Bundespatentgericht, Beschluss vom 28.09.2011, Az. 26 W (pat) 124/09

26. Senat | REWIS RS 2011, 2902

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "LIVING LANDSCAPE" – Freihaltungsbedürfnis


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2008 001 738.4

hat der 26. Senat ([X.]) des [X.] in der Sitzung vom 28. September 2011 durch [X.] Fuchs-Wissemann, [X.] und die Richterin Dr. Schnurr

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I

1

Die Markenstelle für Klasse 20 des [X.] hat die Anmeldung der für die Waren und Dienstleistungen

2

"Klasse 20: Möbel, insbesondere Büromöbel

3

Klasse 42: Dienstleistungen eines Innenarchitekten, Planungsdienstleistungen zur Raumgestaltung und Innenausstattung, soweit in Klasse 42 enthalten"

4

bestimmten Wortmarke

5

[X.]

6

mit zwei Beschlüssen, von denen einer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, gemäß § 37 Abs. 1 i. V. m. § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] zurückgewiesen, weil es sich bei ihr um eine Angabe handele, die zur Beschreibung der beanspruchten Waren und Dienstleistungen dienen könne. Zur Begründung hat sie ausgeführt, die englischsprachige Bezeichnung "[X.]" habe die Bedeutung "lebendige Landschaft" und werde vom inländischen Durchschnittsverbraucher der in der Anmeldung aufgeführten Waren und Dienstleistungen auch in diesem Sinne verstanden, weil sie aus Wörtern des [X.] Grundwortschatzes gebildet sei. Zumindest aber der einschlägige Fachverkehr werde die Bedeutung der angemeldeten Marke ohne weiteres erfassen. Im Kontext der hier beanspruchten Waren und Dienstleistungen bezeichne die angemeldete Marke eine lebendige Möbellandschaft bzw. eine lebendige Innenraumlandschaft. Sie sei damit zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit bzw. der Zweckbestimmung von Möbeln und Dienstleistungen eines Innenarchitekten bzw. eines Raumgestaltungs- und Innenausstattungsplaners geeignet. Möbel könnten, [X.] in flexibler Kombination mit anderen Möbeln, dazu geeignet und bestimmt sein, eine lebendige Innenraumlandschaft zu bilden. Auch die beanspruchten Dienstleistungen könnten darauf abzielen, eine lebendige Innenraumlandschaft zu schaffen. Angesichts ihres beschreibenden [X.] müsse die angemeldete Marke im Allgemeininteresse freigehalten werden. Ob die angemeldete Marke darüber hinaus auch jeglicher Unterscheidungskraft entbehre, könne dahingestellt bleiben.

7

Dagegen wendet sich die Anmelderin mit der Beschwerde. Sie ist der Ansicht, der in der angemeldeten Marke enthaltene Begriff "[X.]" bezeichne im [X.] nur eine Landschaft im geografischen Sinne, nicht jedoch eine Wohnlandschaft. Er sei deshalb für die in der Anmeldung aufgeführten Waren und Dienstleistungen nicht beschreibend. Die von der Markenstelle mit dem Erinnerungsbeschluss übersandten Internetseiten könnten das Gegenteil nicht belegen, weil sie ausschließlich auf Produkte der Anmelderin verwiesen. Aber auch dann, wenn unterstellt werde, dass das [X.] Wort "[X.]" auch eine Wohnlandschaft bezeichne, handele es sich bei angemeldeten Marke nicht um eine die Eigenschaften der beanspruchten Waren und Dienstleistungen konkret beschreibende Angabe, weil sie hierfür zu vage und unbestimmt sei. Für den Verkehr bleibe unklar, was unter einer lebenden bzw. lebendigen Landschaft zu verstehen sei. Bei dieser Sachlage bestehe an der angemeldeten Marke weder ein Freihaltungsbedürfnis noch fehle ihr jegliche Unterscheidungskraft. Auf dem [X.] der Möbel seien bereits eine Vielzahl von Marken mit dem Bestandteil "[X.]" eingetragen worden.

8

Der Senat hat die Anmelderin mit [X.] vom 12. Juli 2011 unter Übersendung von Auszügen aus der [X.] und dem [X.] [X.]/Deutsch-Englisch darauf hingewiesen, dass im Zusammenhang mit Wohn- und Bürolandschaften bereits die Bezeichnungen "[X.] interior" bzw. "office landscape" verwendet werden und dass das Wort "[X.]" im [X.] nicht nur die Bedeutung "lebend" bzw. "lebendig" hat, sondern im Zusammenhang mit Wohnräumen, [X.] in dem Wort "living room", in [X.] auch im Sinne von "Wohn-" [X.] ist. Dem hat die Anmelderin entgegen gehalten, dass dem [X.] Verkehr der Begriff "[X.]" in der Bedeutung "Wohnlandschaft" nicht bekannt sei. Er finde sich in dieser Kombination auch nicht in Wörterbüchern. Der Verkehr werde deshalb unter "[X.]" nur eine Naturlandschaft verstehen, die besonders lebendig bzw. durch Pflanzen und Tiere gekennzeichnet sei. Dass der Begriff "[X.]" auch im Sinne von "Wohn-" verstanden werden könne, erschließe sich ihm allenfalls nach mehreren Gedankenschritten.

