Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 22.05.2012, Az. 9 AZR 616/10

9. Senat | REWIS RS 2012, 6223

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Gegenstand

Dienstliche Regelbeurteilung - Beurteilungsrichtlinien - Anspruch auf Nichtbeurteilung - Erreichen des Endamts


Tenor

1. Die Revision des [X.] gegen das Urteil des [X.] vom 20. August 2010 - 2 Sa 473/09 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten in der Revision noch darüber, ob das beklagte Land es unterlassen muss, den Kläger für den Zeitraum vom 1. Juli 2000 bis zum 30. April 2005 einer dienstlichen Regelbeurteilung zu unterziehen.

2

Der am 4. November 1959 geborene Kläger ist beim beklagten Land seit dem 16. August 1993 beschäftigt. Nach § 2 des Arbeitsvertrags vom selben Tag bestimmt sich das Arbeitsverhältnis nach dem [X.] und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Bereich der [X.] jeweils geltenden Fassung. Der Kläger wurde, nachdem ihm zuvor der [X.] versagt worden war, durch einen beim [X.] am 2. Februar 2004 geschlossenen Vergleich zum 28. Januar 2004 in die [X.], Fallgruppe 1b, [X.] „ohne Anerkennung einer Bewährung in den Jahren 2000 - 2001“ höhergruppiert.

3

Am 1. Mai 2005 traten gemäß Runderlass des [X.] des beklagten [X.] vom 29. April 2005 (- 15.23-03002.117 -) die Richtlinien zur dienstlichen Beurteilung der Beamtinnen und Beamten sowie der Angestellten des Geschäftsbereichs des [X.] (Beurteilungsrichtlinien) in [X.]. Diese Beurteilungsrichtlinien sehen auszugsweise Folgendes vor:

        

„A. Beamtinnen und Beamte

        

…       

        
        

3.    

Arten der Beurteilung

        

3.1     

Regelbeurteilung

        

3.1.1 

Beamtinnen und Beamte bis einschließlich der Besoldungsgruppe A 16 sind alle drei Jahre zum Stichtag 1.5. zu beurteilen. …

        

3.1.2 

Von der Regelbeurteilung ausgenommen sind:

                 

a)    

Beamtinnen und Beamte im [X.], die das Endgrundgehalt erreicht haben,

                 

b)    

Beamtinnen und Beamte, die im [X.] weniger als sechs Monate im Geschäftsbereich des [X.] tätig waren,

                 

c)    

Beamtinnen und Beamte, die das 55. Lebensjahr vollendet haben,

                 

d)    

Beamtinnen und Beamte, die sich in der Freistellungsphase der Altersteilzeit (Blockmodell) befinden.

        

…       

                 
        

B. Angestellte

        

14.     

Beurteilung der Angestellten

        

14.1   

Für die Beurteilung der Angestellten sind die Bestimmungen über die dienstliche Beurteilung der Beamtinnen und Beamten nach Abschnitt A sinngemäß anzuwenden. Angestellte können mit Beamtinnen und Beamten eine gemeinsame Vergleichsgruppe bilden. Hinsichtlich der Vergleichbarkeit der Vergütungsgruppen der Angestellten mit den Besoldungsgruppen der Beamtinnen und Beamten ist § 11 [X.] entsprechend anzuwenden.

        

…       

                 
        

C. Schlussbestimmungen

        

16.     

Übergangsregelungen

        

16.1   

Die ersten Regelbeurteilungen nach diesen Beurteilungsrichtlinien sind zum Stichtag 1.5.2005 zu erstellen.

        

16.2   

Bei den ersten Regelbeurteilungen nach diesen Beurteilungsrichtlinien erstreckt sich der [X.] abweichend von Nr. 3.1.1 vom [X.] bis 30.4.2005.

        

…“    

        

4

Dem Kläger wurde am 25. Juli 2006 die zum Stichtag 1. Mai 2005 erstellte Regelbeurteilung für den [X.] vom 1. Juli 2000 bis zum 30. April 2005 eröffnet. Mit dieser war der Kläger nicht einverstanden.

