Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 26.04.2018, Az. IX ZB 29/17

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2018, 10009

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[X.]:[X.]:[X.]:2018:260418BIXZB29.17.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZB 29/17
vom

26. April 2018

in dem Rechtsstreit

-
2
-
Der IX.
Zivilsenat des [X.] hat durch [X.]
Dr.
Kayser, [X.]
Dr.
Gehrlein, die Richterin [X.], [X.]
Schoppmeyer und Meyberg

am
26. April 2018
beschlossen:

Auf die Rechtsbeschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des 16. Zivilsenats des [X.] vom 21. Juni 2017 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Entscheidung über den [X.] an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Der Wert des Verfahrens der Rechtsbeschwerde wird auf 116.935

Gründe:

I.

Der Antragsteller ist Verwalter in dem Insolvenzverfahren über das Ver-mögen der Schuldnerin. Das [X.] hat seine auf §
133 Abs. 1, §
143

[X.] gestützte Klage auf Zahlung von 116.935,35

Er begehrt Prozesskostenhilfe für eine von ihm beabsichtigte Berufung, mit der er sein Klageziel weiterverfolgen will. Die Kosten des Berufungsverfahrens [X.] wegen Unterdeckung nicht aus der Masse erbracht werden.
1
-
3
-

Das Berufungsgericht hat den Antrag auf Gewährung von [X.] zurückgewiesen. Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.

II.

Die gemäß §
574 Abs.
1 Satz 1 Nr.
2 ZPO statthafte und zulässige Rechtsbeschwerde hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Ent-scheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

1. Zur Begründung seiner Entscheidung hat das Berufungsgericht ausge-führt, dass offen bleiben könne, ob die Berufung hinreichende Erfolgsaussicht habe. Es fehle an den wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Gewährung von Prozesskostenhilfe gemäß §
116 Satz 1 Nr.
1 ZPO, weil
25 am Verfahren wirt-schaftlich beteiligten Gläubigern, für die Forderungen in Höhe von jeweils über o-zesskostenvorschusses zuzumuten sei. Das Berufungsgericht gehe dabei da-von aus, dass ein erhebliches Vollstreckungsrisiko bestehe, das mit 1/3 (wie vom Antragsteller in erster Instanz angegeben) "jedenfalls nicht überbewertet"
erscheine. Daraus ergebe sich, dass für die genannten Gläubiger mit einer Ver-dreifachung der einzusetzenden Prozesskosten gerechnet werden könne. Legte man das vom Antragsteller nunmehr angegebene Prozess-
und Vollstreckungs-risiko
von wenigstens 50 vom Hundert zugrunde, erwiese sich die beabsichtigte Berufung des Antragstellers als mutwillig, weil im Falle des [X.] eine sei, was einer Quote von 0,5 entspreche.
2
3
4
-
4
-

2. Das hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

a) Gemäß §
116 Satz 1 Nr.
1 ZPO erhält der Insolvenzverwalter als [X.] kraft Amtes Prozesskostenhilfe, wenn die Kosten des Rechtsstreits aus der verwalteten Vermögensmasse nicht aufgebracht werden können und den am Gegenstand des Rechtsstreits wirtschaftlich Beteiligten nicht zuzumuten ist, die Kosten aufzubringen. Die Beurteilung der Zumutbarkeit unterliegt der tatrichter-lichen Würdigung des Berufungsgerichts und ist vom Rechtsbeschwerdegericht nur eingeschränkt überprüfbar (vgl. [X.], Beschluss vom 3.
Mai 2012

V
ZB 138/11, [X.], 2275 Rn. 8; vom 30.
November 2016

XII
ZB
335/16,
FamRZ 2017, 245 Rn. 13). Mit der vom Berufungsgericht gegebenen [X.] durfte es das Vorliegen der wirtschaftlichen Voraussetzungen im Sinne von §
116 Satz 1 Nr.
1 ZPO nicht verneinen. Diese erweist sich als rechtsfeh-lerhaft.

