Bundesgerichtshof, Beschluss vom 19.07.2012, Az. IX ZB 215/11

9. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 4508

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Gegenstand

Restschuldbefreiung: Versagung von Amts wegen


Tenor

Auf die Rechtsmittel des Schuldners werden die Beschlüsse der Zivilkammer 26 des [X.] vom 23. Juni 2011 und des [X.] vom 17. Dezember 2010 aufgehoben.

Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 5.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

1

Das im Dezember 2005 eröffnete Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners wurde nach Ankündigung der Restschuldbefreiung im Oktober 2008 aufgehoben (§ 200 [X.]). Im Oktober 2010 berichtete der Treuhänder, dass der selbständig tätige Schuldner entgegen seiner Zusagen keine 50 € monatlich an ihn abführe. Nachdem der Schuldner gegenüber dem Insolvenzgericht trotz entsprechenden Verlangens und einer Belehrung über die Folgen der unterlassenen Mitwirkung nicht die an ihn gestellten Fragen unter anderem nach der Art seiner Erwerbstätigkeit und der Höhe seiner Einnahmen beantwortet hatte, hat das Insolvenzgericht ihm die Restschuldbefreiung versagt. Die dagegen eingelegte sofortige Beschwerde hat das [X.] zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich der Schuldner mit seiner Rechtsbeschwerde, mit der er die Aufhebung der angefochtenen Beschlüsse begehrt.

II.

2

Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§§ 7, 6, 296 Abs. 3 Satz 1 [X.], Art. 103 f EG[X.], § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO) und auch im Übrigen zulässig (§ 574 Abs. 2, § 575 ZPO). Daran ändert nichts, dass die Rechtsbeschwerde die zur [X.] ihrer Begründung bereits anderweitig entschiedene Rechtsfrage noch als grundsätzlich ansieht. Die Rechtsbeschwerde ist auch begründet.

3

1. Das Beschwerdegericht hat ausgeführt, nach höchstrichterlicher Rechtsprechung sei die Versagung der Restschuldbefreiung seitens des [X.] wegen gemäß § 296 Abs. 2 Satz 3 [X.] möglich, wenn der Schuldner auf eine Aufforderung des Gerichts zur Mitwirkung und Auskunftserteilung gegenüber dem Gericht unentschuldigt untätig bleibe. Eines zulässigen Gläubigerantrages bedürfe es dazu nicht.

4

2. Demgegenüber hat der Senat (in einem dem Beschwerdegericht noch nicht bekannten Beschluss) entschieden, dass dem Schuldner unter den Voraussetzungen des § 296 Abs. 2 [X.] Restschuldbefreiung nur versagt werden kann, wenn diesem Verfahren ein statthafter Versagungsantrag nach § 296 Abs. 1 ZPO zugrunde liegt (Beschluss vom 19. Mai 2011 - [X.] 274/10, [X.], 640 Rn. 10 ff). Nach dem Gesetzeswortlaut des § 296 Abs. 2 Satz 1 in Verbindung mit Abs. 1 [X.] und der Gesetzessystematik kann es eine Versagung der Restschuldbefreiung ohne einen Gläubigerantrag nicht geben. Ohne den Antrag eines hierzu berechtigten Gläubigers setzt die Amtsermittlungspflicht des Insolvenzgerichts zum Vorliegen von [X.] nicht ein. Ebenso entstehen die besonderen, sich aus § 296 Abs. 2 [X.] ergebenden Auskunftspflichten des Schuldners regelmäßig erst nach einem statthaften Antrag auf Versagung der Restschuldbefreiung. Das Verfahren auf Versagung der Restschuldbefreiung unterliegt der Gläubigerautonomie. Eine Einleitung des Versagungsverfahrens nach § 296 Abs. 2 [X.] von Amts wegen sieht die [X.] nicht vor.

5

Da es vorliegend an einem Gläubigerantrag fehlt und das Insolvenzgericht das Versagungsverfahren nach § 296 Abs. 2 [X.] von Amts wegen eingeleitet hat, kann der Versagungsbeschluss keinen Bestand haben und ist aufzuheben. Das kann der Senat nach § 577 Abs. 5 Satz 1 ZPO selbst entscheiden.

[X.]                              Lohmann

                    Pape                               Möhring

Meta

IX ZB 215/11

19.07.2012

Bundesgerichtshof 9. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZB

vorgehend LG Hamburg, 23. Juni 2011, Az: 326 T 7/11, Beschluss

§ 296 Abs 1 InsO, § 296 Abs 2 S 1 InsO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 19.07.2012, Az. IX ZB 215/11 (REWIS RS 2012, 4508)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 4508

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Wird zitiert von

IX ZB 215/11

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