Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.10.2017, Az. V ZR 305/16

V. Zivilsenat | REWIS RS 2017, 3930

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[X.]:[X.]:[X.]:2017:131017UVZR305.16.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

IM NAMEN [X.]S VOLKES

URTEIL
V ZR
305/16

Verkündet am:

13. Oktober 2017

Langendörfer-Kunz

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
WEG § 10 Abs. 6 Satz 3, § 10 Abs. 2 Satz 3
Für den [X.] des Wohnungseigentümers aus § 10 Abs. 2 Satz
3 WEG kann eine Ausübungsbefugnis des Verbandes nicht begründet werden.
[X.], Urteil vom 13. Oktober 2017 -
V [X.] -
LG Nürnberg-Fürth

[X.]

-
2
-
Der V.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 13. Oktober 2017
durch die Vorsitzende Richterin Dr.
Stresemann, die Richterinnen Dr.
Brückner und Weinland und die Richter Dr.
Kazele und Dr.
Hamdorf

für Recht erkannt:

Die Revision gegen das Urteil des [X.]s Nürnberg-Fürth
-
14. Zivilkammer -
vom 28. September 2016 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Parteien bilden eine Wohnungseigentümergemeinschaft. In einem Vorprozess wurde der in der Gemeinschaftsordnung geregelte [X.] von dem
[X.] als unwirksam angesehen. Daraufhin lie-ßen einige Miteigentümer eine Vereinbarung notariell beurkunden, mit der der [X.] geändert werden sollte, darüber hinaus aber auch die Rege-lungen der [X.], Instandhaltungs-pflichten und zur Art der Nutzung des Wohnungs-
und Teileigentums sowie die Regelung in der Gemeinschaftsordnung über den Verwalter. Diese Vereinba-rung wurde den übrigen Miteigentümern zur Kenntnis gegeben mit der [X.], ihr
in notarieller Form zuzustimmen.

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3
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In der Eigentümerversammlung vom 28. Juli 2015 wurde unter dem [X.] [=

e-schluss gefasst:

und nötigenfalls gerichtlich, die noch fehlenden Zustimmungen der Ei-gentümer im Namen der Wohnungseigentümergemeinschaft einzuholen

Das Amtsgericht hat die von dem Kläger hiergegen erhobene [X.] abgewiesen. Auf die Berufung des [X.] hat das [X.] die Nichtigkeit des Beschlusses festgestellt. Mit ihrer von dem
[X.] zuge-lassenen Revision, deren Zurückweisung der Kläger beantragt, möchten
die Beklagten die Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils
erreichen.

Entscheidungsgründe:

I.

Das Berufungsgericht, dessen Entscheidung in [X.], 91 ff. [X.] ist, hält den Beschluss für nichtig, weil es der Eigentümerversammlung an der [X.] fehle. Die beabsichtigte Verfolgung des Anspruchs einzelner Eigentümer auf Änderung der Gemeinschaftsordnung gemäß §
10 Abs. 2 Satz 3 WEG durch den Verband unterfalle weder seiner geborenen noch seiner gekorenen Wahrnehmungskompetenz. Es sei in jedem Fall Vorausset-zung für eine Verbandszuständigkeit, dass die verfolgten Ansprüche in dem Gemeinschaftseigentum wurzelten. Die bezweckte Änderung der Gemein-2
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schaftsordnung betreffe das Gemeinschaftseigentum aber nur zufällig und [X.] mittelbar. Primär sei der Anspruch gemäß § 10 Abs. 2 Satz 3 WEG auf Änderung der Grundlagenvereinbarung zwischen den Eigentümern gerichtet. Er basiere nicht auf dem dinglichen Recht am Eigentum, sondern stelle sich als Ausfluss des Rechts auf Teilhabe dar, das seinen Ursprung im Innenverhältnis der Eigentümer untereinander habe. Es handle sich um einen höchstpersönli-chen [X.], der nicht vergemeinschaftet werden könne.

II.

Dies hält rechtlicher Nachprüfung stand. Das Berufungsgericht nimmt zu Recht an, dass der angefochtene Beschluss wegen fehlender Beschlusskompe-tenz der Wohnungseigentümer nichtig ist.

