Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 26.06.2003, Az. I ZR 296/00

I. Zivilsenat | REWIS RS 2003, 2574

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[X.] DES VOLKESURTEILI ZR 296/00Verkündet am:26. Juni 2003WalzJustizamtsinspektorals Urkundsbeamterder Geschäftsstellein dem [X.]:[X.]:ja[X.]R: [X.] § 12a)Bereits in der Registrierung eines fremden Namens als Domain-Name liegt eine[X.] und damit eine Verletzung des Namensrechts derjenigen,die diesen bürgerlichen Namen [X.] 2 -b)Das Pseudonym ist dem namensrechtlichen Schutz zugänglich, wenn der [X.] unter diesem Namen im Verkehr bekannt ist, also mit diesem [X.] besitzt.[X.], Urteil vom 26. Juni 2003 [X.] 296/00 [X.] OLG[X.]LG[X.]- 3 -Der I. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche [X.] 26. Juni 2003 durch [X.] Dr. Ullmann und [X.] Dr. v. Ungern-Sternberg, Prof. [X.], Pokrant und Dr. Schaffertfür Recht erkannt:Auf die Revision des [X.] wird das Urteil des [X.] desOberlandesgerichts [X.] vom 6. Juli 2000 unter Zurückweisung desweitergehenden Rechtsmittels im Kostenpunkt und im Umfang dernachfolgenden Abänderung aufgehoben.Auf die Berufung des [X.] wird das Urteil der 14. Zivilkammer des[X.]s [X.] vom 23. Februar 2000 teilweise abgeändert und ins-gesamt wie folgt neu gefaßt:Der [X.] wird verurteilt, es zu unterlassen, den [X.] zu nutzen.Im übrigen wird die Klage abgewiesen.Von den Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger ein Viertel und [X.] drei Viertel zu tragen.Von Rechts wegen- 4 -Tatbestand:Die Parteien streiten um den Domain-Namen —maxem.defi, der für den [X.] registriert ist.Der Kläger heißt mit bürgerlichem Namen Werner [X.]em. Er ist Partner derRechtsanwaltskanzlei [X.]em, [X.] und [X.] in [X.]. Der [X.] ver-wendet —[X.]emfi seit 1991/92 als Aliasnamen für die Kommunikation in Netzwer-ken, insbesondere im [X.]. Den Aliasnamen hat er aus dem Vornamen seinesGroßvaters und den Anfangsbuchstaben des Vornamens seines [X.] und deseigenen Vornamens gebildet ([X.], [X.], [X.]). Seit 1998 unterhält der [X.] unter —[X.] eine private Homepage. Auf der ersten Seite dieserHomepage, auf der [X.] aus einer Märchenwelt abgebildet ist, wird der [X.] mit dem Text —[X.] You have entered West Freeport.fibegrüßt. [X.]em ist auch der Name, unter dem sich der [X.] im [X.] aneinem privaten Rollenspiel (—[X.]) beteiligt.Der Kläger möchte sich und seine Anwaltskanzlei unter —maxem.defi im [X.] präsentieren. Er ist der Ansicht, der [X.] verletze sein Namensrecht. [X.] beantragt,den [X.]n zu verurteilen, es zu unterlassen, den Namen —[X.]emfiin Form einer E-Mail-Adresse und [X.]-Homepage zu nutzen.Der [X.] ist der Klage entgegengetreten. Er steht auf dem Standpunkt,ihm stünden an dem Namen —[X.]emfi, den er als Aliasnamen führe, ebenfallsRechte aus § 12 [X.] zu.- 5 -Das [X.] hat die Klage abgewiesen (LG [X.] JurPC Web-Dok.232/2000). Das Berufungsgericht hat die Berufung des [X.] zurückgewiesen(OLG [X.] CR 2000, 696).Hiergegen richtet sich die [X.] vom Berufungsgericht zugelassene [X.] Revisiondes [X.], mit der er seinen Klageantrag weiterverfolgt. Der [X.] beantragt,die Revision zurückzuweisen.Entscheidungsgründe:[X.] Berufungsgericht hat einen namensrechtlichen Unterlassungsan-spruch des [X.] verneint. Zur Begründung hat es ausgeführt:In der Verwendung des Domain-Namens —[X.]emfi sei zwar ein Namensge-brauch zu sehen. Der Namensgebrauch sei jedoch nicht unbefugt, weil der [X.] ein Recht habe, diesen Namen zu führen. Der [X.] verwende