Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 16.05.2013, Az. IX ZR 224/12

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2013, 5698

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

IX ZR 224/12

Verkündet am:

16. Mai 2013

Preuß

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja

[X.] § 149 Abs. 1, § 152 Abs. 2
Nutzt die Ehefrau des Schuldners als Mieterin eine Wohnung in einem zwangsverwalteten Anwesen, in welcher auch der Schuldner zur [X.] unterhält, richtet sich die Rechtsstellung des Schuldners und seiner Ehefrau gegenüber dem Zwangsverwalter nach dem wirksamen Mietvertrag; auf die Entbehrlichkeit von Räumen der gemieteten Wohnung kommt es nicht an.
[X.] § 152 Abs.
1 und 2; BGB § 1124 Abs. 2; [X.] §§
3, 4
Nutzt die Ehefrau des Schuldners eine Wohnung in dem zwangsverwalteten Anwesen aufgrund eines vor der Beschlagnahme abgeschlossenen Mietvertrages, nach welchem sie nur Nebenkosten zu erstatten hat, ist der Vertrag auch dem Zwangsverwalter gegenüber wirksam, obwohl keine Miete geschuldet wird. Ein solcher Vertrag kann jedoch von einem Titelgläubiger des Schuldners nach Maßgabe des Anfechtungsge-setzes angefochten werden. Der Zwangsverwalter ist dazu kraft Gesetzes nicht befugt.
[X.] § 149 Abs. 1; [X.] § 5 Abs. 2 Nr.
2; BGB §
818 Abs. 2a)
Nur solange der Schuldner in dem zwangsverwalteten Anwesen seinen zur [X.] fortführt, hat der Zwangsverwalter auch dessen mitwohnenden Familienangehörigen die für den Hausstand unent-behrlichen Räume unentgeltlich zu belassen. Der Begriff des Hausstandes ist in der Zwangsverwaltung nach allgemeinem Recht auszulegen.
b)
Wohnt der Schuldner zur [X.] und umfasst die Wohnung Räume, die für seinen Hausstand entbehrlich sind, aber mangels baulicher Trennung nicht selbständig vermietet werden können, kann der Zwangsverwalter verlangen, dass der Schuldner in eine andere Wohnung umzieht, die ihm vom Zwangsverwalter mietfrei überlassen wird, wenn dem Schuldner und seinen mitwohnenden Angehörigen ein Umzug zuzumuten ist. Der Schuldner kann den zumutbaren Umzug abwenden, wenn er für die Nutzung der entbehrlichen Räume seiner Wohnung dem [X.] einen angemessenen Wertersatz zahlt.
[X.], Urteil vom 16. Mai 2013 -
IX ZR 224/12 -
OLG [X.]

[X.]/Oder
-
2
-
Der IX.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom
16. Mai 2013
durch [X.] [X.], [X.], [X.], [X.] und die Richterin Möhring

für Recht erkannt:

Auf die Revision des [X.] wird das Urteil des 3.
Zivilsenats des [X.]ischen Oberlandesgerichts vom 15.
August 2012 aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entschei-dung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Be-rufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger war Zwangsverwalter des im Grundbuch von S.

Bl.

eingetragenen Anwesens, welches vor dem Zuschlag in der Zwangsversteigerung vom 8.
April 2010 dem Ehemann der [X.] gehörte. Die [X.] bewohnt die beiden Obergeschosse des auf dem Grundstück [X.] mit insgesamt 183,32
Quadratmeter Wohnfläche.
Ihre Be-rechtigung dazu stützt sie auf einen Mietvertrag mit ihrem Ehemann vom 15.
Dezember 2006,
nach welchem sie für die Nutzung nur Nebenkosten zu erstatten hatte. Der Kläger hat mit Nichtwissen bestritten, dass ein solcher [X.] bestand, als die Zwangsverwaltung angeordnet wurde.
Er nimmt die [X.] für die Nutzung dieser Wohnung vom 1.
März 2008 bis zum 31.
Oktober 2009 auf Zahlung einer Entschädigung in Anspruch.
1
-
3
-

Die Klage hatte in erster Instanz mit einer Verurteilung der [X.] zur Zahlung von 27.208,76

zungsentschädigung überwiegend Erfolg. Das Be-rufungsgericht hat die Klage abgewiesen und die Revision zugelassen, mit wel-cher der Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Erkenntnisses er-strebt.