[X.]) Für die
Frage, ob nach §
116 Satz 1 Nr.
1 ZPO den am Gegenstand des Rechtsstreits wirtschaftlich Beteiligten zuzumuten ist, die Kosten für den beabsichtigten Rechtsstreit des Insolvenzverwalters aufzubringen, ist eine wer-tende Abwägung aller Gesamtumstände des Einzelfalls erforderlich ([X.], [X.] vom 6.
März 2006

II
ZB 11/05, [X.] 2006, 1064 Rn. 15; vom 27.
September 2007

IX
ZB 172/06, [X.], 2201 Rn. 9; vom 23.
Oktober 2008

II
ZR 211/08, juris Rn. 3; vom 27.
Mai 2009

III
ZB 15/09, juris Rn. 5; vom 25.
November 2010

VII
ZB 71/08, [X.], 98
Rn. 9). Bei dieser [X.] sind insbesondere eine zu erwartende Quotenverbesserung im Fall des Obsiegens, das Prozess

und Vollstreckungsrisiko und die Gläubi-gerstruktur zu berücksichtigen ([X.], Beschluss vom 27.
Mai 2009,
[X.]O Rn. 5 mwN; vom 13.
September 2012

IX
ZA 1/12, [X.], 2198
Rn. 2; vom 4.
Dezember 2012

II
ZA 3/12, [X.], 82 Rn. 2; vom 21.
Februar 2017 5
6
7
-
5
-

II
ZR 59/16, [X.], 414
Rn. 2). Vorschüsse auf die Prozesskosten sind solchen Beteiligten zuzumuten, welche die erforderlichen Mittel unschwer auf-bringen können und für die der zu erwartende Nutzen bei vernünftiger, auch das Eigeninteresse sowie das Prozesskostenrisiko angemessen berücksichti-gender Betrachtungsweise bei einem Erfolg der Rechtsverfolgung deutlich grö-ßer sein wird als die von ihnen als
Vorschuss aufzubringenden Kosten ([X.], Beschluss vom 21.
Februar 2017, [X.]O mwN).

[X.]) Hiervon ausgehend ist es rechtlich zutreffend, dass
das Beschwer-degericht nur bei solchen Gläubigern eine Zumutbarkeit verneint, deren Anteil an den festgestellten Forderungen einen im Einzelfall ermittelten absoluten Be-trag

hier von 20.000

nicht überschreitet. Der gegenteiligen Auffassung, die sich die Rechtsbeschwerde zu eigen macht, wonach alle Gläubiger außer [X.] zu bleiben haben, deren Anteil an den festgestellten Forderungen eine für alle Fälle abstrakt festgelegte, in einem Vomhundertsatz (etwa vier vom Hun-dert oder fünf vom Hundert) ausgedrückte Quote unterschreitet ([X.], [X.], 617, 619; [X.], 42; [X.], 147, 148; [X.]/Wache, 5.
Aufl., §
116 Rn. 15; [X.]/Schütze/[X.]/[X.], ZPO, 4.
Aufl., §
116 Rn. 5; Musielak/Voit/[X.], ZPO, 14. Aufl., §
116 Rn. 6), [X.] der Senat nicht zu folgen.

Zwar ist zutreffend, dass so genannten Kleingläubigern eine Prozessfüh-rung regelmäßig dann nicht zuzumuten ist, wenn und soweit sie auch bei erfolg-reicher Prozessführung nur mit relativ geringfügigen Erlösen rechnen können (vgl. [X.], 2017, §
116 Rn.
12.2 mwN). Der
Insolvenzverwal-ter muss mit zumutbarem Koordinierungsaufwand [X.] erlangen können. Dies mag in der Praxis dazu führen, dass in einer Vielzahl von Fällen die Grenze der Zumutbarkeit zwischen vier und fünf vom Hundert aller festge-8
9
-
6
-
stellten Forderungen gezogen wird (vgl. Hk-ZPO/[X.], 7.
Aufl., §
116 Rn. 13 mwN). Eine abstrakte Festlegung auf diese oder eine andere Quote verbietet sich indes. Die jeweiligen wirtschaftlichen Verhältnisse der Insolvenzverfahren sind zu unterschiedlich ([X.],
[X.], 1091, 1092; [X.]/Freitag, [X.], 377, 381). Eine Beurteilung der Zumutbarkeit kann nicht erfolgen, ohne die jeweilige Gläubigerstruktur in den Blick zu nehmen (vgl. [X.], [X.] vom 19.
Mai 2015

II
ZR 263/14, [X.], 1465 Rn. 2 mwN). [X.] weist das Berufungsgericht darauf hin, dass etwa im vorliegenden Fall mit hohen Insolvenzforderungen, die sich recht
gleichmäßig auf eine über-schaubare Zahl von Gläubigern verteilen, eine feste Quote zu unangemesse-nen Ergebnissen führen kann.

