Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 26.01.2012, Az. VII ZR 19/11

VII. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 9764

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[X.]UN[X.]ESGERICHTSHOF

IM NAMEN [X.]ES VOLKES

URTEIL
VII ZR 19/11
Verkündet am:

26. Januar 2012

Seelinger-Schardt

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der [X.]schäftsstelle

in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
ja
[X.]R:
ja
[X.]G[X.] § 157 [X.], [X.]; [X.]/[X.]
(1996) § 2 Nr. 3 Abs. 3
In ergänzender Auslegung eines [X.]/[X.]es kann der Auftrag-nehmer eine Vergütung für ersatzlos entfallene Leistungspositionen ([X.]) nach Maßgabe des § 2 Nr. 3 Abs. 3 [X.]/[X.] verlangen, wenn ein Fall der vom Rege-lungsgehalt dieser Vertragsklausel erfassten Äquivalenzstörung vorliegt.

[X.], Urteil vom 26. Januar 2012 -
VII ZR 19/11 -
OLG [X.]amberg

[X.]

-
2
-
[X.]er VII.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 27.
Oktober
2011 durch den
Vorsitzenden Richter Prof.
[X.]r.
[X.], [X.]
Kuffer, [X.], die Richterin [X.] und [X.]
Eick
für Recht erkannt:
[X.]ie Revision der Klägerin gegen das Urteil des 3.
Zivilsenats des [X.] vom 15.
[X.]ezember 2010 wird [X.].
[X.]ie Klägerin trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.
Von Rechts wegen

Tatbestand:
[X.]ie Klägerin verlangt von der [X.]eklagten Restvergütung aus einem [X.] über die Verlegung einer [X.]undesstraße in O.
[X.]ie [X.]eklagte übertrug der Klägerin im Jahre 1999 die Arbeiten in einem Einheitspreisvertrag unter Vereinbarung der [X.]/[X.] (1996).

[X.]ei der [X.]urchführung der [X.]aumaßnahme
entfielen Leistungen mehrerer
Positionen des Leistungsverzeichnisses vollständig, ohne dass dies auf einer Kündigung, einen
Verzicht
oder
eine
Anordnung der [X.]eklagten beruhte.
[X.]er Fortfall der Leistung war
auf tatsächliche [X.]gebenheiten
zurückzuführen. [X.]ie Ausführung der Leistung erwies sich als nicht notwendig.
Nach Abnahme der 1
2
3
-
3
-
Arbeiten stellte die Klägerin am 31.
[X.]ezember
2003 Schlussrechnung,
die nicht vollständig beglichen wurde.
[X.]genstand der Klage ist nach teilweiser Klagerücknahme noch ein [X.] von 4.765,70

, den die Klägerin aus der Summe der in den Einheitspreisen für die ersatzlos entfallenen Leistungspositionen nach ihrer Kal-kulation als prozentuale Zuschläge enthaltenen [X.]eträge für [X.]austellengemein-kosten ([X.]), Allgemeine [X.]schäftskosten ([X.]), Wagnis und [X.]winn
ermit-telt hat. [X.]ie Parteien streiten darüber, ob die Klägerin in anderen Leistungsposi-tionen eine über die dort kalkulierten [X.]eträge hinausgehende [X.]eckung dieser Anteile
erzielt hat und ob insoweit eine Ausgleichsberechnung
stattfinden muss.
[X.]as [X.] hat der Klage in Höhe von 4.472,48

nebst Zinsen so-wie hinsichtlich eines Anspruchs auf Erstattung von Rechtsanwaltskosten in Höhe von 374,90

in Anwendung von §
8 Nr.
1 Abs.
2 Satz
2 [X.]/[X.] von der geltend
gemachten Vergütung jeweils einen Wagniszuschlag von 1
% in Abzug gebracht.
Nach [X.]erufung der [X.]eklagten hat das [X.]erufungsgericht das landgericht-liche Urteil abgeändert und die Klage insgesamt abgewiesen.
Mit der vom [X.]erufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Kläge-rin die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:
[X.]ie Revision ist unbegründet.
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8
-
4
-
I.
[X.]as [X.]erufungsgericht lehnt einen Anspruch auf Zahlung der noch in Streit stehenden Forderung von 4.472,48