Entscheidungsgründe:

Die Revision des [X.]
ist begründet. Allerdings steht derzeit schon seine Prozessführungsbefugnis nicht fest. Es fehlen auch in mehrfacher Hin-sicht notwendige Feststellungen zum Sachverhältnis, so dass dem Senat eine abschließende Entscheidung verwehrt ist.

I.

Das Berufungsgericht, dessen Urteil in [X.] 2012, 797 mit Anmerkung
[X.]
veröffentlicht ist,
hat angenommen, die [X.] habe als Ehefrau des [X.] gegenüber dem Kläger ein eigenes Wohnrecht gemäß §
149 Abs.
1 [X.] an den unentbehrlichen Räumen der
von ihr genutzten [X.]. Die entbehrliche Fläche der Wohnung sei mangels baulicher Trennung aber nicht selbständig vermietbar. Daher habe sie die Wohnnutzung der ent-behrlichen Räume dem Kläger nicht auf seine Kosten entzogen. Zudem könne der Zwangsverwalter eine Nutzungsentschädigung für die Übergröße der aus unentbehrlichen und entbehrlichen Räumen bestehenden Wohnung allenfalls dann beanspruchen, wenn er der [X.] die unentbehrlichen Räu-2
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4
-
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-
me vorher zugewiesen habe. Eine solche Regelung habe der Kläger unterlas-sen.

[X.]

Diese Ausführungen des Berufungsgerichts halten rechtlicher Prüfung nicht Stand.

1. Es ist offen, ob die gesetzliche Prozessstandschaft des [X.] ge-mäß § 152 Abs.
1 [X.] die Aufhebung des Zwangsverwaltungsverfahrens nach Zuschlagerteilung in der Zwangsversteigerung überdauert hat. Die Vorausset-zungen, die hierfür der X[X.]
Zivilsenat des [X.] in seinem Urteil vom 11. August 2010 (XII
ZR 181/08, [X.]Z 187, 10 Rn.
13 und 18; ähnlich schon Urteil vom 23.
Juli 2003 -
XII
ZR 16/00, [X.], 2194, 2196 unter [X.]
1.) bezeichnet
hat, sind nicht festgestellt worden.

Der erkennende Senat hat eine fortdauernde Prozessführungsbefugnis des [X.] aus sich selbst heraus verneint, wenn das Zwangsver-steigerungsverfahren infolge [X.] aufgehoben worden ist (vgl. [X.], Urteil vom 8.
Mai 2003 -
IX
ZR 385/00, [X.]Z 155, 38, 43
f unter [X.]
3.). Daran hält er auch nach erneuter Prüfung fest, zumal die vollstreckungsgericht-liche Fortführungsermächtigung seit dem 1.
Januar 2004 mit §
12 Abs.
2 [X.] eine positive Regelung erfahren hat. Auf eine solche Ermächtigung hat sich der Kläger nicht berufen.

Die Aufhebung des Zwangsverwaltungsverfahrens kann auch nach [X.] in der Zwangsversteigerung vom betreibenden Gläubiger mit Antrags-5
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-
rücknahme erwirkt werden. Sein Interesse an der Weiterverfolgung von [X.] durch den bisherigen Zwangsverwalter ist hierbei nicht stets voraus-zusetzen; der betreibende Gläubiger kann sich in der [X.] dazu erklären. Deshalb gelten auch in einem solchen Fall die Grundsätze des [X.] vom 8.
Mai 2003. Dazu hat das Berufungsgericht nichts festgestellt. Ebenso ist offen, welche Forderungen der Gläubiger durch das Ergebnis der Zwangsversteigerung befriedigt worden
sind.