Dies entspricht auch der Rechtsprechung des [X.], nach der es keine feste und starre Grenze hinsichtlich der Anzahl der heranzuzie-henden Insolvenzgläubiger gibt, die wegen des durch die Gläubigerstruktur be-dingten [X.] von vorne herein die Aufbringung der Kosten durch die wirtschaftlich am Gegenstand des Rechtsstreits Beteiligten als unzu-mutbar erscheinen ließe (vgl. [X.], Beschluss vom 27.
Mai 2009

III
ZB 15/09, juris Rn. 7; vom 25.
November 2010

VII
ZB 71/08, [X.], 98
Rn. 12; vom 19.
Mai 2015

II
ZR 263/14, [X.], 1465 Rn. 9 mwN). Dem Beschluss vom 19.
Mai 2015 (II
ZR 263/14,
Z[X.]
2015, 1465 Rn. 8) kann Gegenteiliges nicht entnommen werden, denn auch dort beruhte die Annahme der [X.] auf einer wertenden Abwägung aller Gesamtumstände.

Gläubigern, deren Anteil an den festgestellten Forderungen fünf vom Hundert unterschreitet, kann auch nicht eine wirtschaftliche Beteiligung abge-sprochen werden. Wirtschaftlich Beteiligte im Aktivprozess des [X.] sind grundsätzlich alle Gläubiger, die bei einem erfolgreichen Abschluss 10
11
-
7
-
des Rechtsstreits wenigstens mit einer
teilweisen Befriedigung ihrer Ansprüche aus der Masse rechnen können ([X.], Beschluss vom 8.
Oktober 1992

V
ZB
3/92, [X.]Z 119, 372, 377; vom 3.
Mai 2012

V
ZB 138/11, [X.], 2275 Rn.
16).

cc) Ebenfalls rechtsfehlerfrei geht das Berufungsgericht davon aus, dass eine Vorschusspflicht einen deutlichen
Mehrertrag gegenüber den aufzuwen-denden Kosten voraussetzt
(ständige Rechtsprechung, vgl. nur [X.], [X.] vom 28.
Februar 2007

IV
ZR 320/04, [X.], 410 Rn. 7; vom 3.
Mai 2012

V
ZB 138/11, NZI
2012, 626 Rn. 8; vom 19.
Mai 2015

II
ZR 263/14, [X.]O
Rn. 2). Aus den vorstehend dargelegten Erwägungen verbietet es sich [X.] auch insoweit, für die zu erwartende Verbesserung eine Mindestquote festzulegen (vgl. [X.]/Freitag, [X.], 377, 382 mwN), mag auch regelmä-ßig erst bei einem im Falle des [X.] erzielbaren Ertrag von deutlich mehr als dem Doppelten des aufzubringenden Vorschusses eine Vorschuss-pflicht in Betracht kommen ([X.], Beschluss vom 7.
Februar 2012

II
ZR 13/10 juris
Rn. 5;
vom 26.
Januar 2012

IX
ZA 102/11
juris Rn.
1; [X.],
[X.], 1091, 1092; [X.]/[X.], ZPO, 32.
Aufl., §
116 Rn. 9; [X.], [X.] 2004,
1155, 1157). Der mögliche Verlust des Vorschusses bleibt bei der Frage, ob dem Gläubiger ein Vorschuss zuzumuten ist, außer Betracht ([X.], Beschluss vom 3.
Mai 2012

V
ZB 138/11, [X.], 2275 Rn. 9). Die Wertung des Berufungsgerichts, ein möglicher Erlös in Höhe des Dreifachen des anteili-gen Prozesskostenvorschuss könne ein hinreichend deutlicher Mehrertrag sein, lässt
folglich für sich genommen Rechtsfehler nicht erkennen.

[X.]) Indes begegnet die Annahme, im vorliegenden Fall
könne mit einem Mehrertrag in mindestens dreifacher Höhe
der einzusetzenden Prozesskosten gerechnet werden, durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Die Feststellungen 12
13
-
8
-
des Berufungsgerichts zur Höhe der in die Bewertung einbezogenen Masse-mehrung sind rechtsfehlerhaft
und ermöglichen dem Senat keine eigene Über-prüfung der Gesamtwürdigung.