den [X.] —[X.]emfi als Pseudonym, also als einen von seinem bürgerlichen Namenverschiedenen [X.], der seiner Kennzeichnung im [X.] diene. Er ver-wende den Namen nicht nur als [X.]adresse, sondern trete auf seiner Home-page unter diesem Namen auf, ohne einen direkten Hinweis auf seinen bürgerli-chen Namen zu geben. Wesentlich für die [X.] sei die individualisie-rende Unterscheidungskraft zur Kennzeichnung einer Person. Auf Verkehrsgel-tung komme es nur an, wenn das gewählte Pseudonym von Haus aus nicht unter-scheidungskräftig sei.Der Namensgebrauch sei aber auch deshalb nicht unbefugt, weil die Ver-wendung des Namens durch den [X.]n keine schutzwürdigen Interessen des- 6 -[X.] verletze. Es bestehe keine Gefahr, daß der Kläger aufgrund des [X.] in irgendeiner Weise mit dem [X.]n in Verbindung gebracht werde.Der Ausdruck aus einer handelsüblichen [X.] zeige, daß es noch einenicht unerhebliche Anzahl von Personen gebe, die ebenfalls diesen Namen [X.]. Der Kläger habe unter seinem Namen auch nicht eine solche Bekanntheiterlangt, daß die durch die Homepage des [X.]n angesprochenen [X.] Bezug zum Kläger herstellten. Zwar habe der Kläger ein ideelles oder wirt-schaftliches Interesse daran, einen seinem bürgerlichen Namen entsprechendenDomain-Namen zu verwenden. Solange sich der Kläger jedoch nicht auf eine Zu-ordnungs- und Identifikationsverwirrung stützen könne, werde ein solches Interes-se von § 12 [X.] nicht geschützt. Der Kläger könne sich auch nicht auf ein [X.] Recht an dem Namen —[X.]emfi berufen. Der Schutz des bürgerlichen Namensgenieße keinen Vorrang vor dem Schutz des Pseudonyms. Ohne Bedeutung [X.] daher, daß der Kläger seinen Namen zeitlich vor dem [X.]n erworben ha-be. Schließlich lasse sich ein Schutz des Namens des [X.] auch nicht unterdem Gesichtspunkt des [X.] aus Treu und Glauben herleiten; dennder [X.] habe den Namen —[X.]emfi nicht gewählt, um den Kläger zu [X.] oder ihn wirtschaftlich unter Druck zu setzen.[X.] gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben zueinem wesentlichen Teil Erfolg.Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts greift der [X.] mit [X.] und Verwendung der [X.]-Adresse —maxem.defi in das [X.] des [X.] nach § 12 [X.] ein (dazu 1.). Dieser Gebrauch ist unbefugt, weildem [X.]n keine eigenen Rechte an dem Namen —[X.]emfi zustehen ([X.]). Der Unterlassungsanspruch des [X.] bezieht sich indessen allein aufden Domain-Namen —maxem.defi und damit auch auf sämtliche davon abgeleitetenE-Mail-Adressen; dagegen wird das Interesse des [X.] nicht durch jede Ver-- 7 -wendung des Namens oder Namensbestandteils —maxemfi im Rahmen einer E-Mail-Adresse tangiert (dazu 3.).1.Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts liegt in der Verwendung der[X.]-Adresse —maxem.defi durch den [X.]n ein Eingriff in das [X.] des [X.].a)Dem Kläger als dem Träger des bürgerlichen (Nach-)Namens —[X.]emfisteht an diesem Namen ein Namensrecht aus § 12 [X.] zu. Aus diesem Rechtkann der Kläger unter anderem gegen jeden unbefugten Gebrauch seines [X.]s [X.] also gegen jede [X.] [X.] vorgehen.b)Läßt ein nichtberechtigter Dritter diesen Namen als [X.]-Adresse re-gistrieren, liegt darin eine [X.], gegen die der berechtigte Trägerdieses Namens aus § 12 [X.] vorgehen kann.aa)Verwendet ein [X.] ein fremdes Kennzeichen als Domain-Namen, ist darin eine [X.], nicht dagegen eine [X.] sehen ([X.]Z 149, 191, 198 f. [X.] shell.de). Eine [X.] stets rechtswidrige [X.] [X.]sleugnung würde voraussetzen, daß das Recht des Namensträgers zur Füh-rung seines Namens bestritten würde ([X.] in MünchKomm.