2. Das Berufungsgericht ist der Behauptung der [X.] nicht weiter nachgegangen, sie nutze ihre Wohnung in dem zwangsverwalteten Anwesen seit Ende 2006 aufgrund eines Mietvertrages mit dem [X.]. Diese Einwendung ist erheblich.
Trifft sie zu, so kommt ein Wohnrecht der [X.]n in der Zwangsverwaltung nach § 149 Abs.
1 [X.], welches das [X.] seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat, nicht in Betracht.

a) Der [X.] hat unter solchen Gegebenheiten den
unmit-telbaren Eigenbesitz an der Wohnung aufgegeben. Hätte der [X.] während der Zwangsverwaltung dort gewohnt, was streitig ist,
so [X.] er die Wohnung nicht mehr kraft Eigentums und unmittelbaren Eigenbesitzes genutzt, sondern infolge seines ehelichen Verhältnisses zur [X.]. Die [X.] aber wäre als Mieterin schon vor Anordnung der Zwangsverwaltung nicht auf die Nutzung der unentbehrlichen Räume gemäß §
149 Abs.
1 [X.] be-schränkt gewesen, sondern könnte gegenüber dem Zwangsverwalter ihre [X.] vertraglichen Rechte behaupten. Auf einen solchen Sachverhalt findet §
149 Abs.
1 [X.] deshalb von vornherein keine Anwendung. Die Vorschrift setzt nach ihrem Tatbestand die Wohnnutzung des zwangsverwalteten Grundstücks kraft Eigentums und unmittelbaren Eigenbesitzes durch den Verfahrensschuld-ner und möglicherweise seiner mitwohnenden Familienangehörigen voraus. 9
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-
Unmittelbarer [X.] der [X.] als Mieterin des [X.] gehört nicht dazu. Das bestätigt auch §
5 Abs.
2 Nr.
2 [X.], weil die hiernach unentgeltliche Nutzung unentbehrlicher Räume für einen Mieter aus-scheidet, der eine Miete schuldet.

Ist die Wohnnutzung des [X.] während der Zwangs-verwaltung von dem dinglichen oder obligatorischen Recht eines Angehörigen abgeleitet, so richtet sich die Stellung dieses Drittberechtigten zum [X.] nicht nach § 149 Abs.
1 [X.], sondern allein nach dem Inhalt seines Rechts, nach §
152 Abs.
2 [X.] gegebenenfalls dem auch dem [X.] gegenüber wirksamen
Mietvertrag.
Auf die Entbehrlichkeit von Räumen der gemieteten Wohnung kommt es nicht an.

b) Der Kläger kann die auf Vermietung vor Beschlagnahme gestützte Einwendung der [X.] nicht wie in den Tatsacheninstanzen damit bekämp-fen, die Nutzung der Wohnung durch die [X.] nur gegen Erstattung von Nebenkosten sei ihm gegenüber nach §
1124 Abs.
2 BGB unwirksam. Das Be-rufungsgericht hat auch diese Frage, von seinem Standpunkt aus folgerichtig, bei seiner Entscheidung offengelassen. Zutreffend ist, dass § 1124 Abs. 2 BGB entsprechend auch zugunsten der [X.] einer Zwangsverwal-tung eingreift, ohne dass es darauf ankommt, ob sie Grundpfandgläubiger sind ([X.], Urteil vom 9.
Juni 2005 -
IX
ZR 160/04, [X.]Z 163, 201, 204 unter [X.]
1. a, [X.]). Diese Vorschrift kann aber schon nach ihrem allgemeinen Tatbestand hier nicht angewendet werden. Der [X.] hat nicht über einen Anspruch aus Vermietung verfügt. Eine Miete war von der [X.] vielmehr von vornherein nicht geschuldet. Dieser Fall kann nicht mit einer Mietvoraus-zahlung
oder anderen Verfügungen über den [X.] gleichgesetzt wer-den.
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7
-

Der Kläger konnte den [X.] der [X.] auch nicht als [X.]sleihe gemäß §
604 Abs.
3 BGB jederzeit zurückfordern, wie die Revision meint. Ein Mietverhältnis über Wohnraum liegt auch dann vor, wenn der Mieter durch seine Leistung nur zu den Lasten des Eigentümers beiträgt (vgl. [X.], Urteil vom 4.
Mai 1970 -
VIII
ZR 179/68, [X.], 853, 855; vom 12.
Februar 2003 -
XII
ZR 324/98, [X.], 1919, 1922
f unter [X.] 1.), wie es hier zwi-schen der [X.] und ihrem Ehemann vereinbart gewesen sein soll.