1. Nach § 23 Abs. 1 WEG werden
durch Beschlussfassung solche Ange-legenheiten geordnet, über die nach dem Wohnungseigentumsgesetz oder nach einer Vereinbarung die
Wohnungseigentümer durch Beschluss [X.] können. Anderenfalls bedarf es einer Vereinbarung. Ist eine Angelegenheit weder durch das Wohnungseigentumsgesetz noch durch Vereinbarung der [X.] unterworfen, fehlt es der Wohnungseigentümerversammlung an der [X.] und ist ein dennoch gefasster Beschluss aufgrund absoluter Unzuständigkeit nichtig (vgl. Senat, Beschluss vom 20. Sep-
tember 2000 -
V [X.], [X.]Z 145, 158, 166 f.).

2. Durch den angefochtenen Beschluss wird die Hausverwaltung [X.] und ermächtigt, im Namen der Eigentümergemeinschaft außergerichtlich, notfalls aber auch gerichtlich, die Zustimmung einzelner Eigentümer zu einer 5
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Änderung der Teilungserklärung einzuholen und durchzusetzen. Das Beru-fungsgericht versteht
diesen Beschluss dahin, dass eine alleinige Ausübungs-befugnis des [X.] der Wohnungseigentümer aus §
10 Abs. 2 Satz 3 WEG auf Abschluss der Änderungsvereinbarung [X.] werden sollte. Diese -
nach objektivem Maßstab vorzunehmende -
Aus-legung ist nicht zu beanstanden
(vgl. Senat, Urteil vom 10. Juli 2015

V
ZR
169/14, [X.], 53 Rn. 5) und wird auch von der Revision nicht an-gegriffen.

3. Als Kompetenzgrundlage für den
Beschluss kommt allein § 10 Abs.
6 Satz 3 WEG in Betracht;
dessen Voraussetzungen liegen jedoch nicht vor. Für den [X.] des
Wohnungseigentümers
aus § 10 Abs. 2 Satz
3 WEG kann
eine Ausübungsbefugnis des Verbandes nicht begründet werden.

a) Nach §
10 Abs.
6 Satz
3 WEG übt die [X.] die gemeinschaftsbezogenen Rechte der Wohnungseigentümer aus und nimmt die gemeinschaftsbezogenen Pflichten der Wohnungseigentümer wahr, ebenso sonstige Rechte und Pflichten der Wohnungseigentümer, soweit diese gemeinschaftlich geltend gemacht werden können oder zu erfüllen sind. Diese Regelung bezieht sich nur auf Rechte und Pflichten aus der Verwaltung des Gemeinschaftseigentums,
nicht aber auf das Sondereigentum der einzelnen Wohnungseigentümer oder deren individuelle Mitgliedschaftsrechte (vgl.
[X.] WEG/[X.], [01.10.2017], § 10 Rn. 559; BeckOGK/[X.], [01.11.2017], WEG § 10 Rn. 481; [X.]/Suilmann, 13. Aufl., WEG
§ 10 Rn.
239).

§ 10 Abs. 2 Satz 3 WEG gewährt hingegen dem einzelnen [X.] einen Anspruch auf Abänderung der Grundlagenvereinbarung der 8
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Wohnungseigentümergemeinschaft, soweit ein Festhalten an der geltenden Regelung aus schwerwiegenden Gründen unter Berücksichtigung aller Um-stände des Einzelfalles, insbesondere der Rechte und Interessen der anderen Wohnungseigentümer, unbillig erscheint.
Dieser Änderungsanspruch bezieht sich nicht auf das Gemeinschaftseigentum und dessen Verwaltung, sondern ausschließlich auf die inhaltliche Ausgestaltung des Gemeinschaftsverhältnis-ses (vgl. Senat, Urteil vom 11.
Mai 2012 -
V [X.], NJW-RR 2012, 1036 Rn. 8);
er ist damit schon seiner Art nach von § 10 Abs. 6 Satz 3 WEG nicht erfasst.

