] FamFG 3. Aufl. § 84 Rn. 14 ff.; MünchKommFamFG/[X.]. § 84 Rn. 18; [X.]/[X.] FamFG 4. Aufl. § 84 Rn. 2; [X.]/Weinreich/Keske FamFG 5. Aufl. § 84 Rn. 1).

6

Zudem hat das [X.] die Regelung des § 307 FamFG unberücksichtigt gelassen. Nach dieser kann das Gericht in [X.] die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Auslagen des Betroffenen ganz oder teilweise der Staatskasse auferlegen, wenn eine [X.] abgelehnt, als ungerechtfertigt aufgehoben, (wie hier) eingeschränkt oder das Verfahren ohne Entscheidung über eine solche Maßnahme beendet wird.

7

Schließlich sind die vom [X.] zur Kostenentscheidung angestellten Erwägungen auch im Übrigen rechtlich nicht tragfähig. Die Überlegung, die Betroffene habe das Rechtsbeschwerdeverfahren "provoziert", weil sie sich beharrlich geweigert habe, Gespräche mit der Betreuungsbehörde und dem Amtsgericht zu führen, geht fehl. Vielmehr hat der [X.] der Rechtsbeschwerde der Betroffenen gegen die erste Beschwerdeentscheidung stattgegeben, weil das [X.] die Betroffene verfahrensordnungswidrig weder angehört noch ihr einen Verfahrenspfleger bestellt hatte ([X.]sbeschluss vom 17. Mai 2017 - [X.] 18/17 - FamRZ 2017, 1323). Unabhängig davon kann die - häufig ohnedies von Krankheit oder Behinderung beeinflusste - Weigerung eines Betroffenen zu Gesprächen mit Behörden und Gerichten im Betreuungsverfahren schon deshalb nicht dazu führen, dem Betroffenen die Rechtsmittelkosten aufzuerlegen, weil das Gericht einem solchen Verhalten mit den in § 278 Abs. 5 bis 7 FamFG genannten Maßnahmen begegnen kann.

8

c) Unter Verkennung der rechtlichen Vorgaben ist das [X.] daher zu einer nicht mehr vertretbaren Kostenentscheidung gelangt. Der [X.] befindet auf der Grundlage einer eigenen Ermessensausübung abschließend über die Kosten (vgl. [X.]/[X.] FamFG 19. Aufl. § 74 Rn. 69 mwN; vgl. auch [X.]sbeschluss vom 1. März 2017 - [X.] 2/16 - FamRZ 2017, 816 Rn. 27), weil auch insoweit keine weiteren Feststellungen zu treffen sind.

9

Von einer weiteren Begründung der Entscheidung wird abgesehen, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen (§ 74 Abs. 7 FamFG).

Dose     

      

Schilling     

      

[X.]

      

Botur     

      

Guhling     

      

Meta

XII ZB 535/17

07.03.2018

Bundesgerichtshof 12. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZB

vorgehend LG Koblenz, 18. September 2017, Az: 2 T 887/16

§ 81 Abs 1 S 1 FamFG, § 84 FamFG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 07.03.2018, Az. XII ZB 535/17 (REWIS RS 2018, 12755)

Papier­fundstellen: MDR 2018, 1272 REWIS RS 2018, 12755

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