c) Der betreibende Gläubiger der Zwangsverwaltung ist gleichwohl in einer solchen Lage nicht schutzlos; denn der Mietvertrag, den die [X.] vor-gelegt hat, ist jedenfalls wirtschaftlich in der Hauptsache unentgeltlich. Deshalb kommt seine Anfechtung nach § 4 Abs.
1 oder §
3 [X.] in Betracht, sofern bei einem Gläubiger des [X.] die Voraussetzungen des §
2 [X.] vorliegen. Der [X.] kann den Anspruch seines Schuldners auf eine fik-tive angemessene Gegenleistung pfänden und gegen den Nutzer als Werter-satz einklagen (vgl. MünchKomm-[X.]/Kirchhof,
§ 11 Rn. 65). Berücksichtigt werden muss dabei freilich, dass die mietfreie Gebrauchsüberlassung einer Wohnung an einen Angehörigen des [X.] die Gläubiger nur dann benachteiligt, wenn sie ohne diese Vereinbarung in der [X.] trotz der Schutzvorschrift des §
149 Abs.
1 [X.] besser stünden.
Das bedarf hier keiner Vertiefung.

Die Ausübung dieses Anfechtungsrechts ist selbst während bestehender Zwangsverwaltung nicht von den gesetzlichen Befugnissen des [X.]s aus §
152 Abs.
1 [X.] umfasst; es kommt somit in diesem Zusammenhang auf ihre Aufhebung und den Grund hierfür nicht an. Der Zwangsverwalter hat zwar nicht allein geschuldete Mieten einzuziehen, sondern er kann auch andere 13
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-
vertragliche Ansprüche des [X.] aus dem Grundstückseigen-tum und seiner Nutzung geltend machen (vgl. [X.], Urteil vom 23.
Juli 2003 -
XII
ZR 16/00, [X.], 2194, 2196 unter [X.] 1.). Er ist sogar befugt, einen Gemeinschaftsschaden der [X.] wegen Schmälerung der Zwangsverwaltungsmasse gemäß §
154 Abs.
1 [X.] gegen einen Amtsvorgän-ger zu verfolgen (vgl. [X.], Urteil vom 2.
November 1989 -
IX
ZR 197/88, [X.]Z 109, 171, 173
f). Um die Beseitigung eines solchen "Gemeinschafts-schadens" geht es aber bei der unentgeltlichen Gebrauchsüberlassung eines Grundstücks und ihrer Anfechtung nicht. Denn nicht jeder verteilungsberechtig-te [X.] muss auch Titelgläubiger im Sinne des §
2 [X.] sein. In Rechtsprechung und Schrifttum ist daher nur erwogen worden, dass die anfech-tungsberechtigten [X.] ihre Ansprüche treuhänderisch an den Zwangsverwalter abtreten und diesem damit ein Anfechtungsrecht verschaffen können (vgl. Kirchhof, aaO §
2 Rn.
27 mwN). Ob die zur Zulässigkeit dieses Verfahrens gebrachten Argumente stichhaltig sind, bedarf zur Entscheidung über die Revision keiner Prüfung. Denn der Kläger hat nicht vorgetragen, dass der hier bezeichnete Weg beschritten worden sei.

3. Der Abschluss des Mietvertrages vom 15.
Dezember 2006 zwischen der [X.] und ihrem Ehemann kann nur offenbleiben, wenn auch nach dem Vortrag des [X.] und den noch fehlenden Feststellungen seine Klage unbe-gründet ist. So hat das Berufungsgericht den Streitgegenstand beurteilt, dabei aber den persönlichen und gegenständlichen Anwendungsbereich des §
149 Abs.
1 [X.] überdehnt. Der Erhalt des unentbehrlichen selbst genutzten Wohn-raums für den [X.] und seine mitwohnenden Angehörigen dient zusammen mit der Unentgeltlichkeit dieser Nutzung gemäß §
5 Abs.
2 Nr.
2 [X.] dem [X.] Schutz des Eigenwohners (vgl. [X.], Urteil vom 16
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9
-
25.
April 2013 -
IX
ZR 30/11, Rn.
13, [X.]). Dieser Zweck bestimmt auch die Grenzen des gewährten Schutzes.

