Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.06.2018, Az. 3 StR 149/18

3. Strafsenat | REWIS RS 2018, 8138

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[X.]:[X.]:BGH:2018:070618B3STR149.18.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3
StR 149/18

vom
7. Juni
2018
in der Strafsache
gegen

wegen Beihilfe zu einem Kriegsverbrechen gegen humanitäre Operationen u.a.
hier:
Antrag des [X.]

H.

auf Beistandsbestellung

-
2
-
Der 3.
Strafsenat des [X.] hat am
7.
Juni 2018 gemäß §
397a Abs.
3 Satz
2 [X.] beschlossen:

Der Antrag des [X.]

H.

, ihm Rechts-
anwalt S.

aus [X.] als Beistand zu bestellen, wird zurück-
gewiesen.

Gründe:
I.
Mit Schreiben vom 16.
April 2018
hat der Nebenkläger H.

die "Bei-
ordnung"
von Rechtsanwalt S.

für das Revisionsverfahren beantragt. Ge-
genstand des Revisionsverfahrens ist ein Urteil des [X.] vom 20.
September 2017, mit welchem der Angeklagte A.

wegen
Beihilfe zu einem mit erpresserischem Menschenraub, versuchter schwerer räuberischer Erpressung in drei tateinheitlichen Fällen und schwerer Freiheits-beraubung tateinheitlich zusammentreffenden Kriegsverbrechen gegen [X.] zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt worden ist. Gegen dieses Urteil wendet sich der Generalbundesan-walt, der mit seiner auf die Sachrüge gestützten Revision eine Verurteilung des Angeklagten als Täter der schweren Freiheitsberaubung und damit auch des [X.] erstrebt.
Bereits im instanzgerichtlichen Verfahren hatte der Nebenkläger die Be-stellung eines Beistandes gemäß §
397a Abs.
1 [X.] beantragt, was mit Be-1
2
-
3
-
schluss des [X.] vom 6.
Februar 2017 abgelehnt [X.] war. Die dagegen vom Nebenkläger erhobene Beschwerde hat der Senat mit Beschluss vom 27.
April 2017 (StB
8/17) als unzulässig verworfen.
II.
Mangels Bindungswirkung der ablehnenden Entscheidung des [X.] ist über den im Revisionsverfahren erneut gestellten Antrag des [X.] zu entscheiden. In der Sache bleibt ihm der Erfolg jedoch ver-sagt, weil die Voraussetzungen des §
397a Abs.
1 Nr.
3 und
5 [X.] nicht ge-geben sind.
1.
Die vom Nebenkläger vorgetragenen Beeinträchtigungen, [X.] die posttraumatische Belastungsstörung, stellen keine schweren seelischen Schäden im Sinne des §
397a Abs.
1 Nr.
3 [X.] dar.
Zur Gewährung eines kostenlosen [X.] nach §
397a Abs.
1 Nr.
3 [X.] ist es -
über die in §
395 Abs.
3 [X.] genannten "schweren Folgen der Tat"
hinausgehend
-
erforderlich, dass schwere körperliche oder seelische Schäden eingetreten oder zu erwarten sind (vgl. [X.]/[X.], [X.], 26.
Aufl., §
397a Rn.
4). Dabei orientiert sich die Regelung vor allem am Schweregrad der in den §§
226 und 239 Abs.
3 Nr.
2 StGB genannten Folgen der Tat, d.
h. es muss in körperlicher Hinsicht eine schwere bzw. erhebliche und dauerhafte Gesundheitsschädigung eingetreten oder zu erwarten sein, in psychischer Hin-sicht eine erhebliche Schädigung von ebensolchem Gewicht (vgl. BT-Drucks. 16/12098, S.
33).
Dies ist beim Nebenkläger nicht der Fall. Bei dieser wertenden Betrach-tung ist auch zu berücksichtigen, dass der Nebenkläger als "Dritter"
im Sinne 3
4
5
6
-
4
-
des §
239a Abs.
1 StGB zwar Verletzter im Sinne des §
395 Abs.
1 Nr.
4 [X.] ist ([X.],
[X.],
7.
Aufl., §
395 Rn.
3). Er ist aber nicht unmittelbares Opfer der aggressiven Komponente der Tat. Diese richtete sich vielmehr gegen das Entführungsopfer. Aus den vom Gesetzgeber als Leitbild in Bezug genomme-nen §§
226 und 239 Abs.
3 Nr.
2 StGB (s. hierzu: BT-Drucks. 16/12098, S.