(1) Das Berufungsgericht hat

was aus Rechtsgründen nicht zu bean-standen ist

die Kosten des beabsichtigten Berufungsverfahrens festgestellt und diese anteilig auf die Gläubiger, denen eine Kostenbeteiligung zumutbar erscheint, verteilt. Die Würdigung, ob den wirtschaftlich Beteiligten nach deren wirtschaftlichen Verhältnissen
für eine Prozessfinanzierung wirtschaftlich zu-mutbar ist (was Voraussetzung des § 116 Satz 1 Nr. 1 ZPO ist, vgl. nur [X.] Beschluss vom 27. September 1990

[X.], NJW 1991, 40, 41; vom 14. Dezember 2011

[X.] 22/11, [X.], 192 Rn. 3; vom 11. Dezember 2012

[X.], juris Rn. 3), obliegt dem Tatrichter. Diese lässt vorliegend keine
Rechtsfehler erkennen.

[X.] [X.] begegnet indes die vom Berufungsgericht seiner Bewertung zugrunde gelegte Ermittlung des Massezuflusses. Es hat hierzu von der einzuklagenden Forderung nur einen Abschlag wegen eines [X.] vorgenommen. Soweit es für die Höhe des Abschlags ein Vollstreckungsrisiko angenommen hat, das mit 1/3 "jedenfalls nicht überbewer-tet"
erscheine, kann der angefochtene Beschluss rechtlicher Nachprüfung nicht standhalten.

Die Risikobewertung obliegt dem Tatrichter. Er hat bei der zur Beurtei-lung der Zumutbarkeit im Sinne von §
116 Abs.
1 Nr. 1 ZPO gebotenen werten-den Abwägung neben der zu erwartende Quotenverbesserung im Falle des Obsiegens aber nicht nur Vollstreckungsrisiken, sondern auch Verfahrensrisi-ken einzustellen ([X.], Beschluss vom 13.
September 2012

IX
ZA 1/12, 14
15
16
-
9
-
[X.], 2198 Rn. 2; vom 4. Dezember 2012

II
ZA 3/12, [X.], 82 Rn.
2; vom 26.
September 2013

IX
ZB 247/11, [X.], 2025 Rn. 12; vom 21.
November 2013

IX
ZA 20/13, [X.], 79 Rn. 3; vom 9.
Oktober 2014

IX
ZA 12/13, [X.], 2574 Rn. 2,
jeweils mwN). Die wirtschaftliche Zu-mutbarkeit
ist zu bejahen, wenn der Betrag, den ein Gläubiger auch bei [X.] bei der Verteilung der Masse zu erwarten hat, denjenigen deutlich übersteigt, den er für die Kosten aufzubringen hat ([X.], Beschluss vom 14.
Dezember 2011

XII
ZA 22/11, [X.], 192 Rn. 2). [X.] sind auch insoweit die konkreten Umstände des jeweiligen Falles.

Die Darlegung und gegebenenfalls Glaubhaftmachung auch dieser
Vo-raussetzungen obliegt dem Antragsteller. Hier hat der Antragsteller das Pro-zess-
und Vollstreckungsrisiko für das Berufungsverfahren mit 50
vom Hundert angegeben. Beantragt der Verwalter Prozesskostenhilfe für einen weiteren Rechtszug (§
119 Abs.
1 Satz 1 ZPO), so sind für die jetzt anstehende [X.]fassung grundsätzlich auch zwischenzeitliche Veränderungen zu be-rücksichtigen (vgl. Jaeger/Windel, [X.], §
80 Rn. 180). Das Gericht ist zwar nicht an die Angaben des Antragstellers gebunden, es hat diese vielmehr einer eigenen Würdigung zu unterziehen. Das Tatgericht ist auch nicht gehalten, stets einen für einen Erfolg des Prozesskostenhilfegesuchs bestmöglichen Risi-koabschlag anzunehmen. [X.] das Tatgericht indes von substantiierten und nachvollziehbaren Angaben des Antragstellers zu dessen Lasten abweichen, bedarf dies der Begründung. [X.] ist es, bei der Beurteilung der Zumutbarkeit im Sinne des §
116 Satz 1 Nr.
1 ZPO nur Risikoabschläge für ein Beitreibungsrisiko einzustellen, ohne die Verfahrensrisiken zu bewerten.

17
-
10
-

b) Auch die Annahme des Berufungsgerichts, Prozesskostenhilfe sei we-gen Mutwilligkeit der beabsichtigten Rechtsverfolgung zu versagen, ist nicht frei von Rechtsfehlern.

[X.]) Noch zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, dass dem Antragsteller Prozesskostenhilfe nur dann bewilligt werden kann, wenn die [X.] nicht mutwillig erscheint. §
114 Abs. 1 Satz 1 letzter Halbs. ZPO ist auch bei der Beurteilung des Prozesskostenhilfegesuchs einer Partei kraft Am-tes anwendbar, wie sich aus §
116 Satz 2 ZPO ergibt.