a) Im Schrifttum wird wie vom Berufungsgericht ganz überwiegend ange-nommen, dass die Familienangehörigen des [X.] auch dann an dem Wohnrecht des §
149 Abs.
1 [X.] während der Zwangsverwaltung [X.], wenn der Schuldner selbst in diesem Anwesen nicht wohnt (vgl.
[X.]/[X.], [X.],
7.
Aufl., §
149 Rn.
1; [X.], [X.],
20.
Aufl., §
149 Anm.
2.2; [X.]/[X.]/[X.], [X.],
14.
Aufl.,
§
149 Rn.
6; [X.]/
[X.], [X.],
9.
Aufl., §
149 Rn.
5; [X.]/[X.], [X.],
5.
Aufl., §
149 Rn.
3). Das widerspricht in seinem weiten Verständnis dem Wortlaut und Zweck des Gesetzes. Voraussetzung des Wohnrechts nach §
149 Abs.
1 [X.] ist, dass der [X.] in den geschützten Räumen einen eigenen Hausstand unterhält. Dieser Rechtsbegriff ist im Sinne des allgemeinen Rechts auszulegen. Er findet sich etwa auch in §
9 Abs.
1 Satz
3 Nr.
5 Satz
2, §
10 Abs.
1 Nr.
7
EStG, in §
17 Abs.
2 Nr.
5 [X.], in §
81 Abs.
2 [X.] und §
90 Abs.
2 Nr.
1 [X.], in §
806a Abs.
2 ZPO, in §
225 Abs.
1 Nr.
2 StGB, in §
182 Abs.
2 BauGB und in den §§
1619, 1620 sowie 1969 BGB. Er war ferner enthalten in den bis zum 31.
August 2001 geltenden §§
569a, 569b und §
570b BGB (vgl. dort jetzt §
563 Abs.
1 und §
577 Abs.
1 Satz
2 BGB mit dem Begriff des Haushalts). Zu seiner Abgrenzung kann insbesondere auf die umfangreiche Rechtsprechung der Finanzgerichte zur doppelten Haushaltsführung zurückge-griffen werden.

Ein eigener Hausstand des [X.] wird danach nicht mehr in einer Wohnung geführt, zu der er sich nur gelegentlich zu Besuchszwe-cken begibt. In dieser Wohnung muss sich vielmehr der eigene, nicht notwendig von den Angehörigen geteilte Lebensmittelpunkt des [X.] be-17
18
-
10
-
finden.
Die Verbüßung einer zeitigen Freiheitsstrafe verschiebt in der Regel den bisherigen Lebensmittelpunkt des Verurteilten außerhalb der Haftanstalt noch nicht. Auch die Unterhaltung und Nutzung einer Zweitwohnung durch
den [X.] ist in diesem Rahmen unschädlich. Ob auch die Räumlichkei-ten einer dem [X.] gehörenden Zweitwohnung im Sinne des §
149 Abs.
1 [X.] unentbehrlich sein können, etwa bei beruflicher Veranlas-sung der Nutzung, ist hier nicht zu entscheiden.

Wenn der [X.] den eigenen Hausstand in dem zwangs-verwalteten Anwesen aufgibt,
verliert damit auch der Ehegatte den geschützten räumlich-gegenständlichen Ehebereich. Ist die eheliche Lebensgemeinschaft zerbrochen oder hat sie sich örtlich verlagert, gewährt der grundrechtliche Schutz von Ehe und Familie nach Art.
6 GG dem anderen Ehegatten keinen eigenen Vollstreckungsschutz mehr in der noch genutzten früheren Ehewoh-nung. Dem mitwohnenden Angehörigen verleiht das Gesetz
den vollstreckungs-rechtlichen Wohnungsschutz des §
149 Abs.
1 [X.] nur als ein vom [X.] abgeleitetes Recht (ebenso [X.]/[X.], aaO Rn.
3). Nur dann, wenn der [X.] verstirbt, liegt dies für den überlebenden Ehegatten
entsprechend §
563 BGB anders. Unterhaltspflichten des [X.] spielen in diesem Zusammenhang keine Rolle (aA [X.]/
[X.], aaO); denn sie sind in der Zwangsverwaltung nur nach Maßgabe von §
149 Abs.
3 [X.] geschützt.

