Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 26.03.2009, Az. 3 StR 579/08

3. Strafsenat | REWIS RS 2009, 4287

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 3 StR 579/08 vom 26. März 2009 in der Strafsache gegen wegen Bandenhandels mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge - 2 - Der 3. Strafsenat des [X.] hat in der Sitzung vom 26. März 2009, an der teilgenommen haben: Vorsitzender [X.] am [X.] [X.], die [X.] am [X.] [X.], von [X.], [X.], [X.] als beisitzende [X.], St[X.]tsanwältin als Vertreterin der [X.], Rechtsanwalt als Verteidiger, Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle, für Recht erkannt: - 3 - Auf die Revision der St[X.]tsanwaltschaft wird das Urteil des Land-gerichts [X.] vom 7. Mai 2007 mit den zugehörigen Fest-stellungen aufgehoben, soweit von der Anordnung des Verfalls von Wertersatz abgesehen worden ist. Die Sache wird im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere [X.] des [X.] zurückverwiesen. Von Rechts wegen Gründe: Das [X.] hat den Angeklagten wegen bandenmäßigen unerlaub-ten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in vier Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren und sechs Monaten verurteilt. Es hat davon abgesehen, den Verfall von Wertersatz anzuordnen. Hiergegen richtet sich die vom [X.] vertretene, auf die Rüge der Verlet-zung materiellen Rechts gestützte Revision der St[X.]tsanwaltschaft. Das [X.] beschränkte Rechtsmittel hat Erfolg. 1 Nach den Feststellungen war der zum Zeitpunkt der Verkündung des landgerichtlichen Urteils 63 Jahre alte Angeklagte Mitglied einer Bande, die Ha-schisch- und Marihuanatransporte erheblichen Umfangs von den [X.] nach [X.] und in andere [X.] Länder organisierte und durchführte. 2 - 4 - In dem Zeitraum von Ende 2004 bis Anfang 2005 wurden mit drei Fahrten ins-gesamt 135 kg zum gewinnbringenden Weiterverkauf bestimmte [X.] nach [X.] verbracht und an unbekannt gebliebene Abnehmer über-geben. Mit einer vierten Fahrt wurden im Februar 2005 weitere 241,80 kg Ha-schisch aus den [X.] über [X.] und [X.] nach [X.] transportiert. Das Rauschgift wurde vor der Auslieferung von der [X.] Po-lizei sichergestellt. 1. Das [X.] hat den Verfall von Wertersatz (§§ 73, 73 a [X.]) nicht angeordnet und dies mit dem Vorliegen einer unbilligen Härte im Sinne des § 73 c Abs. 1 Satz 1 [X.] begründet. Zwar sei davon auszugehen, dass aus den Drogengeschäften nach dem [X.] ein Umsatz von mindestens 135.000 • erzielt worden sei. Es müsse jedoch berücksichtigt werden, dass der Angeklagte über einen sichergestellten und gepfändeten Bargeldbetrag in Höhe von 2.250 • hinaus über kein nennenswertes Vermögen mehr verfüge. Er habe infolge des fehlgeschlagenen Haschischtransportes nach [X.] selbst 60.000 • als "Entschädigung" gezahlt, so dass er durch die [X.] insgesamt einen beträchtlichen Verlust erlitten habe. In Anbetracht seines fort-geschrittenen Alters sei nicht zu erwarten, dass er nach seiner Haftentlassung noch Erwerbsaussichten habe; er werde entweder von einer Rente oder von Sozialleistungen leben müssen. Daher werde durch die Vollziehung einer [X.] seine Resozialisierung wesentlich erschwert. 3 2. Diese Erwägungen vermögen die Ablehnung der Anordnung des [X.] nicht zu rechtfertigen. 4 a) Die Voraussetzungen des § 73 c Abs. 1 Satz 1 [X.] sind bereits [X.] nicht rechtsfehlerfrei dargetan, weil das [X.] unter Verkennung des systematischen Zusammenhangs zwischen den verschiedenen Alternativen des 5 - 5 - § 73 c Abs. 1 [X.] das Vorliegen einer unbilligen Härte unzureichend begrün-det hat. [X.]) Zwar ist die Anwendung der Härtevorschrift des § 73 c [X.] Sache des Tatrichters. Die Gewichtung der für das Vorliegen einer unbilligen Härte im Sinne des § 73 c Abs. 1 Satz 1 [X.] maßgeblichen Umstände ist daher der inhaltlichen revisionsrechtlichen Überprüfung nicht zugänglich. Mit der Revision kann jedoch eine rechtsfehlerhafte Auslegung des Tatbestandsmerkmals "unbil-lige Härte" beanstandet werden. Eine solche ist etwa gegeben, wenn die [X.] dieses Merkmals auf Umstände gestützt wird, die bei seiner Prüfung nicht zum Tragen kommen können (vgl. [X.], 424, 425; 2009, 23, 24). 