9 und
33) ergibt sich indes, dass das Gesetz primär Opfer im Blick hat, die sich
-
im Zwei-Personen-Verhältnis
-
gegen sie gerichteten
Aggressionsdelikten aus-gesetzt sahen. Die posttraumatische Belastungsstörung des [X.] stellt sich allerdings als lediglich mittelbare Folge eines gegen eine andere Person gerichteten Aggressionsdelikts dar.
Unmittelbar aus dem Gesetz ergibt sich des Weiteren, dass nicht jede "geistige Krankheit"
im Sinne des §
226 Abs.
1 Nr.
3 StGB auch einen "schwe-ren seelischen Schaden"
im Sinne des §
397a Abs.
1 Nr.
2 [X.] darstellt, denn sonst hätte der Gesetzgeber auf die Aufnahme dieser zusätzlichen Vorausset-zung verzichtet. Dafür, dass die vom Nebenkläger behauptete posttraumatische Belastungsstörung eine solche -
über den Schweregrad von §
226 Abs.
1 Nr.
3 StGB und §
395 Abs.
3 [X.] hinausgehende
-
Dimension erreicht hätte, rei-chen die vom Nebenkläger dargelegten Symptome und Beeinträchtigungen, wie etwa Schlafstörungen, Albträume, Motivationsschwierigkeiten etc. nicht aus.
Schließlich ist
vor dem Hintergrund der Tatsache, dass der Nebenkläger aufgrund seiner Teilnahme am [X.] bereits vor der gegenständlichen Tat
-
seit 40 Jahren
-
an einer posttraumatischen Belastungsstörung leidet,
frag-lich, ob die durch die Tat gegebenenfalls eingetretene Verschlechterung seines Zustands als "schwerer seelischer Schaden"
quantifiziert werden kann.
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8
-
5
-
2.
Auch eine Unfähigkeit zur ausreichenden Wahrnehmung der eigenen Interessen, wie sie §
397 Abs.
1 Nr.
5 [X.] verlangt (s. dazu [X.], [X.], 61.
Aufl., §
397a Rn.
3 und 9) liegt nicht vor.
Dabei ist zu berücksichtigen, dass es der Zweck der Nebenklage ist, dem Nebenkläger Gelegenheit zu geben, im Verfahren seine persönlichen Interes-sen auf Genugtuung zu verfolgen, insbesondere durch aktive Beteiligung das Verfahrensergebnis zu beeinflussen und sich gegen die Leugnung oder Ver-harmlosung seiner Verletzungen zu wehren ([X.]
aaO,
Vor §
295 Rn.
1). Der Nebenkläger trägt hierzu im Wesentlichen vor, dass es ihm seine fehlenden Sprachkenntnisse aufgrund der Besonderheiten einer Revisions-hauptverhandlung unmöglich machten, seine Interessen ausreichend wahrzu-nehmen. In der [X.] gehe es nur um Rechtsfragen, die er selbst nicht ausreichend interessensgerecht wahrnehmen könne.
Diese Argumentation verfängt nicht. Wie sich auch aus §
397 Abs.
3 [X.] ergibt, begründet die Tatsache, dass der Nebenkläger der [X.] nicht mächtig ist, grundsätzlich keine Unfähigkeit zur Interessenswahr-nehmung. Warum dies in der [X.] anders sein soll, er-schließt sich nicht, zumal es sich hier um eine Revision des Generalbundes-anwalts handelt, der mit seiner allgemeinen Sachrüge eine Verurteilung des Angeklagten als Täter der (schweren) Freiheitsberaubung erstrebt. Die Frei-heitsberaubung berechtigt den Nebenkläger allerdings nicht zur Nebenklage; deren alleiniges Opfer ist der Geschädigte
C.

. Eine Wahrnehmung der
Interessen des [X.] in der (weiteren) Verhandlung ist daher nicht
9
10
11
-
6
-
mehr erforderlich, weswegen die Bestellung eines Beistands auch aus teleolo-gischen Gründen nicht in
Betracht kommt (vgl. [X.]/[X.]
aaO,
§
397a Rn.
19).
Becker
Vorsitzender Richter am [X.]

Meta

3 StR 149/18

07.06.2018

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.06.2018, Az. 3 StR 149/18 (REWIS RS 2018, 8138)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 8138

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