entfallenen Positionen ab. Allerdings könne die
Klägerin in entsprechender Anwendung des sich aus §
2 Nr.
4, §
8 Nr.
1 Abs.
2 [X.]/[X.]
bzw. § 649 Satz 2 [X.]G[X.] ergebenden [X.] auch für so genannte [X.] grundsätzlich eine Vergütung in Höhe der dort einkalkulierten Allgemeinen [X.]schäftskosten, der [X.] sowie Wagnis und [X.]winn beanspruchen.
Weil der Auftragnehmer davon ausgehen
könne, dass die in einem Leistungsverzeichnis aufgeführten Positionen grundsätzlich auch zur
Ausführung kämen, sei es unbillig, ihm im Falle der [X.] überhaupt keine Vergütung für die gleichwohl angefallenen und bereits einkalkulierten [X.]austellengemeinkosten und Allgemeinen [X.]-schäftskosten zuzubilligen. Es bestünden keine grundsätzlichen [X.]edenken ge-gen die analoge Anwendung der Rechtsfolge des §
8 Nr.
1 Abs.
2 [X.]/[X.], weil eine der
Auftraggeberkündigung vergleichbare Situation bestehe.
Auch in Anwendung des Rechtsgedankens des §
8 Nr.
1 Abs.
2 [X.]/[X.] sei jedoch entscheidend, ob die für die Nullposition anzusetzende Vergütung allein geschuldet sei oder diese nicht etwa in Relation zu den anderweitigen Mehrungen und Minderungen im Sinne des §
2 Nr.
3 Abs.
3 [X.]/[X.] zu setzen sei. Letzteres sei geboten. [X.]enn die in §
2 Nr.
3 Abs.
3 [X.]/[X.] getroffene Rege-lung sei letztlich eine Ausprägung des in §
649 Satz
2 [X.]G[X.] bzw. §
8 Nr.
1 Abs.
2 [X.]/[X.] geregelten Grundsatzes, dass sich der Auftraggeber die erspar-ten Aufwendungen und den anderweiten Erwerb anrechnen lassen
müsse.
[X.]a die Klägerin nur Vergütung nach §
8 Nr.
1 Abs.
2 [X.]/[X.] ohne eine Ausgleichsberechnung verlange und der Ausgleichsberechnung der [X.]eklagten, die zu einem nicht bestrittenen, ausgezahlten Ausgleichsbetrag von 240,40
[X.]M 9
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geführt habe,
nicht entgegengetreten sei, sei der geltend gemachte Anspruch nicht schlüssig vorgetragen und die Klage sei deshalb abzuweisen.

