Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.07.2006, Az. 2 StR 210/06

2. Strafsenat | REWIS RS 2006, 2525

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[X.] vom 19. Juli 2006 in der Strafsache gegen wegen versuchten Totschlags u. a. - 2 - Der 2. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.] und des Beschwerdeführers am 19. Juli 2006 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen: Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 19. September 2005 im [X.] mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an ei-ne andere Schwurgerichtskammer des [X.]. Die weitergehende Revision wird als unbegründet verworfen. Gründe: Das [X.] hat den Angeklagten wegen versuchten Totschlags in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von acht Jahren verurteilt, die Unterbringung des Angeklagten in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet und das sichergestellte [X.] eingezogen. 1 Hiergegen richtet sich die Revision des Angeklagten mit der Sachrüge. Sein Rechtsmittel hat in dem aus der [X.] ersichtlichen Umfang Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO), im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO. 2 Die Anordnung der Maßregel hat keinen Bestand. 3 - 3 - Voraussetzung für die Unterbringung in einem psychiatrischen Kranken-haus gemäß § 63 StGB ist das Vorliegen eines länger dauernden Zustands, der auf einem der [X.]e des § 20 StGB beruht (vgl. Senatsbeschluss vom 19. August 2005 - 2 [X.]). 4 Vorliegend mangelt es schon an einer hinreichend klaren Feststellung, welches [X.] erfüllt sein soll. Die Urteilsgründe teilen Bewertun-gen des Sachverständigen mit, ohne dass klar wird, welche dem § 20 StGB unterfallende Störung letztlich vorliegen soll. Nach dessen Ausführungen war "die Steuerungsfähigkeit des Angeklagten zum Tatzeitpunkt auf Grund einer krankhaften Persönlichkeitsstörung, die immer wieder besonders von [X.] gekennzeichnet ist und auf die der genossene Alkohol und das eingenommene Kokain katalysierend wirkten, beeinträchtigt und die Schuldfä-higkeit des Angeklagten hieraus folgend im Sinne von § 21 StGB erheblich vermindert" ([X.]). Der Tatrichter gibt weiter an, der Sachverständige habe beim Angeklagten auf Grund seiner Exploration eine Persönlichkeitsstörung positiv festgestellt und den Angeklagten "im Rahmen seiner Gesamtwürdigung als krank und gefährlich beurteilt" ([X.]). 5 Diese Hinweise belegen weder das Vorliegen einer zur erheblichen Min-derung der Steuerungsfähigkeit führenden Störung im Sinne von §§ 20, 21 StGB noch das Vorliegen eines Zustands, der Grundlage einer Unterbringung nach § 63 StGB sein könnte (vgl. Senatsbeschluss aaO m.w.[X.]). 6 Die Diagnose "Persönlichkeitsstörung" lässt für sich genommen eine Aussage über die Frage der Schuldfähigkeit des [X.] nicht zu (vgl. u.a. [X.], [X.]. vom 4. Januar 2005 - 4 StR 529/04 m.w.[X.]). Für einen so schwerwie-genden Eingriff, wie ihn die Anordnung der zeitlich nicht befristeten Unterbrin-gung in einem psychiatrischen Krankenhaus darstellt, kann die Diagnose einer 7 - 4 - "Persönlichkeitsstörung" stets nur unter engen Voraussetzungen und nur dann genügen, wenn feststeht, dass der Täter auf Grund dieser Störung aus einem mehr oder weniger unwiderstehlichen Zwang heraus gehandelt hat. Für eine solche Annahme bedarf es einer Gesamtschau, ob die Störungen beim Täter in ihrer Gesamtheit sein Leben vergleichbar schwer und mit ähnlichen Folgen be-lasten oder einengen wie krankhafte seelische Störungen. Für die Bewertung der Schwere der Persönlichkeitsstörung und der Erheblichkeit der darauf beru-henden Verminderung der Schuldfähigkeit ist deshalb maßgebend, ob es auch im Alltag außerhalb der Straftaten zu Einschränkungen des beruflichen oder [X.] Handlungsvermögens gekommen ist. Erst wenn das Muster des [X.], Fühlens und Verhaltens sich im Zeitverlauf als stabil erwiesen hat, [X.] die psychiatrischen Voraussetzungen vorliegen, die rechtlich als schwere andere seelische Abartigkeit im Sinne des § 20 StGB angesehen werden (vgl. [X.] aaO). Diesen an die Gesamtwürdigung der Persönlichkeit des Angeklag-ten und dessen Entwicklung zu stellenden Anforderungen wird das [X.] nicht gerecht. Der [X.] kann daher nicht bestehen bleiben. 8 Der Senat kann in der Sache selbst nicht entscheiden, weil sich mögli-cherweise noch Feststellungen treffen lassen, die die Maßregelanordnung tra-gen können. 9 - 5 - Bei der gegebenen Sachlage ist auszuschließen, dass beim Angeklagten zum Zeitpunkt der Tat die Voraussetzungen des § 20 StGB vorlagen. Der Schuldspruch kann deshalb bestehen bleiben. Dies gilt auch für den Strafaus-spruch, da durch die Annahme des § 21 StGB der Angeklagte bei der Strafzu-messung nicht beschwert ist (vgl. hierzu u. a. [X.] StraFo 2006, 295, 296). [X.] Appl

Meta

2 StR 210/06

19.07.2006

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.07.2006, Az. 2 StR 210/06 (REWIS RS 2006, 2525)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2006, 2525

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