Danach war der bestrittene Vortrag des [X.] erheblich, der [X.] habe die von der [X.] genutzte Wohnung für sich schon vor Anordnung der Zwangsverwaltung aufgegeben. Das Berufungsgericht musste diesen Streitpunkt aufklären, wenn es die Klage mit Rücksicht auf ein Wohnrecht der [X.] nach §
149 Abs.
1 [X.] abweisen wollte.
Hat die Be-19
20
-
11
-
klagte die Begründung des Lebensmittelpunktes durch den Verfahrensschuld-ner in der von ihr unter Berufung auf §
149 Abs.
1 [X.] genutzten Wohnung bewiesen, trifft die Beweislast für die Aufgabe des eigenen Hausstandes durch den [X.] den Kläger, der hieraus gegen das bis dahin beste-hende Wohnrecht aus §
149 Abs.
1 [X.] Rechte herleitet.

b) Ebenfalls rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht im [X.] an das [X.] (Urteil vom 3.
Dezember 2010 -
10
U 429/10, bei juris Rn.
10
f) den Standpunkt vertreten, der Zwangsverwalter könne für die [X.] der Wohnung, in welcher der [X.] den eigenen Hausstand unterhält, selbst bei Übergröße keine Nutzungsentschädigung ver-langen, wenn ihre entbehrlichen Räume mangels baulicher Abgeschlossenheit nicht selbständig vermietbar seien. Zwar ist auch der V.
Zivilsenat des Bundes-gerichtshofs in seinem Beschluss vom 20.
November 2008 (V
ZB 31/08, [X.], 412 Rn.
16) davon ausgegangen, dass die Zwangsverwaltung eines selbstgenutzten Einfamilienhauses die Befriedigung der Gläubiger im Regelfall nur ermögliche, wenn die für den eigenen Hausstand des Schuldners [X.] Räume selbständig vermietbar sind. Das ist jedoch nur ein Erfahrungs-satz, der für die Auslegung von §
149 Abs.
1 [X.] keine rechtsgrundsätzliche Bedeutung hat, sondern im Zusammenhang mit dem Rechtsschutzinteresse des Gläubigers an der Zwangsverwaltung steht. So hat auch das Berufungsge-richt diese Erwägung gewürdigt.
Es entnimmt aber §
149 Abs.
1 [X.] eine [X.] für den [X.], die von dem [X.] Schutz-zweck der Vorschrift nicht mehr getragen wird. Abweichend vom [X.] (aaO Rn.
10) meint das Berufungsgericht,
der Zwangsverwalter könne dem [X.] eine kleinere, für dessen Bedürfnisse genügende [X.] nur in dem zwangsverwalteten Anwesen zuweisen. Dem stellt es die mit Recht versagte Befugnis des [X.] gegenüber, den Umzug in eine 21
-
12
-
vom
[X.] selbst auf seine Kosten angemietete Wohnung zu verlangen. Die Kosten für die Anmietung einer Ersatzwohnung muss jedenfalls der [X.] nicht aufwenden; denn sonst würde der [X.] Schutzzweck von §
149 Abs.
1 [X.], §
5 Abs.
2 Nr.
2 [X.] unterlaufen.

Das Berufungsgericht hätte sich so gesehen die Frage vorlegen müssen, ob der Zwangsverwalter verlangen kann, dass der [X.] in eine genügende Wohnung umzieht, die ihm vom Zwangsverwalter mietfrei zur Ver-fügung
gestellt wird. Eine solche Ersetzungsbefugnis des [X.] ist grundsätzlich zu bejahen. Sie findet ihre Grenze erst in der Zumutbarkeit eines Umzugs und dem Recht des [X.], für die weitere Nutzung der entbehrlichen Räume der bisherigen übergroßen Wohnung an den [X.] eine angemessene Entschädigung zu zahlen.