II.
[X.]ies hält der rechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand.
Zu Recht geht das [X.]erufungsgericht davon aus, dass der Auftragnehmer
einen Anspruch nach Maßgabe des §
2 Nr.
3 Abs.
3 [X.]/[X.]
haben
kann, wenn Leistungspositionen im [X.]/[X.] entfallen ([X.]). Ein
dahin gehender Anspruch besteht, wenn der Entfall der Positionen auf ei-nem Sachverhalt beruht, der dem in §
2 Nr.
3 Abs.
3 [X.]/[X.] geregelten Fall [X.] entspricht,
und beruht auf einer diese Regelung ergän-zenden
vertraglichen Abrede. [X.]er Auftragnehmer muss sich dann jedoch auch den in anderweitiger Weise erhaltenen Ausgleich anrechnen lassen
(1.).
[X.]er Klägerin steht kein Anspruch zu, weil sie
angesichts der Ausgleichsrechnung der [X.]eklagten nicht schlüssig dargelegt hat, keinen Ausgleich durch Erhöhung der Mengen bei anderen Leistungspositionen oder in anderer Weise erhalten zu haben (2.).
1. [X.]langen einzelne Leistungspositionen eines nach
Einheitspreisen [X.] nicht zur
Ausführung, ohne dass dies auf einer Kündigung, einem Verzicht
oder
einer
Anordnung des [X.]estellers beruht, so ent-fällt nach in der Literatur einhellig vertretener Auffassung dadurch nicht der [X.] auf Vergütung in Höhe der [X.]eträge, die er zur [X.]e-ckung seiner unabhängig von der Leistungserbringung anfallenden [X.]meinkos-ten sowie seines [X.]winns in die Einheitspreise für die entfallenen Leistungen einkalkuliert hat. [X.]avon gehen auch die Parteien aus.
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-
Umstritten
ist hingegen die Frage
nach den rechtlichen Grundlagen für diesen Vergütungsanspruch. [X.]ie wohl herrschende Meinung sucht die Lösung über eine entsprechende Anwendung des für die freie (Teil-) Kündigung maß-geblichen Rechtsgedankens der Regelungen in §
649 Satz
2 [X.]G[X.] bzw. §
2 Nr.
4, §
8 Nr.
1 Abs.
2 [X.]/[X.]
a.F., wonach dem
Auftragnehmer eine Vergütung auch für nicht erbrachte Leistungen zusteht, soweit er durch die Kündigung des Vertrages keine Aufwendungen erspart hat (Keldungs
in
Ingenstau/Korbion, [X.], Teil [X.], 17.
Aufl., §
2 Abs.
3 Rn.
25; Jansen
in Ganten/[X.]/Motzke, [X.], Teil [X.], 2.
Aufl., §
2 Nr.
3 Rn.
55; Kuffer
in [X.]/[X.]/[X.],
[X.], Teil [X.], 12.
Aufl.,
§
2 Rn.
126; [X.] in Kapellmann/[X.], [X.], Teil [X.], 3.
Aufl., §
8 Rn.
22; [X.] in [X.]/[X.]/[X.]/[X.], [X.], 4.
Aufl., §
2 Rn.
71; Schoofs
in
Leinemann, [X.]/[X.]-Kommentar, 4.
Aufl., §
2 Rn.
114; Franz
in
Leinemann, [X.]/[X.]-Kommentar, 4.
Aufl., §
8 Rn.
57;
Nicklisch/Weick, [X.], Teil
[X.], 3.
Aufl., §
2 Rn.
50; [X.], [X.]-Praxis-kommentar, 3.
Aufl., §
2 Rn.
52). Zur [X.]egründung wird teilweise vorgebracht, der Auftraggeber trage die Verantwortung für die sich als fehlerhaft erweisende Planung, so dass es gerechtfertigt sei, ihn so zu stellen, als hätte er den Vertrag gekündigt. Nach anderer Auffassung sind bei Einbeziehung der [X.]/[X.] die Grundsätze des §
2 Nr.
3 Abs.
3 [X.]/[X.] in der Weise heranzuziehen, dass der Auftragnehmer anstelle der dort vorgesehenen Anpassung der betroffenen Ein-heitspreise die für
die entfallenen Positionen kalkulierten [X.]eckungsbeiträge für [X.]austellengemeinkosten und Allgemeine [X.]schäftskosten sowie [X.]winn und Wagnis vergütet erhält ([X.], [X.]and
1, 6.
Aufl., Rn.
540;
Kapellmann
in Kapellmann/[X.], [X.], Teil
[X.], 3.
Aufl., §
2 Rn.
153; [X.]
in [X.]/[X.], [X.], Rn.
820; Sundermeier
in [X.]/[X.], [X.], Rn.
1211
ff.; [X.], [X.], 171
f.). Insoweit wird darauf abgestellt, dass es keinen Unterschied machen könne, ob die ausgeschriebene Menge sich auf ein Minimum oder auf Null [X.]
-
7
-
duziere. [X.] wird darüber hinaus, den Vergütungsanspruch des [X.] mit einer ergänzenden Auslegung des Vertrages zu begründen, der entweder eine den Regeln für die Vergütung des gekündigten Vertrages
([X.]/[X.], [X.]er öffentliche [X.]auauftrag, Rn. 90) oder eine dem [X.] des §
2 Nr.
3 Abs.
3 [X.]/[X.] entsprechende vertragliche Abrede enthal-ten soll (Klaft/[X.], NZ[X.]au
2009, 286, 290
f.).
[X.]er Unterschied dieser Lösungsansätze wird
darin gesehen, dass es bei einer Anwendung des §
2 Nr.
3 Abs.
3 [X.]/[X.] ohne [X.]edeutung ist, worauf der anderweitige Ausgleich beruht, während es -
ohne dass der [X.] dies [X.] müsste
-
bei einer Anwendung des §
8 Nr.
1 Abs.
2 [X.]/[X.] hierauf
unter dem [X.]sichtspunkt ankommen könnte, dass anderweitiger Erwerb nur dann vorliegt, wenn ein zum Ausgleich [X.] Auftrag nicht ohnehin hätte durchgeführt werden können.
[X.]er [X.] entscheidet diese Frage
dahin, dass in dem
Fall,
in dem der vollständige Wegfall der Mengen auf einem Sachverhalt beruht, der dem in §
2 Nr.
3 Abs.
3 [X.]/[X.] geregelten Fall der Äquivalenzstörung durch Mengenmin-derung entspricht, in ergänzender Auslegung der mit der Vereinbarung
der [X.]/[X.] getroffenen Abrede §
2 Nr.
3 Abs.
3 [X.]/[X.] anzuwenden ist.
a) §
2 Nr.
3 [X.]/[X.] trifft eine spezielle Regelung für die ansonsten als Wegfall der [X.]schäftsgrundlage einzuordnende Mengenänderung
([X.], [X.]e-schluss vom 23.
März
2011 -
VII
ZR
216/08, [X.], 1162 = NZ[X.]au 2011, 353; Urteil vom 18.
[X.]ezember
2008 -
VII
ZR
201/06, [X.]Z 179, 213 Rn.
36 m.w.N.). [X.]iese Vergütungsregelung
zielt darauf ab, den Vergütungsanspruch des Auftragnehmers den Unwägbarkeiten zu entziehen, die sich aus der [X.] Einschätzung der für die Ausführung der [X.]auleistung erforderlichen Mengen im Zeitpunkt des Vertragsschlusses ergeben.
Sie trägt dem einem 16
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8
-
[X.]auvertrag immanenten Risiko Rechnung, dass die Mengenschätzung im Zeit-punkt der Ausschreibung naturgemäß ungenau sein kann und die tatsächlichen [X.]gebenheiten auf der [X.]austelle insofern nicht genau erfasst worden sein kön-nen.
§
2 Nr.
