Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 26.03.2014, Az. 2 StR 274/13

2. Strafsenat | REWIS RS 2014, 6737

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2
StR 274/13

vom
26. März 2014
in der Strafsache
gegen

wegen
Betrugs

-
2
-
Der 2. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.] und des Beschwerdeführers am 26. März 2014
gemäß § 349 Abs.
2 und 4 [X.] beschlossen:

1.
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 20. November 2012 aufgehoben, soweit er verurteilt worden ist; jedoch bleiben die
äußeren
Feststellun-gen aufrechterhalten.
Im Umfang der Aufhebung
wird die Sache zu neuer Verhand-lung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmit-tels, an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des [X.]s zurückverwiesen.
2.
Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten
wegen Betrugs in 23 Fällen, davon in 21 Fällen in Tateinheit mit vorsätzlichem unerlaubten Betreiben von [X.], und wegen versuchten Betrugs in drei Fällen jeweils in Tateinheit mit vorsätzlichem unerlaubten Betreiben von Bankgeschäften zu einer Gesamtfrei-heitsstrafe von sechs Jahren und zehn Monaten verurteilt; im Übrigen hat es ihn freigesprochen.
Die auf die Verletzung formellen und sachlichen Rechts ge-stützte Revision des Angeklagten hat mit einer Verfahrensrüge im aus der
Be-schlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg. Im Übrigen ist das Rechtsmittel un-begründet im Sinne des § 349 Abs. 2 [X.].

1
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3
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1. Die Revision rügt zu Recht die Ablehnung eines Beweisantrags ge-mäß § 244 Abs. 4 Satz 1 [X.] als rechtsfehlerhaft.
a) Der Verfahrensrüge liegt folgendes Prozessgeschehen zugrunde:
Der Verteidiger des Angeklagten hatte in der Hauptverhandlung vom
15.
November 2012 die Einholung eines psychiatrischen Sachverständigengut-achtens PersönlichkPseudologie im Sinne von ICD-en
habe und er deswegen schuldunfähig oder zumindest erheblich vermindert schuldfähig gewesen sei.
Hierfür bezog er sich auch auf das Verhalten des Angeklagten im Laufe zuvor gemachten Angaben und Erklärungen nicht nur hartnäckig bei seiner Er-klärung blieb, sondern vielmehr erklärte, die ihm als Wahrheit vorgehaltenen . Zudem habe auch keiner der als Zeugen vernommenen Geschädigten den Wahrheitsgehalt der -
von der [X.] als frei erfunden bewerteten
-
Geschichten und Erklärungen des Angeklagten i-

Schließlich habe die [X.] selbst schon zu Beginn der Hauptverhand-lung im Mai 2012 Zweifel an der psychiatrischen Gesundheit des Angeklagten gehabt und deshalb -
allerdings im Freibeweisverfahren
-
einen Sachverständi-gen hinzugezogen; dessen Einschätzung, dass es keine Anhaltspunkte für eine Begutachtung des Angeklagten gebe, könne ein
Sachverständigengutachten allerdings nicht ersetzen.

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4
-
Diesen Beweisantrag hat das Tatgericht unter Hinweis auf eigene Sach-kunde zurückgewiesen. Für die [X.] hätten sich keine ausreichenden Anknüpfungstatsachen für eine psychiatrische Erkrankung ergeben; das leug-nende Verhalten des Angeklagten sei zwar auffällig, habe aber keinen Krank-e-Der bereits im Mai 2012 [X.] hinzuge-zogene Sachverständige, dem die Hauptakte zur Verfügung gestellt worden war,
und
der zwei Stunden an einer Hauptverhandlung teilgenommen sowie mit dem Angeklagten drei Stunden gesprochen habe, habe in der Hauptverhand-lung bestätigt, dass es keine Anknüpfungstatsachen
für die Annahme
gebe, der Angeklagte leide an einer krankhaften seelischen Störung.
b) Die zulässig erhobene Verfahrensrüge ist begründet.
[X.]) Es ist
rechtsfehlerhaft, einen Beweisantrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens mit Hinweis auf genügende eigene Sachkunde abzulehnen, wenn sich das Tatgericht diese Sachkunde zuvor gezielt durch Befragung eines Sachverständigen im Freibeweisverfahren verschafft hat, um einen -
entsprechend erwarteten
-
Beweisantrag ablehnen zu können
(vgl. auch [X.], Beschluss vom 23. Mai 2013 -
2
StR 555/12, [X.], 389, 399 [zur Verschaffung eigener Sachkunde im Freibeweisverfahren nach Stellung des Beweisantrags] mwN).
Das [X.] hat sich [X.] von einem Sachverständigen weil -
so die Ausführungen
im Urteil
-

Erfahrungen mit ähnlichen Verfahren bekannt ist,
dass von der Verteidigung oft erst sehr spät und teilweise mit dem Ziel, die [X.] zu [X.], die Einholung eines psychiatrischen Sachverständigengutachtens bean-. Die Vorgehensweise
der [X.], sich quasi auf 6
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9
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5
-
Vorrat

eine

zu verschaf-fen, zielte letztlich darauf, die im Falle eines Beweisantrags gebotene förmliche Vernehmung eines Sachverständigen zu verhindern. Damit wurde
aber die an sich gebotene Beweisaufnahme im Strengbeweisverfahren durch das Freibe-weisverfahren umgangen (vgl. auch [X.] in [X.], 7. Aufl., §
244 [X.].
46; [X.]/[X.], [X.], 57. Aufl., §
244 [X.].
73 mwN). Daran ändert hier auch der Umstand nichts, dass der Sachverständige in der Hauptverhandlung gehört worden ist. Hält das Gericht die Anhörung eines Sachverständigen für erforderlich, um sich sachkundig zu machen, muss der Sachverständige in der Hauptverhandlung im Strengbeweisverfahren gehört werden (vgl. auch [X.] in [X.]/[X.], [X.] im Strafprozess, 6. Aufl., [X.]. 1338).
bb) Hinzu kommt hier, dass
mit dem Beweisantrag weitere Umstände in der Person des Angeklagten und in der Tatbegehung behauptet wurden, die von dem Sachverständigen (noch) nicht berücksichtigt werden konnten. [X.] dieser behaupteten neuen Anknüpfungstatsachen konnte
die [X.] die eigene Sachkunde nicht mit Blick auf das etwa sechs Monate zuvor erstattete [X.]e Gutachten begründen (vgl. auch [X.], Urteil vom 10.
Dezember 1991 -
1 StR 621/91, [X.]R [X.] § 244 Abs. 4 Satz
1 Sachkun-de
5 mwN).
cc) Der [X.] kann nicht ausschließen, dass die unter Beweis gestellte Behauptung zutreffend ist,
auch wenn es nach den bisherigen Feststellungen nicht nahe liegt, dass der Angeklagte bei Begehung der Taten schuldunfähig gewesen sein könnte.
Von dem Rechtsfehler sind allerdings die
äußeren Fest-stellungen nicht betroffen; diese können daher aufrechterhalten bleiben.
10
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6
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2. Die weitere Verfahrensrüge und die weitergehende Sachrüge sind un-begründet im Sinne des § 349 Abs. 2 [X.].
Fischer [X.] [X.]

Eschelbach Zeng
12

Meta

2 StR 274/13

26.03.2014

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 26.03.2014, Az. 2 StR 274/13 (REWIS RS 2014, 6737)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 6737

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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