9

Die Anmelderin beantragt sinngemäß,

die angegriffenen Beschlüsse der Markenstelle aufzuheben.

II

Die zulässige Beschwerde der Anmelderin erweist sich als unbegründet. Der Eintragung der angemeldeten Marke für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen steht, wie die Markenstelle in dem mit der Beschwerde angegriffenen Beschluss zutreffend festgestellt hat, das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] entgegen, da sie dazu dienen kann, die Art, die Beschaffenheit und die Zweckbestimmung der in der Anmeldung aufgeführten Waren und Dienstleistungen zu bezeichnen.

Nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] sind solche Marken von der Eintragung ausgeschlossen, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, die im Verkehr u. a. zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung oder sonstiger Merkmale der Waren und Dienstleistungen dienen können. Insbesondere hat eine Marke, die sich aus einem Wort mit mehreren Bestandteilen zusammensetzt, von denen jeder Merkmale der beanspruchten Waren oder Dienstleistungen beschreibt, selbst einen die genannten Merkmale beschreibenden Charakter im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.], es sei denn, dass ein merklicher Unterschied zwischen dem Wort und der bloßen Summe seiner Bestandteile besteht. Dabei führt die bloße Aneinanderreihung solcher beschreibender Bestandteile ohne Vornahme einer ungewöhnlichen Änderung, insbesondere syntaktischer oder semantischer Art, nur zu einer Marke, die ausschließlich aus beschreibenden Zeichen oder Angaben besteht ([X.]. 2004, 410, 413 - [X.]; [X.]. 2004, 500, 507 – Postkantoor).

Die angemeldete Marke besteht aus den beiden englischsprachigen Begriffen "[X.]" und "[X.]", wobei das Wort "[X.]" sowohl die von der Markenstelle angenommene Bedeutung "lebend" bzw. "lebendig" als auch die Bedeutung "Wohn-" hat, worauf die Anmelderin vom Senat mit einem [X.] hingewiesen worden ist. Das weitere Markenwort "[X.]" bedeutet "Landschaft". In der angemeldeten, [X.]en Abfolge "[X.]" ergeben sich damit ohne weiteres die möglichen Bedeutungen "lebende/lebendige Landschaft" bzw. "Wohnlandschaft". Beide [X.] sind für sämtliche in der Anmeldung aufgeführten Waren und Dienstleistungen unmittelbar beschreibend. Sie bezeichnen die Art, die Beschaffenheit und die Bestimmung von Möbeln und ebenso die Dienstleistungen eines Innenarchitekten, Raumgestalters bzw. [X.], dahingehend, dass sie darauf ausgerichtet sind, eine lebendige Wohnlandschaft zu planen bzw. zu schaffen.

Dass der Begriff "[X.]" entgegen der Ansicht der Anmelderin aktuell nicht nur zur Beschreibung einer geografischen Landschaft, sondern auch zur beschreibenden Bezeichnung einer Wohn- bzw. Möbellandschaft aktuell dient, ergibt sich zweifelsfrei aus den der Anmelderin als Anlage zum [X.] vom 12. Juli 2011 übermittelten Wörterbucheinträgen "office landscape" mit der Bedeutung "Bürolandschaft" und "[X.] interior" mit der Bedeutung "Wohnlandschaft". Auf die Frage, ob die [X.] Endabnehmer der in der Anmeldung aufgeführten Waren und Dienstleistungen die Bezeichnung "[X.]" mit "lebendige Landschaft" bzw. mit "Wohnlandschaft" übersetzen und in diesem Sinne verstehen werden, kommt es demgegenüber nicht entscheidend an, weil sich die objektive Eignung einer Bezeichnung als beschreibende Angabe und das Allgemeininteresse an der ungehinderten Verwendbarkeit dieser Bezeichnung bereits aus den Bedürfnissen eines relativ kleinen Teils des Gesamtverkehrs, wie [X.] der Mitbewerber, ergeben kann ([X.] 2007, 527 - [X.]). Diese aber werden das angemeldete Zeichen bei einer Verwendung im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen ohne Weiteres in dem vorstehend dargestellten beschreibenden Sinne verstehen, weil sie als am Import und Export von Möbeln beteiligte Kaufleute regelmäßig über ausreichende Kenntnisse der [X.] verfügen. Entgegen der Ansicht der Anmelderin ist aber auch davon auszugehen, dass auch der normal informierte und angemessen aufmerksame und verständige Durchschnittsverbraucher von Möbeln und Innenraumplanungsdienstleistungen bei einer Benutzung im Zusammenhang mit diesen Waren und Dienstleistungen die angemeldete Marke durchaus in seiner beschreibenden Bedeutung versteht, weil sie aus Begriffen des [X.] Grundwortschatzes gebildet ist und der Verbraucher zudem den in der [X.] Sprache allgemein üblichen entsprechenden Begriff "Wohnlandschaft" kennt.