3 [X.]/[X.] ist deshalb nur auf die Fälle anwendbar, in denen sich das Risiko einer Fehleinschätzung verwirklicht, weil im Hinblick auf die Mengen andere Verhältnisse vorgefunden wurden
als sie im [X.] Eingang gefun-den haben. [X.]ementsprechend ist §
2 Nr.
3 [X.]/[X.]
nicht anwendbar, wenn sich die Leistung durch Anordnungen des Auftraggebers ändert oder dieser einen Teil der Leistung kündigt (Kapellmann in Kapellmann/[X.], [X.], Teil [X.], 3.
Aufl., §
2 Rn.
144).
[X.]ie durch eine Mengenminderung bedingte Äquivalenzstörung betrifft im Wesentlichen
die mögliche Unterdeckung der [X.]austelleneinrichtungs-
und [X.]au-stellengemeinkosten und der Allgemeinen [X.]schäftskosten. [X.]eshalb stellt
§
2 Nr.
3 Abs.
3 Satz
2 [X.]/[X.]
klar, dass die Erhöhung des Einheitspreises im [X.] dem Mehrbetrag entsprechen soll, der sich durch die Verteilung der [X.]austelleneinrichtungs-
und [X.]austellengemeinkosten und der Allgemeinen [X.]-schäftskosten auf die verringerte Menge ergibt. Eine Anpassung des [X.] findet jedoch nicht statt, soweit der Auftragnehmer durch [X.] bei anderen Leistungspositionen oder
in anderer Weise, etwa gemäß §
2 Nr.
5 oder §
2 Nr.
6 [X.]/[X.], einen Ausgleich erhält, §
2 Nr.
3 Abs.
3 Satz
1 [X.]/[X.]. [X.]enn eine ausgleichspflichtige Äquivalenzstörung entfällt, wenn die
danach vorzunehmende Ausgleichsberechnung ergibt, dass der Auftragnehmer bereits durch die auf andere Leistungspositionen entfallenden Vergütungsantei-le eine ausreichende [X.]eckung erhält.
b) §
2 Nr.
3 Abs.
3 [X.]/[X.] greift
allerdings
nicht, wenn einzelne [X.] vollständig entfallen. [X.]ie Regelung knüpft die Anpassung der Vergütung durch Erhöhung des Einheitspreises an die tatsächlich ausgeführte 19
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9
-
Menge
der Leistung. [X.]as setzt voraus, dass überhaupt eine (Teil-) Leistung erbracht wird. [X.]eträgt
der [X.] für die abzurechnende Menge hingegen "0", erhält
der Auftragnehmer nach der Systematik der Regelung auch bei einer Erhöhung des Einheitspreises für entfallene Leistungen keine Vergütung, mithin auch keine [X.]eckungsbeiträge für seine [X.]meinkosten.
c) Zu Recht wird jedoch in der Literatur darauf hingewiesen, dass die mit der Vereinbarung der [X.]/[X.] getroffene Abrede insoweit eine Lücke enthält, weil ein erkennbar regelungsbedürftiger Fall keine Regelung gefunden hat. [X.]enn auch §
8 Nr.
1 Abs.
2 [X.]/[X.] ist nicht anwendbar, wenn der Auftraggeber keine Kündigung erklärt. Eine
Anpassung der Vergütung nach §
2 Nr.
5 [X.]/[X.] scheidet aus, wenn eine Anordnung des
Auftraggebers nicht vorliegt. Insoweit liegt eine unplanmäßige Regelungslücke vor, weil der Vertrag keine [X.]estim-mung zu einem immer wiederkehrenden Fall enthält, der im Regelungssystem der [X.]/[X.] zu lösen ist und einen Rückgriff auf möglicherweise anwendbare gesetzliche Regelungen nicht zulässt (vgl. Klaft/[X.], NZ[X.]au 2009, 286, 290). [X.]iese Lücke ist durch ergänzende Auslegung des [X.]/[X.]-Vertrages zu schließen. [X.] ist dabei an den hypothetischen Parteiwillen, so dass darauf abzustellen ist, was die Parteien bei angemessener Abwägung ihrer In-teressen nach Treu und Glauben als redliche Vertragspartner vereinbart hätten, wenn sie den nicht geregelten Fall bedacht hätten
([X.]/[X.], [X.]G[X.], 71.
Aufl., §
157 Rn.
7 m.w.N.). Zutreffend wird in der Literatur darauf hingewie-sen, dass es keinen sachlichen
Grund dafür gibt, dem
Auftragnehmer die von ihm für entfallene Leistungen kalkulierten
[X.]eckungsanteile zu versagen, die ihm demgegenüber selbst bei einer Mindermenge von 1
% des vertraglichen Men-genansatzes gemäß §
2 Nr.
3 Abs.
3 [X.]/[X.] grundsätzlich voll erstattet würden ([X.], [X.]and
1, 6.
Aufl., Rn.
540; Kapellmann
in Kapellmann/
[X.], [X.], Teil
[X.], 3.
Aufl., §
2 Rn.
153; Klaft/[X.], NZ[X.]au 2009, 286, 290). Liegt nämlich in den von §
2 Nr.
3 Abs.
3 [X.]/[X.] erfassten Fällen der 21
-
10
-
Mengenminderung nach dem Regelungsgehalt dieser Vertragsklausel eine durch Anpassung der Vergütung zu beseitigende Äquivalenzstörung vor, so trifft dies in gleicher Weise auf die Fälle zu, in denen Leistungen wegen einer der Mengenminderung vergleichbaren Sachlage vollständig entfallen. [X.] hätten die Parteien in diesem Fall eine
Anwendung des §
2 Nr.
3 Abs.
3 [X.]/[X.] vereinbart. [X.]agegen verbietet sich die Annahme, die Parteien hätten auf die Regelung des §
8 Nr.
1 Abs.
2 [X.]/[X.] zurückgegriffen. [X.]arin läge ein sys-tematischer Fehler, so dass eine ergänzende Auslegung in diese Richtung von vornherein nicht in [X.]etracht kommt. Liegt nämlich ein Fall der vom Regelungs-gehalt des §
2 Nr.
3 [X.]/[X.] erfassten
Äquivalenzstörung vor, so kann nicht [X.] abgestellt werden, dass die Fehleinschätzung im Verantwortungsbereich des Auftraggebers liegt. [X.]rade diesen Fall haben die Parteien in §
2 Nr.
3 [X.]/[X.] geregelt und zwar in der mit dieser Regelung zum Ausdruck gekomme-nen Risikoverteilung.
[X.]as führt dazu, dass dem Auftragnehmer im Rahmen eines [X.]/[X.]-Vertrages für [X.]n
unter den genannten Voraussetzungen
eine Vergü-tung für entfallene Leistungen nach Maßgabe des §
2 Nr.
3 Abs.
3 [X.]/[X.] zu-steht. [X.]er Auftragnehmer kann keine Vergütung beanspruchen, soweit er durch Erhöhung der Mengen bei anderen Positionen oder in anderer Weise einen Ausgleich erhält (im Ergebnis ebenso: [X.], [X.]and
1, 6.
Aufl., Rn.
542; Kapellmann
in Kapellmann/[X.], [X.], Teil [X.], 3.
Aufl., §
2 Rn.
158; [X.]/[X.], [X.]er öffentliche [X.]auauftrag, Rn. 90 -
unter Hinweis auf VH[X.] 510 Nr. 2.2.1). Zu ersterem
zählen insbesondere die über 110
% liegen-den Mehrmengen im Sinne von §
2 Nr.
3 Abs.
2 [X.]/[X.] ([X.], Urteil vom 18.
[X.]ezember
1986 -
VII
ZR 39/86, [X.], 217), zu letzterem
können zu-sätzliche Vergütungsansprüche für geänderte Leistungen nach §
2 Nr.
5 [X.]/[X.] und für zusätzliche Leistungen nach §
2 Nr.
6 [X.]/[X.] gehören.