6 [X.]) So liegt der Fall hier. Das [X.] hat die Annahme einer unbilli-gen Härte wesentlich darauf gestützt, dass der Wert des vom Angeklagten aus den Straftaten [X.] mittlerweile nicht mehr in seinem Vermögen vorhan-den sei. Diese Begründung wird dem systematischen Verhältnis nicht gerecht, in welchem die Regelungen des § 73 c Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 1. Alt. [X.] zueinander stehen. Nach § 73 c Abs. 1 Satz 1 [X.] ist der Verfall beim Vorlie-gen einer unbilligen Härte zwingend ausgeschlossen, während § 73 c Abs. 1 Satz 2 1. Alt. [X.] für den Fall, dass der Wert des [X.] im Vermögen des Betroffenen ganz oder teilweise nicht mehr vorhanden ist, die Möglichkeit eröff-net, insoweit nach pflichtgemäßen Ermessen von einer Verfallsanordnung ab-zusehen. Da die tatbestandlichen Voraussetzungen, welche nach Satz 2 der Vorschrift ein Absehen vom Verfall nach pflichtgemäßem Ermessen ermögli-chen, nicht zugleich einen zwingenden Ausschlussgrund nach § 73 c Abs. 1 Satz 1 [X.] bilden können, folgt aus der Systematik der Norm, dass das [X.] des Wertes des [X.] im Vermögen des [X.] jedenfalls für sich genommen keine unbillige Härte darstellen kann, son-7 - 6 - dern dem Anwendungsbereich des § 73 c Abs. 1 Satz 2 [X.] unterfällt (vgl. [X.], 589, 590; [X.] in [X.]. § 73 c Rdn. 7). Für das Vorliegen einer unbilligen Härte bedarf es daher zusätzlicher Umstände, welche die hohen Voraussetzungen des Tatbestandsmerkmals be-legen. Eine unbillige Härte im Sinne des § 73 c Abs. 1 Satz 1 [X.] kommt nach ständiger Rechtsprechung (vgl. etwa [X.]R [X.] § 73 c Härte 7, 11) nur dann in Betracht, wenn die Anordnung des Verfalls schlechthin ungerecht wäre und das Übermaßverbot verletzen würde. Die Auswirkungen des Verfalls müssen mithin im konkreten Einzelfall außer Verhältnis zu dem vom Gesetzgeber mit der Maßnahme angestrebten Zweck stehen. Es müssen besondere Umstände vorliegen, aufgrund derer mit der Vollstreckung des Verfalls eine außerhalb des [X.] liegende zusätzliche Härte verbunden wäre, die dem [X.] auch unter Berücksichtigung des Zwecks des Verfalls nicht zugemutet wer-den kann. Eine unbillige Härte liegt demnach nicht schon dann vor, wenn der Verfallsbetrag nicht beigetrieben werden kann oder der Betroffene [X.] geworden und unfähig ist, die Mittel für seinen Unterhalt und den seiner Familie aufzubringen (vgl. [X.] [X.]O Rdn. 7). Nach diesen Maßstäben aus-reichend gravierende Umstände lassen sich den Urteilsgründen nicht entneh-men. Allein die vagen Erwägungen, der Angeklagte verfüge über kein "nen-nenswertes" Vermögen und müsse nach seiner Entlassung von einer Rente oder Sozialleistungen leben, genügen auch unter Berücksichtigung des [X.] hierfür nicht. 8 b) Auch auf § 73 c Abs. 1 Satz 2 1. Alt. [X.] kann das Absehen von der Anordnung des [X.] nach den bisherigen Feststellungen nicht gestützt werden. Die Ausübung des dem Tatrichter durch diese Vorschrift ein-geräumten Ermessens erfordert zunächst die Feststellung des Wertes des aus der Straftat [X.], um diesem sodann den Wert des noch vorhandenen 9 - 7 - Vermögens gegenüber stellen zu können (vgl. [X.], 104, 105; [X.], [X.] 56. Aufl. § 73 c Rdn. 5; [X.] [X.]O Rdn. 10). Hieran fehlt es. [X.]) Die Urteilsgründe lassen bereits ausreichende Feststellungen dazu vermissen, in welcher Höhe der Angeklagte