5

Der Kläger hat, soweit revisionsrechtlich relevant, ua. die Ansicht vertreten, die Beurteilung sei ersatzlos aufzuheben, weil er gemäß Abschn. A Nr. 3.1.2 Buchst. a der Beurteilungsrichtlinien von der Regelbeurteilung ausgenommen sei. Es habe für ihn persönlich im Zeitpunkt der Eröffnung der Beurteilung keine Möglichkeit eines weiteren tariflichen Bewährungs- oder [X.] mehr bestanden. Er sei deshalb bereits in seinem [X.] mit Endgrundgehalt angekommen. Zudem würde das beklagte Land ihn ohnehin so negativ beurteilen, dass weitere Aufstiegsmöglichkeiten tatsächlich ausgeschlossen seien.

6

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

        

das beklagte Land zu verurteilen, es zu unterlassen, eine dienstliche Beurteilung über den Kläger für den [X.] vom 1. Juli 2000 bis zum 30. April 2005 zu erstellen.

7

Das beklagte Land hat zu seinem Klageabweisungsantrag die Auffassung vertreten, die Ausnahme von der Regelbeurteilung gemäß Abschn. A Nr. 3.1.2 Buchst. a der Beurteilungsrichtlinien greife nicht. Der laufbahnrechtliche Begriff des „[X.]s“ sei ein Terminus aus dem Beamtenrecht und auf Tarifbeschäftigte nicht übertragbar. Darüber hinaus sei der Kläger nach dem Inkrafttreten des [X.] und des [X.] in die [X.] 11 [X.] übergeleitet worden und habe damit sein [X.] nicht erreicht.

8

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des [X.] hat das [X.]arbeitsgericht der Klage hinsichtlich der Entfernung der Beurteilung und weiterer Schreiben aus der Personalakte des [X.] stattgegeben und im Übrigen die Berufung zurückgewiesen. Der Kläger verfolgt mit der vom [X.]arbeitsgericht zugelassenen Revision seinen Antrag auf Unterlassung einer erneuten Regelbeurteilung für den Zeitraum vom 1. Juli 2000 bis zum 30. April 2005 weiter.

Entscheidungsgründe

9

Die zulässige Revision ist unbegründet. Das [X.] hat die [X.]erufung des [X.] gegen die klageabweisende Entscheidung des Arbeitsgerichts mit Recht teilweise zurückgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass für den Zeitraum vom 1. Juli 2000 bis zum 30. April 2005 keine neue Regelbeurteilung durch das beklagte Land erfolgt.

I. Der Kläger stützt seinen Anspruch ohne Erfolg auf § 241 Abs. 2 [X.]G[X.] iVm. Abschn. [X.] Nr. 14.1, Abschn. A Nr. 3.1.2 [X.]uchst. a der [X.]eurteilungsrichtlinien, wonach die für die [X.]eamtinnen und [X.]eamten geltenden [X.]estimmungen für Angestellte entsprechend anzuwenden und [X.]eamtinnen und [X.]eamte im [X.], die das [X.] erreicht haben, von der Regelbeurteilung ausgenommen sind. Dabei kann dahinstehen, ob sich aus den [X.]eurteilungsrichtlinien überhaupt ein Anspruch von [X.]eamten und Angestellten, nicht beurteilt zu werden, herleiten lässt oder die in Abschn. A Nr. 3.1.2 der Richtlinien vorgesehenen Ausnahmen allein dem Interesse des öffentlich-rechtlichen Dienstherrn dienen, wofür viel spricht. Selbst wenn zugunsten des [X.] angenommen würde, die Ausnahmeregelungen in Abschn. A Nr. 3.1.2 der Richtlinien begründeten einen Anspruch auf [X.], wäre die Klage unbegründet. Die Voraussetzungen der allein in [X.]etracht kommenden Regelung in Abschn. A Nr. 3.1.2 [X.]uchst. a der [X.]eurteilungsrichtlinien wären beim Kläger nicht erfüllt.