22
-
11
-
d)
Nach den von der Revision insoweit nicht angegriffenen
Feststellun-gen des [X.]erufungsgerichts hat die [X.]eklagte
den Fortfall der Leistungen weder angeordnet noch hat sie den Vertrag insoweit (teil-) gekündigt. Auch liegt kein Verzicht vor. Vielmehr liegt ein Fall vor, der dem Regelungssystem des §
2 Nr.
3 [X.]/[X.] unterfällt. [X.]er Fortfall der betroffenen Positionen beruhte auf tat-sächlichen [X.]gebenheiten. [X.]ie Ausführung der Leistung hat sich als nicht not-wendig erwiesen. Schon deshalb bleibt der Einwand der Revision ohne Erfolg, dass
bei Anwendung der den gekündigten Vertrag betreffenden Vergütungsre-gelungen in §
8 Nr.
1 Abs.
2 [X.]/[X.] bzw. §
649 Satz 2 [X.]G[X.] ein [X.]meinkosten-ausgleich allenfalls in dem Umfang stattzufinden habe, in dem eventueller Mehrerwerb des Auftragnehmers ursächlich darauf zurückzuführen sei, dass er die durch Kündigung entfallenen Leistungen nicht erbringen müsse.
[X.]ass ein Fall der
Unmöglichkeit vorliegt, §
275 Abs.
1 [X.]G[X.], hat die Klägerin nicht be-hauptet, so dass dahin stehen kann, ob insoweit eine differenzierte [X.]etrachtung geboten ist.

