Bundesgerichtshof, Beschluss vom 19.12.2013, Az. 2 StR 534/13

2. Strafsenat | REWIS RS 2013, 41

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Schuldunfähigkeit: Tatbegehung aufgrund aktueller Wahnvorstellungen


Tenor

Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 29. Mai 2013 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des [X.] zurückverwiesen.

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten wegen besonders schweren Raubs und versuchter schwerer räuberischer Erpressung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten verurteilt und seine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet. Die Revision des Angeklagten hat mit der Sachrüge Erfolg.

2

1. Nach Überzeugung der sachverständig beratenen [X.] befand sich der Angeklagte bei Begehung der Taten, "hervorgerufen durch die Nebenwirkungen der notwendigen ihm ärztlicherseits verabreichten Medikamente, im Zustand verminderter Schuldfähigkeit [X.]. § 21 StGB" ([X.]); seine Steuerungsfähigkeit war "aufgrund der gestörten Impulskontrolle und ggf. wahnhaften Vorstellungen" ([X.]; vgl. auch [X.]) stark eingeschränkt.

3

2. Die Annahme des [X.]s, der Angeklagte sei bei Begehung der Taten - vermindert - schuldfähig gewesen, hält sachlichrechtlicher Nachprüfung nicht stand.

4

a) Es mangelt schon an einer hinreichend klaren Feststellung, welches Eingangsmerkmal des § 20 StGB erfüllt sein soll. Das [X.] beschränkt sich auf die Mitteilung der vom Sachverständigen vorgenommenen Diagnose und der Symptome der festgestellten Störung. Allein die Diagnose des Sachverständigen ist aber nicht mit einem Eingangsmerkmal des § 20 StGB gleichzusetzen (vgl. [X.], Beschlüsse vom 22. Mai 2013 - 1 [X.] und vom 12. November 2004 - 2 [X.], [X.]St 49, 347, 352). Vielmehr sind der Ausprägungsgrad der Störung und ihr Einfluss auf die [X.] Anpassungsfähigkeit entscheidend. An einer tragfähigen Darlegung der entsprechenden Beurteilungsgrundlagen fehlt es.

5

b) Darüber hinaus sind die [X.] zur Schuldfähigkeit auch im Übrigen unklar. Das [X.] hat einerseits ausgeschlossen, dass der Angeklagte bei Begehung der Taten schuldunfähig [X.]. § 20 StGB gewesen sei, weil dieser planvoll gehandelt habe. Andererseits sei die Steuerungsfähigkeit des Angeklagten "aufgrund der gestörten Impulskontrolle und ggf. wahnhaften Vorstellungen" ([X.]; vgl. auch [X.]) stark eingeschränkt gewesen. Einem [X.] stehen indes in Situationen, die durch den Wahn bestimmt sind, Handlungsalternativen praktisch nicht zur Verfügung. Oft fehlt dann zugleich auch die Einsicht in das Unrecht der vom Wahn bestimmten Handlungen (vgl. auch [X.], Beschluss vom 24. Juli 1997 - 1 StR 351/97, [X.], 5, 6 mwN). Damit hat sich das [X.] nicht auseinandergesetzt.

6

3. Die aufgezeigten Mängel führen nicht nur zur Aufhebung des Rechtsfolgenausspruchs, sondern auch zur Aufhebung des Schuldspruchs, da der Senat, sollten die Taten unmittelbarer Ausfluss aktueller Wahnvorstellung des Angeklagten gewesen sein, die Möglichkeit von Schuldunfähigkeit [X.]. § 20 StGB nicht ausschließen kann.

7

Eine Aufrechterhaltung von Feststellungen war nicht veranlasst. Eine neuerliche umfassende Aufklärung ist schon wegen möglicher Rückschlüsse auf den psychischen Zustand des Angeklagten bei Begehung der ihm vorgeworfenen Taten unerlässlich. Der neue Tatrichter wird zu erwägen haben, ob er zur Frage der Schuldfähigkeit und der [X.] einen anderen Sachverständigen mit der Gutachtenerstattung beauftragt.

Appl                    Schmitt                       Eschelbach

             Ott                          Zeng

Meta

2 StR 534/13

19.12.2013

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Frankfurt, 29. Mai 2013, Az: 5/27 KLs 15/13

§ 20 StGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 19.12.2013, Az. 2 StR 534/13 (REWIS RS 2013, 41)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 41

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

2 StR 534/13 (Bundesgerichtshof)


1 StR 242/21 (Bundesgerichtshof)

Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus: Notwendige Urteilsfeststellungen zur verminderten Schuldfähigkeit infolge einer wahnhaften Störung


2 StR 420/14 (Bundesgerichtshof)


5 StR 580/17 (Bundesgerichtshof)

Keine verminderte Schuldfähigkeit allein aufgrund Diagnose einer wahnhaften Störung


4 StR 196/15 (Bundesgerichtshof)

Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus: Erforderliche Feststellungen für die Unterbringungsanordnung; Beurteilung der Schuldfähigkeit


Referenzen
Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.