1. Der Kläger hat nicht das [X.] seines [X.]s erreicht und ist damit nicht nach Abschn. [X.] Nr. 14.1 iVm. Abschn. A Nr. 3.1.2 [X.]uchst. a der [X.]eurteilungsrichtlinien von der Regelbeurteilung für den Zeitraum vom 1. Juli 2000 bis zum 30. April 2005 ausgenommen.

a) Abschn. [X.] Nr. 14.1 der [X.]eurteilungsrichtlinien sieht vor, dass Angestellte mit [X.]eamtinnen und [X.]eamten eine gemeinsame Vergleichsgruppe bilden können und legt die Regelung in § 11 [X.]AT-O als Maßstab für die Vergleichbarkeit der Vergütungsgruppen der Angestellten mit den [X.]esoldungsgruppen der [X.]eamten fest. Das [X.] ist unter Heranziehung dieses Vergleichsmaßstabs zutreffend davon ausgegangen, dass bei sinngemäßer Anwendung von Abschn. A Nr. 3.1.2 [X.]uchst. a der [X.]eurteilungsrichtlinien nur Angestellte, die eine Vergütungsgruppe in der Endstufe erreicht haben, die unter [X.]eachtung der Vergleichstabelle des § 11 [X.]AT-O einem [X.] einer Laufbahngruppe entspricht, unter die Ausnahmeregelung fallen.

b) Der Kläger erfüllt diese Voraussetzung nicht. Er war seit dem 28. Januar 2004 in die [X.], Fallgruppe 1b, [X.]AT-O eingruppiert und hatte mit seinem 45. Geburtstag am 4. November 2004 die Endstufe in dieser Vergütungsgruppe erreicht. Nach § 11 Satz 2 [X.]AT-O entsprach die Vergütungsgruppe III [X.]AT-O der [X.]esoldungsgruppe A 12 im gehobenen Dienst. [X.]eamte des gehobenen Diensts in der [X.]esoldungsgruppe A 12 befinden sich jedoch nicht im [X.]. Dies trifft nur auf [X.]eamte des gehobenen Diensts in der [X.]esoldungsgruppe [X.] zu. Mit [X.]eamten dieser [X.]esoldungsgruppe sind nach § 11 Satz 2 [X.]AT-O allein Angestellte der Vergütungsgruppen [X.], [X.] und [X.]. XIII [X.]AT-O vergleichbar. Zu diesen Angestellten gehört der Kläger auch nach seiner Überleitung von der Vergütungsgruppe III [X.]AT-O in die [X.] 11 TV-L nicht.

2. Der Einwand des [X.], das beklagte Land werde ihm zukünftig mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit keine höherwertigen Tätigkeiten übertragen, sodass er mit der [X.] [X.]AT-O in der letzten Stufe bereits sein „persönliches [X.]“ erreicht habe, verfängt nicht. Nach Abschn. A Nr. 3.1.2 [X.]uchst. a iVm. Abschn. [X.] Nr. 14.1 der [X.]eurteilungsrichtlinien kommt es nicht darauf an, ob und gegebenenfalls in welchem Maß es nach einem Stellenplan oder der persönlichen [X.]efähigung des [X.]eamten/Angestellten wahrscheinlich ist, dass das [X.] der jeweiligen Laufbahngruppe bzw. die entsprechende [X.] noch erreicht wird. Nach dem klaren und eindeutigen Wortlaut von Abschn. A Nr. 3.1.2 [X.]uchst. a der [X.]eurteilungsrichtlinien ist für die Ausnahme von der Regelbeurteilung vielmehr entscheidend, ob eine [X.]eamtin/ein [X.]eamter im [X.] das [X.] bereits erreicht hat. Dieses Verständnis bestätigt Abschn. A Nr. 2.1 Satz 3 der [X.]eurteilungsrichtlinien. Danach ist die dienstliche [X.]eurteilung Grundlage für Personalentscheidungen. Hierzu gehört auch die Prüfung, ob ein [X.]eamter/Angestellter für die Übertragung höherwertiger Tätigkeiten in [X.]etracht kommt. Das ist nur dann nicht der Fall, wenn der [X.]eamte/Angestellte bereits das Ende seiner nach den maßgeblichen [X.]estimmungen möglichen Laufbahn-/[X.] tatsächlich erreicht hat.

II. [X.] folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    [X.]rühler    

        

    Klose    

        

    [X.]asshöfer    

        

        

        

    Jungermann    

        

    Furche    

        

        

Meta

9 AZR 616/10

22.05.2012

Bundesarbeitsgericht 9. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Halle (Saale), 5. November 2009, Az: 4 Ca 2490/07, Urteil

§ 241 Abs 2 BGB, § 11 S 2 BAT-O

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 22.05.2012, Az. 9 AZR 616/10 (REWIS RS 2012, 6223)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 6223

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