2. [X.]ei
Anwendung der unter 1. dargelegten Grundsätze steht der Kläge-rin der geltend gemachte Anspruch nicht zu, weil sie die Höhe der noch zu zah-lenden Vergütung nicht schlüssig dargelegt hat.
Es war Sache der Klägerin, die gebotene Ausgleichsberechnung durch entsprechenden Sachvortrag zu ermög-lichen, weil nur sie dazu in der Lage ist, die erforderlichen Angaben zur Vertei-lung der [X.]meinkosten auf die Leistungspositionen des Vertrages zu machen. Solcher Sachvortrag fehlt. [X.]ie [X.]eklagte hat ihrerseits unter Hinweis auf den Umstand, dass die [X.] des Vertrages nur geringfügig unter der Auftragssumme liegt, einen zwischenzeitlich gezahlten Ausgleichsbetrag von 240,40
[X.]M ermittelt. Jedenfalls vor diesem Hintergrund reicht es entgegen der Auffassung der Revision zur schlüssigen [X.]arlegung des geltend gemachten Vergütungsanspruchs nicht aus, nur die in die entfallenen Leistungspositionen 23
24
-
12
-
eingerechneten [X.]eckungsbeiträge aufzuschlüsseln
und die zusätzlich erwirt-schafteten [X.]eckungsbeiträge ohne nähere Angaben mit "0"
zu bewerten.

III.
[X.]ie Kostenentscheidung beruht auf §
97 Abs.
1 ZPO.

[X.]

Kuffer

[X.]

[X.]

Eick
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 30.06.2010 -
14 [X.]/08 -

OLG [X.]amberg, Entscheidung vom 15.12.2010 -
3 [X.] -

25

Meta

VII ZR 19/11

26.01.2012

Bundesgerichtshof VII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 26.01.2012, Az. VII ZR 19/11 (REWIS RS 2012, 9764)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 9764

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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VII ZR 19/11

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