Dass die angemeldete Marke sowohl i. S. v. "lebende/lebendige Landschaft" als auch i. S. v. "Wohnlandschaft" übersetzt und verstanden werden kann und damit mehrere Bedeutungen aufweist, steht ihrer Eignung als beschreibende Angabe i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] ebenfalls nicht entgegen; denn eine Angabe, die jedenfalls mit einer Bedeutung zur Beschreibung der beanspruchten Waren/ Dienstleistungen dienen kann, ist unabhängig davon, ob ihr noch andere, ggf. auch nicht beschreibende Bedeutungen zukommen können, vom Markenschutz ausgeschlossen ([X.] GRUR 2004, 146, 147f., Nr. 32 - [X.]; [X.], 900, 901, Nr. 15 - [X.]). Die hier angemeldete Marke ist für die beanspruchten Waren/Dienstleistungen tatsächlich aber sogar in beiden Bedeutungen glatt beschreibend.

Die angemeldete Marke ist auch in Bezug auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen nicht zu vage und unbestimmt, um als unmittelbar beschreibende Sachangabe dienen zu können. Sie bringt für die beteiligten Verkehrskreise erkennbar zum Ausdruck, dass es sich bei den so bezeichneten Waren und Dienstleistungen um solche handelt, die dazu geeignet und bestimmt sind, eine Wohn- bzw. Möbellandschaft zu schaffen, die durch ihr Design, ihre Anordnung, ihre Farbigkeit usw. einen lebendigen Eindruck vermittelt. Sie kann ferner dazu dienen, zum Ausdruck zu bringen, dass eine Einrichtungslandschaft dadurch einen lebendigen Charakter erhält, dass Möbel flexibel angeordnet werden können. Dass insoweit ein gewisser Verständnisspielraum für den Verkehr bleibt, steht der Eignung der angemeldeten Marke als beschreibende Sachangabe nicht entgegen, denn nicht jede begriffliche Unbestimmtheit schließt den Tatbestand des § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] aus. Vielmehr sind auch relativ vage und allgemeine Angaben in der Regel als verbraucherorientierte Sachinformationen zu bewerten, selbst wenn die fragliche Angabe noch keine begrifflichen Konturen erlangt und sich noch keine einhellige Auffassung des Verkehrs zu ihrem Sinngehalt herausgebildet hat ([X.], 900, Nr. 15 - [X.]; [X.], 411, Nr. 12 f. - [X.]). So liegt der Fall auch hier, weil es sich bei der angemeldeten Marke um einen neuen Gesamtbegriff handelt, der nach Art eines Oberbegriff zur Beschreibung für eine Vielzahl vorstellbarer Wohneinrichtungen mit lebendigem Charakter dienen kann, weshalb eine gewisse Allgemeinheit und Unschärfe sogar unvermeidbar ist, um einen gewünschten möglichst weiten Bereich waren- und dienstleistungsbezogener Eigenschaften beschreibend erfassen zu können (vgl. insoweit auch [X.], 882, 883 - Bücher für eine bessere Welt; [X.], 778, Nr. 17 - [X.]). Aus diesem Grund besteht ein Allgemeininteresse an der Freihaltung der angemeldeten Marke zu Gunsten der Mitbewerber der Anmelderin.

Auf die Frage, ob der angemeldeten Marke darüber hinaus auch jegliche Unterscheidungskraft i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] fehlt, kommt es angesichts des festgestellten Schutzhindernisses des § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] nicht an.

Meta

26 W (pat) 124/09

28.09.2011

Bundespatentgericht 26. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 28.09.2011, Az. 26 W (pat) 124/09 (REWIS RS 2011, 2902)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 2902

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

26 W (pat) 61/13 (Bundespatentgericht)

Markenbeschwerdeverfahren – "UNIT" – keine Unterscheidungskraft


26 W (pat) 48/11 (Bundespatentgericht)

Markenbeschwerdeverfahren – "RAUMSIGNATUREN" – Freihaltungsbedürfnis – keine Unterscheidungskraft


25 W (pat) 534/21 (Bundespatentgericht)


29 W (pat) 544/18 (Bundespatentgericht)

Markenbeschwerdeverfahren – "Wir leben Einrichten" – fehlende Unterscheidungskraft


26 W (pat) 13/12 (Bundespatentgericht)

Markenbeschwerdeverfahren – "Fastfold" – keine Unterscheidungskraft


Referenzen
Wird zitiert von

33 W (pat) 71/10

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.