[X.]) Nach der durch das Gesetz zur Änderung des Prozesskostenhilfe-
und Beratungshilferechts vom 31.
August 2013 ([X.] 3533) mit [X.] zum 1.
Januar 2014 eingefügten Legaldefinition liegt Mutwilligkeit vor, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht (§
114 Abs.
2 ZPO). Mutwilligkeit der Prozessführung kann hier nicht mit der [X.] bejaht werden,
bei Annahme eines Prozess-
und Vollstreckungsrisikos von 50 vom Hundert ergebe sich eine Quotenverbesserung von lediglich 0,5 vom Hundert.

Der Begriff der Mutwilligkeit in §
114 Abs. 2 ZPO knüpft an die Recht-sprechung an, wonach der St[X.]t nicht einen
Prozess finanzieren soll, wenn ei-ne selbstzahlende Person, die ihre Prozessaussichten vernünftig abwägt und dabei auch das Kostenrisiko berücksichtigt, diesen Prozess nicht führen würde (BT-Drucks. 17/11472, [X.]; [X.], NJW 2010, 988, 989). Beurteilungsmaß-stab für die Mutwilligkeit der Rechtsverfolgung ist das fiktive Vorgehen eines nicht auf Prozesskostenhilfe angewiesenen, verständigen, sich an den wohlver-18
19
20
21
-
11
-
standenen Interessen der [X.] orientierenden Verwalters ([X.], Beschluss vom 6.
Dezember 2010

II
ZB 13/09, [X.], 104 Rn. 8). Mutwilligkeit kann nicht wegen einer im Falle des [X.] nur geringen Quotenverbesserung bejaht werden. Andernfalls würde

wie der vorliegende Fall deutlich zeigt

für die Frage der Mutwilligkeit letztlich der gleiche Maßstab angelegt, der zur Bejahung oder Verneinung der wirtschaftlichen Vorausset-zungen des §
116 Satz 1 Nr. 1 ZPO führt. §
116 Satz 1 Nr. 1 ZPO liefe leer. Nach dem gesetzgeberischen [X.]en sollen Rechtsstreitigkeiten nicht wegen ihres geringen Streitwerts mutwillig sein (BT-Drucks. 17/11472, S.
29). Dann kann eine Rechtsverfolgung aber nicht deswegen mutwillig sein, weil nach [X.] aller mit dem Rechtsstreit verbundenen Risiken und aller Kosten eine nur geringfügige Quotenverbesserung erreicht werden kann.

Ob Prozess-
und Vollstreckungsrisiken (wenn die nach §
114 Abs. 2 ZPO vorausgesetzte hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht) schon generell nicht herangezogen werden können, um die beabsichtigte Klage des [X.] als mutwillig im Sinne von §
114 Abs. 1 Satz 1 letzter Halbs. ZPO anzu-sehen (vgl. [X.], [X.], 248; [X.], [X.], 494; [X.]/Wache, 5. Aufl., §
114 Rn. 77),
bedarf keiner Entscheidung. Von welchem Prozess-
und Vollstreckungsrisiko tatsächlich auszugehen ist, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt. Ein solches Risiko von 50 vom Hundert, wie das Berufungsgericht seiner Mutwillligkeitsprüfung zugrunde legt, ließe die Rechtsverfolgung des [X.] nicht als mutwillig erscheinen. Dass vorliegend die Rechtsverfolgung letztlich keine Aussicht auf Befriedigung verspricht
oder unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten gänzlich zwecklos erscheint, lässt sich bislang nicht feststellen.

22
-
12
-
III.

Die angefochtene Entscheidung kann daher keinen Bestand haben. Sie ist aufzuheben und die Sache zur erneuten Entscheidung

gegebenenfalls auch über die Erfolgsaussichten der beabsichtigten Berufung (§
116 Satz 2, §
114 Abs. 1 Satz 1 letzter Halbs. ZPO)

an das Berufungsgericht zurückzu-verweisen (§
577 Abs. 4 Satz 1 ZPO).

Kayser
Gehrlein
[X.]

Schoppmeyer
Meyberg

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 14.06.2016 -
20 O 266/13 -

OLG Celle, Entscheidung vom 21.06.2017 -
16 U 104/16 -

23

Meta

IX ZB 29/17

26.04.2018

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 26.04.2018, Az. IX ZB 29/17 (REWIS RS 2018, 10009)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 10009

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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IX ZB 29/17

XII ZA 22/11

16 U 104/16

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