[X.], 4. Aufl.,§ 12 Rdn. 167 u. 170; [X.]/[X.] in [X.], [X.] [1995], § 12Rdn. 248). Auch wenn jeder Domain-Name aus technischen Gründen nur einmalvergeben werden kann, fehlt es bei der Registrierung als Domain-Name an einemsolchen Bestreiten der Berechtigung des Namensträgers.Anders als die Namensleugnung ist die [X.] an weitere Vor-aussetzungen gebunden. Sie liegt nur dann vor, wenn ein Dritter unbefugt dengleichen Namen gebraucht, dadurch eine Zuordnungsverwirrung auslöst und- 8 -schutzwürdige Interessen des Namensträgers verletzt (vgl. [X.]Z 119, 237, 245[X.] Universitätsemblem, m.w.N.). In der Senatsrechtsprechung ist anerkannt, daßdiese Voraussetzungen im Falle der Verwendung eines fremden Namens als In-ternet-Adresse im allgemeinen vorliegen ([X.]Z 149, 191, 199 [X.] shell.de).bb)Schon jeder private Gebrauch des fremden Namens durch einen [X.] führt zu einer Zuordnungsverwirrung (vgl. [X.]/[X.] in Stau-dinger aaO § 12 Rdn. 262). Hierfür reicht aus, daß der Dritte, der diesen Namenverwendet, als Namensträger identifiziert wird. Nicht erforderlich ist dagegen, daßes zu Verwechslungen mit dem Namensträger kommt (vgl. [X.]Z 124, 173, 181 [X.]röm.-kath.). Eine derartige Identifizierung tritt auch dann ein, wenn ein Dritter denfremden Namen namensmäßig im Rahmen einer [X.]-Adresse verwendet.Denn der Verkehr sieht in der Verwendung eines unterscheidungskräftigen, nichtsogleich als Gattungsbegriff verstandenen Zeichens als [X.]-Adresse einenHinweis auf den (bürgerlichen) Namen des Betreibers des jeweiligen [X.]-Auftritts. Zwar wiegt diese Verwirrung über die Identität des Betreibers für sich ge-nommen nicht besonders schwer, wenn sie durch die sich öffnende [X.] wieder beseitigt wird. Aber auch eine geringe Zuordnungsverwirrung reichtfür die [X.] aus, wenn dadurch das berechtigte Interesse des [X.]strägers in besonderem Maße beeinträchtigt wird.Diese Voraussetzung ist im Streitfall gegeben. Wird der eigene Name durcheinen Nichtberechtigten als Domain-Name unter der in [X.] üblichen Top-Level-Domain —.defi registriert, wird dadurch über die [X.] ein besonders schutzwürdiges Interesse des Namensträgers beeinträchtigt.Denn die mit dieser Bezeichnung gebildete [X.]-Adresse kann nur einmal ver-geben werden. Jeder Träger eines unterscheidungskräftigen Namens hat das [X.], in der Regel mit einer größeren Zahl gleichnamiger Namensträger ge-teilte Interesse, mit dem eigenen Namen unter der im Inland üblichen und am [X.] -sten verwendeten Top-Level-Domain —.defi im [X.] aufzutreten. Zwar muß [X.] hinnehmen, daß ein anderer Träger dieses Namens ihm [X.] und den Namen als [X.]-Adresse für sich registrieren läßt. Er brauchtaber nicht zu dulden, daß er aufgrund der Registrierung durch einen Nichtberech-tigten von der Nutzung seines eigenen Namens ausgeschlossen wird.2.Der Gebrauch des Namens —[X.]emfi in der beanstandeten [X.]