aus den Rauschgiftgeschäften et-was erlangt hat. "[X.]" im Sinne der § 73 Abs. 1 Satz 1, § 73 a Satz 1 [X.] ist ein Vermögensvorteil nur dann, wenn der Tatbeteiligte die faktische Verfü-gungsgewalt über den Gegenstand erworben hat (vgl. [X.], 198 f.). Mit der pauschalen Angabe, aus den [X.] sei ein Um-satz von mindestens 135.000 • erzielt worden, wird dieser Umstand nicht be-legt. Die bloße Annahme mittäterschaftlichen Handelns vermag die fehlenden Darlegungen des tatsächlichen Geschehens hierzu nicht zu ersetzen; denn eine Zurechnung nach den Grundsätzen der Mittäterschaft gemäß § 25 Abs. 2 [X.] mit der Folge einer gesamtschuldnerischen Haftung kommt nur dann in [X.], wenn sich die Beteiligten darüber einig waren, dass dem Angeklagten zumindest Mitverfügungsgewalt über die jeweiligen Erlöse habe zukommen [X.] (vgl. [X.], 409, 411; [X.], 198 f.) und er diese auch tatsächlich hatte ([X.] NStZ-RR 2007, 121). Feststellungen hierzu hat das [X.] nicht getroffen. 10 [X.]) Den Gründen des landgerichtlichen Urteils lässt sich ebenfalls nicht entnehmen, dass zum Zeitpunkt des tatrichterlichen Urteils der Wert des aus den Straftaten [X.] in dem Vermögen des Angeklagten nicht mehr vor-handen war. Dies setzt konkrete tatrichterliche Feststellungen dazu voraus, in welchem Umfang und zu welchem Zweck das [X.]e ausgegeben wurde (vgl. [X.] wistra 2009, 23, 25; [X.] [X.]O Rdn. 12). Die in diesem Zusammen-hang vom [X.] angestellte Erwägung, der Angeklagte habe anlässlich des fehlgeschlagenen [X.] "60.000 • als Entschädigung der Lieferanten oder Abnehmer gezahlt" und dadurch insgesamt bei den [X.] - 8 - schäften einen beträchtlichen Verlust erlitten, entbehrt einer tragfähigen tat-sächlichen Grundlage. Die Feststellungen des Urteils belegen eine solche [X.], deren nähere Umstände auch die betreffende mehrdeutige Passage der Urteilsgründe offen lässt, nicht. Den Urteilsgründen kann auch im Übrigen nicht entnommen werden, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang dem Angeklagten die aus den [X.] erzielten Erlöse ohne Zufluss eines Gegenwertes oder einer sonsti-gen Gegenleistung abhanden kamen. Die für die Eröffnung der Markthalle in [X.] erforderlichen finanziellen Mittel brachte der Angeklagte nach den Feststellungen jedenfalls nicht aus dem aus dem Betäubungsmittelhandel Er-langten, sondern aus dem Erlös für den Verkauf seines Lokals auf. Bei der [X.] hat das [X.] zudem die aus-drücklich getroffene Feststellung nicht berücksichtigt, der Zeuge [X.]habe an "[X.]" und den Angeklagten auf deren nachdrückliches Verlangen 8.000 • als "Strafsumme" für das fehlgeschlagene Geschäft übergeben. Schließlich hat die [X.] nicht in die Betrachtung einbezogen, dass bei dem Angeklagten 2.250 • sichergestellt worden sind. Die [X.] durfte jedoch nicht allein deshalb von einer Verfallsanordnung absehen, um dem Verurteilten - sei es auch für Zwecke der Resozialisierung - vorhandene Vermögenswerte zu erhal-ten; denn dies wäre mit dem Sinn und Zweck des Verfalls nicht zu vereinbaren (vgl. [X.] NStZ 1995, 495). 12 - 9 - Über den Wertersatzverfall ist nach alldem insgesamt neu zu verhandeln und zu entscheiden. Der Senat weist abschließend auf die Möglichkeit hin, den Umfang und Wert des [X.] gemäß § 73 b [X.] zu schätzen, sowie dar-auf, dass nach § 73 c Abs. 1 [X.] die Anordnung des Verfalls auf einen Teil des [X.] beschränkt werden kann (vgl. [X.] NStZ-RR 2003, 75; [X.], [X.]. vom 12. Dezember 2008 - 2 [X.]). 13 [X.] [X.] von [X.] [X.] Schäfer

Meta

3 StR 579/08

26.03.2009

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 26.03.2009, Az. 3 StR 579/08 (REWIS RS 2009, 4287)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2009, 4287

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