c) Das Berufungsgericht hat die Verpflichtung der [X.] zu einer [X.] Nutzungsentschädigung allerdings gleichwohl im Ergebnis möglicherweise zutreffend verneint. Grund hierfür ist jedoch nicht der im Berufungsurteil ge-nannte Umstand, dass der Kläger der [X.] nicht bestimmte Räume als unentbehrlich für den Hausstand des [X.] zugewiesen hat. Dessen hätte es nur für den vom Berufungsgericht in tatsächlicher Hinsicht ver-neinten Fall bedürfen können, dass eine selbständige Vermietung der [X.] Räume durch den Zwangsverwalter in Frage gekommen wäre. Es war auch nicht mehr notwendig, dem [X.] und der [X.] einen Umzug
zwecks Verlagerung des Hausstandes in eine ihnen unentgeltlich über-lassene kleinere Ersatzwohnung zur Wahl zu stellen, weil die [X.] die bis-herige Wohnung beibehalten wollte. Wenn der [X.] seinen ei-genen Hausstand in dieser Wohnung nicht zuvor aufgegeben hatte, hat er die 22
23
-
13
-
Entscheidung der [X.] zumindest hingenommen, so dass er sie gegen sich gelten lassen muss.

Zu einer Zuweisung unentbehrlicher Räume war der Kläger auch dann nicht mehr verpflichtet, wenn der [X.] seinen eigenen Haus-stand in dem zwangsverwalteten Anwesen bereits aufgegeben hatte, so dass der [X.] als Angehöriger seines Hausstandes kein Wohnrecht nach §
149 Abs.
1 [X.] an den unentbehrlichen Räumen mehr zustand. Eine solche [X.]saufgabe hat der Kläger vorgetragen. Ob die [X.] und der [X.] dabei -
wie der Kläger gleichfalls behauptet hat
-
anderwärts eine gemeinsame Wohnung angemietet hatten, ist dabei ohne Belang.

War die Wohnung nicht mit der Folge des §
152 Abs.
2 [X.] an die [X.] vermietet, wie nach dem Vortrag des [X.] zu unterstellen ist, hatte er danach für die durch §
149 Abs.
1 [X.] entweder gar nicht oder nicht in diesem Umfang gedeckte Nutzung der andauernd oder nur vorher vom [X.] für seinen eigenen Hausstand genutzten Wohnung einen [X.] in Geld
(vgl. [X.], Urteil vom 14.
Mai 1992 -
IX
ZR 241/91, [X.], 1506, 1507 unter [X.]). Unterhielt der [X.] in der [X.] von ihm genutzten Wohnung des zwangsverwalteten Anwesens keinen ei-genen Hausstand mehr, so nutzte die [X.] ohne Rechtsgrund gegenüber dem Kläger aus
§
149 Abs.
1, §
152 Abs.
1 und 2 [X.] diese vormalige [X.] weiter. Nach der schlüssigen Klage wäre sie dann Schuldnerin eines Anspruchs auf Herausgabe der ungerechtfertigten Bereicherung durch Wohn-nutzung nach den §§
812, 818 Abs.
2 BGB. Hatte der [X.] in-des, wie von der [X.] vorgetragen, seinen eigenen Hausstand in dem zwangsverwalteten Anwesen beibehalten, so gilt er als der Nutzer der betref-fenden Wohnung und würde statt der [X.] dem Kläger Wertersatz der ihm 24
25
-
14
-
nach §
149 Abs.
1 [X.], §
5 Abs.
2 Nr.
2 [X.] nicht ohne Entgelt zustehenden Nutzungsvorteile schulden. Die Klage wäre dann abzuweisen, weil sie gegen den falschen Schuldner gerichtet ist.

I[X.]

Das Berufungsurteil
kann nach allem keinen Bestand haben. Die Sache ist gemäß §
563 Abs.
1 ZPO an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, [X.] die bisher fehlenden Feststellungen nachgeholt werden können.

Kayser
Raebel
Fischer

[X.]
Möhring

Vorinstanzen:
[X.] (Oder), Entscheidung vom 22.06.2011 -
14 [X.]/09 -

OLG [X.], Entscheidung vom 15.08.2012 -
3 U 128/11 -

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Meta

IX ZR 224/12

16.05.2013

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 16.05.2013, Az. IX ZR 224/12 (REWIS RS 2013, 5698)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 5698

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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