Bundesgerichtshof, Beschluss vom 03.07.2018, Az. 4 StR 621/17

4. Strafsenat | REWIS RS 2018, 6773

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Gegenstand

Ablehnung eines Beweisantrags auf Einholung eines Sachverständigengutachtens


Tenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 8. Juni 2017, soweit es diesen Angeklagten betrifft, mit den Feststellungen aufgehoben.

2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des [X.] zurückverwiesen.

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten wegen besonders schweren Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren und acht Monaten verurteilt und eine Einziehungsentscheidung getroffen. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Rüge der Verletzung formellen und sachlichen Rechts gestützten Revision. Während die beiden weiteren Verfahrensbeanstandungen ebenso wie die Sachrüge aus den vom [X.] in seiner Antragsschrift zutreffend ausgeführten Gründen erfolglos bleiben, dringt das Rechtsmittel mit der Verfahrensrüge durch, das [X.] habe einen Beweisantrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens rechtsfehlerhaft abgelehnt (§ 244 Abs. 4 Satz 1 [X.]).

2

1. Dieser Rüge liegt folgendes Verfahrensgeschehen zugrunde:

3

In der Hauptverhandlung vom 17. Mai 2017 waren ein daktyloskopischer Ergebnisbericht sowie ein serologisches Kurzgutachten des [X.] verlesen worden, nach deren Inhalt an einem asservierten Hammer - mit dem der Angeklagte nach den Feststellungen des [X.]s entsprechend dem Anklagevorwurf dem [X.] gegen den Kopf schlug und eine Platzwunde im Stirnbereich zufügte - keine auswertbaren daktyloskopischen oder DNA-Spuren gesichert werden konnten. Sodann hatte der Verteidiger des Angeklagten die Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Beweis der Tatsache beantragt, dass an dem Hammer nach gerichtsmedizinischer Erfahrung Blut- und DNA-Spuren des [X.]s vorhanden sein müssten, wenn diesem hiermit gegen den Kopf geschlagen und eine blutende Wunde zugefügt worden wäre.

4

Das [X.] hat den Antrag am folgenden Hauptverhandlungstag mit der Begründung abgelehnt, es besitze „die notwendige eigene Sachkunde zur Beantwortung der Beweisfrage aufgrund der Erkenntnisse zu [X.] in anderen Verfahren und aufgrund einer Auskunft des Landeskriminalamts zum vorliegenden Gutachten“. Danach seien bei der Berührung eines Gegenstandes oder einem Schlag mit anschließender Wunde nicht zwingend DNA-Spuren zu erwarten; es seien vielerlei Umstände für das Fehlen solcher Spuren denkbar und möglich.

5

2. Die zulässig erhobene Verfahrensrüge hat auch in der Sache Erfolg.

6

Mit der gegebenen Begründung durfte der Beweisantrag nicht abgelehnt werden. Die Ablehnung des Antrags durch das [X.] ist mit § 244 Abs. 4 Satz 1 [X.] nicht vereinbar. Zwar gestattet diese Vorschrift die Ablehnung eines Beweisantrags auf Einholung eines Sachverständigengutachtens, wenn das Gericht selbst bereits über die erforderliche eigene Sachkunde verfügt. Es ist jedoch nach der Rechtsprechung des [X.] rechtsfehlerhaft, einen Antrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens mit dem Hinweis auf genügende eigene Sachkunde abzulehnen, wenn sich das Tatgericht - wie hier - diese Sachkunde erst zuvor gezielt durch die Befragung eines Sachverständigen im Freibeweisverfahren verschafft hat, um einen erwarteten oder bereits gestellten Beweisantrag ablehnen zu können. Denn wenn das Tatgericht die Anhörung eines Sachverständigen für erforderlich hält, um sich sachkundig zu machen, muss der Sachverständige in der Hauptverhandlung im Strengbeweisverfahren gehört werden (vgl. [X.], Urteil vom 15. März 1995 - 2 StR 702/94, [X.]R [X.] § 244 Abs. 4 Strengbeweis 1; Beschlüsse vom 26. März 2014 - 2 StR 274/13, [X.]R StGB § 244 Abs. 4 Satz 1, Sachkunde 14; vom 23. Mai 2013 - 2 [X.], [X.], 389 f.; [X.]/[X.], 5. Aufl., § 244 Rn. 209; [X.]/[X.], [X.], 61. Aufl., § 244 Rn. 73).

7

3. Auf der fehlerhaften Ablehnung des Beweisantrags beruht das Urteil (§ 337 Abs. 1 [X.]), da nicht ausgeschlossen werden kann, dass das [X.] nach Einholung des beantragten Sachverständigengutachtens zu einer anderen Beurteilung des Tathergangs gekommen wäre.

                                   

Ri[X.] Dr. Franke ist im
Urlaub und deshalb gehindert
zu unterschreiben.

Sost-Scheible     

        

Roggenbuck     

        

Sost-Scheible

        

Quentin     

        

Feilcke     

        

Meta

4 StR 621/17

03.07.2018

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend BGH, 3. Juli 2018, Az: 4 StR 621/17, Beschluss

§ 244 Abs 4 S 1 StPO, § 337 Abs 1 StPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 03.07.2018, Az. 4 StR 621/17 (REWIS RS 2018, 6773)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 6773


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. 4 StR 621/17

Bundesgerichtshof, 4 StR 621/17, 03.07.2018.


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