§ 10 Abs. 2
Satz 3 WEG betrifft zudem den Kernbereich der Mitglied-schaftsrechte der Wohnungseigentümer, der
der Vergemeinschaftung von vornherein entzogen ist. Zweck der Regelung ist die Beseitigung unbilliger Här-ten bei dem die Änderung verlangenden Wohnungseigentümer, die diesem bei einem Festhalten an der bisherigen Regelung entstünden (vgl. Senat, Urteil vom 11.
Juni 2010 -
V [X.], [X.]Z 186, 34 Rn. 19 sowie Versäumnisurteil vom 13. Mai 2016 -
V [X.], [X.], 727 Rn. 11). Folglich dient der Änderungsanspruch gerade dem individuellen Schutz des Einzelnen im Innen-verhältnis der Wohnungseigentümer. Dieses individualschützende Recht würde zur Disposition der Mehrheit gestellt, wenn die Wohnungseigentümer den Ände-rungsanspruch des Einzelnen dem Verband nach §
10 Abs. 6 Satz 3 WEG zur Ausübung übertragen könnten
(vgl. [X.] WEG/[X.], [01.10.2017], §
10 Rn.
295; aA wohl [X.] in [X.], [X.], 3.
Aufl., Teil 3 Rn. 30a). Denn ein auf dieser Grundlage gefasster Übertragungsbeschluss hätte
zur Folge, dass der einzelne [X.] seinen Anspruch nicht mehr selbst geltend machen könnte (vgl. zu dieser Rechtsfolge der Vergemeinschaftung eines Anspruchs Senat, Urteil vom 5. De-zember 2014 -
V ZR
5/14, [X.]Z 203, 327 Rn. 8 ff.). Der Schutzzweck des § 10 11
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Abs. 2 Satz 3 WEG erfordert es aber, dass der einzelne Wohnungseigentümer selbst darüber entscheiden kann, ob und mit welchem Inhalt er seinen [X.] auf Änderung einer für ihn unbilligen Regelung Gemeinschaftsordnung
geltend macht.

b) An dieser rechtlichen Einordnung des Änderungsanspruchs ändert sich auch dann nichts, wenn dieser ausnahmsweise nicht von dem einzelnen
Wohnungseigentümer gegenüber der Mehrheit geltend gemacht
wird, sondern
-
wie hier -
alle bis auf einen Wohnungseigentümer die Teilungserklärung und Gemeinschaftsordnung in einem bestimmten inhaltlichen Sinne ändern möch-ten. Abgesehen davon, dass höchst zweifelhaft ist, ob die hier beabsichtigten Änderungen in ihrer Gesamtheit Inhalt des [X.]s aus § 10 Abs. 2 Satz 3 WEG sein können, bleibt es den die Änderung betreibenden [X.] unbenommen, ihre tatsächlichen oder vermeintlichen individuellen [X.] gegen den Kläger zu verfolgen. Entgegen der Ansicht der Revision entstehen in einer solchen Situation auch keine unüberwindbaren praktischen und rechtlichen Probleme. Der Gefahr sich widersprechender ge-richtlicher Entscheidungen können die der Änderung zustimmenden [X.] ohne weiteres dadurch begegnen, dass sie
gemeinsam kla-gen oder sich darauf verständigen, dass nur einer von ihnen seinen
Anspruch
gerichtlich gegen den Wohnungseigentümer durchsetzt, der die
Zustimmung zu der gewünschten Änderung verweigert.

c) Nichts anderes folgt schließlich aus dem von der Revision angeführten Urteil des Senats vom 5. Dezember 2014 ([X.], [X.]Z 203, 327 Rn.
6
f.). Dort ging es nicht um den [X.] aus § 10 Abs.
2 Satz 3 WEG, sondern um Unterlassungsansprüche nach § 15 Abs. 3 WEG.
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III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Stresemann Brückner Weinland

Kazele Hamdorf

Vorinstanzen:

[X.], Entscheidung vom 24.02.2016 -
28 C 7279/15 WEG -

LG Nürnberg-Fürth, Entscheidung vom 28.09.2016 -
14 S 2471/16 WEG -

14

Meta

V ZR 305/16

13.10.2017

Bundesgerichtshof V. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.10.2017, Az. V ZR 305/16 (REWIS RS 2017, 3930)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 3930

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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Kein Anspruch auf Vergemeinschaftung von Unterlassungsansprüchen - Ermessen bei der Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen


V ZR 65/17 (Bundesgerichtshof)


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V ZR 305/16

V ZR 189/11

V ZR 174/09

V ZR 152/15

V ZR 5/14

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