-Adresse —maxem.defi ist unbefugt, weil dem [X.]n entgegen der Ansicht [X.] keine eigenen Rechte an diesem Namen zustehen. Der [X.], daß der [X.] den Namen —[X.]emfi seit einigen Jahren im [X.] undzuvor in anderen elektronischen Netzwerken als Aliasnamen benutzt, führt [X.] einer eigenständigen namensrechtlichen Berechtigung, die den [X.]n ge-genüber dem Kläger als Gleichnamigen ausweisen würde. Hierfür wäre [X.], daß der [X.] mit dem Aliasnamen Verkehrsgeltung erlangt hätte, [X.] mit einem Schriftsteller oder Künstler, der unter einem Pseudonym ver-öffentlicht oder in der Öffentlichkeit auftritt. Diese Voraussetzung ist im Streitfallnicht gegeben.a)Im Schrifttum ist umstritten, ob dem Decknamen oder Pseudonym schonmit der Aufnahme der Benutzung ein eigenständiger Namensschutz zukommtoder ob ein solcher Schutz voraussetzt, daß der Namensträger unter diesem [X.] im Verkehr bekannt ist, also mit diesem Namen Verkehrsgeltung besitzt. [X.] Frage ist mit einem Teil des Schrifttums im letzteren Sinne zu beantworten (vgl.[X.]/[X.] in [X.] aaO § 12 Rdn. 22; [X.] in Münch-Komm.[X.] aaO § 12 Rdn. 47; [X.]/[X.], [X.], 62. Aufl., § 12 Rdn. 28;a.[X.] in [X.], [X.], 12. Aufl., § 12 Rdn. 31; anders wohl auch[X.] in [X.]/[X.], [X.], § 12 Rdn. 21). Auch in der [X.] und des [X.] ist ein umfassender Namens-schutz für einen Künstlernamen nur in Fällen gewährt worden, in denen sich [X.] 10 -ser Name im Verkehr durchgesetzt hatte ([X.], 226, 228 f. [X.] 4 Uessems;[X.]Z 30, 7, 8 f. [X.] jedem Decknamen sofort mit Benutzungsaufnahme ein [X.] Schutz zu, würde dies zu einer erheblichen Beeinträchtigung [X.] derjenigen Namensträger führen, die für ihren eigenen bürgerlichenNamen Schutz beanspruchen. Denn dann könnte der Träger des [X.] desselben bürgerlichen Namens bereits mit Aufnahme [X.] die Grundsätze des Rechts der Gleichnamigen für sich in Anspruchnehmen. Dadurch würde der Namensschutz erheblich beeinträchtigt, weil jederNichtberechtigte sich auf den Standpunkt stellen könnte, er verwende nicht einenfremden Namen, sondern einen eigenen [X.])Das Berufungsgericht hat nicht festgestellt, daß der [X.] sich mitdem Namen —[X.]emfi im Verkehr durchgesetzt hätte. Auch seinem Vorbringenläßt sich eine Verkehrsdurchsetzung nicht entnehmen. Der [X.] verwendetdiesen Namen allein für seinen [X.]auftritt; dort kommt dem Namen mehr dieFunktion eines Spitznamens als die eines den bürgerlichen Namen verdrängen-den Pseudonyms zu. Der [X.] trägt selbst vor, daß es in der —[X.] weitgehend üblich sei, statt des eigenen Namens einen Alias- oder Spitzna-men zu [X.] Unterlassungsanspruch des [X.] bezieht sich indessen allein aufdie Verwendung des Namens —[X.]emfi als [X.]-Adresse unter dem Top-Level-Domain —.defi. Nur insoweit wird der Kläger in seinen schutzwürdigen Interessenberührt, weil ihm durch die Registrierung seines Namens als [X.]-Adresse zu-gunsten des [X.]n dieser Namensgebrauch streitig gemacht wird. Mit [X.], den Domain-Namen —maxem.defi zu benutzen, ist gleichzeitig die Verwen-dung von E-Mail-Adressen untersagt, die sich aus dieser [X.]-Adresse ableiten- 11 -(z.B. —[email protected]fi). Dagegen besteht keine Veranlassung, dem Beklag-ten den Gebrauch des Namens —[X.]emfi in anderer Form zu untersagen. Denn esist nicht ersichtlich, inwieweit die Interessen des [X.] berührt sein sollen, wennder [X.] beispielsweise die E-Mail-Adresse —[email protected]fi verwendet.II[X.] Berufungsurteil kann danach keinen Bestand haben, soweit die [X.] hinsichtlich der Nutzung des Domain-Namens —maxem.defi bestätigtworden ist. In diesem Umfang ist das Urteil des [X.]s abzuändern und [X.] dem Klageantrag entsprechend zur Unterlassung zu verurteilen.Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO.Ullmannv. [X.]

Meta

I ZR 296/00

26.06.2003

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 26.06.2003, Az. I ZR 296/00 (REWIS RS 2003, 2574)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2003, 2574

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